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Full text of "Steiermärkische Zeitschrift"

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GIFT OF 


Archibald Cary Coolidge, Ph.D. 


(Class of 1887) 


PROFESSOR OF HISTORY 





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Steiermärkische 


Zeitfchrift. 


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Neue Folge, Fünfter Iahrgang, 
Erſtes Iheft. 





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Hiriermärsitse 
Zeitſchrift. 


Redigirt 


Wr. &. SP- Schreiner, Dr. Albert v. Muchar, 
€. &- Kit. db, Zeitner, A. Schrötter. 


Neue Solge. Fünfter Iahrgang, 
L Deft. N 


gyrie einer lithographirten Anſicht des Marktes Bordernberg. 


&rät, 1888, 


Im Verlage Der Direction des Ceſevereins am Ioanneum, 
und «m Commission bei Damian mund Sorge, 


077 S00L252 


Harvard College Library °* - € 
G03 16 1911 ae) 
Gift of 
Prof A. 6. Gaolidere 


* 
— — — — — — — — — — 
Papier und Drud von der Tanzer'ſchen 
Buchdruderei und Papierfadrit, 





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“ bie, 2 Ei — J FR ai, 
Stelermärkifhem Eifen zum Geleice. (Gebicht) Bon G. @. 
Ritter v. Leitner, .—.—.n......n.nn...n..no 1 


Der ſteiermärkiſche Eifenberg, dorzugsweiſe ber Ergberg 
genanntz nebſt einer Ueberfiht Über den Befigftandes s Mechfel 
der Eiſenſchmelz⸗ Werke in Vordernberg, ‚wie berfelbe aus ben Urs 
kunden des BVorbernbergersArchives bisher erhoben worden iſt. Bom 
Der und Pröfeffor Aibert v. Muchaß... 7 3 


Das St. Mareiner⸗Thal. (Züge zu einem Rundgemätbe), Vom 
Prof. Johann Gabriel Seidl. BE re een 79 


Reife auf den Wechfel: "Won Dr; Mathios Macher, k. k. Bes 
zirks⸗Phyſiker gu Hartberg ........ “rohen nnc. 100 


Entfkehung bes Lanbhaufes ober Ständehaufes in Gräs. 
Bon Zofeph Bartinger, Landfchaftös und Joanneum's⸗ Ars 
chivar... .: 20 28.» .»u u. 6 .».:. 0». 0 60. .. » 0 0 . . 118 


ueber bas Erdbeben in Unterfleier am 31. Juli 1838, Bon 
Georg Mally, k. k. Profeffor. ... 4. 126 


Einige Andeutungen über das illy riſche Epidaurus im 
Kreiſe von Raguſa in Dalmatien, von 8. Sch —x. 139 


Der Vordernbergerbach. Vn@ ...... "ren 148 


Der Rekrolog von Abdmont am 5. Auguſt 1838, (Bedicht.) Bom 
Breid. v. HammersPurgfläll, .. .. .. een ena. 153 





ueberſicht ber mettorofogifhen Berhältniffe im erſten 6% 
mefter des Jahres 1938 für die Hauptſtadt Gräß, don 
Dr, Wilhelm Gintl, E E, Profeffor der Phyſik. un 


—i — 


Dergeichais s 
der 
seit dem Erscheinen des vorigen Iahrganges beigetrete- 


u J Oo „BR (P. J.). erren Subscribenten. 17 a 


Fi Dee Be Te ee sr re) .. es3lhrı,. «6 2. 





"das reiten und Beier atphavetitg geordnet. 


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— Sallenſteln Zur, — — Vorbernberg. * 


Ser re Holrar Wöuard, P.’ & — Bert E un er Peter, Profeffor der Hüts 
Sarsiber St. ‚Galle —— ntunde A Bordernderg. : 


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Fr Sräner. rei IL ETTIE LE 
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Herr Fürft Raymund, —* ok 5 m Der Ten: —S Studierender. 


Stabdt Grätg e „pi —8 ne, Master der ven 
Oerr ME Jobann,, Geiminalgerigtt: a a ' 
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. Krähenburg. —— Rare Murau * 
Herr zn Heinrich, Chirurg au Bere brin Sranı,. —— u Murau. 
Scheiflin — Odberſteiner ã Mile Schwar⸗ 


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177 Dbi! .. De. und, 
— eggemann| > Ale Air 2 





FETT; Ausm.ört 1.9.8 ,.. 738 40.117, 
Herr Goͤtd Georg, Beamter der k. & Landwirthſchafts ⸗Geſellſchaft in Wien. 


KRinsri, Anton Braf v., k. k. Beldmarfchall s Lieutenant, Inhaber des _Infans 
” teric + Regiments Mr. #7, und Divifions » Gommandant zu Brünn en 


—— — — 


Steiermärkischen Eisen 
zum Geleite. 





Gu⸗ zur Fahrt, du heimiſch Eiſen! 
Außen fchliht und innen ſtark, 
Unf’rer Berge werth ermweifen 
Mög’ft du dic, ihre beftes Mark, 


Um in reiches Saatland bilde 
Wüſte Steppen, heil'ger Pflug! 
Und Gefeg und Bittenmilde 
Zolge deinem ftillen Bug, 


Durch die Blumen hin am Hage 
Rauſche, Senfe! forgenfrei, - u 
Di ald grimme Waffe trage 
Nur des Todes Gonterfei, 


Jauchzend, blaue Sichel! ſchwinge 
Dich der Schnitter auf der Flur, 
Nie mehr roſt' an deiner Klinge 
Armer Neger Thranenſpur. 


Ehrlich bis zum letzten Stumpfe, 
So es noth thut, halte, Schwert! 
Nie zum Zwerge Dolch verſchrumpfe, 
Der ins Herz nur meuchlings fährt. 


Edh'rne Säulen mögen ſtützen 
Feſt des Fürſten Thron und Recht, 
Doch als Zepter ihm zu nützen, 
Rauhes Eiſen! taugſt du ſchlecht. 


s. Jahra I. Heft. 


> 2 «re 


Müffen Menfhen Ketten tragen, 
Leg' fie Räubern, Mörbern anz 
Mag’ in FKeffeln nie zu fchlagen 
Einen freien Biedermann. 


Nie als Henker tollem Wüthen 
Der Parteien diene, Beil! 
Friedlich zimm're traute Hütten, 
Wem ihre Schus auch wird zu Theil, 


Dein. Geſchäft, du Werkzeug, treibt 
Emfig in des Bürgers Haus, 
Nähr' ihn ſammt dem lieben Weibe, 
Söhn’ und Töchter fieur ihm aus, 


Schirmend feines Daches Spigen 
Klimm’ empor, und mit dem Speer, 
Keckes Erz! des Himmels Bligen 
Stelle dich zur Gegenwehr. 


Ueber Ström’ und Felfenklüfte 
Sep’ im kühnen Bogen weg, 
Und gejellig in die Lüfte 
Hänge deinen Zauberſteg. 


Länderdurch die Pfade glätte, 
Daß die Menfchheit, froh geſchaatt, 
Her und hin, dem Sturm zu Bette, 
Zubelnd halte Wanbderfahrt. 


Ferne dann und Fremde fchwinde, 
Wie geträumter Uebel Spur, 
Und ald Brüder fanft verbinde 
All' uns Eine Heimath nur } 


5. G. Ritter von Leitner, 


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Der 
steiermärkische Eisenberg, 


vorzugöweife 
— Er berg genannt. 





Von der Urren bis zur Bergordnung auiſers. Ferdi⸗ 
nand J. im Jahre 1553. 





Bon Dr. und Profeffor Albert v. Muchar. 


©,, und gegrüßt bes Landes wahres Golb, 
Du, jebem Gtand ber ganzen Menſchheit Hold, 
‘ Du, jeder Kunft und Wiſſenſchaft fo werth, 
Daß dich die Welt als ihre Wohlthat ehrt! 
"Du quillſt in lichten Fluthen uns entgegen, 
Und bringft der ganzen Erbe deinen Segen; 
Du pflügft dad Feld, du fprengft den Felſen- Dom, 
Bau’ft Hütten und den Batican von Rom. 
Du Hilfft dem Künftler auf des Ruhmes Höh’n, 
Und glänzeft in bed Helden Siegstrophä'n, 
Und gräbft qulegt, wenn er dahin gefchieben, 
Dem müden Wanderer das Grab Hienieden. 





Die Gegehwart, 


Im Steirer Oberlande, im Bruder Keeife, im Bezirke Eifen- 
erz, zwilchen den Marktfleden Vordernberg und Eifenerz, an der 
Commerzial⸗ Hauptſtraße von Leoben über Vordernberg, Hleflau, Reif— 
ling und Altenmarkt nach Stadt Steier an der Enns in Oeſterreich 

1 


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befindet fich ein Berg, von dem unerfchöpflichen Reichthume feines 
Eifenmetalles der Erzberg und das Eifenerz fchon feit uns 
denflihen Zeiten vorzugsweife genannt. 

- Bon dem fhmuden Städtchen Leoben an der Mur gelangt 
man über die romantifche Gegend son Trofaiach in den landesfürſt⸗ 
lichen Markt: Vosdernberg von 178. Häufern- und. 1470 Bewohnern. 
Sn diefem von ragenden Selswänden, dunfeln Yörften und augen- 
erfrifchenden Bergmatten umfchloffenen Thale big über den Ort felbft 
hinaus befinden fich vierzehn große Schmelzöfen, Hochöfen, oder 
auch mit ihren zahlreichen Nebengesäuden Radwerke genannt. 
Der ſchwarze Rauchqualm, Die -siber den feuerſprühenden Schlötten 
wellenförmig zitternden Luftſchichten, Die knarrenden Wagen mit Kohl, 
Getreide, Roheiſen beladen, geben dem Thale unaufhoͤrlich Leben und 
Bewegung. Von Vordernberg aus erreicht man in zwei Stunden 
die 3724 Fuß über die Meeresfläche ragende Hoͤhe des Präbühels. 
Dort erblickt man den Anbeginn einer von den Vordernberger Ge⸗ 
werken zur bequemeren und wohlfeileren Eisferung“ des Eifenfteines 
zu ihren Schmelzöfen errichteten ‚Sohlenbahne, „In: ſtets bereit ſte⸗ 
henden Wägen fährt man num auf dieſer Bahn zweimal durch lan⸗ 
ge, naßkalte und. finſtere Bergdurchſchläge zum Eiſenberge hinein, 
deſſen höchſten Gipfel, 4897 Fuß über dem Meeresſpiegel, man in 
kurzer Zeit von dem Ende der Bahne erſteigen kann. Hier ſteht 
das auf Koſten Sr. kaiſert. Hoheit, des durchlauchtigſten Erzherzogs 
Johann im Mariazeller Gußwerke verfertigte, im Ganzen 22 Fuß 
hohe Kreuzbild. Dadurch wurde jetzt der gottgeſegnete Erzberg zu einem 
Weih'altar in dem erhabenen Tempel der Natur, deſſen Säulen und 
Wände die unerſchütterlichen Felſengebirge umher, und deſſen Dede 
das azurblaue Aethersgewoͤlbe mit den Sternenmyriaden geſtalten. Die 
In ihrer Art originelle, und in Der Ausführung tiefergreifende, erha- 
bene Ecene des erſten Einweihungsfeſtes dieſes Gottes⸗ 
altars am ewig denkwürdigen 4. Juni 1823 iſt im einem vortreff« 
lichen Gemälde von dem getüalen Maler Loder verewiget, und durch 
Hoͤfels — gelungenen —— allgemein ——— worden, Ah 


131/33 


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Fuße des Kreuzbildes befindet fich in einem Gehäuſe, von Eiſenblech 
und Holz umfchloffen, ein von Dem tieffühlenden Künſtler Schnorr 
d. Koralöfeld nach der finnvollen Angabe Sr.. kaiferl, Hoheit des 
durchlauchtigften Erzherzogs Johann ſelbſt gemaltes Motivbild . mit 
folgender Infchrift: „In Dem Jahre, als man zählte 1823 
am 97. Mai, unter der Regierung Or. Majeſtät Kaifer 
Franz des Erften,. meines Kaifers und Herrn Bru— 
ders, habe ich, Johann, Erzherzog von Oeſterreich 
und Radmeifter in Vordernberg, dieſes Kreuzbild auf 
dem hoͤchſten Kogel des Erzberges errichtet, in. dem fe 
Ren Glauben: nichts könne in der Welt ohne den 
Shug des Allmächtigen gedeihen, in dem feſten 
Bertrauen: Er werde in feiner Barmherzigkeit dies 
fen Erzberg fegnen, welder unſere Steiermark be 
Lebt; zum Zrofte für alle, Die den Erzberg befuden 
und dafeldft arbeiten, damit der Anblid des Erlö- 
fers fie an feine unendliche Liebe zu und erinnere, 
und an die Allmacht und, Güte Gottes, und fie in 
Allem und Jedem ihres Lebens aufmuntere, treu 
und kindlich ihr Herz au ihm au halten; damit fie 
weiters beten für unfern Herren und Kaifer, für 
unfer Liebes Vaterland, und für den fortdausen- 
den. Bergfegenz damit endlich unfere Nachkommen 
wiſſen, daß das wahre Licht und die Duelle jedes 
Stüdes nur in der gänzlichen Hingebung in Gott 
zu finden feye“ Weiter unten an der weftlichen Bergfeite, nahe 
kei dem fogenannten Vordernberger⸗Kaiſertiſche, ſteht ein anderes 
einfaches Denkmal, im Jahre 1782 von dem & k. Oberkammer⸗ 
grafenamte errichtet, deſſen Juſchrift ſagt: „Als man zählte 
nad Chriſti Geburt 712, Hat man diefen edlen Er z⸗ 
berg zu bauen angefangen.“ Von der aus Klopſtock's Ode 
„Preis der Allma ht“ trefflich angewendeten Devife dieſes Monus 
mentes: „Hier Reh ich, und umher iſt alles Macht, if 


> 6 er 


alles Wunder! Mit tiefer Ehrfurcht [ham ich die 
Schöpfung an, — denn du, Namenlofefter, du er—⸗ 
fhufef fie! — wird man nirgend gewaltiger umd tiefer ergrif⸗ 
fen, als oben am Gipfel des Erzberges ſelbſt. Hier erſchaut das 
bewundernde Auge ein großartiges Panorama einer impofanten Gels 
fenwelt, einzig im feiner Urt, von. keiner Feder nach dem bewegendften 
Eindrucde zu fchildern. Loder's treffliches Bid: „das Kreuzfe ſt 
aufdem ſteieriſchen Erzberge,“ zeigt zwar einen. getreuen, 
jedoch nur ſchwachen Abriß von: der erdrüdenden Größe der Natur 
In dieſem Theile des. feierifchen Oberlandes. | 

Dir überlaffen auf, diefer Berghöhe jeden Befchauer dem Dran⸗ 
ge und der Bewegung feiner eigenen Gefühle; und es foll uns 
bier genügen, allein nur die von dieſer Höhe des Erzberges am 
leichteften überfchaubaren nächſten und . entfernteren . Umgebungen 
desfelben zu bezeichnen. . J 

Der ſtelermärkiſche Erzberg ſteht an der Nordfeite der europãi⸗ 
ſchen Alpen⸗ und Tauernkette, in Mitte der Kalkformation, unter 
470, 30%, 5“ Länge und 320, 45 Breite. Mächtige Riefen- 
berge, wie. von der Natur hingefehte ewige Wächter, umlagern Dies 
fen Horeb, dieſes Heiligthum der Steiermark. Im Süden der pflan= 
zenreiche Reichenſtein (6828 Fuß über dem Meeresfpiegel) mit brei⸗ 
ten. Dorgebirgen; Die kahlen, fchroffen Felſenwände der ausgedehns 
ten Foͤlzmauer mit dem: hohen Kaiferfchilde (6570 Buß Ho); im 
Deften und im tiefern Hintergeunde der Leobner, Damiſchbachthurm, 
Zeyers, bis zum Orimmnig und zur Zauernkette Hinz, im Nor— 
den der Pfaffenftein (5892 Fuß Hoch) mit feinen Nachbarn dem See⸗ 
berg, den fenkrechten Seemauern, dem Gonnftein, Langftein, Hochbla⸗ 
fer, Halmftein, der Eifenerzerhöhe und der Falten Mauer; im Nord⸗ 
often und Dften die Griesmauer, der Hochthurm (6564 Fuß hoch), 
Die Trienchtling (5466 Fuß hoch) und der ausgedehnte Präbühel. 

Der Erzberg felbft ſteht von drei Seiten ganz frei, nur im Sü⸗ 
den wird er Durch Die Platte, das Roͤßl, öflih durch das Feiſtereck, 
den Polfterberg, das Hirſcheck, Die Griesmauer, das Neuwaldeck, Die 


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Teogöffers?llpen,. und weſtlich vom NRoͤßl mit dem Relchenſtein ver 
bunden.. Näher am Exzberge find der von Nordoften herablommens 
de Trafeng ⸗ oder Gſoͤllbach und das Zrafengthal, Dann im Süd⸗ 
weiten der durch das untere Erzbergthal, Durch Das Klamıma und 
Krumpenthal und Die Neichenfteingebirge herzuriefelnde Erbach. Web 
de diefe -Wäffer vereinigen: fich am: nordweſtlichen Fuße des Erz 
berges unterhalb des Tulberges beim Markte — * — 
den einen Erz⸗oder Arzbach. 

Der landesfürſtliche Markt Sen, der eig. Dei: P PeRm 
gewerkichaft, 2212 Fuß Über dem Meer gelegen, zählt 452" Häufet 
und 1497 Einwohner. Der Erzbach volle nordweſtlich fort Dutch Das 
MünnichtHalund die Saffingaue, und mündet fich, angeſchwellt durch 
den Nadmarbach, nach einem Laufe von drei Stunden durch ein’ engeb 
Gelfenthal bei Hieflau in den Ennsſtrom. Zwei Heine Büchlein, Th 
Mordoften der Bad) aus dem Hochgericht und im Trafengthale HA 
Zrafeng in den Gſollbach füchend, und im Südweſten der Erzgraben⸗ 
bach in den Klammgrabenbach ſich mündend, befeuchten den Fuß'des 
Berges unmittelbar: Innerhalb des Krumpenthales bei der Klamme 
nimmt der Erzbach die nicht unbedeutende Laſitz auf, die ſich aus vie⸗ 
Ien Wafferadern von denjenigen Höhen und -Thälern bildet, welche zwi⸗ 
fen den Gebirgen der Gölz und des Reichenſtein's, das lange füdmweft- 
liche Thal der Ramsau, mit-dem Nadmarerhals, Tarkogl, Hochkogk, 
Salstogl, Halsbach, Kaltenbach, Plöfchkogl, Teicheneck, hohen Wildfeld, 
Waldſtein, Stadlſtein, Hochthörl, der Thörlmauer, dem Zwolferkoget, 
Sonntagskogel und der Lies bis an den Reichenſtein her umgeben. 

Der Erzberg iſt faſt durchaus mit ſchwarzem Nadelholze bedeckt. 
Der änfere Umfang des Berges wird über 6000, der Durchſchnitt 
auf 900, und die Saigerhöhe auf 400 Lachter über dem Niveau 
des Marktes Eifenerz angegeben, Kommt man vom Ennöthale aus 
der Hieflau herauf dem Erzberge nahe, fo verräth von weiter Gerne 
Thon das rothbraune Auzfehen der nadten Bergftellen die Natur 
und den hier aufgethürmten Reichthum von Eifenftein. In den Bes 
ſitz und in die Brarbeitung diefes unermeßlichen Naturſchatzes thel⸗ 


Vers ſich die & k. Hauptgewerkfchaft in Eifenerz, und die 14 Rad⸗ 
gewerken in Vordernberg, und fie fördern jährlich: die Eine 400,000, 
die Andere 500,000 Zentner Eifenftein zur Verſchmelzung aus Doms 
felben. Ungefähr auf 3 Fünftheilen der geſammten Höhe ſcheidet eine, 
jedoch nicht durchaus Horigontale, fondern gegen die Trafenger-Ahhänge 
fi ‚mehr fenfende, mit eifernen Pflöcken. begeichnete Marlſcheldelinie, 
Die,Gbenhöhe genannt, den ganzen Berg Ins zwei Sheile Den 
unterhalb diefer Linie gelegene Berg wird vom der k. Eu Hauptgewerl⸗ 
ſchaft, der darüber ſich erhebende Bergtheil bis zur — ze 
von den Nadgewerken in Bordernberg bearbeitet, 

; „Weber die, Gebirgsformation und Die Eogerungsserhättuife des 
Erzberges und der Umgegenden wird Hier nur im Allgemeinen Folgen⸗ 
des bemerkt. Einige Halten den Polfterberg mit dem Erzberge und Reis 
Khenftein für Urformation, die nahen Kalkgebirge für Uebergangsfor- 
mation, endlich das am Berge ſelbſt fa häufig erfcheinende fandRein- 
artige, glimmerige, zöthliche, weißfiche, gränlich= gefärbte, ſchieferige, 
koͤrnigquarzige, mit Quarzſchnüren durchjogene Geftein für ältefte Flöß- 
formation. Andere Geognoften zählen Diefe Berge alle den Uebergangs⸗ 
gebirgen bei. Man findet weiters am Erzberge mit Spateifenftein wech⸗ 
felnde Kalklager, auch Grauwacke ein porphprartiges Geſtein mit bes 
fonderer Struktur, endlich ein der Grauwacke ähnliches Geftein, fo 
daß Schieferftein, Kalkſtein und Spateifenftein die Hauptlager an Dies 
ſem Berge bilden. Es gibt Hier Stollen von 220, 140, 130, 120 
Wienerklafter Länge, Der Reihthum an Spateifenftein - Formation 
iſt hier erfiaunlich, und die Verbreitung des Spateifenfieines auf der 
Oberfläche einzig, fo daß jeder aufmerkſame Veſchauer über den uner⸗ 
fchöpflichen, auf der Oberfläche des Berges vor Augen daliegenden 
Eifenfteinfchag zum bewundernden Erſtaunen hingeriffen wird. Groß 
iſt auch der Reihthum an unterfidifchen Mitteln, und der Kenner ſtaunt 
mit gleicher Bewunderung in dem Dorothea > und Magnusftollen, 
hart unter der Ebenhöhe, über den Reichthum, die Reinheit und Güs 
fe des hier anftchenden Eifenfteines. Diefem unerfhöpflichen Eifens 
ſchatze entfpricht auch ganz die innere Vortrefflichleit des Eifenerzes, 


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von welchem der Zentner 36 bis 38 Pfund des beften ſtahlhältigen 
Roheifens gibt. Diefer Berg kann daher mit vollſtem Rechte die gott« 
gefegnete Mutterbruft und der Schatzkaſten des Steirerlandes genannt 
werden. Bon feinem Marke nähren fich viele Meilen weit rund um 
ihn ber, in der Steiermark, in Unter- und Oberöfterreich viele Tau: 
* ende der Bewohner. Seinem Eifenfteine verdankt der fchwarzbeftäubte 
Köhler in einfamer Thalsſchlucht, der rüftige Holzfäller im tiefen Dun⸗ 
kel der Hochwaldung, der fchweißüberronnene Blaier am fprühenden 
Hodofen, der zuffige Hammerſchmid an tofenden Giefbächen kräf- 
tiges Brot und nahrhafte Koft; dieſem Eifenberge verdankte einft 
der fo wohlhabend gewefene Radgewerke und Hammerherr klingende 
Münze im Kaften und aromatifchen Wein auf feinem gaftlichen Tiſche. 
Das Eijen von diefem Berge wird in Werkftätten, deren Zahl 
Niemand kennt, vom mächtigen Schiffsanfer bis zur feinften, kaum 
fihtbaren Nadel und Fiſchangel, und von der mächtigen Wucht einer 
Riefenkette, womit einft die Donan den türkifchen Schiffen verfperrt 
werden wollte, bis zur zarteften, filberähmlichen Drahtfchlinge am 
Damendufen verarbeitet. Die Saiten der einfachen Zitter, fo wie 
bed zaufchenden Piano’s, deren harmonifche Melodien die fühlenden 
Gemüther aller Welttheile bezaubern, find Durch des Menfchen Was 
gen und Mühen den nächtlihen Ziefen Diefes Berges entwunden. Un⸗ 
zählige Millionen Schiffnägel aus dieſem Eifenberge haben feit Jahre 
taujenden fhon das unermeßliche Weltmeer mit den kühnen Pilo— 
ten nad allen Richtungen durchſchwommen. Mit Schwert und Speer 
aus dieſem Berge find feit einem Sahrtaufend ſchon Recht und reis 
heit befchügt, blutig an Frevlern gerochen, das Vaterland vertheidi= 
get umd gerettet worden. Leider! hat aud) Waffen von dieſem Berg- 
eifen der wilde Fanatismus in fchauerlichen Religionskriegen mit 
brüderlihem Blute befleckt. Jedoch, viele Millionen Morgen Erdreichs 
wurden urbar und fruchttragend gemacht von Diefem Berge — 


Durch das Ding, dad Wenige fchägen, 

Doc ziert's des größten Kaifers Hand; 
Es ift gemacht nur zum Verlegen, 

Am nächſten iſt's dem Schwert verwandt! 


> 10 «er 


Kein Blut vergieht’s, und macht body taufend Wunden, 
Niemand beraubt’s, und macht doch reich; 
Den Erdkteis hat es Überwunden, 
Es macht das Leben fanft und gleich. 
Mächt'ge Reiche hat's gegründet, 
Große Städte hat’s erbautz 
Niemals hat es Kriea entzündet, 
Und Heil dem Volk, das ihm vertraut! 


Nach einem genanen Verzeichniffe der jährlichen Ausbeute am 
Erjberge haben die Innerberger-Gewerken im achtzehnten Jahrhunderte 
allein an Eifenftein gehauen 29,878,815 Zentner. Daraus find er- 
jeugt worden 9,959,605 Zentner Roheifen. Für Diefes Erzeugniß hat 
das höchfte Aerarium an Frohngebühren erhalten 5,215,068 Gulden. 
Die vierzehn Radgewerken in Vordernberg erzeugten zu gleicher Zeit 
tin Durchſchnitte jährlich um 20,000 Zentner mehr, fo daß die To⸗ 
talausbeute am ganzen Erzberge im achtzehnten Jahrhunderte ſich auf 
21,919,210 Zentner Roheifen, und die Frohngebühren an den 
Staatsfhag auf 11,430,137 Gulden beliefen, Das Gefammtrefuls 
tat geht ins Ungeheuere, wenn man die mehr als taufendjährige Bear- 
beitung dieſes Berges bedenkt. Mit Recht nannten daher auch ſchon die 
alten biederen Steirer ihren Erzberg: die edle, die vortreffliche 
Gottesgabe und das Kleinod des Landes, die liebe, 
gebenedeite Eifenwurzel, das edle, das weit um fi 
greifende Bergwerksweſen, den uralten Brunnquell 
der gottgefegneten Eifenwurzel, an weldem bo 
und viel gelegen, und wovon au Alles herflirßt, 
und fich viel Taufend Menfhen ernähren! 

Wenn daher je eine Stelle im Steierlande, fo verdient dieſer 
Berg vor Allem eine umftändliche und getreue Geſchichte. Diele hat 
er bis Heut zu Tage noch nicht gefunden; wir gedenken demnach, hier 
wenigſtens einftweilen, einen nicht unwilllommenen Beitrag zu geben. 





„> 11 + 


Die Urzeit und die Sagen, 


Ob der Erzberg im Steieroberlande ſchon von deffen älteſten 
Bewohnern, von den norifhen Taurern oder Tauriskern 
aufgeichloffen worden feie, kann aus probehäftigen hiftorifchen Quel⸗ 
len nicht nachgewiefen werden. Die Nachrichten der griechifchen und 
lateiniſchen Alten über das im der alten Welt allgemein verbreitete 
vortreffliche Eifen aus dem Lande Norikum, und aus deſſen Eiſen⸗ 
werfftätten, über den norifchen Stahl, feßen natütlich den Berzbau 
auf Eifen dafelbft voraus, und beftätigen ihn. wirklich ſchon für die 
tauriszifche Vorzeit. Der in jener alten Zeit wol noch mehr als 
heut zu. Tage auf der Oberfläche gelegene unermeßliche Schatz des 
Eifenfteines am Erzberge ſcheint auch die älteften Hiftorifchen Nach⸗ 
sichten ‚mit Recht auf fich ziehen zu dürfen. Damit ſtimmt auch die 
Gage überein, welde über Die erfte Auffindung des Eifenmetalles 
am Erzberge feit undenklichen Zeiten von Munde zu Munde fortges 
pflanzt worden if. 

Die Dewohnung und menfchlicher Anbau näher und entfern⸗ 
ter um den Erzberg, insbefondere an feiner füdlichen und öſtli⸗ 
Ken Rundung umher if uralt und urdeutſch. Folgt man vom 
heutigen Markte Eiſenerz dem Erzbache durch das Münnichthal Hins 
aus, fo verengert fich da, wo der Bad des Leopoldfteinerfees herab⸗ 
rauſchet, das Thal zwiſchen himmelhohen Lantigen Felswänden zu 
einer engen, kalten Schlucht. Rechts, Hart neben der Straße, an 
der Wurjel der nördlichen Steinwand erblidt man eine grottenartige 
Gertiefung, und manchmal das Spiel ſchwarzer Gifche in dem dun⸗ 
kein Waſſer am Boden der Schludt. Einf, taufend Jahre vor 
EHriftus, und zu K. Davids Zeiten ſolls gewefen fein, bemerften 
Die Bergbewohner eine feltfame Menfchengeftalt aus jenen Höhlen- 
fluthen öfters auftauchen, und an der Sonne fih gütlih thun. 

Sie befchloffen, diefed Gefchöpf, das fie für einen fogenanntem 
MDaffermann hielten, zu fangen, und in der Vorausficht, daß 
fie deſſen fchlüpfrigen Fiſchleib mit den Händen nicht fefthalten künn- 
ten, gelang ihnen Die ausgefonnene Liſt, und fie bekamen den duch 


„> 12 + 


Speife und Trank betäubten, und in mit Pech befchmierten Kleidern 
verwicdelten Waffermenn wirflih in ihre Gewalt. Vol Freude über 
ihren Fang führten fie ihn num thaleinwärts. Schon waren fie an die 
Stelle gefommen, von welcher man, von Hieflau berauffommend, 
zum Erftenmal den Erjberg erblidt, und wo nun nicht weit vom 
Schloffe Leopoldftein ein gemauertes Wegkreuz flehet. Bon bier 
wollte der Waffermann nicht mehr weiter; er fträubte fi mit Macht 
gegen feine Führer, jammerte, Daß er einen verdächtigen Beſuch bei 
feinem Weide gewahre, und bot hohe Geſchenke für feine Loslaſſung an. 
„Laß Hören,“ fprachen die Bergleute, „was du uns bieten kannſt le 
Darauf erwiederte der Wafferınann: „Wählt: einen goldenen Buß, 
ein filbernes Herz, oder einen eifernen Hut! Gold aber 
währt nur kurze Zeit, Silber nicht lange, Eifen jedoch fol 
ewig dauern! Wählt nun!“ — „Den eifernen Hut, ja, den 
wählen wir, den zeig’ uns an,“ riefen die Bergmänner! — „Sei 
bet, dort flieht, dort iſt jener Berg, der euch Eifenmetal für 
eine Ewigkeit geben wird,“ fagte der Waſſermann, und wies hin 
auf den nicht fernen Erzberg. Seine Andeutung ward als Wahr⸗ 
heit erprobt, worauf er nach feinem Verlangen wieder zur Grotte 
zurücdgebracht, und in die ſchwarze Fluth hinabgefenkt wurde. Da 
bebte das Belfenland rund umher, aus der Tiefe quoll Blut herauf, 
und mit Hohngelächter erfholl eine Stimme: daß man um das 
Beſte erſt noch nicht gefragt habe, um die Bedeutung des Kreus 
ges in der Nüffe, und um den Karfunkelftein! 

Nah Der Volksvorftellung nämlich, hätte der hellſtrahlende 
Karfunkel den VBergmännern in den dunkeln Schachten für ewige 
Zeiten ein natürliches und nicht koftfpieliges Grubenlicht gegeben. — 
Bas der Waſſermann mit dem Kreuze in der Nüffe habe andeuten 
wollen, weiß man mit Beftimmtheit nicht zu entziffern ; man glaubt, 
er hätte damit Anfihläffe auf den Gebrauch und den Nuben des 
Eompaffes für den Bergbau geben wollen, Nie nachher habe man 
diefen Waflermann weder in jener Grotte noch auf dem Leopoldfteis 
nerjee erblickt. — Es gibt natürlich mehrere abweichende Beifäge zu 
dieſer Mythe, welche einige wicht von der erſten Gıfindung, fondern 


> 13 ee 


von der Wiederentdekung des Erzberges erzählen. Wie an allen 
andern Bergwerken hat fih auch an unferm Erzberge aus der Ur⸗ 
zeit her der lebendigfte Glaube an einen das ganze Erzwefen dafelbft 
behütenden Berggeif, dad Bergmännchen, den Rübezahl 
diefes Berges unter dem ſinnigen Volke der Kappen erhalten, und 
in den - verfchiedenften Sagen ausgefprodhen '). Die Sage erzählt 
auch, wie das Bergmännchen manchen böfen Ehemann und Quälgeift 
feiner, Grau in die Klemme getrieben und gebeſſert habe. Einft wollte 
man aus Gewinnfucht in einen Schacht früher einfahren, als es die 
Bergordnung beftimmte. Als die Knappen der Zeche oder dem 
Dundloche näher Famen, fahen fie einen gefchlachteten Ochfen rüd- 
lings; auf der Erde liegen. Die Füße waren abgehauen, und in 
jedem. der. sier- Stümmeln fiaden Lichter, welche zwei gräßlichen „Ges 
falten zur Arbeit leuchteten, den Ochfen zu zerfleiſchen. Erſchrocken 
liefen. die Snappen zurüd, und als fie um die beftimmte Stunde 
wieder einführen, war nichts. mehr von dem Gefichte zu fehen. Der 
Herr, dem fie den. Spud erzählten, hielt es für eine luſtige Erfin— 
dung Der Knappen, ſich der früher zugemutheten Arbeit zu entzie- 
ben, und entichloß fih, Tags darauf feine Kmappen zur früher ans 
geiekten Stunde einzuführen. Als er mit ihnen an. die Stelle kam, 
ſah er. mit Entſetzen die nämliche Scene, aber vier gräßliche Anhol- 
de in Menfchengeftalt, welche mit ihren Meffern zwifchen den Zähnen, 
grimmige Blicke auf ihn ‚warfen. Er floh, und. ald er. zur gejeßlichen 
Stunde einfuhr, war keine Spur. von. dem Gefehenen zu fchauen. 
WViele Bergleute betheuern, am Erzberge dieſen Berggeijt in 
verſchiedenen Geſtalten, groß und klein, jung und alt, finſterſchau— 
end, drohend, neckiſch, Drollig und freundlich öfters gefehen zu ha- 
ben, umd fie halten: es für einen eben fo großen Frevel, in des 
Erzberges Schachten durch Geſchrei und Lärmen den mächtigen Geift 
zu reisen, als an deſſen Dafein gar nicht zu glauben, Alle uner⸗ 
Härharen, Erfiheinungen an. Diefem Berge (inöbefondere an Monta- 





4) Eine Sage von diefem Bergmännchen und dem fingenden Knappen bat Rolls 
mann vortrefili erzähte im Aufmerkffamen I. 4521 Mir. 150. 


4412 14 +44 


gen, oder an Tagen nach Weiertagen, und bei unterlaffenent oder 
ſchlecht und gedankenlos verrichtetem Morgengebete), die man be« 
merft, fieht, Hört, werden vom gläubigen Knappenvolke ‚allein nur 
dieſem Geifte zugeſchrieben. Man wollte und will oft — von weis 
ter Gerne fchon arbeiten gehört haben und hören, und Erze mit 
Hunden auslaufen in Schächten, wo noch Niemand an die’ Arbeit 
gegangen iſt; in tiefen Stollen, deren Mundzinmmer noch feſt vers 
ſchloſſen find, findet man den Bergzeug entweder verleät ober gar 
entwendet ;. wo Niemand arbeitet, - fieht man dennoch ein einſames 
Berglicht; in Hoffnungsfchlägen findet man offen da Liegen gelaffene 
Kerzen an derfelben Stelle nicht wieder beim Arbeitöbegirine,’ fondern 
unter: dem tauben Geſtein vor Entwendung geſichert und aufgeho⸗ 
den. Auch am folgenden Tage findet mar ſie wieder nicht an der 
alten Stelle, fondern nach vielen Unterſuchungen erſt in Vertiefun⸗ 
gen, oder in einer Spalte, wo früher keine geweſen; — beficht 
man aber diefe Kluft genauer, fo findet man bier Das edelfte Erj 
aufgefchloffen. Ohne alle Luftbewegung verlifht oft plößlich das 
Licht am Standorte, und je nach Gedanken und Sinn des arbeiten» 
den Grubenmannes will manchmal gar nichts gelingen, Doch hätt 
man dieß mehr für ein gutes als fchlimmes Zeichen 1). Stets er: 
Hält diefer Glaube an den Urgeiſt des Erzberges in den Gemüthern 
der Bergknappen ein heilfames Grauen; und in der regen Furcht 
Gottes, der durch dieſen Berggeift: über die Geſchicke der Arbeiter 
wacht, Hat der emſige Bergmann eine unverfiegbare Quelle von Wer 
trauen und Zroft bei’ feiner ſchweren umd gefährlichen. Arbeit in der 
feuchten Nacht der unteriedifchen Tiefe. 

Die Gegenden des Erzberges Finnen den Römern. — 
eines Zeitraumes von mehr als 400 Jahren nicht unbekannt geblle⸗ 
ben ſein. Sie haben ja doch im weiten Hochlande der Alpen faſt 
alle Hauptübergänge und Verbindungspunkte von Süd» nad Norden 
aufgefunden, und über diefelden ſchnee⸗ und eisbedeckten Stellen 





4) Giche die Gage im Aufmerffamen 3. 1021, Mr. 151; auch Mr. 150 vom Stam⸗ 
pfer'ſchen Haufe in Vordernberg. 


> 15 en 


ihre Saummege gebrochen, um auf den kürzeſten Linien von Aquis 
Irja, dem zweiten Rom, bis an die Donauufer hin, an die dort 
überaus wichtige Reichsgränze gegen Germanien und Garmatien zu 
gelangen. Wie follten fie während eines vierhundertjährigen Be- 
figes nicht auch die nahen Verbindungswege über die Thäler und 
Berge wifchen der Mur, Donau und Enns aufgefucht und gefun- 
den haben? Heut zu Zage noch beftehende römifche Steindentmäler 
laſſen daran nicht zweifeln. Im Murthale reichen dieß- und jenfeits 
des Murfiromes die infchriftlihen Römerfteine bis St. Margareten 
und Kobentz (und die bei Preg zwifhen St. Stephan und Kraubat 
in neuefter. Zeit: auägegrabenen Römermünzen) herab, Im oberen 
Ennsthale begegnen wir einem NRömerfteine bei. Liegen, am’ Haupts 
verbindungspunfte ‚des altnorifchen Berglandes mit dem Lande. an 
der Donau, auf der Straße über den Pyrrn. Beide diefe Monus 
mente finden ihre Verbindungsglieder. in zwei Römerfteinen zu Trä⸗ 
gelwang bei Gaishorn im — und zu Traboch bei St. Mi⸗ 
cael im Lie ſingthale. 

Der Stein zu Lietzen trägt‘ die Inſchrift: 

SVL. RESSATVS. ET 
ATIGENTA. CON. VI. F. s 
Auf dem Steine zu Trägelwang lief man: 
MOCETIVS: MARTIALIS 
V. F..SIBl. ET. MELISSE | 
CONIVGI. ®. ANN. F. CAPITONIS. 

Traboch ift der Hauptpunft, weicher ‚vom Liefingthale in die 
unmittelbarfte Umgebung unferes Cifenberges Jeitet. Dort, im fo= 
genannten Wurmhofe, wurde in neuefter. Zeit ein Re Roͤ⸗ 
merſtein mit folgender Inſchrift aufgedeckt: 

D. M. VICARTO & VR 
LIBER. ET, PROFVTVRAE 

CON. SEPTVMI. ET. SECVNDInxAB 
L. VIATORINA AN. XXXXV 

ET. LIBERTIO. V. F. S. 
CONIVGI. . . » 0... 


„> 16 +" 


Diefe wirklich noch befiehenden Römermonumente yerbürgen die 
in eben dieſen Gegenden ehemals beftandenen Denkfteine, von wel: 
hen die Infchriften noch aufbewahrt find, wie vom Steine auf dem 
Veitsberg bei Leoben: : .i 


C. MIMISSIO. € . IANVARIO. ET. C. 
MIMISSIO, one AN: a MOSCIYA 
D. SEDILI. F. 


- Ep wie diefe, fo. find von dem alten Appianus und von dem 
Baiferlichen Hifteriographen Lazius, auch die Infchriften ehemaliger 
Römerfteine zu Rottenmann im Paltenthale,. und zu Admont im 
untern Ennöthale aufbewahrt worden; ja in Admont zeigt: man heute 
noch einen fieinernen. Löwen, der archäologiſchen Analogie zu Folge 
offenbar dem römifchen Zeitalter der Steiermark angehörig. Auch 
das antoninifche Reiſebuch zeichnet einen rämifchen Weg von Virunum 
auf dem Zollfelde in Mittellärnthen geradezu an unſere Mur. her, 
und nach diefer Richtung über Knittelfeld und Kraubat an die Lies 
fing, und an dieſem Bache hinauf nach Nottenmann, nach Lietzen 
im Ennsthale und über den Pyrrn nach Oberöſterreich fort: Da: 
dur ift nun die römifche Zopegraphie und Bewohnung des Stei- 
rerlandes bis auf drei Stunden zum Erjberge Hin unwiderleglich 
dargethan 7), Dom Ende der römiſchen Epode an, und feit 
dem Jahre 487, als alles norifhe Sand eine. Beute raubziehender 
Barbaren, der Nugier, Heruler, Allemannen, der Gothen (in“ de- 
ren friedlichem -Befige vom Jahre 488 bis 526), dann der Huni- 
varen, Slaven und Franken "geworden war; bis zum Jahte 712 
kommt keine Meldung mehr vor ?), welche auf unferen Erzberg be⸗ 
zogen. werden könnte. Nun erzählt Die Tradition, und übereinſtim⸗ 
mend mit diefer der Schriftfteller Happelius,. Folgendes: :In der 
Pfarrkirche zu Eifenerz, welche einem feften und ans Quaderſteinen 
wohlgebauten Kaftelle ähnlich fieht, und St. Oswald: genannt wird, 
ftehet an der linken Seite des Hochaltares folgende (num längft ſchon 


4) Siche Muchar's Rom. Norifum'r. Th. p. 1370 — 183. 
9) Muchar's GSeltifhes Norilum p- 13 — 42. i 


„> 17 ere 


serwifchte) Infchrift: Die Loebliche, edle und weit berühms 
te Erzbergwerk des innerbergerifhen Eifenfteines 
it erfunden worden nad Ehrifti Geburt im 712 Jahre, 
und diefem zu fätter Gedächtniß wurde diefe Reno 
sation im Sabre 1632 als feiner Erfindung im 920 
Sabre, gefieller. Gott jeifür feine reihe Gnade und 
Gabe ewig Lob, Ehre, Preis und Dank gefagt. Amen. 

In gemeiner Stadtregiftvatur zu Stadt Steier befindet fich ein: 
uralte deutſche Schrift, welche im Jahre 1491, als der Stadtpfarre 
thurm new gedeckt wurde, in deſſen metallenem Knopfe gefunden 
worden, des Inhalte: Es iſt fonderbar notabl, daß das 
Eifenerzer Bergwerk im Jahre 712 if erfunden, und 
feither ohne Abgang und Mangel bearbeitet wors 
den, und nod bearbeitet wird! Diefe Berichte jedoch, welche 
eigentlich nichts als die in Schrift geftellte ungewiſſe Sage find, 
ſind ganz ungezweifelt nur von der Wiederauffindung diefer uralt 
taurisziſchen Eifenfhäge zu verftehen, nachdem während der Völker 
wanderung auch die Gegenden um diefen Berg ber ſehr verwüftet, 
und ie meiften der roͤmiſchen fowol als eingebornen Bearbeiter Des 
Ersberges erfchlagen und vertrieben worden fein dürften. Die Wieders 
auffchliefung des Erzberges ſchreibt man insgemein den. zu Ende 
des fechften und zu Anfang des fiebenten Jahrhundertes in die 
Landtheile an der Save und Drave bis an die untere Mur ber eins 
gewanderten, und von jener Zeit fih immer mehr nach Norden und 
Beten ausbreitenden Slaven zu. Wir find keineswegs Diefer Meis 
nung. Wer des norifchen Eifend und Stahls allgemeine Derbreis 
tung und den Ruhm der tauriszifchen Gifenftätten, der norifchen 
Stahl: und Eifenerzeugniffe lange ſchon vor Chriftus und durch 
die ganze Nömerepoche aus den Berficherungen der Alten kennt; wer 
da weiß, daß im der alten Golonialftadt Laureacum bei der Stadt 
Enns an der fo nahe an unferem Erzberge vorbeiftrömenden Enns 
eine größe römifhe Waffenfabrit beftanden habe, wer .von dem 
Gultursjuftande der Slaven aus den Schilderungen gleichzeitiger 
Männer wie Procopius und Sornamdes, und aus ihrer inners 

5. Jahrg. 1. Heft. 2 


> 185 € } 


Merreichifchen Gefchichte aus Paul Diakon richtige Vorſtellungen 
hat; wer da erwägen will, daß außer einigen, dem ſlaviſchen Sprach⸗ 
ſtamme ähnlichen oder ähnlich klingenden Namen, alle topographi⸗— 
ſchen Benennungen von Ortſchaften, Flüſſen, Bächen, Bergen, Thä⸗ 
lern, Wäldern u. ſ. w. am und um den Erzberg her rein ger— 
mannifch find 2); und wenn fowol dadurch, als auch durch die äls 
teften Urkunden und Saalbücher von Salzburg, GP, Traunficchen, 
Admont und Seggau, und duch fo viele Briefe der fteiermärkifchen 
Markgrafen eine allgemein verbreitete Bewohnung und der Landbau 
des Liefings und Murthales mit allen Seitenthälern und insbeſon⸗ 
dere des hart am Erzberge gelegenen Trafaiachthales als uralt und 
weit über Das neunte Jahrhundert Hinaufreichend verhürgt werden, 
ohne die geringfte Andeutung oder Erwähnung von flavifchen Eins 
wanderungen; fo wird Jedermann unferer Ueberzeugung beitreten 
müffen; daß Die Bewohnung und der Eifendbau am 
fteiermärfifhen Erzberge feit grauer Vorzeit bis in 
das Mittelalter herab nie ganz unterbroden und 
aufgegeben, fondern von den taurisziſchen Urbewoh— 
nern unferes Oberlandes, und von ihren Nachk'o me 
men im Verhältniſſe der Zeiten bald ausgedehnter 
bald befhränfter getrieben worden fei. 





Zeitepoche der gewifferen Meberlieferung und der ur- 
kundlichen Geſchichte bis zum Beginn des fünfjehnten 
Jahrhunderts. 


Urkundliche Nachrichten verbürgen es, daß der Ort Trofaiach 
ſchon im zwölften Jahrhunderte beftanden habe, und als gefhlof- 
fene Ortſchaft älter ale Vordernberg und Eifenerz if. Der 
ältefte Sprengel der Pfarre Trofaiach begriff Vordernberg, den Erz: 





4) Die einzige auflallendere Benennung aus den Gegenden um @öfi if der 


Windifbberg, und swar ſchon 1390 urfundlich vorfommend: Curia im 
munte Blaricee. — Diplonf® Sauer. Due. Btyr. p. 418. 


„> 19 + 


berg und ſelbſt Eifenerz in fih. Dazu kommt die alte Sage, daß 
die Bewohner von Zrofaiach diesfeits des Erzberges die erfien Vers 
ſuche, den Eifenftein des Erzberges zu ſchmelzen, gemacht hätten. 
Mag nun an Diefer Lleberlieferung fein, was da wolle, gewiß if 
es, daß Die einheimifche Gewerbsthätigkeit an dieſem Berge im 
Laufe der Zeit den zwei DOrtfchaften, Eifenerz und Vorderns 
berg, ihr Beginnen gegeben habe. Es iſt jedoch begreiflih, daß 
man von feinem derfelben das eigentliche Entftehungsjahr nachwei⸗ 
fen koͤnne; indeffen leitet die Lage gegen den Erzberg felbft dar: 
auf Hin, Daß Eifenerz ald gefchloffener Ort älter fei, denn 
Vordernberg. Erſteres liegt Hart am Buße des Eiſenberges, Vor⸗ 
Dernberg aber drei Stunden noch vom obern Theile desfelben ent» 
fernt. Die Bewohner an der Südoftfeite des Erzberges fchmolzen 
in der älteften Zeit den Eiſenſtein theils an’ dem entfernter geleges 
nen Berge ſelbſt, theils auf der Höhe und, auf dem oberen Abhäns 
gen des Präbühels. Die vielen unter grünen Bergmatten und ſelbſt 
mit Waldung bewachfenen Stellen aufgefundenen Schladen, die 
Epuren von uralten Schmelzöfen oder Feuerſtätten, wie beim foges 
nannten Steinhaufe und Grabenbauer, Die Tradition von den Häus 
fern auf den Höhen des Präbühels, daß viele derfelben als Burgs 
gehöfde zum Markte Vordernberg einbezogen, Bürgerähäufer dieſes 
Markıfledens, und das Haus an der Mauth auf dem Präbühel 
das einftmalige Vordernberger Rathhaus gewefen — beweifen diefe 
Anficht unwiderfprehlih. Im Laufe der Jahrhunderte machte der 
mit Der wachſenden Bevölkerung zunehmende Bedarf, der fich erweis 
teende Handeld » und Gewerbsfleiß in den Eifenflätten des Landes 
Etsier und Defterreih einen färkeren und vermehrten Betrieb der 
Rauheifenerzeugung an unſerem Urberge nothwendig. - Diefer for> 
Derte fogleich größeren und bequemeren Raum für die Werksgebäu—⸗ 
de, mehr und flärker ſtrömendes Waſſer. Die zwang nach und 
nad die nrälteften Bearbeiter des Erzberges diesſeits desfelben von 
dem Gipfel des Präbühels und feinen nahen Höhen tiefer herab zu 
ſteigen, thalauswärts fih ausjudehnen, und fo den Ort vor dem 
Derg zu gründen. Jenſeits im Rordweften des Berges, von wels 
| 2» 


> 20 «ie 


eher Seite der Eiſenſchatz zuerft aufgefchloffen werden war, blieb 
man theild auf Dem Berge felbft, theild hart am Buße desfelben, 
zu Gifenerz, in der Ortfohaft inner dem Berge, Es feheint 
feinem Zweifel unterworfen, daß man in der Urzeit und durch Lange 
Zeit fort bis zu dem. ausgedehnteren Eifenbedarfe und Handel, den 
reifen Eifenftein am Erzberge zum großen Theile auf der Oberfläche 
(am Tage) gewonnen, denfelben in bloßen Gruben, und fpäter erſt 
im leicht erbaus und überfeßbaren Oefen zu mittelmäßigen Klumpen 
oder Brocken gefehmolzen habe, Diefe erften Eifenerzenger am Er} 
berge hießen in der älteften Zeit Eifenerzer, Erzleute, Eifen: 
bläher (Manuarii oder Cathmiarii), und zwar urkundlich zuerft 
in den Sahren 4313, 1355 und 1369, und die Klumpen des ges 
fchmolzenen Eifens hießen Meeß, Maß, Massa — ſchon im 
Jahre 1182 9. 

Die Bewohner um die altnoriſchen Hauptſalzberge und Salzquel⸗ 
len des heutigen ſteieriſch- öfterreichifchen Salzkammergutes bezeichnet 
der Geograph Ptolomäus mit der Benennung Hallauner, und die 
Hanptfalzfieder in Auffee heißen in den Urkunden des vierzehnten und 
fünfzehnten Sahrhunderts Hallinger. Von den Hallaunen weiter 
aſtlich im Norikum ſetzt eben derſelbe Drolomäus Die vorzugsweiſe [os 
genannten Norifer. Nun erflärten ſchon einige der Alten, wie 
Clemens AMerandrinns und Suidas, Die Benennung Noriker für 
gleich mit Noroper; und den Begriff dieſes Wortes leiteten fie 
nach dem Griechifchen von dem Hrahlenden Glanze des von 
ihnen ſelbſt bearbeiteten Eifens und Stahles ber. 
Wer follte demnach nicht: verleitet werden, in den Norikern oder 


4) Diplom. Saer. Due. Styr. p. 68. Eine Urfunde des Erzbifchofes Adalbert von 
Salzburg, Jahr 1193 für die Bergantheile und Rechte des Stiftes Admont 
am Berge Zosien bei Frieſach fagt: in fundo montis Zaszin, Zossin, Zosin 
et Rettin in argenti seu eujuslibet metalli venis mediam portionem deei- 
nuse et eustodiae, et camuli publieati, et bannorum et aequnisi. 
tionum pro qualibet litis eompositione, et montani juris, et in hoe, 
quod rulgo dieitur Spitzrecht, et Garrenreceht, et Hutreeht, cum 
omnibus cathmeariorum pertinentiis quiete et proprie deinceps ad suos 
usus abbas accipiat. Man darf daraus mit allem Rechte auf gleiche gersgelte 
Einrichtungen am fteierifben Erzberg ſchließen. 


> 2 nr 


Noropern des Ptolomäus unſere Eifenmänner, Gifen 
erzer, Sifenbläher, die Sathmiarier am Erzberge 
und in denfelben Gegenden umher wieder zu finden 2)? 

Der vermehrte Bedarf an Eifen forderte am Erzberge bald 
auch größere Schmelzflätten, Ofen, die fogenannten Mafi- oder 
Studöfen, endlich die Hochofen; und dieſe bedurften zum flär- 
Bern Balggebläfe nun auch (daher ein Schmelzofen in der älteren Zei 
geradezu Follis (Blafebalg) genannt worden if) des Wafferrades und 
des Waſſergefälles 2), und von diefer bleibenden Amänderung hie— 
fen nun alle Eifenfchmelzftätten am Etzberge — Radwerke, und 
ihre Befiger — Radgewerken. Die Benennung Radmeifßer 
on unferm Eifenberge erfcheint urkundlich zueft im Jahre 1439, 
wornach in den Ordnungen des Kaifers Friedrich IV. von 1448 
und 1449 auch Die Benennungen Plechäufer, Plahäufer, und 
Die Erzeugniſſe des Schmelsprozeffes ald Nauheifen und Meiler 
des Rauheiſens gelefen werden, und bleibend fih erhalten has 
ben. Herzog Leopold der Glorreiche nennt den Erzberg 1202 ge 
zadezu „unfere Eifengrube, unfer Eifenerz ?) 

Der berühmte VBöhmenkönig Ottolar ließ als Herzog von Steier⸗ 
mark im Sabre 1265 das ganze Urbar und alle Kammergefälle 
eines jeweiligen Steirerherzogs durch feinen Rechen» und Sädelmeis 
fier, Helwil, aufzeichnen. In diefem Urbarbuche wird Die vorzugs⸗ 
weife, aber damals allgewöhnliche Benennung *) unferes Eiſenber⸗ 

ges ald Erzberg (Mons Cathmiae nad Admonterstirkunden) zum 
GErfienmale getroffen. Schon damals hießen beide Haupteifenfchmelzs 
fiätten Diesfeits und jenfeits des Erzberges überhaupt Eifen- 
st; (Minera ferri. Cathmia ferri) mit der beigefügten Unterjcheis 
dung des vorderen und des inneren Eifenerjes 1283. 


1) Muchar's Eeltifhhed Morifum p. 18 — 20, 

2) Dipl. Saer. Due. Styr. 11, p. 17 vom Jahre 1202, 

) Dipl. Sacr. Due, Styr. Il. p. 17, 

*) Rationarium Styrie, Rauch Seript. Austr. T. II, p. 110. Muta in Willebzeehtes. 
dorf et judieium in Aurzberch cum omni jure Moutie Grehngebühre) 
pro dwobus Millibus Marcasum et SGeuentis Marcis denariorum. 


/ > 92 er 


Nah einer Admonter» Urkunde vertaufchte das Stift Woran 
im Jahre 1282 feine Hube in der Trafaiacherpfarre im Innerberg 
des Eiſenerzes: Hobam unam solventem sex solidos dena» 
riorum in Parochia Trafayach in interiori monte Cath- 
miae apud S. Oswaldum, gegen Admont’fche Güter in Feiſtritz 
und Ried in Unterſteier. Sm Sahre 1293 erhielt das Stift: Ad- 
mont vom Stifte Goͤß eine Hube im innern Eifenerz, weldes 
damals zugleich ein Flecken (Villa) genannt wurde. Diefe topo« 
graphifche Bezeichnung weifet nun von felbft darauf, daß es damals 
fhon eine Ortfchaft Eifenerz vor dem Berge gegeben habe 
(nad der unten anzuführenden Urkunde vom Sabre 1313 Mons 
anterior und mons interior; alfo auch Minera ferri interior, 
und minera ferri anterior). Daraus wird das Beftehen und die 
deutſche Benennung der beiden Orte, Snnereifenerz und Vor: 
dereifenerz, Innerberg und Vordernberg im dreijehn⸗ 
ten Sahrhunderte ſchon unmwiderfprechlich 1). 

&o wie die Hellinger, Hallinner, Hallauner die ur- 
älteften Bearbeiter der Salzquellen und Salzgruben in Auffee, Hall- 
ftadt, Hal bei Kremsmünfter und Admont auch zugleich Die Grund= 
eigenthümer ihrer Salzbornen und Bergfchächte geweſen waren, eben 
fo läßt fich das gleiche Verhältniß von den uralten Eifenftätten der 
Noriker, der Eifenerzer, der Eifenbläher an unferem Erz— 
berge annehmen. In den Älteften Zeiten des germanifch:celtifchen Als 
terthumes und fortwährend bis über die erſte Hälfte des eilften Jahre 
bundert3 waren die Benüßungsrechte des einzelnen allodialen Privat 
gutes in Waldungen, Salzquellen, Steinbrüchen, edlen und unedlen 
Metallen, in Jagd, Fiſcherei, Maſtweide (Saginatio) u. f. w. auf 
der eigenthümlichen Feldmark durchaus nicht befchränft, fondern ein 
som echten Eigenthume an Grund und Gewäffern ungetrenntes Zu— 
gebör, Die Steiermark war von der Mitte des fechften Sahrhunderts 
fhon ein Theil des fränkifch = auftrafifchen Neiches. Nach und nach 


1) Offemia. D. Gr. Abbatissa — Hobam vel mansum in interiori Eisenerz, apud rvil- 


lam sitam. Urkunde A. n. #8. Im Urbarbuche ©. m. 572 heißt es: Hoba im 
Cathmia ferri. Diplom, Saer. Duc, Styr. p. 108. 


„> 093 «u 


bildeten ſich auch in diefem Reiche theils aus fiscalifchen Rechten, 
welche die Könige in den ehemahligen sömifhen Provinzen auss 
übten, theils aus dem römifchen Rechte ſelbſt die Begriffe von Ne 
galität, von Regalien, Fiskalien aus, als Rechte des Kös 
nigs, die ein Privatmann nur durch Höhere Verleihung erwerben 
konnte. Auf dieſem allmähligen Wege wurden fie ins Staatsleben 
feſtſtehend eingeführt. Man verftand aber unter der Bezeihnung von 
Regalien (Hegalia, Fiscalia) oder Königägaben ſolche Regierung s- 
und Kammeralrechte, melde ihrer Wichtigkeit nach nur von 
Herrſchaften befeffen und von Königen allein, lehenweife oder erblich, 
der Regel nach ertHeilt und erhalten werden konnten. Zu den Ru 
gierungsregalien rechnete man vorzüglich das Recht, über freie 
Bürger des Staates zu richten, oder den Blutbann, den Königsbannn 
und Heerbann auszuüben. Unter Kammeralregalien begriff 
man das Marktrecht, Zollrecht, Salinenrecht, Metallbergrecht, Fiſch⸗ 
aecht, Forſtbannsrecht auf Holzung und Jagd, das Maſtungsweide— 
recht u. ſ. w. Das Bergregal betreffend, ergibt ſich nun Hinfichtlich 
des ſteiermärkiſchen Erzberges theild nach der Analogie anderer Pros 
vinzen,.tbeils aus fpäteren Urkunden für die dunkle Epoche von der 
zömifchen Zeit bis in das Dreijehnte Jahrhundert Folgendes. Die fort: 
dauernde Bearbeitung der uralten norifchen Eifemminen son der Ur⸗ 
zeit ber ift durch die Zeugniffe des Nutilius Numantianus (3.410), 
des Sidenius Apollinaris (I. 488), und mit Wahrfcheinfichkeit auch 
des GClaudianus aus. dem, fünften Jahrhunderte der roͤmiſchen Zeit er: 
wiefen. Bür die äftefte Zeit it nun an ein Negalrecht an den nos 
riſchen Eifenminen wohl gar micht zu denken. Im der römifchen 
Epoche iſt Die Anwendung der Regalanfprüche darauf nach: römischen 
Rechte, befonders feit K. Gonftantin dem Großen ſehr wahrfcheintich, 
Daß der norifche Eifenbau in der dunfelften Epoche des. fechften und 
fiebenten Jahrhunderts nicht unterbrochen worden fei, verbürgt die 
urfundlich erwielene fortdauernde Bevoͤlkerung des norifchen Berglan- 
des, wenn es gleich auch zweifelhaft bleiben dürfte, ob Die fparfanıen 
Nachrichten aus der oftgothifchen Herrſchaft, die Ordinatio Siliqua- 
Jici et inquisitionis ad invenienudum ferrum des großen Königs 


„> 024 ze 


Theoderih an den Simeon Grafen von Dalmatien, die VBerhaltungss 
befehle an alle Waffenfchmiede (Armorum Factores) in feinem 
Meiche, oder der Wink des Paul Warmefried über Die .trefflichen Wat 
ferrfchmiede der mit den norifchen Ländern im fo vieler und längerer 
Verbindung geftandenen Longobarden, auf die norifchen Eifenftätten 
felbft eine unmittelbare Beziehung gehabt Haben ')?.Wie es num die 
erſten fränfifch » auftrafifchen Könige mit dem Bergregale in dem rö⸗ 
mifchen Provinzen, Rhätien und Norifum gehalten haben, ift gäm: 
lich unbefannt. Seit der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts tau⸗ 
chen folgende Andeutungen aufs In der umfaſſenden Beftätigungs- 
urkunde der hochftiftifchen Befigungen gab K. Arnulf dem Erzſtifte 
zu Salzburg im Jahre 890 das Recht, eine Erzgrube am Gama⸗ 
naronberge (im Lavantthale wahrfcheintich gelegen) Ein Jahr lang 
ausschließlich zu bearbeiten, Daraus erhellet, daß jene Erzgrube frü⸗ 
ber ſchon belegt, und daf fie, wir es fih aus dem Zufanımenhange 
der Urkunde darthut, zinsberechtigtes königliches Fiscalgut geiver 
fon fer Eben dieſe Eiſengrube, wie es ſcheint, kam im Jahre 
931 Durch Tauſch um eine Salzquelle im Admontthale aus dem 
Eigenthume eines Grafen Alberich in das allodlale Eigenthum des 
ſalzburgiſchen Hochſtiftes, und zwar mit Befreiung von allem Zinſe 
Elatum Aerri quod Aruai·dicitur, fodare sine cens uy ap 
Eiſengruben im Pongaue, am ſogenannten Erzberge, beſtanden 
lange vor dem eilften Jahrhunderte Dei der Gründung ſchon Am 
Sabre 1074 erhielt das Stift Admont eine Befigung an Eriber- 
ge im Pongaue mit dem Rechte auf Goldgewinn win Fritzbache *). 
Weit: über die Hälfte des eilften Jahrhunderts Hinanfireicht auch der 
Eiſenbau in der oberſteieriſchen Wal din arch, in den Gegenden 
von Aflenz und Mariazell. Schon im Jahre 1025 hatte eine Edelfrau, 
Beatrir, vom K. Conrad J. in der Umgegend von Aflenz hundert 


1) Mudrar's rom. Norikum. I. Thl. p. 7935 — 358. Cassiodor. Var. IH, 25. 26. VII. 
43 13. Paul Diac, Hist. Longob, L, 97, 

2) Zuvavta, Anhang p. 112 —- Li, 

3) Invavia, p 7 

, Zuvavin, p, Zöl, 


> 2 + 


Huben königlihen Eigengutes fammt dem Rechte auf Salz 
bam erhalten, welche Beſitzung dann fpäter zwifchen den Jahren 
1060 und 1070 an das Stift St. Lambrecht ſammt dem Rechte 
auf Eifenbau gediehen ift: cum salino et rudere, quod Ariz 


 dieitur !). In eben derfelden Epoche zu Anbeginn des eilften Jahr: 


bunderts (I. 1015) verlieh K. Heinrich II. einem farantanifchen 
Grafen Wilhelm und feiner Mutter Hemma neben dem Balzwerfe 
im Admontthale aud) noch Die Bergwerke auf allen ihren 
Defigungen: et omnes fodinas cujuscumque metalli et sa- 
linae, quae in bonis suis reperientur 2). Im Sabre 1184 auf 
dem Neichötage zu Mainz betätigte K. Yriedrich I. dem Stifte Ad⸗ 
mont alle ſchon früher ertheilten Privilegien und insbefondere alle 
NegalrehteaufSal; und Metalle aufdeffen allodia- 
len Gründen ?), Erinnert man fih nun, daß ſchon in den falj- 
burgiichen Dosumenten des achten Jahrhunderts Zehente von Salz und 
Mauth an die fürftliche Kammer. (quod datur in censu domini- 
co) vorkommen, und daß auch ſchon private Allodialherren, wie das 
Stift Vdmont, von dem Grträgniffe des. uralten Eifendbaues im 
Ssohnsbacherthale und von feinen Salzfiederrien zu Hal im Admont⸗ 
thale einen Zebenten als Zinns von dem Metallgewinne und 
Sahze (jus salinae) auf feinem allodialen Grund und Boden bezo⸗ 
gen hatte, ſo Icheint darans au erhellen, daß wol fchon von der 
tömifchen Epoche ber der noriihe Salz und Metallgewinn in be 
fonderer Werthſchätzung gehalten, und mit befonderer Zinsabgabe be- 
legt worden fei, welche endlich gegen dad Ende des zwölften Jahrhun⸗ 
derts auch hinfichtlich unſeres Erzberges den Begriff des altrömifchen 
Dergregals fastifch wieder zurückgebracht umd für alle Zeitenfolge feſt⸗ 
gelellet hat, Es liefern demnach Die fpäter anzuführenden Spenden 
der ſeiermärkiſchen Markgrafen mit Roheifen vom Erzberge an die 
Stifte Seitz, Seggau, Nein und Gayrach, und Das bereits erwähnte 
Nechenbuch Hellwil’s den volltändigen Beweis, Daß die Markgrafen 


1) Arhiv von Gt. Lambrecht. Pez Anecdot. VI. p, 185. 
2) Archiv für Süddeutfhland, II, 225 — 226. 
„) Admonterarchiv A. n, 7%. 


> 206 «rs 


und Herzöge von Steier feit dem zwölften Jahrhunderte ſchon am 
unferm Berge ihr Regalrecht befefliget und ausgeübt hatten. Man 
darf aus Hellwik's Verzeichniffe der Kammergefälle mit Recht anneh⸗ 
men, daß, nach Abfchlag der unbedeutenden Mauth zu Willebrechtss 
dorf, die Gerichts» und Berggefälle am Erzberge dem Landesherrn 
Damals über 2000 Marken Silbers eingetragen hatten. Daraus 
erhellet die thätigfte Bearbeitung jener Eifengruben Im zwölften und 
dreizehnten Zahrhunderte, fo daß K. Rudolph I. die induftrielle, die 
finanzielle und landesthümliche Wichtigkeit Diefes Berges fogleich ers 
kannte, und feine Gefinnung dadurch beurfundete, daß er im Jahre 
1279 ſchen die alte feit dem Jahre 1016 beſtandene und vom Pap⸗ 
fie Benedict VII. eingeweihte Et. Oswaldificche in Eifenerz hatte 
erweitern laffen ?). Seit diefer Zeit treten die ſteiermärkiſchen, uns 
ter» und oberöfterreihifchen Hammerfätten rund um den Griberg 
ber, nachdem fie fchon feit Jahrhunderten beftanden hatten, erſt 
uründlih an das Licht. Wir wenden zuerft unfern Blick nach 
Norden. Im Jahre 1074 Hatte das St. Blafienfift zu Admont 
alles Land von der Mändling und Franz bis gegen Admont und 
Hieflau herab, und von den Mariazeller Gründen bis Windifch- 
garften hinüber, an der Salza, Laffing, Mandling, Gams, Def: 
ling, Lauffah, Weiſſenbach, Buchau, eine große Fläche von mehe 
dann 9 TI Meilen ald Gundationsallode erhalten, und. zwar das 
mals ſchon näc der weiten Umkseifung vom Berggipfel zu Berge 
gipfel, von Rüden zu Rüden topographifch genau in den Urkunden 
son den Jahren 1074, 1139, 1160 bezeichnet. Alle diefe Abhänge 
und Thäler, größtentheils mit Yörften bededt, waren damals das 
ausgedehntefte Waldband des Gteirer Oberlandes, fo daß es 
fheint, die Natur felbft Habe in der Nähe ihres Erzberges hier 
den unentbehrlihften Holsihag aufbewahrt. Als der vorzüglichfte 
Pfarrort befand Damals St. Gallen im Walde genannt, 
wo jedoch um die Mitte-des zwölften Jahrhunderts das Stift Ad⸗ 
mont mehrere Priefter (ein Priorat, Polyandrium) beftellen muß 


s) Dieß erhellet aus den Urkunden R. Leopold I, von Den Jahren 1702 und 1708. 


> 027 «nm 


‚te, um die geiftlichen Dedürfniffe der weit von einander zerſtreuten 
Bewohner diefer einfamen Gegenden beforgen zu laffen. Die wach: 
fende Bevölkerung machte aber bald, in der zweiten Hälfte des drei⸗ 
zehnten Jahrhunderts, einen zweiten Pfarrort, zu St. Barth o⸗ 
lomä im Holzlandt (1272) nothwendig. Hirten, Köhler und 
Eifenarbeiter waren vorzüglich die Bewohner dieſes Waldlandes, Ur⸗ 
alt ift die Wafferfahrt mit Plätten und Flöffen auf der Enns, dem 
Hauptſtrome Diefer Gegenden, nach Defterreich Hinab. Man über: 
führte dahin theils Rauheifen, vom Erzberge hergebracht, theild die 
Eifenfabrifate aus den uralten Hammerftätten diefes Hochlandes. In 
Reifling und Weiſſenbach waren Haupturfahrftätten und Flößmeifter 
an der Enns. Die Entfiehungszeit der einzelnen Hämmer im Gt. 
Gallner⸗Waldlande läßt ſich nicht urkundlich genau nachweifen ; bis 
zum Ende des fünfzehnten Jahrhunders waren deren 26 größere und 
Fleinere Berfgaden zu St. Gallen, in der Fränz, Lauſſach, Oeßling, 
Laimbach und Reifling, über welche man von den Jahren 1250, 
1397, 1413, 1422, 1432, 1455, 1458, 1466, 1480, 1496 u. f. w. 
Urkunden befißt. Weber die Entftehungszeit der Hammerflätten zu: 
nächft am Erzberge, in der Hieflau, durch die Eifenerzers Bürger, Anz 
drä Krumphals und den Hieflauer, Andrä Bauer, find wir durch die 
Mojeftätsbriefe K. Friedrichs IV. von den I. 1466 und 1479 ges 
wi. Eben fo alt als: alle dieſe Hämmer find Die über den Nords 
gränzen des Gteirerlandes in Ober⸗ und Unteröfterreich gelegenen 
Eifenwerkgaden. Weber die Schrottihmieden am Yorften und beim 
Kreuze im Weyer, über die Hämmer ebendafelbft, in Kleinzeifling, 
Hcllenftein, am Keffel, am Bodenberg, zu Aſchach in der obern Ram⸗ 
ming und in Gaflen; haben wir Urkunden von 1369, 1444, 1450, 
1464, 1475, 1490, 1493, 1497, 1499, 1503, 1507, 1509, 1514, 
1519, 1520, 1526, 1528, 1531, 1537 u. f. w., aus welchen fich 
zeigt, Daß die Margerbed, Baumgartner, Handl, Aſenbauern, Schieerl, 
Schwab, Haidenreih, Schakl, Kernftod, Zimmermann, Zödl, Preis: 
eifen, Habenftreit, Deder, Praueshofer, Lindethaler, Stubner, Wey⸗ 
rer, fänmtlich Bürger von Weyer, Stadt-Steier, Waidhofen !) und 


4) Urfunden über Handel und Eifenerzeugniffe in Waidhofen — weiter unten. 


> 08 «eo 


Eiſenerz, und Bewohner von Höllenftein, Gaflenz und die Kers 
jenmandl in der Mandling zu den älteſten und duch Jahrhun⸗ 
derte fort betriebfamen Befiger jener Eifenflätten und Verarbeiter des 
Rauheifens vom fteirifchen Erzberge gerechnet werden müffen. Es wird 
demnach begreiflich, wie fehon in der zweiten Hälfte des dreizehnten 
Sahrhunderts bloße Urfahrftätten zu Weiſſenbach und Reifling an der 
Enns dem fo fehr erhöhten Eifen- und Kohlenverkehre nicht mehr 
genügten, fo daß der unternehmende Abt Heinrich IV. von Admont 
eine ſtarke Brücke ju Weiffenbach über den Enneftrom ſchlagen laſ— 
fen mußte, wozu 8. Rudolph im I. 1277 nicht nur feine Einy 
willigung., fondern dem Stifte Admont auch Das Recht ertheilt hats 
te, das uraltgewöhnliche Urfahrgeld künftig als Mauthgebühr an die⸗ 
fer Brüde von Jedermann, der fie benüßt, abzunehmen: — Welches 
Leben nun der nahe gelegene von der vorfichtigen Natur mit einem 
Kranze von Urwäldern auf der Nord» und Weftfeite umfchlungene 
Erzberg Durch alle folgenden Jahrhunderte über diefe Gegenden des 
Steirer⸗Oberlandes an der Sala und Enns umd in den benachbar: 
ten heilen von Ober: und IUnteröfterreich verbreitet und erhalten 
habe, ift von uns in diefer Zeitfchrift ohnehin ſchon umſtändlicher 
dargeftellt worden '). Damit marı jedoch noch mehr überzeugt werde, 
daß vom fleierifchen Erzberge aus der lebhafteſte Handel mit Raub: 
eifen und mit gefchlagenem Eifen, fo wie mit Holz von dem dem 
Stifte Admont allodial eigenthümlichen Gallenfteiner’fhen Waldlande 
auf dem Ennsſtrome nach Defterreich zu, insbefondere nad) Stadt 
Steier, ſchon Tange vor dem dreizehnten Jahrhunderte getrieben 
worden, und daß unfere Bemerkungen über das hohe Alter der 
ober= umd unteröfterreichifhen Hammerftätten richtig fei, fo lies 
fen fich die Bürger zu Stadt Steler ſchon im Sahre 1287 von 
Dem im November bei ihnen eben anmwefenden Herzog Albrecht, ne- 
ben ihren anderen Privilegien, auch das uralte Recht beftätigen, daß 
gegen Jedermann, der Eifen oder Holz auf der Enns ihrer Stadt 
suführet, drei Tage nad) einander das Kaufssecht den Stadtbürgern 





4) Steierm. BZeitſchrift XI. Heft, p. 00 57, 


> 29 x 


freigeftellt Hleibe, und fodann erft den Eifen« oder Holsflöffern und 
jedem Andern geftattet fein folle, die noch daliegenden Waaren an 
wer immer zu verfchleißen, oder diefe anzukaufen. Als fich fpäter 
die Hammermeifter in Weyer nach diefen uralten Rechten nicht fügen 
und ganz freien Eifenhandel in Stadt Steier Haben und üben woll- 
ten, entihied Herzog Albrecht im I. 1384 zu Linz Ddiefen Streit 
ganz nach dem Inhalte der älteften und der nachgefolgten* Beftäti- 
gungsbriefe von den Jahren 1360, 1361 und 1379 zu Gunften und 
nach dem urkundlichen Rechte der Stadt» Steirer. Die Urkunde vom 
Sahre 1379 enthält auch einen für den Handelsgang in jenen Zei: 
ten wichtigen Binf, den Auftrag an Rudolph von Wallfee, ja genau 
zu verhüten, daß alles Eifen und die venedigifhen Lauf 
mannswaaren aus Steier herab nicht über die Haide nach Waid⸗ 
bofen geführt, fondern allein und unmittelbar nach Stadt = Steier 
und zur dortigen Mauthſtätte gebracht werden follen, wie ſchon Her- 
j0g Rudolph diefes angeordnet habe. 

Die hier vorfommende Meldung von Malen an dei Vbbs 
veranlaßt uns auch noch Folgendes zu bemerken. Neben Stadt Steier 
hatte ſich auch jene, dem ſteieriſchen Erzberge noch näher gelegene 
Stadt durch Handel überhaupt und durch Geſchäfte mit ſteieriſchen 
Eiſenprodukten ſehr frühzeitig und wol ſchon ſeit dem eilften Jahrhun⸗ 
derte erhoben. Albrecht, Biſchof von Freiſingen, erlaubte den Bürgern 
feiner Stadt Waidhofen (24. Febr. 1355) ihr Kaufhaus zu bauen 
und zu befjern, und alle Wandlung der Kaufichäge, die darinnen 
wäre, ewiglich zu beftellen und zu genießen nach rechtem Recht, als 
fie meist mögen. Im einens Brief zu Admont (15. Aug. 1361 ges 
geben) ertheilt Erzherzog Rudolph den Waidhofnern die Sreiheit, von 
jedem mit Wein oder Getreide geladenen, bei ihnen durchfahrenden 
Wagen ein beftimmtes Brückengeld zur beftändigen Herhaltung der dor⸗ 
tigen Brücke zu heben. Um die großen Dienfte des Sreifinger-Bifchos 
fes Leopold zu Iohnen, erlaubt Erzherzog Leopold von Defterreich den 
Bürgern zu Waidhofen freien Handel zu treiben „mit aller Kauf: 
manfhaft» in Steier, Kärnthen und Krain (Grüß am 18. Der 
1379). — Man fan daraus mit Sicherheit fchließen auf den ber 


„> 50 «ie 


Deutenden Waarenzug, welcher fih damals in der Stadt Waidhofen 
an der Ybbs concentrirt hatte. Im Jahre 1332 wurde die freie Vers 
führung des Admontifchen Eiſens von den herzoglihen Beamten in 
Steiermark gehindert. Auf Die Beſchwerde des Abtes Ekhard befahl 
dann Herzog Albrecht allen Nichtern zu Steier und in dem Eifens 
‚ er, alles Admontifche Eifen ohne Hinderniß feinem Verkehre nad): 
gehen zu laffen, bis der abgeordnnete Unterſuchungscommiſſär, Graf 
Ulrich von Pfannberg, das wahre Rechtsverhältniß, „weshalb der 
Abt und fein Gotteshaus freien Verkehr mit Eifen ba- 
ben,“ werde erhoben haben 1y} 

Wenden wir nun auch unfere Blicke auf die Landtheile, welche 
unfern Erzberg von Süden, Often und Nordoften umgeben. So 
wie in Gifenerz, wurde auch im Vordernberger- Thale, felbft in der 
nächften Nähe der älteften Schmelgruben und Defen das Rauheiſen 
Des Erzberges größtentheild aufgearbeitet. Der beginnende Kohlen: 
mangel in der Umgegend, welden der erhöhtere Eifenbedarf Herbeis 
führte, zwang auch bier, die Hämmer weiter hinweg zu rücden und an 
entferntere Waldbäche, wo diefe und alte Wälder um Leoben und 
Brud, an der Lieffing, Palte, Zeichen, Laming, Stainz, an den 
Afflentz⸗ und Toͤrlbächen, an der Lobming, Ingering, zu Weißkirchen 
u. f. w. im fchönen fruchtbaren Thälern von Wald, Weiden und 
Saatfeldern, größere Bequemlichkeit und zahlreichere und rüftige Hän⸗ 
de darboten. Bon Eiſenhämmern am Zörlein, im Zörlgraben bei 
Afflenz, haben wir fehon vom Jahre 1372 urkundliche Nachrichten, Daß 
dort imsbefondere Hacke nſtahl und Sharſachſtahl gearbeitet wor« 
den fei. Die Eiſenhämmer an der Lieffing und Zeichen bei Kallwang, 
bei Brud, an der Laming, Stainz, zu Mürzufchlag find aus Tier: 
kunden von den Jahren 1437, 1475, 1489, 1491, 1493, 1494 
befannt. Hart bei der Stadt Leoben und in ihrer nächften Umge— 
bung beftanden 18 Hammerftätten fo frühe fchon, daß ihre Entſte⸗ 
hungszeit gar nicht mehr urkundlich nachgewiefen werden kann, und 
deren zahlreiche und verfhiedenartige Fabrikate aus Erzbergereiſen 


1) Admonterarchiv Z, n, 9% 


> 31 «ie 


vorzugsweiſe Die Benennung das Leobniſche Eifen erhalten Hat 
ten. Daraus und aus allen noch fpäter anzuführenden Daten ergibt 
fi das unmiderfprechliche Refultat, daß die meiften Hämmer in 
den bezeichneten Gegenden wol eben fo uralt, wenn nicht noch weit 
älter, als jene am der Nordfeite des Erzberges fein. Im Sabre 
1170 erhielt das Etift Vorau ein Beſitzthum, im Zrofaiachthale, 
nahe dem Erzberge, wo man Eifen grub, gelegen, von Kuni⸗ 
gunde, der Witwe Markgraf Ottokar's V. Der erfte Herzog der 
Steiermart, Dttofar VI, gab in Folge der Stiftung feines Vaters 
der Karthaufe zu Seitz im Jahre 1182 zwanzig Klumpen (Meeß, 
Maß, Maffen) Eifens in Leoben zu erheben, — offenbar Rauheiſen 
aus. den Buohngefällen des Landesperzoges 1). Zu gleicher Zeit 
war auch das Stift Seggau zu bedeutenden Antheilen an dem Vor⸗ 
dernberger Ergberge gelangt, welche demfelben Herzog Leopold .geges 
ben hatte), Eben diefer Landesherr gab auch im Jahre 1202 den 
Gifterjienferbrüdern im Stifte zu Rein aus feinem Gifenerzberge fo 
viel Eifen,; als an. & Blasbälgen erzeugt werden kann ?). Weiters 
barıgedachter Herzog Leopold im Jahre 1209 bei der Wiedererhebung 
des Warthäuferkloßers zu Gayrach in der unteren Steiermark dieſem 
Klofier 4 ganze oder zehn halbe Maß Rauheiſen jährlih in Leoben 
in beheben angewieſen. Im Jahre 1262 erneuerte der Bifchof Bruno 
sr Dimiüt, damals’ Landeshauptmann in Steiermark, dieſe Spende 
und marihfreie Abgabe von Rauheifen an Gayrach *). Aus diefen ur- 
Fundlichen Nachrichten. erhellet mit Gewißheit Folgendes, Was Stadt 
Steler für dieimördlichen Gegenden unfers Erjberges zu werden ſtreb⸗ 
te, Das war die Stadt Leoben ſchon im dreizehnten Jahrhunderte 
an der Südfeite desſelben, der Hauptplaß für den Ankauf des am 
Berge und im Trofaiachthale nicht ſelbſt ſchon verarbeiteten Raub 


4) Dipl. Sacr. De. Styr. p. 68. Pater meus doderat XX massas ferri in Leoben, 

2) Ex Dono Ducis Austriae et Styriae Silvam Müllwald et partem in fodina ferri 
Leoben. Dipl. Saer. Duc. Styr. I. p. 189, 

3) Fratribus de Hana dedimus in fodina ferri nostri, quantum eis ntilitatja 
provenire potest ex quatuor follibus. 

3) Dipl. Saer. Due. Styr. II. p. 491. „Quatuor majores, aut deeem minores ferri 
Massas. 


> 32 440 


eifend aus dem Erzberge diesſeits desſelben, und die Haupteiſenkam⸗ 
mer für die Hammerſtätten in den Thälern der Palte, Teichen, Lieſſing, 
Mur, Weiſſenbach, Lobming, Glein, Laming, Feiſtritz, Mürz, Stainz 
u. fe w. Mit Leoben theilte ſich in die früheſte Eiſenniederlage 
und in den Hauptverfchleiß die aftberühmte Münzs, Wechſel- umd 
Handelsftadt Judenburg, der Hauptftappelplag Der durch den vene⸗ 
tianifchen Handel über die füdlichen Alpen heranftommenden Waa⸗ 
ren. So war es gebräuchlich von den älteſten Zeiten her geweſen, 
und dieſe uralte Eiſenniederlage beſtätigte auch K. Rudolph J. der 
Stadt Judenburg von Wien aus im Jahre 1277: Item ferrum 
de Trofajach debet duci tantum ad civitatem Judenburgh, 
ibique venalitati exponi, ut ab antiquis temporibus est con- 
suetum 1), Im Jahre 1305 erklärt Herzog Rudolph zu Brud 
an der Mur, daß eine Meile rund um die Stadt Leoben fich Fei- 
ne Wirthe, Fleiiher, Bäcker und andere Handwerker anfiedeln bürs 
fen, nur ein Gleifcher, Bäder und Wirth zu Göß, und zwei Wir— 
the, Fleischer und Bäder zu Zrofaiach ausgenommen; daß auch zu 
Zrofaiach kein Wochenmarkt gehalten werden dürfe, und daß Die Le— 
obner » Bürger Salz umd anderes Kaufmannsgut zu Waffer Ind zu 
Sande frei umherführen, und auch von Bruck nad zweitägiger Markt⸗ 
zeit damit weiter ungehindert verkehren Dürfen, damit der Stadt 
Leoben ihre durch Weuersbrunft und andere Unglüdsfälle erlittener 
Verluſt einigermaffen wieder erfegt werde. Hierauf (von Gräg aus 
im Sabre 1313) fand es Herzog und K. Friedrich der Schöne für 
nöthig, abermals ernftlich zur genauen Beobachtung einzufchärfen die 
alte Anordnung, daß Die Radmeifter in Vordernberg ihr Raubeifen 
ja nicht über den Präbühel Hinaus, und nah Notten- 
mann hin verführen, fondern in feinem andern Orte zum Ver—⸗ 
kaufe niederlegen follen, als allein nur in der Stadt Leoben: Uni- 
versis in foro Trofajach in Minera ferri residentibus — 
quatenus ferrum sive mineram ferri ultramontem Praebühl vel 
Rottenmann traducere, et in aliis locis quibuscunque vendere 





4) Dipl, Saer. Due. Styr. p 24. 


> 33 dw 


non in opido riostto Leuben — nullatenus debeatis!‘ Beſtäti⸗ 
gungen diefdr Urkunde erfolgten in den Jahren 1355, 1369 m; ſ. w. 
Ulrich von Wallfee, der Landeshauptmann von Steier, wird beauf: 
tragt, über Die Beobachtung diefer Anordnung ſtrenge zu wachen. Ein 
altes Handfchriftliches Rechnungsbuch über die landesfürſtlichen Ge: 
fälle in Steiermark fagt im Jahre 1330 von den Tandesherrlichen 
Gerichtögefällen in Eifenerz Yolgendess „Anno Domini 1330. Die 
B. Galli in castro nostro Wiennensi, habita ratione finali, 
cum magistro Pittrer, plebano in- Grauscharn (auf der Birk 
im oberen Ennsthale der Steiermark) de A60 marcis argenti 
puri, pro quibus urboram vallis Anasi et judicium in PrAen. 
erz. a nobis conduxerat. 


Der Erzberg unter Herzog Erneft dem Eifernen und 
fi. Friedrich IV. 


Nah Herzog Albrecht II. dem Weifen (+ 1358), welcher auch 
mit Berücfichtigung des ſteiermärkiſchen Bergwefens Im Jahre 1336 
das erſte Bergbuch 1) gegeben hatte, “und nad) der Beſtätigung 
der alten Leobner-Briefe auf den alleinigen Rauheifenverlag Des Vor: 
dernberger = Eifens im 3. 1369 durch Herzog Albrecht IH. mit dem 
Zopfe („weil wir wohl wiffen, daß die Bürger und bie 
Stadt Leoben ohne diefen Rechten und Befreyungen 
nicht befiehen und unverdorben bleiben können“) hat wol 
Erzherzog Erneſt der Eiferne dem fleiermärkifchen Eifenbau: und Hans 
del am Erzberge den kräftigſten Aufihwung und eine befonders ges 
zegelte Richtung gegeben 2). Er ift der: eigentlide Gründer 


4) Abgedrudt in der tyroleriſchen Bergwerksgeſchichte von Sperges. Wien 1785 
P. 281. 

2) Um Das Jahr 1409 begann in Eifenerz ein altes Forſtbuch, in welches Der da: 
malige Zorfimeifter, Gilg Terpf, alle Dienfte und Zinfe verzeichnet batte, 
die in Das Forſtamt in Eiſenerz jährlich zu entrichten waren. Diefe Aufſchrei⸗ 
dungen fanden fi dann darin forsgefegt bis aufden eiſenerziſchen Umtmann, 


5. gadra. 1. Heft. | 3 


„> 34 «me 


des Hauptraubeifenverlags und Handels anf gemein 
famen Gewinn und Bortheil der Stadt Leoben. Der Ins 
halt und Geift feiner Anordnungen von den Jahren 1415, 1421. 
und 1422 von Neuftadt, Grüß und Brud an der Mur aus, if: 
Alles Rauheifen der beiden Berge des Eifenerzes fol in Leoben ein- 
gelegt. werden, und die Bürger zu Leoben follen dasfelbe auf einen 
gemeinen Pfennig und Nugen in einer Commune arbeis 
ten, kaufen und verkaufen, fo daß Sedermann, Neicher und Armer, 
fein Geld dazu. einlegen und den ihn treffenden Gewinn. davon aufs 
heben koͤnne; jedoch daß dabei dem Landeshern feine Rechte auf 
Zoll und Frohn ungefchmälert, und den Bürgern (Nadmeiftern) im 
Innernberg und Eifenerz die Freiheit bleibe, ihr Rauheiſen nad 
Defterreich hinaus zu verkaufen} 

Vie es um Diefe Zeit mit dem Handel und mit den Eifeners 
jeugniffen in Waidhofen an der Ybbs ausgeſehen Habe, erhellet aus 
folgenden Urkunden. Am 18. April 1418 erklärten Jakob von Berg, 
Richter im Eifenerz und die zwölf Geſchwornen daſelbſt, daß die 
Bürger zu Waidhofen von alter Zeit her das Net gehabt haben, 
alle gewogene Habe ohne alle Irrung von Seite der Steierer zu 
ihrer Stadt zu führen und ‚Dort zu verarbeiten zu allerlei Eifenfas 
brifaten (zu Stahl, oder zu geflagn Eyſen), und diefelben wieder 
weiter zu verführen alle Straßen und über. die Heide ohne alle 
HDinderung von Seite anderer Städte und Märkte, Ind als fpäs 
ter die Stadt » Gteirer wirkliche Hinderniffe den Waidhofnern erheben 
wollten, fo brachten die Letztern ihre Klagen darüber vor K. Fried» 
zih IV., und auf die allfeitigen Zeugenfchaften und Beflätigungen 
ihres uralten Rechtes von Seite des Innerberges (9. März 1458) der 
Stadt Wien (24. Dftober 1460) und des -Mauthners zu Ybbs (29. 





Walter Haring, im Jahre 1555. 1318 verfaufen die Söhne des Heinrich Lieffin« 
ger eine Hube »in dem Eifenärste am See« arlegen. A. n. 37. — 1397 
befaß Hammer» und Burgrehtöflätte unterhalb des Schloſſes Ballenftein, 
beim Marfte St. Gallen, Heinrih Senphirren, verehelicht mit der Tochter 
des Jakob Luft, Bürger in Eiſenerzt. — 1902 die Bürger zu Eifenerit Jakob 
Swelbel Richter dafeldft, Jakob von Berg, welcher im Fahre saı2 die Admon⸗ 
tifhe Hammerftätte in Reifling bei der Steinbrücke Faufrechtlich inne hatte, — 
Im Jahre 1035 Seibold der Sibuliſt Richter in Eiſenerzt. T. a. 10. 12.45, 16, 


n> 35 «m 


Dftober 1460), und fpäter auch der Richter zu Mile (94. Sept. 1469), 
zu Aſchbach (7. Mai 1490), zu St. Pölten (15. Suni 1490) blie— 
ben die Baidhofner fortan im Befige und in der Ausübung ihrer ur⸗ 
alten Rechte, Aus den meiften der eben bezeichneten Urkunden beftä- 
tiget fich auch die ununterbrochene Handelsverbindung der Waidhofs 
ner mit Denedig und der Lebhaftefte Verkehr mit venetianifchen Waas 
ren. Sehr merkwürdig if} auch Die neue Ordnung, welche der Freis 
finger-Bifchof Nifodemus für feine getreuen Unterthanen, die Klingens 
fchmiede, die Mefferer und Schleifer zu Waidhofen an der Ybbs (9. 
März 1442) aufgerichtet Hatte, worin unter Anderm alles Ausführen 
von Rauhtlingen ans Waidhofen und aller Verkauf derfelben von 
Seite der Schleifer firenge verboten wird. 

An die Stände des Steirerlandes erging zugleich der Auftrag, 
für Die Aufrechthaltung der Landesfürftlichen Anordnungen zu wachen. 
Sm Jahre 1430 Elagte der Abt von Admont wider Richter, Rath und 
Bürger zu Eifenerz, daß fie die Maß Eifen viel ſchwerer machten, als 
früher, zur Beeinträchtigung der Hammterarbeiter und felbft Der landes⸗ 
fürftlichen Mauth ; endlich auch, Daß fie mit Verkauf des Rauheiſens 
tüchältig wären gegen feine Leute an der Enns, und daß der Hams 
mer an der Reifling aufliege. Der Erzherzog ließ die Sache durch 
eigene Abgeordnete unterfuchen !). Ald im Jahre 1436 einige Rads 
meifter und Bürger zu VBordernberg neue und bisher ungewöhnliche 
Hämmer erbauen liefen, daſelbſt ihr Rauheiſen ſelbſt verarbeiteten 
und damit in die Ferne nah allen Seiten Handel trieben, ohne 
die alten Privilegien der Stadt Leoben zu berüdfichtigen,, fo bes 
ſchied Erzherzog Friedrich IV. beide ZhHelle vor fih nach Neuftadt, 
Darauf erfchien von diefem Landesheren im Jahre 1439 ein neuer 
Brief, welcher die alten Privilegien und das alte Herkommen bei der 
Etadt Leoben nicht nur beftätigte, daß alle Maffen Rauheifen und 
ſelbſt das gefchlagene Eifen aus beiden Bergen von der Eifenverlagss 
geſellſchaft fo übernommen werden follen, daß fie die jedesmalige Bes 
jablung an die Radmeifter und Arbeiter nicht fäume, daß ein jeder 

. 3 => 


%) cc. n, 550, s63. 


> 36 + 


zu Leoben anfäflige Bürger zum Nauheifenverlagshandel fein Geld, 
jedoch nicht über 100 Pfund, einlegen dürfe und den betreffenden 
Gewinn davon haben folle, und daß dieſe nähere Beflimmung einſt⸗ 
weilen durch 15 Jahre bis zum Jahre 1454 zu beftehen habe. Die: 
fer Streit zwifchen den Leobnern und den Radmeiftern vor dem Ber: 
ge veranlafte den K. Friedrich IV., den Stand und die Verhältnifie 
des ganzen Eifenwefens umftändlich erheben und berathen zu laſſen; 
auf diefe Erhebungen gegründet, erfchien dann die erfte uns urfunds 
lich bekannte Eifenordnung für den Erzberg, Neuftadt, Mitt 
woch vor Martini 1448, welche im Wefentlichen Folgendes feſtſetzte: 
„Die Radmeifter in. Vordernberg haben al ihr rauhes und gefchlas 
genes Eifen aus ihren Schmelz« und Hammerftätten nirgend anderds 
wohin, ald nach Leoben zu. liefern, und zwar je 10 Meiller Raubs 
eifen um 30 Pfund Pfennige, Die Wage dazu foll von nun an in 
Vordernberg (bis auf Widerrufen) aufgeftellt bleiben, Bevor man 
Rauheifen jedesmal anf Die Wage gibt, follen das Graglach, der 
Synter und die Zapfen davon weggefchlagen werden. Bei der Wage 
fol ein Wagmeifter und ein Oegenfchreiber beftelft bleiben zur ges 
naueften Aufzeichnung alles erzeugten Eiſens. Von jedem Zentner 
Nauheiſen fallen 10 Pfennige in die Landesfürftlihe Kammer. In 
Vordernberg folen mehr Plahhäuſer errichtet, die Hämmer jedoch ab» 
gethan und mehr als vier Hammerſtätten nicht belaffen werden. 
Das im Innernberg erzeugte Rauheiſen fol feinen Verarbeitungs⸗ 
und Handelögang nach Defterreich und dieſelben Landtbeile hinfort 
behalten, fo wie es diefe Verfehresrichtung ſchon von Alters ber bee 
obachtet und behauptet hat, und zwar je 10 Meiler Rauheifens um 
28 Pfund Pfennige, Wollen die dortigen Nadmeifter einen Theil ihres 
Rauheiſens nach Leoben liefern, fo mögen fie es thun, jedoch foll dann 
das nach Defterreich verfchließene Rauheifen der Iandesfürftlichen Kam⸗ 
mer. 30 Pfennige für jeden Zentner zahlen ; von allem von Eifenerz 
abgegebenen Rauheifen zahle jedoch der Zentner nur 10 Pfennige, eö 
muß aber aller Orten wie gewöhnlich vermauthet werden, und vor 
Entrichtung des genannten Aufichlages an die landesfürftlichen Aınt- 
leute darf vom Erzberge fein Raubeifen fortgeführt werden.’ Als 


“> 97 + 


". Friedrich IV. im folgenden Jahre 1449 zu Murau war; erließ er 
am St. Lorenzentage für das Eifenwefen am Erzberge ein zweites Re 
gulativ, das in der Wefenheit dem vorherigen gleicht, folgende fchärs 
fere Beftimmungen ausgenommen: Am Erzberge fallen für jeden 
Zentner Rauheiſen 15 Pfennige, für jeden -Zentner gefchlagenen 
Eifens, fo wie vom Graglach, Synter und Zapfen (dieß ſoll jedoch 
am Berge felbit verarbeitet werden) 10 Pfennige zur Tandesfürftli- 
hen Kammer ald Aufichlagsgebühr; all diefes Eifen Haben die Rad- 
meifter auf ihre Koften und allein nur nach Leoben zu fiellen, von 
wo aus ed auch auf den von Alters her vorgefchviebenen Straßen 
allein nur weiter vertrieben werden darf, bei Strafe der Gonfiszirung 
und anderer Pön; der Werth für Rauheiſen foll allein nur in Geld 
entrichtet werden und gegen die Nadmeifter Fein Zwang Statt Haben, 
andere Waaren dafür zu nehmen, aufer es gefchieht in freiwilliger 
Uebereinlunft; Eiſenhämmer follen am Erzberge dies: und jenfeits 
ar in der beſtimmten Zahl, und jeder Hammer nur mit einem 
Feuer böftehen, jedoch die Plahhäufer vermehrt werden. — Diefe Ans 
erdnungen K. Sriedrih IV. hatten nun die genauere Beſtimmung 
und die fehriftlihe Beftätigung der Verhältniffe des Rauheifenhan: 
dels in Der Stadt Leoben bei der damit begriffenen Communität zur 
Folge, worüber eine fehr alte Ordnung, welche von Nichter und Nath 
zu Leoben auf Anlangen der Gemeinde zum Nuten des dortigen Ge- 
meinweſens (zur gemeinfamen Verträgniß des Armen und Reichen) 
amd in Gemäßheit Iandesfürftlicher Anordnungen anfgerichtet worden 
U; Folgendes ſtatuirt: Kein Eifenhändfer zu Leoben darf wöchentlich 
mehr, ald 3 Wägen Rauheifen zur eigenen Verarbeitung oder zu fel: 
wem Verkehte abwägen laſſen. Alle Quatember oder wenigftens mit 
jedem Dahresſchluſſe fol in Dem darüber geführten Verzeichniffe nach⸗ 
geſehen, und der Uebertreter ſoll für jeden Wagen über die ihn tref— 
fende Gebühr mit einem ungarifchen Gulden beftraft werden. Wer 
un Handelsverlage einlegt, übernimmt auch die Verpflichtung, Die 
beftimmte Anzahl Rauheifen abzunehmen und zu bejahlen, der Hans 
del mit Eifenfabrifaten mag lebhaft oder flau gehen (in der Wierde 
der Jahre und im der Unwierde). Wird je zuweilen fehr gutes Eifen 


> 98 «re 


gebläher (wenn das Eiſen wierdig ift), fo ſteht Jedem frei, mehr oder 
minder ſtahlhältiges Rauheifen abzunehmen. Wird jedoch ſchlechteres 
Nauheiſen erzeugt (kümmt eine Unwierde darein), fo müſſen Richter 
und Rath eingreifen, damit beffere und fchlechtere Qualität, gleich- 
mäßig vertheilt, abgefegt werden. Den Leobner» Bürgern, welche 
Radwerke in Vordernberg befigen, fol von einem Radwerke wöchent- 
lich ein Wagen Eifen mehr zugeftanden fein, jedoch aller Eigennutz 
und jede Bevortheilung im Verkaufe, Austaufche und Beſchaue des 
Rauheiſens des einen gegen den andern diefer Nadmeifter ſoll ferne 
gehalten werben. Keiner fol den andern den ihn treffenden Eifen- 
‚antheil abzujagen, abzudringen, oder dur Vorkauf und Beſtechung 
bei Amtsverweiern, Gegenfchreibern und Andern am Berge an fi 
zu bringen trachten. Auch für Die Leobnifchen Hammermeiſter darf 
ihr Eifenbebarf nicht bei ihren Hämmern abgelegt, ſondern er fol 
‚allein nur in der Stadt Leoben behoben werden, Wechfelweife Schuld» 
Übernahme zwifchen Bürgern und Gifenverlegern in Leoben zur Be 
friedigung der Radmeifter ift erlaubt. Diefe Ordnung foll den Freie 
heiten der Stadt Leoben feinen Eintrag thun. Auch zur Erweiterung, 
Beſchränkung oder Wiederaufpebung freigeftellt bleiben. Wer jedoch fi 
gegen einen Artikel Derfelben verbricht, it in Die Pin von einem unga⸗ 
riſchen Gulden ohne Mittel verfallen, — Im Jahre 1453 erhielten 
Vordernberg und Eijenerz Wappen, Wochenmarktsrecht und freies 
Landgericht, und im Jahre 1464 beſtätigte K. Friedrich IV. zu Leo⸗ 
ben ſelbſt alle Pprilegien dieſer Stadt. Das lebhafte Intereſſe, wel⸗ 
ches K. Friedrich IV. an dem fleiermärkifchen Eiſenweſen des Erz- 
berges genommen hat, bewährt ſich neben dieſer Hauptanordnung 
auch noch durch eine Menge anderer Befehle und Weiſungen. Dem 
Sigmund Rogendorfer, Rath und Verweſer der Landhauptmannſchaft 
In Steier, verbot er auf die Beſchwerde der Eifenerzer, Bürger diefes Orts 
in Schuldfachen, welche Grund und Boden außerhalb des Eifenerzer 
Burgfriedens betrafen, fogleich vor feine Gerichtsſchranke zu laden, 
bevor fie noch) bei iprem eigenthümlichen Richter zu Eifenerz belangt 
worden waren (Neuftadt, Montag nach Lätare 1463). — Bald Darauf 
beſchwerte fih der Abt Johann und Das Stiftscapitel zu Admont, 


„> 809 +" 


daß man nicht mehr wie bisher gegen Natenzahlungen, fondern allein 
nur gegen Bargeld Die wöchentlich für die fliftifchen Hämmer beſtimm⸗ 
ten achtzehn Maß Rauheiſen im Innernberg geben wolle, ungeachtet 
das Stift Admont zur Beförderung des Eifenwefens am Erjberge fo 
viel beitvage „nachdem das Stift und feine Leute euch 
mit Holz, Kohl und Nahrung, und in anderweg viele 
Görderung beweifen, und ihr diefer Dinge doch nicht 
entrathen möget.“ Sogleich befiehlt K. Friedrich IV. (Gräß 
Donnerötag vor Mariä Geburt 1468) nah gehaltener Berathung 
zwiſchen Admont und den landesfürftlichen Näthen, daß die alte Ge- 
wohnheit geachtet und Admont in feiner billigen Forderung berückſich⸗ 
tiget werden folle, das Stift möge dann die achtzehn Meiler jede Woche 
abfonderlich, oder nach mehreren Wochen zufammen abführen; „Das 
mit der Abt defto gutwilliger feie, und bewogen werde, 
Dasfelbe unfer Eifenerz mit Kohl, Holz, Nahrung und 
in anderweg aus feines Stiftes Gründen zu fördern.“ 
Die St, Oswaldikirche in Eifenerz Tief dieſer Kaifer im Sahre 1471 
abermals erweitern. Am das Jahr 1489 zeigte fich, wie es im Laufe 
der Zeiten und mach der Natur des Sachverhältniffes nothwendig kom⸗ 
men mußte, die erfte Veranlaffung, Hinfichtlih des Eiſenweſens am 
Erjberge von dem altherfommlichen, ja ſelbſt von den feften urs 
Eundlihen Hauptbeftimmungen abzugeben. Die Radmeifter in Vor- 
Dernberg brachten vor: Sie erfennen gar wohl ihre Verbindlichkeit 
mit Abgabe alles. ihres nicht ſelbſt verarbeiteten Rauheiſens allein 
nur an den Hauptverlag zu Leoben. Weil jedoch die Wälder in 
der Nähe ded Erzberges umher gänzlich verhauet feien, und das 
benöthigte Kohl von Werne Herbeigefchafft werden müͤſſe; fo 
zwinge Diefer Umſtand zum Wunfche, Rauheifen gegen Kohl Hinz 
tangeben zu dürfen. Es lag vor Augen, daß dadurch der gemeins 
fame Nutzen zwifchen Radmeiftern und Hämmern und anderen ge- 
werbthätigen Bewohnern ded Oberlandes befördert werde. Bon Innss 
brud aus (Donnerötag vor Lichtmeffen 1489) verfügte demnach der 
Kaifer, daß den Vordernberger -Radmeiftern geftattet fein follte (un: 
gehindert der Leobniſchen Privilegien) den Dritten Theil ihres Raub 


„> AD + 


eifend um zu ihren Schmelzöfen zugeführtes Kohl und Proviant zu 
verhandeln. Sedo, fchon die warnende und drohende Verordnung 
von Linz aus (Donnerstag vor Simon und Judas 1490) erwies 4), 
daß Diefer Taufhhandel mit Rauheifen für Kohl und Victualien 
nicht nur längere Zeit her getrieben ward ,. fondern Daß man jetzt 
diefen dritten Theil ebenfalls wie in Leoben gegen Bargeld und an 
Auswärtige, - Gremde (Leuten, Die eure Arbeit nidht'verle 
gen) veräufßere, und Durch Voranszahlungen bedeutende Schulden auf 
Die Radwerke Lade (und Damit viel Schuld auf euch machet). 
Gteichzeitig mit den Anordnungen von 1448 und 1449 hatte 8, Fried⸗ 
zich IV. Durch eine eigene Commiſſion unter Vorfiß und Leitung Des 
Erzbifchofes von Gran im Innernberg eine Ordnung für alle: Ar 
beiter am Erzberge entwerfen, berathen und aufrichten laſſen *), 
Dagegen wurden im Laufe der Zeit verfchiedene Beſchwerden erhor 
ben, fo daß der Monarch bemüffiget war (Linz, Sonntag nach Ju⸗ 
dica in der Faſten 1490) auch hierin mehrere den Zeitverhältuiffen 
entiprechende Veränderungen vorzunehmen und befannt zu geben. 
Köhler, Eohnführer, Bergleute und Plahausarbeiter, betreffend, war 
zen die näheren Veftimmungen Folgende: „Eine Plahe weiches Kohl 
fol ı vier Finger, das gemifchte. Kohl (hartes und weiches) einen 
Zwerchfinger weniger als die lange Elle an Maß haben; das gam 
harte Kohl fol in der Lieferung jedoch Drei Finger unter der langen 
Elle bleiben Dürfen. Bei Der Kohlgrube und im Plahhaufe habe die 

Kohlmaß nach Koͤrben oder Fäßchen zu geſchehen. Für eine Plahe 
Kohl bei der Grube zahlt der Radmeiſter ſechs Pfennige, und dem Lohn⸗ 
füprer für die, Lieferung neun Pfennige. Drei gleiche Hämſtäbe nad) 
der Kohlmaß geregelt und mit eingebrannten Marken an beiden Enden 
für Nadmeiſter, kohufuhrer und Bihler (ol überall defichen zur ge 





- 1 
v Inpwifgen erlich K. Friedrich IV. (Innssrud su Maria Lichtmeſſen 1139) au 
einen Auftrag an alle Mülner in Eiſenerz und am Erzberge, ſich genau an 
bie von Ehriftopp Mindorfer, Rath und Verweſer der Hauptmannſchaft ih 
Steier, für die Grägermülfner entworfene und publicirte Mahlordnung 98: 
nau zu balten. 

- 9) Wir bedauern, von diefer — weder En noch Abſchrift au ve. 

« . .. Petommen ‚au baben, ’ — 


— 


> 41 #11 


nanen Abmefjung der: Plahen. Die Gigenwälder der Nadmeiſter fok 
len Köhlern zugetheilg und von oben herab aufgearbeitet werden uns 
ter Vorwiffen und Anordnung des Forſtmeiſters. Ledige Lohnführer 
ſollen zur Beeinträchtigung der rücjäffigen nur gegen Verficherung, daf 
fie auch zur Winterszeit die Kohllieferung fortfegen wollen, genommen 
werden: Plaher (Pleyer) und Müllner follen einem Radmeiſter vier: 
sehn Maß Rauheifen, ungefähr zehn Meiler, fammt Zeug, Hart und 
Graglach fielen, wofür dann der Pläher für eine Maß zu Lohn erhält 
fiebenzehn Pfennige und der Müllner dreizehn Pfennige. Wenn der 
Bergknapp (Heuer) guten Arbeitsort hat, und liefert das Fuder Ey 
allein, fo erhält ex dafür wöchentlich ein halb Pfund Pfennig, eben fo 
viel auch, wenn die Arbeit tief und befchwerlich iſt; der Radmeifter ift 
jedoch dann ‚gehalten, ihm einen Trager beiguftellen und diefen wö- 
chentlich mit drei Schilling zehn Pfennige zu belöhnen, Welcher Heuer 
mehr Arbeit liefert, fol. auch mehr Lohn empfangen, fonft jedoch) ſoll 
alles ſo, wie es vor Alters her Gewohnheit geweſen, gehalten wer⸗ 
den, damit ein Nadmeiſter dem andern Die Loͤhnungen nicht fteigere, 
In Hämmern foll dem Arbeiter beim Efgericht (dem Zeugmacher) 
und feinen ‚Gejellen Leitfauf gegeben werden Ein Pfund Pfennige, 
dem Wafjergeber aber, wenn er auch Das Kohl auswartet, und zu Nacht 
den Hammer vor. Feuersgefahr bewacht, Ein Zentner Eiſen. Diefe 
Artikel follen.von ‚Jedermann bei zweihundert Pfund -Pön getreu, Die 
Einigkeit ‚aller Arbeiter am Berge: feit gehalten werden, und der lan- 
desfürſtliche Rath, Chriftoph Mindorfer, Berwefer der Hauptmann: 
ſchaft in Steier, Hat über die genaue Beobachtung forgfältig zu wachen.» 

Segen die kaiſerliche Gnade an die Vordernberger Radmeiſter 
wegen freier Veräußerung des dritten Wagen Rauheifens um Pro- 
viant und Kohl, ja gegen den Mißbrauch und die Nichthaltung der 
Iandesfürftlichen Beftimmungen hatten nun die Leobner ſchon gleich 
im Jahre 1490 Klagen erhoben, und die wirkliche Beeinträchtigung 
ihrer Privilegien nachgewieſen. Dadurch und durch die Lage der Sa 
he fand ſich K. Sriedrich IV. wirklich bewogen, feine frühere Begün— 
figung aufzuheben, die Herausgabe der Urkunden von den Radmei- 
Kern und Die alten Anordnungen, alles Rauheifen nach Leoben zu 


> 42 #u 


ſtellen, wieder in volle Kraft zur feßen; aber zugleich auch, weil der 
Kohlenmangel gleich Hindernd rüdwirkte, eine, neue Einrichtung zu 
veranlaffen (Linz am Montag vor Margarethen 1492): Radmeifter 
und Bürger in Leoben follten nämlich vereint, jedoch auf radmeiſte⸗ 
sifche Koften, bei der Stadt Leoben und an der Mur Überhaupt taug: 
liche Stellen zu Kohlgebäuden, in welchen Kohlsorräthe aufgefchüttet 
werden könnten, ausmitteln, Köhler mit Geld verfehen, und alles 
erzeugte Kohl zu dieſen gelegenen Kohlſpeichern bringen laſſen, aus 
welchen es dann Die Vordernberger Radmeiſtet felbft u ihrem Schmelz 
ſtellen abzufügren Hätten, Diefe_ Anordnung war Beranlaffung und 
Grund zum Baue der großen Holzrechen zu Leoben an der Mur und 
der Dabei errichteten ausgedehnten Verkohlungsftätten, und fie hatte 
noch viele andere durchgreifende Folgen für Jahrhunderte verurfachet. 
Zwei Tage darauf (Mittwoch vor St. Margareth 1492) erſchienen 
zwei andere Verordnungen: ein Auftrag an die Bürger Eifenhändles 
zu Leoben, wenn fie Vordernberger Radwerke in Folge von Schuld: 
anfprüdhen an fi) bringen, diefelden thätigft zu betreiben, fonft wer» 
de der Landesherr diefelden einziehen und felbft betreiben laſſen; — 
und: Befehl an alle Ortfchaften und Befiger, welche mit Eiſenbear⸗ 
beitung ſich abgeben, auf alle ihre Fabrikate die eigenen Merkzeichen 
dee Ortfchaft oder der Erzeugungsftätte zu ſchlagen, weil Dusch Un⸗ 
terlaffung dieſer Vorfchrift und Unterſcheidungsmerkmahle das leob⸗ 
nifche Eifen ſehr in Verruf und Abfall gefommen feiel--Auf Die zus 
gleich auch vorgebrachten Klagen der Handelsleute über fchlechtes Ge⸗ 
wicht zu Leoben und in beiden Eiſenerzen verordnete der Kaifer (Linz 
Ertag vor St. Auguſtin 1492), daß Abgeordnete von Brud an der 
Mur, Leoben, Knittelfeld, Vordern- und Innernberg vor Kafpar von 
Nogendorf, Laiferlihem Rath, Kämmerer und Burggrafen zu Steier 
erfcheinen und die fehlerhaften Gewichte wieder neu cimentiren und 
berichtigen Laffen follen. Endlih erging mit all diefen Verordnungen 
im Ginklange (son Linz, Sonntag nad) Aegidi 1492) der lekte Be⸗ 
fehl K. Friedrich IV. an alle Obrigkeiten in Kärnthen und GSteier: 
daß außer Hüttenberg und den vier Feuerftätten des Stiftes St. Lam⸗ 
Brecht, alle anderen Eifengruben und Gifenflätten unterdrückt und ab: 


> 43 ei 


getban, und alles derlei fremdes Eiſen, wo es betreten. werde, con⸗ 
figeirt werden folles „Damit unfer leobnifhes Eifen in feis 
nem Ausgange nicht weiters gehindert werde, und wir 
desfelben an unferm Rammergute Schaden leiden!« 
Unter ‚andern bier nicht namentlich angeführten Eiſengruben der 
Steiermark ifb wol auch das Eiſenbergwerk bei Waldftein gemeint, 
welches feit undenflichen Zeiten fohon, und wie wir fehen werden, 
fortwährend noch eine bedeutende Wichtigkeit in der einheimischen In: 
duftrie und im Eifenhandel behauptet hat, Wie alt die Bergarbeiten 
auf Eiſen zu Waldftein bei Feiftrig oberhalb Gräß feien, fann man 
ganz genau nicht nachweifen. Daß ihr Beginn jedoch das zwölfte Jahr⸗ 
hundert; überfteige, ift außer allem Zweifel, Als der Iekte Markgraf 
von Steier, Dttofar, im Jahre 1174 auf der Mallſtädte vor der St. 
Negidenfiche zu. Grätz Gerichtstaidung hielt, fchenfte ex dem Stifte 
zu Seggau neben andern Beſitzungen auch die Grgend Erzwald und 
Gifengor unterhalb dem Berge Baltenflein, welches Eigenthum viel— 
fältig angefochten, in den Jahren 1262 ‚von dem damaligen Lanz 
deshauptmann in Steier, Diihof Bruno von Olmügß, und von den 
Könige Drtofar felbft 1263 ernſtlich beftätiget werden mußte, und die 
Hauptbefigung als unterhalb des Schloſſes Waldfein gelegen, bezeich- 
net wurde, ‚Dennoch mußte Seggau feine Rechte auf dieſes Eifenberg- 
wert im Jahre 1277 gegen „die Anfprüche des Hartnids von Wilden, 
Marſchalls in Steier, im gerichtlicher Verhandlung und. mit 50 Mar: 
fen Silbers fihern. Im Jahre. 1307 endlich. verkauften Propft Chri⸗ 
fiian und fein Eapitel zu Seggau Eifengor und Erzwald zu Waldſtein 
dem Landeshauptmann und Truchſäß in Steier, Ulxich yon Wallſee ). 

Noch Älter find die Eifenbergwerke, des Stiftes zu St. Cam: 
breit, ja lange vor der Gründung ‚desfelben ‚betrieben worden. 
Schon im Jahre 1025 wurde in der, großen Waldmarch bei 


— ——— — — — — 

1) Diplom. Sas. Duc. Styr, 1. 185. »Donondo silvam , quae dieitur Drewald et 
Eisengora et primus terminus iueipit a lapide solitudinis aub monte Wal- 
denstein, in dextro latere ascendendo per montem Hohenchke usque ubi inci- 
pit so aqua pluvialis dividere, et descendere in ripam , Lonsiz, ot sic ascen- 
dendo ipsam aquam in aadem valle in dextro Tatere usque ad eum locum, ubi 
aqua T,onsiz ineipit Auere de monte.« p! 220 — 221: »— una sum prardio sus 
Erswalde sıtum apud eastrum Waldstein.« p. 239 — 851. 


2122 44 «rk 


Maria Zell und Aflenz nach Inhalt einer Urkunde des 8. Conrado 
eine Salzquelle bearbeitet ; und mit der Benützung diefes Salzborns 
kamen auch die Eifengruben jener Gegend, fo wie jene in der Nähe 
von St. Lambrecht ſchon Hei der Stiftesgründung im Jahre 1060 
= 1070 in den Beſitz desſelben, von welcher Zeit an Gt. Laubrecht 
feine Eifenminen um fo thätiger betrieb, als im Jahre 1184 8 
Friedrich I. demfelben das Metall» und Salzeegale auf dem ftiftifchen 
Allodialboden verliehen hatte, Unbekannt aus welchem Grunde, wahr: 
ſcheinlich aber nur, um dem Leobner-Eiſen feinen guten Ruf und 
regen Handelsgang zu fihern, beſchränkte Herzog Albrecht in feiner 
Anordnung, 1342 von Mürzzufchlag aus gegeben, die St. Tambreih- 
tifche Eifeninduftrie auf vier Feuer, Oder wie die Fpäteren Urkunden 
dieſe Beſtimmung erflären, auf vier Schmelz: oder Blahöfen ; Übrigens 
Fine mit allem davon erzeugten Eiſen der Verkehr auf allen Stra⸗ 
hen ungehindert geſchehen. Im Jahre 1459 (VNeuſtadt Dinstag nach 
Neminiscere) beftätigte K. Friedrich IV. diefes alte Eiſenerzeugungs⸗ 
recht von St. Lambrecht auf zwei Schmelzen zu St. Lambrecht/ und 
Wwei Schmelzöfen zu Maria Zeil, und den freien Verkehr mit dieſem 
Eifen, jedoch gegen Leiftung der Zölle, der Frohn und des Aufſchlages. 
Endlich ift auch das Hohe Alter der Eifenbergwerfe, Eiſenſchmelzen 

und EifenHämmer am Saalberge, Plahberge und Rothtogt im Admont⸗ 
thale, und der Eiſenſchmelzen und der Hammerftätten im Johnsbache 
mit Ahfangl des zwölften Jahrhunderts ſchon erwieſen ; und geſtützt 
auf das urkundliche Recht des Bergregals auf ihren ——— 
ailledialgutern Haben beide Stifte, Admont und St. Lambrecht, fort: 
wãhrend ihre Eiſengruben bearbeitet, und ungeachtet die neuern Ver— 
bote der fogenannten Wafdeifenerjeugung feit dem I. 1492 ernſtlich 
durchgeſetzt werden wolkten, ſich in Ausübung ihrer wohlgegrünbdeten 
Nechte nicht irre machen Faffen')." Im Jahte 1466 ließ K. Fried— 
sich IV. auf. die Befchwerde der, admontifchen Hammermeifter im 
Laimbach, Neifling und Weiſſenbach durch die eigenen Commiſſarien, 
4) Steierm. Zeitſchrift, Heft XI. p. a2 — 06. Der erſt im 3. s1es erfhienene 
Stiftbrief von St. Lambrecht fagt: »Vallem Avelanzse cum ecelesia ibidem 


eonstruota — eultis loeis et inoultis, Salino et rudere, quod Aris dici- 
tar.“ Dipl. 8. Styr, II, p. 27%, 


„> 45 «nr 


Bernhard Krabalftorfer zu Kaiſersberg, Joͤrg Katnacher zu Eppen⸗ 
fein, Pfleger und Faiferlihe Räthe, Wolfgang Praun, Pfleger zu 
Bolkenftein und Olivier Idungsbeuger, den Streit dahin vergleichen, 
daß die Radmeifter am Erjberge den genannten Hämmern wöchent⸗ 
ih achtzehn Meiler Rauheiſen zur Verarbeitung zu Etahl, Zwizach, 
Blech, Stangen ıc. liefern, die Hammermeifter Diefe Waaren dann um 
gleichen ‚Preis, wie im Innernberg folches gefchlagene Eiſen verkauft 
wird, verfilbern, und von dem ihnen zugeführten Proviant nur den 
eigenen Bedarf faufen, alles Andere ohne Vorkauf dem Erzberge zu⸗ 
gehen laſſen follten. Den Brief darüber gab K. Friedrich am Nifos 
laitage au Grãtz. 

Hierauf machten die Stadt⸗Steirer im Jahre 1483 den Eiſener⸗ 
zer⸗Radmeiſtern Beſchwerde. Sie dehnten jetzt ihre uralte Freiheit 
wirklich dahin aus, daß ſie ihre Stadt für den alleinigen Stappel⸗ 
platz alles im Innernberg erzeugten Eiſens anſehen und behaupten 
wollten. Die Radmeiſter widerſprachen dieſer Anmaſſung, well es 
von Alters her nicht ſo gehalten worden, wie die Stadt Steirer jetzt 
behaupteten, Bon Gräß aus, am Mittwoch nad St. Veit, gab nun 
8. Friedtich Die wichtige Entfheitung: „So lange die Kriegsläufe 
währen, follen Die Stadt» Steirer alles Innerberger : Eifen heben und 
bezahlen, wie von Alters Herkommen if; thun fie es nicht, fo fol 
der Tranfito und Verkehr mit Diefem Eifen vollfommen frei. fein. — 
Iſt wieder Friede, fo follen die Stadt - Steirer das Innerberger = Eifen 
Immer binnen vier Wochen Heben und bezahlen. Auch follen Rad» und 
Hammermeifter das auf der Enns verführte Eifen Niemanden als 
den Stadt⸗Steirern verlaufen, Dieß fei von Alters Herfommen. Ans 
gelegenheiten gegenfeitiger Schulden habe Richter und Rath der Stadt 
in Ordnung zu beingen.“ — Durch dieſe wichtige Entfcheidung if} im 
Hinfiht auf den Eifenbesug von Iunerberg her für die Länder. nörd- 
lich am Erzberge an der Enns und an der Donau, Stadt Gteier 
der Stadt Leoben gleihgeftellt worden. Dieß mußte nun 
au die Arbeiten am Erzberge feld in ein neues und fe zu ber 
ſtimmendes Verhältniß bringen. 





> AG + 


Dir fteiermärkifche Erjberg und der Eifenhandel unter 
G. Max I. und A. Ferdinand J. 


Mit dem K. Marimiltian I. beginnt für das ſteiermärkiſche 
Gifenwefen eine neue Epoche. Die Beftätigung der Leobner » Privi: 
legien erfolgte fehon von Wien aus im Jahre 1494 am St. Ste⸗ 
yhanstage. Gleich darauf ſcheint der Monarch Verordnung gethan 
zu haben, die Lage des fleierifhen Erzberges und alles davon ab» 
hängige Wefen umftändlicher zu erheben, und mit allen Vortheis 
Ien, Gebrechen und Erforderniffen darzuftelfen, woraus er fich über 
jeugte, Daß das Eifenwefen am hochwichtigen Exzberge in tiefem Ver⸗ 
fol, und eine durchgreifende und umfaffende Reform nothwentig 
ſei. Denn faum war an einige Hammermeifter in den von Vor⸗ 
dernberg entfernteren Zhälern, Rihler, Fernſtaller, Pfam 
ner und Beheim Mittwoch vor St. Sebaftian 1497 das ftrenge 
Verboth ergangen, auf ihren Hammerflätten nur Vordernbergers 
und durchaus fein Hüttenberger» Eifen zu verarbeiten; fo waren 
auch die ausgedehnteften Reformen des den Erzberg berührenden 
Berge und Waldweſens entworfen und feitgefeßt. Bei dem immer 
fteigenden Kohlenmangel und bei dem immer mehr fih erhöhenden 
Preis desfelben durch die dringende Noth, Dasfelde von immer ent⸗ 
fernteren Orten herbeiführen zu laffen, mußte vor Allem auf die 
Eicherung immerwährenden Brennmateriald für den Betrieb des Erz: 
berged gedacht werden. Daher ward angeordnet uud begonnen ſchon 
im Sahre 1499 eine allgemeine Waldbereitung duch 
alle Haupt» und Nebenthäler um den Erzberg umher damit vor: 
erft alle unmittelbar noch landesfürftliden, und au 
landesfürflihen Pfandfhaftsherrfhaften gehöri— 
gen Wälder in ſtrenge Obforge, Schonung und gemäße Benützung 
gebracht werden möchten. ' An die Landleute, am adeliche Beſitzer, 
Etifte und Klöfter, an Leoben, Brud, Knittelfeld wurden ernftliche 
Aufträge erlaffen wegen möglichiter Schonung ihrer Eigenthum s— 
wälder und Lnterlaffung der Ausrottungen und des Viehauftries 
bes in diefelben. Die zum Erzberge rund umher bringlichen Iandes: 


> 47 «u 


fürſtlich en GSehöße follten verzeichnet, eingebannet, und die Ham⸗ 
mermeiſter von Knittelfeld, nach der Mur, zu Leoben, im Kammer⸗ 
und Ließingthale, in Hieflau, Bruck, auf der Lamming bei St. Katha⸗ 
rein und an andern Orten mit ihrem Kohlenbezuge hintangewieſen, 
und alle Foͤrſte allein nur für den Erzberg bearbeitet und bewahrt 
werden, Diefen Plänen gemäß erfchien daher am Sonntage nach 
Lichtmeß an alle geiftlichen und weltlichen Befiger in Steiermark die 
landesfürftliche General = Eröffnung: „Der erprobte Sigmund Paum⸗ 
gartnet fei als eigener Waldmeifter für Inner» und Vordernberg 
beftellet 7)... Jedermann folle ihm in feinen Amtsverrichtungen die 
moͤglichſte Unterftügung angedeihen laffen. Alle Diejenigen, welche 
in den Tandesfürfliden zum Innern» und Vordernberg ges 
hörigen Schwarzwäldern einigen Genuß bisher zu haben vermeinten, 
haben zu wiffen, daß alle ald Privateigenthum nicht erweislichen 
Schwarz» und Hochwälder in den erblichen öfterreichifchen Fürſten⸗ 
thümern ald Regal» oder Fiskalwälder dem Landesfürften 
allein und Niemand andern zugehören. Leider feien diefe Wälder, 
insbefondere in Steiermark, durch nachläffige Verfaumniß der Amt⸗ 
leute des gegenwärtigen und der frühern Landesherren fo fehr vers 
wüftet worden, daß der Erzberg aus Mangel an Holz und Kohl 
beinahe ſchon erliegen muß. Ueber alle diefe Wälder, welche nun 
Durch Niß- und Klauswerke zum Erzberge wol zu bringen find, ift 
Sigmund Paumgartner beftellt, fie zu befrieden und zu hegen; und 
alle fremden bisherigen Eingriffe in die eingebannten Wälder has 
ben von Stunde an aufjuhören.“ — Sogleich wurde alles nad dem 
Geifte diefer General: Verordnung zu Veranlaffende durch Paum⸗ 
gartner ins Werk gelebt. Die Bereitung der zum Erzberge brings 
lichen Regalmwälder war bis zum Sabre 1510 ungefähr fammıt 
der Einbannung derfelben vollendet, und zwar in den Gegenden 


+) Sigmund Pauntgartner hatte ſchon unter K. Friedrich IV. beym Eriberge zu 
Dienen angefangen. Nach feinem Tode erhielt feine Familie eine fandesfürfts 
liche Penfion. Sein Nachfolger war Michael Meillinger, und der Leobners 
Bürger Gadlhofer zugleich Rechenfchreidber und Waldamtsfontrollor. Wien, 
26. October 1535. 


> 48 FR 


Prebühel, Net, Notzthal, Lain, Tragöß, did Katharein gegen Scher⸗ 
gendorf, Ochfenwiefen, Seltenfpach, Valtersbach, Feiſtritz, Kletſchach, 
Veitsberg, Mötfchgraben, große GB, Deuſek, Tannſort, Goͤß, Kai⸗ 
ſersberg, Güſſing, Zamolach, Tolling, Lewbing, Rabl, Tannthal, 
Stanach, Hagensbach, Reiding, Krauppen, Traffeng, Lienthal, Kay⸗ 
tum, Taitersbach, Veitſcher, Vall, Tolling, Maßgruben, Kammer⸗ 
thal, Reidingau, Mackwieſe, Teuersgraben, Teichen, Melling, Retzen⸗ 
bach, hinaus gegen das Landl, Hag, Großkogl, bis gegen Reifling, 
Raftadt, Sulzau, gegen Laimbach, Soleck, Neuenwald, Vobis, beim 
Schloß Eppenſtein am Grafenberg bis zur Alpe hinauf, in die 
Gradnitz und in die Mur. 

In allen dieſen nur zum Erzberg zu BRETTEN, Baldungen 
durften nur Radmeifter mit Kohlarbeiten gewieſen werden; wer bon 
Unterthanen aus diefen Foͤrſten früher ſchon feinen Holzbedarf bes 
zogen, konnte ihn mit Vorwiffen und nach Anweiſung des Wald- 
tmeifterd weiters noch fort erhalten, jedoch ohne Beeinträchtigung 
des Erzberges. Sleicherweife wurden damals (1499) die landes⸗ 
fürſilichen Negalwälder im obern Ennöthale bis in die hinterſte Söll 
hinein beritten, und die Möglichkeit ausgemittelt, auch diefe für dem 
Erzberg nüglich zu machen. Dan ſchritt daher zur Yusführung großer 
NRechengebäude an der Mur, wie fie ſchon 8, Friedrich IV. vor zehn 
Jahren im Plane gehabt hatte, und am der Enns, Zum großen Re 
chenwerl an der Mur beiteoben hatte Heinrich Wunſt, Hallichreiber im 
Innthale Tyrols, den Plan entworfen und ausgeführt. Die Koften 
dazu waren zwar auf die landesfürftlichen Mauthgefälle in Vordern ⸗ 
berg gewiefen, jedoch auch der Leobner Bürger und Eifenhändler, 
Paul Gabelhofer, zeigte fih Dabei durch Geldvorſchüſſe fehr thätig. 
Seine nicht ganz berichtigten Fotderungen machte der Sohn Leon- 
hard Gabelhofer unter K. Ferdinand 1, Wien, 26, October 1535, 
geltend. Später wurde dann auch noch eim zweites Rechengebäude 
oberhalb Goͤß errichtet, von deſſen Beſtehen man jedoch erſt vom 
Jahre 1536 urkundliche Nachricht hat. Dieſe feine durchgreifenden 
Anordnungen und Werke verfolgte K. Max J. nachdrücklich, und 
nach allen Theilen. Ben Innsbruck aus (30. Jänner 1500) wird 


„> 4A9 «re 


allen Amtlenten Gehorfam und YUnterflüßung für den Waldmelfter 
Pauingartner zur emſigſten Hegung aller Regalbannförfte aufgetragen, 
weil des Kaifers Abficht allein nur fei, daß der koſtbare Erzberg 
daducch in Würde und Aufnahme gebracht und erhalten werde; und 
son Sonftanz aus (2. Auguſt 1507) wurde dieſer Befehl in der 
ernftlichften Sprache gegen Saumſelige und Uebertreter wiederholt. 
Nahdem der Monarch (Mittwoch nah Michaeli 1500) dem Markte 
Eifenerz die von K. Griedrich IV. ertheilten Privilegien: „Freie 
Richterwahl ans ihrem Rathömittel, freied Gericht auf Malefiz und 
andere Handlungen innerhalb ihres Burgfriedens vom Kreuz auf 
dem Präbühel bis Hinaus an den Hellenftein bei der Enns, Sabre 
markt um Oswaldi, drei Wochenmärfte, und Das eigene Wappen 1) 
beftätiget hatte,“ fo verfündigte er auch von Linz aus (2. März 
1501) „das Nechengebäude in Leoben fei nun auf Iandesherrliche 
Koften vollendet, und alle durch Riß- und Klauswerke bringlichen 
und tauglichen Regalwälder follen zum Behufe des Erzberges ord⸗ 
nungsmäßig abgefchlagen, an das Rechengebäude gebracht, und dort 
verkohlt, und alle diefe andesfürftlichen Bannförfte (Innsbruck 5. Sep⸗ 
tember 1501), welche zu Waſſer und zu Land die beiden Eifenerze 
erreichen mögen, follen von den Hammermeiftern unangerührt und un⸗ 
gebraucht gelaffen werden. Um aber diefen Plan auch für die landes⸗ 
fürftlichen-Regalförfte des Ennsthales in Ausführung zu bringen, beors 
derte K. Mar I. (am Montage vor St, Veit 1502) eine Commiſſion, 
Sigmund Paumgartner, die Amtleute von Eifenerz, Auffee und Halls 
ſtadt, an die Enns, um durch perfönlichen Beſchau unterhalb Hiefs 
lau eine zu einem Nechengebäude an demſelben Fluſſe taugliche Stel⸗ 
le auszumitteln. Die Commiſſion ertfchied fih für die‘ Hieflan 
ſelbſt, als die Stelle des neuen Kechens, weil hicher die Regal: Wäls 
der des Ennöthales gar wohl zum Behufe des Erzberges gebracht 





1) Beftätiget von K. Berdinand IL, Grätz 29. Hug. 1524. : Der Gage nach fällt die 
letzte Erweiterung der St. Dswaldifiede in Eifenerz in Das Jahr 1517 durch 
K. Mar L,, bei welchem Baue die Untertbanen der Faiferfihen Herrichaften 
Breiftein und Woltenftein verwendet worden fein ſollen. Gin Afbeiter babe 
drei Pfennige ald Taglohn gehabt, und sine Maß des beiten Weines babe 
ſechs Pfennige gefoftet. 
5. Jahrg. 1. Heft. 4 


„> 50 ir 


werden koͤnnten; daß man jedoch Hinfichtlich der Stiftswälder im. 
Admontthale fich früher mit dem Stifte vertragen müſſe. Das Res 
hengebäude in der Hieflau wurde nun ebenfalls ausgeführt, und 
wir kennen bis zum Jahre 1537 die eigens dafelbft angeftellt gewes 
fenen Rechenbeamten, Lambrecht Gfleiftorfer und Georg Thaller. 
| Gleichzeitig forgte K. Mar I. für ununterbrochenen Augang aller 
benöthigten Nahrungsmittel am Erzberge Won dem verfammelten 
Iandesfürftlichen Rath zu Grätz (Samstag nad Gilgentag 1501) 
erging im Namen des Monarchen an den Abten Johann von St, 
Lambrecht der Auftrag, künftighin nicht mehr aus dem Afflenz- umd 
Mürzthale Ochfen und Kleinvieh auffaufen, und dasfelbe anders⸗ 
wohin verhandeln zu laſſen, weil bisher immer in diefen Gauen 
derlei Vieh zum Behufe der beiden Gifenerze fei gebraucht worden. 
Ohnehin verbiete die fieiermärkifche Landhandvefte dieſen Vorkauf 
und Austrieb des Viehes. Um diefe Zeit waren auch) heftige Strei⸗ 
tigkeiten entftanten zwifchen Stadt Steier und Waidhofen wegen Han⸗ 
del mit Eifen und venetianifhen Waaren, K. Mar I. befchied das 
m ber Abgeordnete von beiden Zheilen, und entfchied die Sache dahin 
(Linz Samstag nad Valentin 1501), „die Hammerwerksgewerken 
zu Waidhofen dürfen ihren Mithürgern und allen Bewohnern auf 
drei Meilen Wegs um die Stadt gegen Amftätten und Plintenmarkt 
ihre benöthigten Eifen- und Stahlerzeugniffe verfaufen; alles andere 
von ihrem Eifen und Stahl geht hinaus zum Kaften, und von dort 
auf der Enns nah Stadt Steier, wie von altem Herkommen iſt. 
Schon im letzten Jahrzehende des vorigen Jahrhunderts haben wir 
gehört, wie daß der Betrieb aller Waldeifenbergwerfe und die Vers 
orbeitung dieſes Waldeoheifens Im Lande mit geringer Befchränkung 
auf das Hüttenberger-, Admonter» und St. Lambrechter- Eifen als 
aufgehoben erklärt worden ſei. Allein bei dem noch micht wieder 
geregelten und belebten Weſen am Erzberge felbft war es begreiflich, 
wenn diefer Anordnung nicht Die gewünfchte Folge gegeben worden 
iſt. Noch im Jahre 1501 (Linz am 10. Februar) mußte der Kai⸗— 
fer den Hammermeiftern im Kammerthale und im Wald ernftlic 
unterfagen, ihre aus Waldelfen gemachten Fabrikate wenigftens nicht 


> 51 77) 


nach Bug und Form des Leobnifchen Eifens zu fhmieden, und zum 
Nachtheil des gemeinen Mannes und des Leobnifchen Eifens zu vers 
handeln. — bei Gonfiscationsftrafe. Indefjen hatte jenes Verbot 
doch noch auch andere Verhältniffe verrüdt, deren Regulirung noth⸗ 
wendig geworden war. Hinfichtlich des Hüttenberger:Eifens hatte man 
mit dem Gtifte Salzburg die befondere Webereinkunft „gefchloffen, 
daß dasſelbe, nah dem Inhalte der alten Verträge zwifchen den 
Fürſten von Deflerreih und den Erzbifchöfen, hinabwärts gegen und 
in die wälfchen Länder verkehrt, und nicht. nordiwärts Chinterfich) 
nad Steiermark herein zum Nachtheil des Leobnifchen Gifenzuges 
gebracht. werden folle. Als num jegt ſtrenge darauf gehalten werden 
wollte, geriethen die Hämmer zu Murau, Scheifling, Judenburg, Ob⸗ 
dad) und Knittelfeld in Noth, weil fie bisher größtentheild Hüttenber⸗ 
ger⸗Eiſen verarbeitet hatten; und fie fanden einer völligen Geier (Still: 
Hand) nahe, indem fie von -Leoben her, deffen nahe Hammerftätten 
ſelbſt fehr viel verarbeiteten, mit Rauheifen nicht verfehen werden konn⸗ 
ten. Damals befanden in und zunähft um Leoben noch die uralten 
achtzehn Hämmer, deren Befiger und Stellen wir urkundlich nennen, 
nämlich: Ziburz v. Geizendorf, ein Hammer und ein Feu—⸗ 
er an der Donabig; Gabelhofers Erben und Hans Wuls 
finger, ein Hammer und ein Feuer an der Donabig; Hans 
Slud, ein Hammer am Halslein mit zwei Feuer; Hans Eifens 
berger, ein Hammer an der Reuth mit einem euer; Georg Käz—⸗ 
ler, ein Hammer an der Wald, mit einem Teuer; Zehet h o⸗ 
fer und Kärner, ein Hammer mit einem Teuer an der Wald; 
Hand Weyerle und Hüger, ein Hammer und ein Teuer an 
der Trenk; Hans Kreidl und Schwarzbed, ein Hammer mit 
einem Feuer; Martin Ausfeher, ein Hammer und ein euer 
am Zeltenfhlag,; Mathäus Kainer und Andreas Scherr, 
ein Hammer und ein euer in Gehrn; Gabelhofers Erben, 
ein Hammer und euer jenfeits der Mur; Michael Frunwein, 
ein Hammer und Feuer in der Göß; Leonhard v. Ehrnau, 
ein Hammer und ein euer in der Göß; Wolf Nunthaler, zwei 
Dämmer und zwei Geuer zu Pretau, deutfhe Hämmer; Niclas 
4 ” 


> 52 «re 


Schwarzbed, Eifenberger, Leonhard Kreuß und Gas 
belhofers Erben haben zwei wäll'ſche Hämmer zu St. Michael. 

Um nun alle alten Berhältniffe wieder in gehörigen Stand zu 
bringen, fo mußte eine eigene Commiſſion (verordnete Umreitter), 
und zwar Andreas von Spangftein, Hans von Stetten und Jakob 
Dillinger, die Lage der Sache nad) ihren örtlichen Verhältniffen er- 
heben; welche dann am Tage zu Leoben (29. Juni 1502) folgen» 
de Punkte fRatuirtes Ber der Zahl von achtzehn Hämmern zu und 
um Leoben foll ed unabänderlich bleiben, und feine Vermehrung ger 
ſchehen. Jede Hammerftätte darf jährlich nur 48 Wägen Raub: 
eifen, alfo alle zuſammen nur 864 Wägen Rauheifen in einem Sah- 
re verarbeiten (jeden Wagen zu 2 1/, Meiller, oder zu 25 Zentner 
gerechnet), wobei jedoch mit der gewöhnlichen tieberfchwere, oder 
Weberthenerung der einzelnen Wägen — bei fchwerer Pin — fein Un⸗ 
fug getrieben werden darf. Alles andere Rauheifen in Leoben foll 
vorerft für die Hämmer des Murthales von Knittelfeld aufwärts be 
ſtimmt fein, und davon immer ein Vorrath in Leoben bereit ſtehen. 
Was an diefe Hammerflätten nicht abgefeht wird, fell jenen im 
Kammerthale zugetheilt, und mit allem andern freier Verkauf bleis 
ben. Auf den deutfchen Leobner » Hämmern foll allein nur nicht 
ſtahlhältiges Nauheiſen gearbeitet werden, alles ftahlHältige aber für 
die Hämmer zu St. Michael und im Murthale vorbehalten bleiben. 
Auf ihr Fabrikat Haben die ſechzehn deutfchen Leobner » Hämmer Das 
Stadtwappen, Den Strauß, zu fehlagen, weil diefes Fabrikat das 
Beſte iſt; mit ihrem Kohlenbedarf haben fie fich gänzlich nach An- 
weifung des Faiferlichen Waldmeifters zu Halten. Die Eifenwage zu 
Leoben iſt auf das genauefte nach dem Wiener Gewichte zu regu⸗ 
liten, und dabei zu bewahren. Wer von den betreffenden heilen 
ſich an diefe Artifel nicht genau hält, deffen Hämmer und euer 
find dem Fiscus von Stund an verfallen, und der Vicedom in 
Steier Hat fogleich die Execution damit vorzunehmen ). 


1) Bom 5. Bebruar 1509 haben wir für die Zirkelfhmiede, und vom 15. Mat 1511 
für Das Handiverf der Meflerer au Waidhofen eigene Ordnungen. 


2> 53 Litk 


Nun follte man glauben, wären ‚die Hanptgegenftände des 
Berg⸗ und Eifenwefens am Erzberge durch fo viele umfaflende und 
ducchgreifende Anordnungen vollfommen geregelt geweſen. Jedoch 
langfam nur griffen dieſe Befehle in die Wirklichkeit ein, und K. 
Mar I. durfte feinen Erzberg nicht aus dem Auge laſſen. Die 
Wichtigkeit feiner Verordnungen vom 10., 25. und 26. Jänner 
1507 von Innöbrud aus beweifen dieß hinlänglich. Um den flaur 
en Gang des ganzen Weſens zu erheben, um den Berg in Aufnah⸗ 
me zu bringen, und treffliche Eifenfabrifate zu erzielen, ward aber 
mals eine Commiſſion nach Vorderns und Innern» Berg gefendet, 
und nad) Deren Erhebungen angeordnet: Das Leobniſche Eifen fol 
für Handel: und Verkehr vor Allem feine altgewöhnlichen Richtun- 
gen und Straßen behaupten, nämlid Durch Das Kammerthal gegen 
Rottenmann, Radftadt, Salzburg, Balern, Schwaben, an die Etſch, 
nad der Mur aufwärts gegen Murau, hinüber in das Lavantthal, 
über Gt. Andrä und St. Paul hinab an die Drau, und diefem 
Etrom nach über Marburg, Pettau in die windifchen und ungaris 
fhen Länder, Die Mur hinab nach allen Theifen des Landes und 
nah Ungarn, durch das Mürzthal und über den Semmering nach 
Neuftadt und Defterreih. Auf den Leobnifchen Hämmern Dürfen 
nur 500 Wagen und nicht ſtahlhältiges Rauheifen gearbeitet wers 
den; das flahlreihe Eifen fümmt an die Hämmer. zu Bruck an die 
Mur, an die Hämmer im obern Murthale und in Obdach. Dev 
Rauheiſenüberſchuß Hat von Leoben an. die Hammerflätten im Kama 
mer» und Paltenthale zu kommen, und was dieſe noch darüber braus 
den, Eönnen fie im Innernberg nah alter Eitte felbft auffaufen, 
Der Eifenwäger zu Leoben foll in landesfürſtlichen Eid genommen 
werden, und fogar jede Halbmaß Eifen in. Gegenwart des Käufers 
wägen. Das. Hüttenberger » und das Waldfleiner » Gifen (bei Grätz), 
weiches alte Bergwerke find, und die allein fort beftehen dürfen, fol 
bei feinem Ausgang nach vorwärts allein gegen St. Veit, Bölker- 
markt, Krain, in das Windifhe und Italien gehen. Alle übrigen 
Plahäufer und Hämmer auf Waldeifen in Steier, Kärnihen und 
Krain, wie zu Oberwoͤlz, Gmündt, in der Kapellen u. dgl. follen 


> Di «m 


abgethan und vernichtet werden, allein ausgenommen die Admont'⸗ 
fhen, St. Lambrecht'fchen Feuer und das des Abtes von Neuberg 
für ihre und ihrer Untertbanen Bedürfniffe. Der Verkehr mit Gar 
britifch = Venetianifhen Eifen an die Etſch wird firenge unterfagt. 
Auf diefe erfte Marimilianifche Eiſenordnung wird in der Bergwerks- 
ordnung des K. Ferdinand I. 1553 Hingewiefen. Weiterd wird ver- 
boten, daß das Leobnifhe Eifen, fo wie das Gt. Lambrecht'ſche 
Waldeifen zum Eintrage des inmerbergerifchen Fabrikats durchaus 
nicht über den Phrrn in die Markgrafihaft der Enns, noch über 
das Gebirge und über Marias Zell nicht gegen Hainfeld, St. Pol⸗ 
ten und über Hollenburg nach Defterreich und Böhmen gehen dür— 
fe. Hans Haug, röm. Füniglicher Amtmann und Mautner am Erzs 
berge, und der Waldmeifter, Sigmund Paumgartner, machten am 
26. April in Leoben diefe Eifenartikel öffentlich Fund, und alle Obrig⸗ 
keiten des Murthales, von Murau bis Leoben herab, wurden beaufs 
tragt, zur. Aufrechthaltung derfelben alle Hülfe zu leiften. Da eine 
fpätere, unbekannt in welchem Jahre, für den Erzberg erfloffene Verg- 
ordnung (vielleicht jene vom Montage vor h. Dreifönigen 15177) 
des 8. Mar I. neben den angeführten Artikeln auch noch andere 
Beftimmungen enthält, fo wollen wir diefe bier, als an der geeigs 
neteften Stelle, gleichfalls mittheilen: Die Vordernberger, welche am 
Erzberge faſt ebenfolig, bei zehn Lehen tief bauen, ſollen überhaupt 
mit Anwendung aller Vortheile, mit Hafpelfchlagen, Geſtängen, Sol- 
bänfen, Durchſchlägen u. dgl. arbeiten; damit eine Grube der ans 
dern Foͤrderniß gebe. Eben fo, und auf Gängklüfte im tieferen 
Berge, follen auch die Eifenerzer thun, welde ihr Erz zum Theil 
nahe und an den Zag herhauen. Die beiderfeitigen Radmeifter fol 
len die Defen nicht überfehen, den Maffen nicht zu wenig Kohlen 
geben, und bei fehwerer Pön nicht ſchlechtes und radbrüchiges Eifen 
blähen. Darüber zu wachen fol der Mauthner des Vordern⸗ und 
des Innernberges alle Monate einmal die Gruben am Berge, und 
wöchentlich einmal alle Plahäufer perfönlich befuchen, und alle Seh: 
ler fogleich abftellen. Eben darum aber darf ein jeweiliger. Mauth⸗ 


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ner kein Plahans am Berge ſelbſt befißen, noch betreiben, oder durch 
Andere auf feine Koften betreiben laſſen. Die für das Eiſenweſen 
am Berge bringlichen, und eingebannten Regalwälder beauffichtiget 
der Waldmeifter, und handelt damit firenge nach den vorgefchrie- 
benen Normen. Darum foll auch der Rechen in Leoben im beften 
Zuftande flet gehalten, und den Fürdinger jährlich zwifchen Weih— 
nachten und Lichtmefien von dem Waldmeifter befannt gegeben 
werden, wie viel Holz zu fehlagen, und an diefes Rechengebäude 
zur Verkohlung für den Erzberg geliefert werden ſolle. Fürdinger 
und Knete find nach der Jahresrechnung immer nur mit Geld 
und redlich zu bezahlen. Das Kohlholz ſoll ſechs Schuhe Längen- 
maß haben. Alles aus dem Altach gezogene Holz fol nach dem 
SHollerfpann abgezählt, zuerft an den obern, und yon diefer Stelle 
erft an den unterm Rechen gebracht, und wenn nicht getriftet wird, 
follen beide Rechen offen gehalten werden. Weber gute und forg- 
fältige Verkohlung diefes Holzes auf der Scheibe oder Lend beim 
Rechen hat der Waldmeifter zu wachen, Dabei auch jeden neuen 
Kohlwagen (Kohlgrippe oder Penne) zu meſſen (zu fachten), und 
über gute Einigkeit und Manneszucht aller Holz» und Kohlleute zu 
fhanen. Ueber das von den Radmeiftern bezogene Rechenkohl wird 
alle Wochen Rechnung gethan, und der Betrag in Gold oder Sil⸗ 
ber entrichtet. Im Winter fol alles Holz auf die Send gebracht, 
daher im Sommer der gehörige Vorrath gehadt werden. Ohne Wife 
fen und Zufiimmung des Waldmeifters darf am Rechen, auf der 
Kohlungsfheibe, an Riß und Klauswerken in den Gehölgen nichts 
gebaut, und jedesmal nur folfen die älteſten Waldungen angegriffen 
werden. Mit ihrem Kohlenbedarf find die Vordernderger » Radmeifter 
on den Rechen gewiefen; daher ift das ihnen zulommen follende 
Bauernkohl nur nach dem jedesmaligen Abgang an Rechenfohl 
som Waldmeifter zu bemeffen, und das Kohlenholz den Bauern in 
Diefem Maße auch anzuweifen. Mit den Beamten an den Rechen 
haben die Mauthner am Erzberge, der Vitzthum und ein Landrath 
in Steier die Jahresrechnung zu ‚pflegen. Der Waldmeifter ift jes 
Doch nicht buchſtäblich am Die Vorfehriften Can die Gefchriften) ges 


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bunden, fondern hat mad Bebürfniß der Umſtände nad eigenem 
beiten Ermeſſ en zu handeln, 

Durch alle diefe Verfügungen waren nun die Verhältniffe des 
Erzberges überhaupt, und insbefondere jene an der füdlichen: und 
öftlichen Seite desfelden möglichft geregelt. Noch zwei befondere Weir 
fungen erfloſſen (Innsbrud 30. Jänner 1515) 1%): daß die vom 
Erzherzog Erne dem Eifernen fchon ertheilte Freiheit, daß Alle, 
welche Getreide und Lebensmittel dem Erzberge über.die Reb, über 
das Teichened und den Heffenberg zuführen, gefchlagenes und ge- 
fhrottetes Eifen zur, Begenfuhr, ja auch Salz von dort mitnehmen 
dürfen; und (Linz, Mittwoch nah Erhardi 1515) daß der Amt⸗ 
maun Göfferifcher Unterthanen in Krumpen (Rrumpenthal) bei 
Eifenerz feinen Uebelthäter heimlich Hinwegbringen dürfe, fondern 
alle Verbrecher dem Landgerichte in Eifenerz ausliefern müſſe. Nun 
kamen allerlei Verhältniffe in den Sandtheilen nördlich und weſtlich 
am Erjberge zu reguliven. 

Su Eiſenerz beftanten damals Ihon neunzehn Radmeifter mit 
neunzehn Schmelzöfen. Namentlich fennen wir aus diefer Zeit Die Rad⸗ 
meiter Hans Zimmer und Chriftian Steinwerfer; der. Leobners 
Dürger, Wolfgang Wiener befaß in Vordernberg zwei Schmelzöfen, 
welche 1537 duch Feuer zerflört, und durch Geldunterftügung von 
Seite des Kaifers Werdinand I. wieder hergeſtellt worden waren; 
neben ihm. waren damals auch Sebald Pögl, Haid und Zrott, Rad⸗ 
weiter daſelbſt. Der Haupthandelszug wit dem Innerberger- Eifen 
ging zuerft an die Hämmer in der großen Admontiſchen Herrſchaft 
Gallenſtein, dann zu jenen an der ſtelermärkiſchen Nordgrenze hin 
in Unter- und Oberöfterreich gelegenen Hammerftätten, und die Fa⸗ 
brifate all dieſer gingen größtentheild auf der Enns nad) Stadt Steier. 





.4) Im Jahre 1519 (Innsbruck 30. December) erlich KR. Mar I. an alle Unterthas 
nen zu Brud, Leoben, Trofaiach, im Kammerthal und Eifener; die Auffor- 
derung, in allen Zorften, welche er von dem Adminiſtrator zu Admont, Bi: 
Ihof Shriftopb Rauber zu Seagau, in Beſtand verfhrieden erhalten babe, 
bei Hegung des Wildbrets und bei Wolfsiagden den Umtmann und Forfis 
meiſter in Eifenerz, Hans Haug, zu Ünterflühen. 


1»> 57 “rt 


Im Jahre 1517, am Dinstag nach dem Sonntag Reminiscere 
in. der Faften, mußten der Faiferliche Amtmann beider Eifenerze, 
Hans Haug, der Faiferliche Waldmeifter in Steier, Sigmund Paum— 
gartner, der Faiferliche Gegenfchreiber in Eifenerz, Gabriel Siegl, eine 
Ordnung für alle Eifenhändler von Steier, Eifenerz, Weier, und 
den auf Mdmontifchen Gründen Gefeffenen, und dem Eifenhandel 
Verwandten fchriftlich verfaffen und fund geben, und zwar: Auf 
die Klage von Paſſau her, daß der fteierifche Stahl und das Gifen 
nicht mehr in der alten guten Qualität geliefert, der Eifenhandwers 
fer damit betrogen, und das fteierifche Eifenwefen bei den Hams 
merftätten der oben angezeigten. Gegenden in Mifkredit falle, foll 
eine eigene Eiſenbeſchau eingeführt werden, und zwar einzelne Bes 
ſchauer an. den Hämmern zu St. Gallen, Weiſſenbach, Laufjach, 
Laimbach, Reifling, Weyer, Kleinreifling und Hollenftein, Alle probes 
bältigen Hammererjeugniffe hat diefer Befchauer mit einem eigenen 
einzufchlagenden Merkzeichen zu verfehen. Das fchlecbte, radbrüchige 
Rauheiſen fol der Beſchauer gleichfalls und den Namen des Rad⸗ 
meifters dem Amtmanne am Berge anzeigen, und bei den Häms 
mern, ſchlechte Manipulation verhüten. Am den eigens Beftellten 
Vordernftahl zu beſchauen und zu prüfen, foll der Befchauer von 
Stadt Steier in die Hämmer, welche folche Beftellungen angenom⸗ 
men haben und liefern, auf feine Koften gefendet werden. Die Uns 
terhaltung der Beichayer liegt den jeden zugetheilten Hämmern feloft 
ob. Die ernannten Beſchauer haben ſich fogleih nad Eifenerz zu 
begeben, dort in die Hände ‚des Faiferlichen Amtmanns den Eid abs 
julegen, für Hammermeifter, Kaufmann und alle dem Eifenhandel 
Verwandte, für Arme umd Reiche gleich treue und redliche Eifen« 
beſchauer zu fein — bei Leibs⸗ und Gutsſtrafe. Weiters fol alles 
Stangeifen von wälihen Hämmern nicht mehr auf die Stangen, 
ſondern auf die Ringe das Merkzeichen erhalten, mit Ausnahme des 
Iunerbergers Stangeneifens. Der Stahl foll gerecht gemacht wer» 
den, und die Austheilung desſelben ſoll Alle befriedigen. Der kai⸗ 
ferliche Rath und Ammann, Hans Haug, der Waldmeifter Gig: 
mund Paumgartner, der Pfleger auf Gallenftein, Jörg Steinacher, 


> 58 «iu 


Michael Kernſtock, Bürgermelfter zu Steier, die Nichter in Eifenerz 
und Weier fiegelten Diefe Anorbnung — * auf kaiſerliches Wohl⸗ 
gefallen. 

Im Jahre 1518 begann und mußte durch eine eigene Co 
miffion und Verfammlung der Abgeordneten beider Theile am Mitt- 
woh nah St. Lorenzi audgetragen werden der Streit zwifchen den 
Redmeiftern, den dem Erzberg Herwandten Hammermeiſtern in Laim⸗ 
bach, Reifling, Weiſſenbach, St. Gallen und Weyer, und dem Rath 
und den Eifenhändfern zu Stadt Steier. Die Sache war bereits 
an den Monarchen feldft gelangt, und man verlangte von ihm die 
Aufhebung aller alten Privilegien und der befchränkten Vorbeifahrt 
mit Gifenerzeugniffen zu: Stadt Steier. Hans Haug zum Freien⸗ 
flein und Sigmund Paumgartner gaben über dieſen heftigen und 
wichtigen Streit die redliche Entſcheidung. Wir feßten fie nach ih» 
sem Geifte und wefentlihen Inhalt Hier Her; denn fie gibt nicht 
nur Aufichlüffe über einige: befondere uralt beftandene Verhältniſſe 
"den Eifenhandel betreffend, fondern fie ift auch Die erſte und äfte- 
fie Entſcheidung eines im Laufe der Zeit wieder oft erneuerten Be: 
fchwerdepunttes und Steeites, wegen Des Verkehrs mit Rauheiſen und 
den Hammererzeugniffen -in die Länder an der Enns und Donau. 
Diefer Entſcheidung zu Folge nun haben die Eifenhändler zu Stadt 
Steier alle Monate alle bei-den dem Innerberg zugetheilten Hämmern 
aufgebrachten Gifenerzeugniffe zu heben und bar zu besahfen. Jedem 
ordnungsmäßig im Umtriebe ftehenden Hammer geben diefe Eifen- 
händler eine jährliche Vorauslage von 100 Pfund Pfennige auf 
Martini zum Einkauf von Kohl und Getreide. Die Wiedererſtat⸗ 
tung gefchieht zu Georgi und zu Jakobi, welche jedoch überhaupt 
für längeren Auffchub vom wechfelfeitigen Einverftändniffe abhängen 
darf. Die Stadt⸗Steirer zahlen den Wei'rern ihre rückſtändigen Be: 
träge, heben dann dort alle Grjeugniffe der Hämmer wie vor und 
ehe, aus freundlicher Nachbarfchaft, weil Weier und Steier zu gleis 
her Zeit fih durch den Eiſenhandel erſchwungen haben, und darin 
gefreiet worden find. Desgleichen thun die Steirer alle ihre Schul: 
den an die Hammermeifter der Admontifchen Herrſchaft Gallenftein 


„>> 59 «c“ 


ab, und heben die dortigen Erieugniffe insgeſammt, wie von Alters 
ber, gegen Bezahlung, welche jedoch nirgend mit Pfennwerth (Vic: 
tualien u. dgl., fondern immer mit Pargeld, Gold und guter weis 
Fer Münze, alles fehlechte Geld, Vierer, Haller, Putſchaidler u. dgl, 
ausgefhloffen) nach den feftgefegten Eiſenpreiſen zu gefchehen Hat. 
Dagegen follen die Radmeifter gerechtes, gut geblaietes Rauheiſen, 
die Hämmer aber guten, gerechten Zeug, wie die alten Hammer- 
fhmiede gethan hatten, liefern. Alle Irrungen des Eifenausganges 
auf fremden Straßen und Wegen follen an den Amtınann gebracht, 
vereint Darüber berathen und abgerhan werden. Alle bisherigen Ir 
zungen und Spänne follen ab und todt fein. 

Durch) die vielen umfaffenden und durchgreifenden Anordnun: 
gen, Vorſchriften und Einrichtungen find die Hauptverhäftniffe zu 
Berg und Bald in der Eifenerzeugung vom Rauheiſen bis zu allen 
Hammerfabrifaten, und im Verfehre mit Eifenerzeugniffen vom fteier: 
märfifchen Erzberge, von den Hauptftappelpläßen Leoben und Stadt: 
Steier aus, theils wieder geregelt, theils vervolllommt und feftge- 
ſtellt, und die uralten Rechte, in fo ferne fie erfprießlich erachtet 
wurden, auch beibehalten und beftätiget worden. Diefem Geleife 
nun folgte 8. Ferdinand I. fo, daß er manche Pläne, welche 8. 
Mar I. ſchon in feinem Handbuche zwar vorgemerkt, jedoch ſelbſt 
niche mehr hatte vollführen können, zur Ausführung brachte. Vor: 
erft mußte er wieder gebieten, alles Wald» umd Hüttenberger:Eifen 
zu comfisciren, welches auf anderen als auf den ihm im Handel 
von Alters Her angewiefenen Wegen betreten würde (Gräß 1521). 
Die Privilegien und Freiheiten der Stadt"Leoben, insbefondere den 
Eifenhandel betreffend, beftätigte er dann von Neuftadt aus am 
20. September 1522. Hierauf mußten die zur Neformirung der 
Aemter und des Eifenwefens in Steiermark abgeordneten Commiſſa⸗ 
rien, Ritter Chriſtoph v. Nagkhinz, Ritter Leonhard v. Ernau, und 
der Vicedom von Steiermark, Wolfgang Graßwein, bei abermals 
erhobenen Uneinigkeiten die Verhältniſſe zwiſchen den Eiſenhändlern 
zu Stadt Steier, und den dem Innerberg zugewieſenen Hammers 
werden, in Weier und Gallenfteim, und alle von Alters her darüber 


> 60 «u 


beftandenen Normen und Gewohnheiten. unterfuchen, welche dann 
die Eiſenerzeugung fowol bei den Hochöfen am Erzberge, als auch 
die Fabrikation bei allen Hämmern, fo wie alle den Eifenhandel 
betreffenden Verhältniffe an genaue Haltung der vom K. Mar I, 
ſchon ertheilten Vorfchriften und gegebenen. Entſcheidungen zurüde 
wiefen. Die Verhandlungen darüber gefhahen zu Leoben, von wel 
her Stadt auch am 10. März 1523 die darüber gefaßten Beſchlüſſe 
erfloffen find. Als neue Zufüße zu den früheren Ordnungen if 
daraus Folgendes zu bemerken, Bei nicht ſehr lebhaften Zuge Des 
Eifenhandels beſtimmte man als wechielfeitigen Zahlungstermim drei 
Monate. Am Erzberge folle man- im. Baue befonders auf: DienZiefe 
trachten. Auf jedes Gifenfabrifat hat der Hammermeifter fein Mark: 
zeichen zu fchlagen, und feinem Hammerfhmied, Hainpreuer, Waſ—⸗ 
fergeber und Haiger genau nachzuſehen, daß fie feine, geſchmeidige 
Daare erzeugen. Zur unaufgehaltenen Beförderung der Eifenfabrir 
kate auf der Enns nad Stadt Steier follen alle den Ladſtätten 
nahe gelegenen Hölzer zur Beförderung der Floßfahrt, und zu Floß⸗ 
und Raffholz forgfältig- gefihont werden. Wer feine Stahlerzeugs 
niffe theurer als um dem feltgefeßten Preis an Mann bringt, dem 
fei dieß unverwehrt. Ä 

Nach einem gleichzeitigen (und älteften Verzeichniffe, fo wie Det» 
malen haben) ftanden damals die verfehiedenen Eiſen- und Stahl« 
forten in folgenden Preiſen: 

Gezainter Stahl der. — um 12 Schilling — Pfennige 


Hacken 2 " „ 12 ». —-. u 
Brochen v .e. u 9 " — er 
Sad mw HM „ 2 Pfund Pfennige 
Satter » Eifen © » 9 Schilling 15 Pfennige 
Sejainted „ " „ 9 „ .15 PP 
Edin ". ” v 9 " 15 Pu 
Sa wm 1 Pfund Pfennige 
Blech " zZ " 1 " ” 

Zwizach m ” . ee 
Kleben " ." vr 7 Schilling 25 Pfennige 


> 6 «er 


Brochenſtahl, zum Streden tauglich, der Zentner um 1 Pfund, 3 
Schilling, 20 Pfennige, 

Die genauefte Haltung diefer ſämmtlichen Leobner « Befchlüffe 
wurde gegen jede Lebertretung mit 100 Pfund für den Fandesfür: 
fen, und mit 10 Pfund für jede Obrigkeit, unter welche der Lieber: 
treten ‚gehört, ſo wie für den Amtmann im Innernberg verpönt. Im 
Tahre1524 Tief R, Ferdinand I. abermals eine Vifitation und Re: 
formation am Erzberge vornehmen, wo zugleich befonderes Augenmerk 
auf die Bedeckung des Erzberges mit allen nahen Regal: Wäldern um⸗ 
ber gerichtet worden iſt, und zu welchem Zwede Sebald Pögl zu Reif: 
fenſtein / Paumgartner, die Amtleute am Erzberge und die ſachekun⸗ 
digften Holgmeifter zu Auſſee und Hallftadt die landesfürftlichen für 
den Erzberg ausſchließlich beſtimmten Bannwälder umreiten mußten; 
Mit eben dieſem Dahre 1524 beginnt das ältefte Verpflodungsbud, 
fo noch in der Urſchrift ſelbſt im Innernberg fich vorfindet, und wels 
ches bis 1669 fortgeführt if. Es trägt die Auffchrift: „Bermerkt 
vs Büchlein der Shin, Fürſt, Soll, Sherm und 
Abſchneiden mit den Pflöden und Pidmarden aller 
Sehäwund Gruben Vorderne und Innermberges der 
Eilewerg geſchehen im 1524. Jahre;“ Die Ebenhöhe fcheint 
damals genauer beſtimmt und: ausgepflocdt worden zu fein, und man 
bemerkt aus „einzelnen Beifäßen darin, daß man befonderd gegen 
die Vordernberger« Arbeiten die genauefte Grenze habe ziehen wollen, 
Was jedem Theile zugemeſſen worden, fol ihm für ewige Zeiten 
bleiben Kein Ban im beiden: Antheilen fol über Jahre und Zag 
unverlegt bleiben. Niemanden, als nur einem Radmeiſter, fol ein 
neuer Bau verliehen werden. Einen verlegenen Bau fol man zu- 
erft wieder dem früheren Radmeifter antragen, fonft aber ihn dem: 
jenigen zutheilen, der deffen bedürftig ifE, oder darum anhält; die 
nicht verpflodten Maße oder Gerechtigkeiten follen durch den Berg- 
sichter dem verliehen merden, der befieres Recht darauf ausweifet. 
Gebaut fol werden wie in den Eifenerzen Bergwerksrecht it — im 
Fürſt, in der Solle und im Abfchneiden, mit Beobachtung der Berg- 
polizei, Niemanden zur Beichädigung, worüber der Bergrichter wö- 


„> 62 «w 


Gentlichen Beſchau am Berge feld vorzunehmen hat. Zur Aus⸗ 
jimmerung der Schachten foll das Holz beiden. Theilen nah Noth⸗ 
durft Dienen, jedoch nahe an Wegen nicht abgefchlagen werden, Da= 
mit nicht Erdbruͤche abſtürzen, und die Straßen zerftören. In Folge 
dieſer erneuerten Verpflodung des Erzberges beftätigte K. Ferdinand 
I. auch die von feinem Vorfahren K. Mar I. gegebene Eiſenordnung 
für denfelden. Auch bei der landesfürftlichen Amtsverwaltung am 
Erzberge ſelbſt machten jegt Die Zeitumftände eine wefentliche Ver⸗ 
änderung nothwendig, welche ſchon 8. Mar I. Hatte vornehmen wol⸗ 
len. ‚Seit den. älteften Zeiten beauffichtigte nur ein landesfürftlis 
her Anıtmann das: ganze Eifenweien am Berge, Seit dem Jahre 
1494 kennen wie den: Hans Haug ald Amtmann beider Eifen- 
erze, welcher in allen erzählten wichtigen Linternehbmungen und Res 
formationen daſelbſt den weientlichiten Antheil genommen hatte. Im 
Dahre 1524 wurde er wegen eines Kafferüdftandes von 48,000 fi. 
feines. Amtes enthoben, und all fein Hab und Gut eingezogen. 
"Der ausgedehntere Betrieb und die vermehrteren Gefchäfte am Vers 
ge bewogen num den Monarchen in jedem der beiden Eiſenerze einen 
eigenen landesfürftlichen. Amtmann anzuftellen. Bis zum Jahre 
1536 kennen wir den Andreas Perolt, dann den Beit Zollner, und 
um. das Jahr 1552 den Georg Manndorfer als kaiſerliche Räthe 
und Amtleute in Vordernberg. In Eifenerz fcheint ſchon 1524 Wale 
ther Häring eingefegt worden zu fein. Die für den Innerberg ent» 
worfene Sandesfürftliche Amtsordnung erfchien im Jahre 1530. Wie 
ſehr num feit der Regulirung des ganzen Wefens am Erzberge Thä-⸗ 
tigfeit und Handel rund um denfelben umher zugenommen, und 
vorzüglich Durch den Waarenzug von Süden herauf zur. Gegenfracht 
mit Roheiſen und Eifenfabrifaten belebt worden feien, beweiſt der 
öltefte Mauth » Zariff vom Jahre 1530 für die Mauth in Eifenerz, 
worin folgende Artikel erwähnt werden: Del, eigen, Weinbeeren, 
Reif, Mandeln, Weihrauh, Thymian, Schwefel, Myrrhen, Grüns 
fpat, Alaun, Galligenftein, Zragant, Maftiz, Imber, Safftan, Glas, 
Lorber, Margranäpfel, wälfche Weine (Ranifel, Ruminia, Malvafia, 


„> 063 «u 


Muskateller) 7), Honig, Meth, Walhen »Zendl (Seidenzeug), Par⸗ 
hant, Gugler, Mitling, Zentalin, hadenifche Tücher, grobes Tuch 
son Tulln, Loden, Parchant von Kirchendorf, Harras, Harras von 
englifcher Seide, Borden, Seife, Weßftein, Senfen, Sichel, Pfannen, 
Keffel, Glocken, Schleifftein, Mühlftein, Armbruft, Panzer, Platten, 
Eifenhut, Schwert, Flache, Wolle, Ninderhaare, wälfche Waare auf 
Pferden, Garn, Leinenzeug, Wachs, Schmer, Unfchlitt, Käfe, Schmalz, 
Vieh, Fiſche, Stiefel, Selle, Bälge, Salz, Getreide. — Schon feit 
einiger Zeit, unbekannt jedoch aus welhem Grunde, hatte der Markt 
Eifenerz fein altes Privilegium der freien Wahl feines Richters und 
Rathes verwirft, fo dag K. Terdinand J., oder vielleicht ſchon K. 
Mar I. gezwungen war, um den daraus entftandenen Anordnungen 
und der Verfäumniß der Nechtepflege ‚zu fteuern, aus eigener Macht» 
solltommenheit einen Richter einzufegen. Bon Wien am 18, Des 
cember 1533 fiellte nun 8. Yerdinand I. den Eifenerzern auf ihr 
andeingliches Bitten das alte Privilegium wieder zurüd: den Rath 
aus zwölf tauglichen Bürgern, und aus diefen einen zum Gerichts 
Halten tüchtigen Nichter zu wählen, Ddiefen dann dem Vicedom im 
Steiermark, als des Landesheren Nepräjentanten, vorzuftellen, um 
beffen Beftätigung durch den fteiermärfifchen Herrn Landeshaupt- 
mann und die N, Def. Regierung, und den Bannbrief zu erwirken, 
wie auch bei andern Städten und Märkten in Steier der Landes- 
bauptmann Bann und Acht ertheilet. In allem, was außerhalb 
der bürgerlichen Sachen ift, das Bergwerk, Forſt⸗, Jagdrecht und die 
Kammerſachen berührt,- hat der Richter dem Faiferlichen Amtmanne 
daſelbſt Unterſtützung und Gehorſam zu bewähren. — Wie K. Mar J., 
eben fo machte auch K. Terdinand I, den fteiermärfifchen Erzberg 
zum Gegenftande feiner unausgefegten und befonderftien Sorgfalt. 
Zwifchen den Jahren 1530 und 1533 beftand eine aberınalige Vi: 
fitations = und Reformations » Sommiffion des gefammten fleierifchen 
Eifenwefens am Erjberge, nämlich: ChHriftoph Braunfalf, Erasmus 


4) Geit einiger Zeit war die Einfuhr von italienifchen Weinen verboten. Innsbrud 
4. November 1532 ward fie wieder erlaubt, gegen Rüdfraht jedoch von Auf: 
feerfalj. 


„> 6A Kr 


Heidenreih, ChHriftoph Straffer und Martin Zott ?); mit welchen 
theifweife vereiniget, in den Berathfchlagungen auch arbeiteten Wal- 
ther Haring, Amtmann in Eifenerz, Hand Haug, Veit Zollner, 
Bernhard Khevenhüller, der Vitzdom Chriſtoph Nefh und Kafpar 
Straſſer. Schon lange und aus 8. Mar I. Kabinet her, war Die 
Erbauung eines großen Holzrechens in Neifling an der Enns be: 
ſchloſſen, und die Befihtigung und Prüfung der Etelle, fo wie die 
Entwerfung des Planes dem Amtmann in Eifenerz, Walther Ha⸗ 
sing, 1533 aufgetragen worden, welchem es diefe Commiſſion fehr 
übel deutete, den wichtigen Aufträgen zur Stunde noch nicht entipros 
chen zu haben. Nachdem man über einen weiteren‘ Plan, zum Bes 
hufe der Erzbergsbedürfniffe große Kornfpeicher zu erbauen, bera⸗ 
then, und für dieſen Zeitpunkt noch die Ausführung desfelben für 
unthunlih befunden hatte, begab fich Die vereinte Commiſſion im 
Sabre 1535 2) nach Neifling an der Enns, wohin auch andere 
Werköverfändige, der Faiferliche Waldmeifter in Steter, Michael Mei- 
Unger, Mary Böheim und Bernhard Hartleutner befhleden waren, 
und wmittelte die Stelle aus, wo an demfelben Sluffe das neue Res 
hengebäude am zweckdienlichſten erftehen follte. Zur Vervollkom⸗ 
mung und Sicherung der Schiff» und Floßfahrt und der Haupt: 
verbindumgswege wurden weiters noch alle Gegenden am Gamsbache, 
an der Mandling, und an der Enns felbft bis weit hinaus gegen 
Stadt Steier befahren und beaugenfcheiniget. Man nahm damals 
auch wieder das Waltwefen in allgemeine Berathung, worauf die 
fämmtlihen Erhebungen mit den Anflchten und ak der 
a in dem Monarchen vorgelegt wurden. 


4) Hieronymus Bott war im Jahre 1526 oberfler Bergmeifter, unter K. Mar I. 
BZahlmeifter, dann Kammerrath. Ueber das uralte in der Geſchichte der nos 
rifchen Bergwerfe berühmte, Tenntniße und shatenreibe Geſchlecht der Zot⸗ 
te ſiehe Muchat's Gafteın P. 102 — 403. 

8) Vom Jahre 1535 kennen wir auch die ältefte Eifenfteigerung, und teiffen (XBien 
15. November 1535), daß die Eremplarien, weldye öffentlich ausgegeben wor: 
den, in Wien bei Hans Bingreiner, Buchdruder und Bürger, gedrudt wor: 
den find, wovon ein Eremplar auf 5 Pfennige, die ganze Auflage auf 15 
Prund Pfennige zu fichen gefommen iſt. 


> 65 +. 


Das Reſultat derſelben Lantete nicht fehr günflig; eine bedenk⸗ 
liche Zerrüttung des Eiſenbergwerkweſens lag vor Augen, fo, daß, 
wenn nicht Hülfe ıgefchehe, es zu unwiderbringlichem: Abfall und 
Derderbem gelangen müßte. Als die vorzüglichſte Urſache dieſer bei 
denllichen Lage erlannte man, daß fo viele ſchon vor vielen Jahren 
berathſchlagte und beſchloſſene Pläne nicht zur Ausführung gebracht 
worden’ waren. Hierauf erhielt eine: neue Commiſſton ein "Dekret 
(BEE 2. November 1537). Die Commiſſton kam dann um 
9, Dreitonigen 1538 in Leoben zuſammen, und zwar: Chriſtoph 
Philipp, Graf zu Lichtenſtein, Freiherr zu Kaſtelkorn, Hauptmann 
ar Nattenderg unit andern Werksverſtändigen aus Tyrol, Chriſtoph 
BraunfalkVerweſer zu Auſſee, Docter Philipp Gundl, N. DA 
Kammerprocurator, Erasmus Haidenreich, Kaſpar Straſſer, Land: 
ſchreiber an der Enns, und Martin Zott, oberſter Bergmeiſter der 
N Der Linder” Dieſe ſachverſtändigen Herren beriethen ſich zuerſt 
über das Waldweſen, bis ſie von Wien aus am letzten Februar 1539 
eine eigene Inſtruction⸗ zu ihrer Richtſchnur erhielten,’ deren Geiſt 
und weſentlicher Inhalt folgender war: „Alle ältern Geſetze und 
Bergwerlsordnungen ſollen genau erwogen, der Berg, die Hochäfen 
und die Walder ſollen beſichtigt/ und alles Beſte für Berg, Wald 
und Schmelzöfen aus beiden Handlungen genommen, und zu künf— 
tiger Norm feſtgeſetzt werden. Hinlängliche Bedeckung mit Gehoͤlzen 
iſt beim überreichen Erzberge die alleinige Hauptſache. Daher muß 
die Hintanhaltung der bisherigen Holzverwüſtungen und die Heg— 
ung aller Wälder um den Erzberg Her das Hauptaugenmerk fein 
und bleiben, Viele Wälder, nahe dem Eifenberg gelegen, behaup— 
ten Stifte und Landleute (Landſtände) und Unterthanen, geiftlichen 
und weltlichen Standes, zwar als ihr Eigenthum, ſchalten aber Das 
mit mit großer Unordnung, bloß nach augenblicklichem -Vortheil; 
Schon feit Jahren: ift mit diefen Wälderbefigern unterhandelt more 
den. Die Commiſſion hat daher vor Allem aus den alten Wald» 
bereitungen und Ordnungen eine neue fchriftliche Waldordnung aufs 
zuftellen, welche zuerft für alle landesfürftlichen Wälder und für die 
Wälder Iandesfürftlicher Unterthanen geſetzliche Kraft haben folle, in 

5. Jahrg. 1. Heft. 5 


> 66 «er 


der ficheren Hoffnung, daß fich auch alle andern‘ geiflichen Befiger 
und Landlente mit ihren eigenthümlichen Wäldern und den Wäls 
dern ihrer Unterthanen, vorzüglich mit den dem Erzberg näher ge⸗ 
Iegenen, zur Erhaltung der: uralten: Gotiesgabe des Erzberges, dem 
Landesherrn und dem Baterlande au Lieb, diefe neue Waldordnung 
gefallen laſſen und derſelben unterziehen. werden. Zu. dieſem Zwecke 
follen Abgeordnete, oder die Herren felbft, von: den Stiftern, St. Lam⸗ 
brecht, Seggau, Admont und: Goͤß, dann dem, Grafen Georg zu 
Montfort, Wolfgang v. Stubenberg, Sebald Pögl, Freiherrn zu Reis 
fenftein und Arenberg und Seyfried von Windifchgrag nad) ‚Leoben 
erbeten, ‚werden, damit die Commiſſion mit ihnen alle Artifel-der 
neuen Waldordnung beratben, . fie zur. Annahme derfelben Ordnung 
und, zur Dargebung ihrer dem; Erzberge nahe gelegenen Waldungen ° 
zum. beffeven und ſicheren Betriebe desfelben bewegen fünnte, Die 
Willfährigkeit Diejer Privatbefiger wolle. der Monarch. in. Onaden era 
kennen. Im Weigerungsfalle fol an. die Kammer Bericht und Vor— 
ſchlag zut Annäherung gegeben, werden. Die Klagen; der Stadt Leo- 
ben wegen Mangel und, Abgang. des Eiſens und über die vielen 
neu entſtandenen Hammerwerke ſollen weiters; erwogen, ‚und die neus 
en Hämmer: wieder abgethan werden, Diejenigen ausgenommen; wel⸗ 
che zur Erleichterung und Beförderung der Salzerzeugung an den 
großen ärarialiſchen Salinen und des Salzhandels dienen. Auf wei⸗ 
tere Klagen der Leobner ſoll keinem fremden Kaufmanne geſtattet 
fein, Rauheiſen zu kaufen, und auf den: fteierifchen Hammerſtätten 
verarbeiten zu laſſen. Der Handel mit Roheiſen bleibt den Leob⸗ 
nern allein eigen, jedoch nur auf gefälligen Widerruf von Seite des 
Landesfürſten. Doch ſollen alle, Hammerſtätten von. da aus mit Roh⸗ 
eiſen gehoͤrig verſehen, und ſo auch alle Radwerke in Vordernberg 
In; ſtets lebhaftem Betrieb erhalten werden. Zur Deckung des Bes 
darfes der äußeren und der niederoͤſterreichiſchen Berg⸗ und Salzwerke 
folk in der ‚gemeinen Eiſenkammer zu ‘Leoben. immer ein hinreichen⸗ 
der Borrath an geſchmiedetem Eifen- da ſein. Es ſollen aber auch 
in andern Städten, und vorzüglich zu Auſſee, Schladming, Schwatz, 
Hall u. ſ. w. Eiſenkammern errichtet, und darüber mit Leoben ge⸗ 


„> 0607 + 


handelt werden. Den Hammerfätten, welchen der gemeinfame Koh⸗ 
lenſpeicher bei Leoben zu entfernt gelegen, follen andere Wälder zur 
Derfohlung angewiefen werden. Die Verlage der Leobner um Raub: 
eifen im Vordernberg follen allemal nur mit Vorwiffen des Amt⸗ 
mannes gefhehen, und alle auferordentlichen Fürlehen von Leob- 
nern oder von Fremden an die dortigen Radmeifter follen, als Ar: 
fachen fo vielmaligen Eifenmangels bei den Bergwerken, firenge un⸗ 
terfagt fein. Durch den Mißbrauch der für den Ausgang des Eifens 
verbotenen Straße über den Seeberg ift den Hammerftätten in der 
Baldmarh (im Mürzthal, Afflenz und Thoͤrlgraben) das Eifen 
entzogen worden. Darüber fol mit Beiziefung der Handelsverftäns 
digen zu Stadt Steier berathen, und der. Waldimarch der Roheifens 
bezug gefichert werden. Auf beffere Einrichtung des Victualienkafteng 
in Leoben foll Bedacht genommen, und deßwegen die Sache fo einges 
leitet werden *), daß die Wägen um Rauheifen aus dem Murthale 
zugleich Proviant zuführen gegen Verrechnung um Rauheiſen. Man foll 
überlegen, ob denen von Leoben die Errichtung eines neuen Plahaus 
fes zu geftatten ſei. Alle Artikel umd kurz alles, was dem Berg: 
und Eifenwefen am Erzberge zum Frommen (auch) einen Schiffsweg 
am Murfirom zu errichten) dienlich fei, fol mit den Bürgern zu 
Leoben und Vordernberg berathen werden, damit nicht nachher Kla— 
gen entftiehen. Weiters hat die Commiſſion auch) den, fhon von 
Bien (8; Gebruar 1539) am fie ergangenen Antrag zu berathen, ob 
man der Stadt Judenburg erlauben folle, daß Eifenbergwerk auf 
der Alpe bei Judenburg zu bauen, und an demfelben zwei Plahäu— 
fer zu errichten, Zum Behufe der neuen Waldordnung wurden den 
Sommiffariem auch (Prag 21. Mai 1539) die Waldordnungen von 
1527 und 1532 für die Bergwerke und Salinen in Tyrol mitgetheilt. 
Sm Juli 1537 und (Adto. Wien 13. Mai 1539) rieth die N, Or 
FR, | :d,® und 

4) Während diefer Verhandlungen wurde dem Marfte Weiler ein neues Wochen⸗ 
marftö » Privilegium zum Behufe der Proviantlieferung zum fleierifchen 
Erjderg gegeben (Wien 8. Detober 1536). Diefer Marktfleden gehörte dem 


Stifte Steiergarften. Die beim Türkeneinfalf verbrannten Privilegienbriefe 
ließ jetzt Abt Pongras wieder erneuern. 


* 68 ꝛ6Ä 


Kammer dem K. Ferdinand mit den Prälaten und Landleuten be— 
ſten Fleißes handeln zu laſſen, damit ſie Holz aus ihren Wäldern 
um einen ziemlich leidentlichen Pfennig zu den Berg— 
werfen gutwillig erfolgen laſſen möchten. — Um in dieſem Punkte 
vorſichtig genug vorzugehen, erbat ſich K. Ferdinand (Wien 24. März 
1539) die Walderdnungen des Cardinal Erzbiſchofes Mathäus Lang 
für Salzburg, welcher 9. April 1539 im Weſentlichen eröffnete , daß 
ec felbft mit der im Plane ftehenden neuen Waldordnung noch nicht 
Habe zu Stande kommen können; daß bei ihm den Landlenten, welche 
Lehenſchaft oder Eigenthum von Wäldern haben, die vom Erzbifchofe 
gebraucht werden, ein zie mliches Stockrecht gereicht worden 
ſei. Sonft aber ſei beim falzburgifchen Hochftift die Gewohnheit 
gewefen, daß der Gebrauch der Privatgehölze immer mit Nücdkficht 
anf die Nothönrft der Hochktiftifchen Kammergüter zugelaſſen wors 
den. = Man fieht aus fpätern Ordnungen, daß 8. Ferdinand I. 
ww, auch für Steiermak und: infonderheit Hinfichtlich des Erz⸗ 
berges diefen falzburgifchen Grundfägen ſich zugeneigt Habe. 

So viele und fo wichtige Gegenftände hatten alfo dieſe Come 
wiffarien zu berathen, worüber fie Dann auch am 30. Auguft 1539 
im Wefentlichen folgende Eifenordnung vorzüglich für den’ Erzberg 
entwarfen, und zur höchften Beftätigung vorlegten: „Schon & Mar - 
L hat für den Erzberg eine Eifenordnung aufgerichtet, und zu firen- 
ger Aufrechipaltung derfelben einen‘ eigenen kaiſerlichen Amtmann 
eingefeßt, Weil jedoch durch die Gnade Gottes dieſer Erzberg im— 
mer reichlicher ſich aufthut, aber auch ſchwerer als zuvor zu bear— 
beiten iſt, ſo muß um ſo mehr das ganze Weſen daſelbſt von ge⸗ 
ſchickten, fleißigen und frommen Amtleuten, Waldmeiſtern, Rechen⸗ 
ſchreibern, Wägern, Bergrichtern und Stangenknechten beſorgt wer—⸗ 
den. Es ſollen demnach die Amtleute immer unmittelbar am Erz⸗ 
berge in Eiſenerz und in Vordernberg ſeßhaft fein '), auf die Berg⸗ 


1) Wegen des alten und neuen Rechenbaues war die Bergamtirung auf einige Zeit 
von Vordernberg nach Leoben verlegt worden. Man hatte zu dieſer Zeit auch 
den Plan vorgelegt, Bordernberg und Leoben zu vereinigen, und zu einem 
Beſammeſtappelplatzze vorzüglich des Rauheiſens zu machen. Jedoch 


2» 69 x 


ordnung ſtrenge Acht Haben, und die Radmeifter beauffichtigen, ob 
fie. gute Hauswirthe find, und: alle Gefchäfte. zu Derg, Wald und 
Plahaus gut vollbringen, Durch Die wöchentliche Befahrung des 
Berges und Beſchauung der Plahäufer fol. die Haltung. der Berg— 
srdnung und Erzeugung guten Rauheifens erzielt werden. Die Rauh— 
eiſenwage iſt in des Amtmannes Wohnung, dort-allein nur -wird, 
zu 7 Maßroder 5 Meiffer jedesmal, in. Gegenwart des Nadmeifters 
und Saufmannes ‚abgewogen, Mauth⸗ und Aufſchlagsgebühr genoms» 
men, im das Wag⸗, Amt» und Mauthbuch, fo nicht zu Zedermanns 
beliebiger Einficht offen ftehen darf, getreulich eingetragen, Kommt ein 
Radwerk befonders; wegen Schulden an die Verleger in Feier (Stille 
ſtand)/ ſo ſoll Der Amtmann deffen weiteren Betrieb Durch die Verleger 
bewirken Alle Fürlehen, Vorfhüffe auf Verlag und alle wirklichen 
Verlage Dürfen nur mit des Amtınannes Vorwiſſen und Zuftimmung 
geſchehen/ ſonſt ſind fie ungültig, weil dadurch die Radwerke in 
freinde Hände ausländifcher Leute kommen fönnten, Kein Radwerf 
Darf weiters: mehr, und: ‚durchaus feinem  Ausländifchen ‚verpachtet 
werden; weil ſolche Verpachtungen ſtets nur Raubbau in, Den >Grus 
ben and Holzverſchwendungen zur Folge gehabt haben. Jeder Rads 
meiſter hat ſein Werk mit eigenen Rücken zu befißen, und im Noth⸗ 
falle iſt ihm geſtattet, oder davon an einen Einheimiſchen oder 
Mitbürger abzutreten. Die dem Erzberge nahe gelegenen Hammer⸗ 
werke, beſonders im Laimbach, in der Hieflau, im Teichenegg, dür⸗ 
fen dem Erzberg keinen Eintrag thunz denn alle landesfürſtlichen 
Bannwalder um den Erzberg ber ſollen dieſem vorbehalten. bleiben, 
wie ſchon in der Berg⸗ und Waldviſitation im Jahre 1524 be⸗ 
ſtimmt worden ). 4 


die Sommiffion entfchied fih dahin, daß die Noheifenaustheilung von den 
beiden Bürgerfhaften in Bordernberg und Leoben nicht genommen werden 
folle. 

4) Auch die fpätern Verhandlungen bei Errichtung einer neuen Waldordnung für 
die landesfürftlihen Wälder und die Heußerung der N. De. Kammer 
ſelbſt mweifen auf die rechtsgemäßen Grundfäge hin, und die Bergwerksord⸗ 
nung K. Ferdinands I. (Wien 4. Mai 1353) beſtimmt ferdft im sı. Artikel, 
«daß ſich Hinfichtlich der zu Aandesfürftlichen Bergwerfen bedürftigen @igen- 





> 70 «re 


Alle diefe und die Hämmer der Nadmeifter am Erzberge ſelbſt 
follen ihren Rohlenbedarf von Kerne Herhohlen, oder abgethan werden. 
Diefe Hämmer dürfen auch nur Härt-, Graglach- und Klaubach— 
eifen, nicht Roheifen, verarbeiten, Saumfahrer, welche Proviant zum 
Hieflauer «Rechen oder zum Erzberg bringen, müffen zur Rückfracht 
mit Noheifen mehr bedacht werden, ald Saumer, welche ihre Pros 
viantlaften unterwegs überall verkaufen. Alle Streitigkeiten, das 
Berg» und Eifenwefen betreffend, kommen an den Amtmann, und 
in Bergfachen fteht auch der Nichter des Marktes ihm unter. Im 
Amtshaufe darf kein Arbeiter mit Wehr erfcheinen, fondern er muß 
die Wehre, wie von Alters her gebräuchlich, vor der Thüre ablegen. 
Der Amtmann hat unter all feinen Leuten gute Polizei und Mannes 
sucht zu halten; alles Gottesläftern, offener Ehebruch und andere 
Lafter, Feindfchaften, Numor, heimliche Winkelräthe, Gonfpirationen, 
Bündniffe, Aufruhr, Unzucht, unehrbare Handlungen müffen ferne 
gehalten werden, und greift der Markt» oder Landrichter hier nicht 
ein, fo bat es der Amtmann zu thun; befonders follen dergleichen 
böfe Händel in Wirthehäufern nicht geftattet werden, man foll den 
Berge, Holz⸗ und Plahausleuten das Spielen und Saufen in 
Wirthshäuſern am Werktagen nicht geftatten, auch verdäcdhtige Pers 
fonen, welche mit der verführerifchen, wiedertäuferifchen Lehre befledt 
find, follen nicht geduldet werden. Wecht » Händel, Malefizfälle und 
Zodfchläge behandelt der Marktrichter; ſtehen dieſe aber in unmittels 
baren Bezug auf das Kammergut, fo ift auch der Amtmann beizuzies 
ben, fonft aber richtet diefer ganz für ſich allein Über Unzucht, Krieg, 
fechtmäßige Händel in Plahäufern, im Berg und auf den Wegen 
zur Arbeit 1). Aller Vorkauf an Proviant iſt firenge verboten; alle 


tbumsmwälder der Gtifte, Klöfter, Schlöffer ıe. mit den Pris 
vateigenthümern giemlih vertragen werden folle" 

4) Wien 8. März 1536 wurde ald Bergrichter in Eiſenerz mit jährlicher Befoldung 
von 52 fl. und dem vierten Theile der Pönfälle Ambros Pichler angeftellt. Ihm 
folgte 16. Detober 1552 Rafpar Reibenfhub. 1537 Wien a. Juni wird Lorenz 
Pucher ald Wegbereiter im Mur: und Kammerthale angeftellt: «damit der 
ueue Schiffweg bei Leoben durchs Rammerthal fleihig ver 
draht und verarbeitet werde.» 


> 71 «re 


berzugeführten Lebensmittel dürfen nur auf dem Platze im Markte 
zum Verkauf geftellt, und dort allein von den Radmeiftern gekauft 
werden. Auf dem Gaue bleibt der Handel frei; Futtergrundſtücke 
aber unmittelbar wm den Berg herum follen die bürgerlichen Beſitzer 
vorzüglich den Nadmeiftern um billige Summen zum Genuffe laffen. 
Die Nuinirung des Weges über den Präbühel Durch das Abſchlagen 
und Anhängen großer Bäume ift ald Hemmung für die Laftwägen 
auf den fteilen Stellen ſtrengſtens unterfagt. — Die Rottenmanners 
Hämmer gebrauchten einft bei ſtarkem Eifenverkehre den Weg: über 
"das Zeichened, und begehren jetzt deſſen Wiederherftellung. Jedoch, 
der Ausgang des Eiſens wird auf die alten gefeglichen Straßen ges 
wiefen. Doppelte Belegung der Hammerwerfe, Theilung, Ueberſchieſ⸗ 
fen und Ausfeheidung der Eifenerzeugniffe und des Stahls, um den 
Ausfhuß unter irgend einem Hammermeifterzeichen zu verkaufen, 
dort und in Stadt Steier, ift ſtrenge verboten. Schlechtes: Roh⸗ 
eifen ift fogleich abzwftellen; aber auch nur von beftimmter Schwere 
umd nicht darüber dürfen die Maffen Noheifen an den Hochöfen ab> 
geſchmolzen werden, Ueber den vorgefchriebenen Preis und Aufſchlag 
darf Niemand verkaufen. Kein Hammermeiſter Darf am Erzberge 
einen eigenen Gactor halten. — Hierauf wurden auch noch die weites 
ren und endlichen VBefchlüffe der Commiſſion (Leoben am 21. Sep⸗ 
tember 1539) kund gegeben, und zwar: Zum Baue des beabfichtig- 
ten großen Rechens in Reifling fol ſogleich gefchritten, die 
Wege vom Erzberg gegen Defterreich zu, insbeiondere über den Rad» 
fatt, im Landl und durch die Mandling, endlich der Schiffweg an 
der Enns hinaus von Hieflau bis Stadt Steier, follen ausgeführt, 
und die Serftörungen der leiten Waffergüffe am Holzrechen in der 
Hieflau fogleich wieder gebeffert werden. Auch au dem untern und 
oberm Rechen zu Leoben, an den Rißwerken zur Holztrift bei Weiß— 
fischen, und an allen den Erzberg betveffenden Stellen hatten Die ans 
fange October 1537 entftandenen Wafjergüffe fehr großen Schaden 
gethan (Wien 5: und 6. October 1537). Dei dem Rechenwerke zu 
Leoben zeichnete fih damals der Nechenmeifter Hans Rupp Durd) bes 
ſendere Gefchiclichkeit und Anftrengung aus (Wien 14. Juli 1557). 


„> 72 + 


Einen nicht geringeren Schaden richtete Dad Hochwaſſer im Auguft 
des Sahres 1539 am Hieflauer- Rechen an (Wien 24. Auguft 1539). 
Durch die wirklich ungemein wichtigen Unternehmungen des Neiflins 
ger⸗Nechens und Schiffswegs hoffte man dem Eifenweien am Erz⸗ 
berge einen befonderen Aufſchwung zu geben, und den Eifenhandel 
für immer und im lebhafteften Gange zu fihern, Die Ausführung 
diefer großartigen Pläne baute man damals auf die Ausſicht, be— 
deutende Geldfummen bei allen bei dem Eiſenweſen des Erzberges 
intereffirten Handelshäufern, als Vorſchüſſe und Darlehen, aufjus 
bringen, Die übrigen Pläne, die nenen Kohlenfpeicher, und Getreides 
fäften herzuftellen, und die Vefferung der Wege u. ſ. w. auszufühs 
ren, iſt eine Eifenfteigerung von drei Kreuzer für den Zentner fchon 
1534 bewilliget worden, und fowol diefe Summe, als auch alles 
im Innern= und Vordernberg in den Kaffen entbehrliche Geld mußte 
vom landesfürftlichen Kontrolor, Chriftoph Polt, erhoben werden 
(Prag-21: April 1537). Manche anderen, das Berg⸗ und Eifen- 
wefen betreffenden wichtigen Gegenftände wurden. abfonderlic) ver: 
handelt, und die Befchlüffe darüber fund gegeben. Praunfalf, Hei— 
denreich, Straffer und Zott berathfchlagten abgeſondert über die Ers 
richtung und Verwaltung einer Eifenfammer (mit Hammerfabrifa= 
ten vorzüglich ausgeftattet) in Leoben, und feßten darüber (Leoben 
16. Juni 1539) Folgendes fett: Alm den vielfältigen Klagen der 
inländifchen Bergwerksverwandten, Zeughäufer, Landleute, Städte, 
Märkte, der befonderen Werkftätten und Schmieden über fteten Mans 
gel an gefchlagenen Eifenwaaren abzuhelfen, wird für gefchlageme 
Eifenwaaren eine befondere Eifenfammer in Leoben errichtet, Jede 
der achtzehn Hammerftätten um Leoben umher, welche nicht in bes 
fonderen Verträgen gegen die ober» und niederöfterreichifchen Berge 
werte fteht, ift verpflichtet, von jedem Wagen Nanheifen zwei Saus 
me gefchlagener Eifenwaaren in die Niederlagskammer zu liefern, und 
dafür fogleiche Bezahlung zu erhalten. Die zu Verträgen verpfliche 
teten Hammerwerfe liefern Dagegen nur Einen Saum in diefe Eifen- 
Sammer (Zacharias Gabelkhofer mit zwei Hämmer zu St. Michael 
und Leonhard Gabelhofer ftanden damals in Eifenlieferungs - Con: 


in» 75 #rr 


tracten mit den Salinen » Bergwerken zu Hal in Throl, zu Auffee 
und Gmunden). Diefe Eifenfammer zu Leoben, foll unter die Ders 
waltung des allgemeinen Eiſenwägers daſelbſt, Georg Reißberger, 
geitellt werden. Die: Hammermeifter. haben vorzüglich ‚geviertes und 
flaches Eifen, Schien und Flammen einzuliefern,. -Diefe Waare der 
Eiſenkammer ſteht in einem um. vier Pfennige hoͤhern Preis, als 
welche außer derjelben verfauft wird, - Welcher Hammermeiſter feine 
bemefjene Zablı nicht liefert, erhält aus dem Raubeifenverlage kein 
Raubeifen. Wöchentliche Rechnung foll.bei der Eifenfammer genau 
gepflogen werden. Kann die Eiſenkammer den inländifchen Bedarf 
nicht. „befriedigen , fo hat der Amtmann auf allen gefchlagenen Zeug 
der Hammermeifter Beichlag zu legen; den jedesmaligen Ueberſchuß 
frei: zu verkaufen, bleibt ‚der Stadt Leoben anheimgeſtellt. Waaren 
aus. der Eiſenkammer darf. fein Schmid . weiters an Ausländer bei 
Sonfisfationsftrafe: verkaufen; auch fol zur Hufnägel » Arbeit aus 
dieſer Eiſenkammer fein Materiale hintangegeben werden. — Am 18; 
Juli 1539 erfchien desgleichen abfonderlich Die Beſtimmung, daß das 
jährliche: Verlagscapitat auf wöchentliche Drei Wagen Rauheiſen nicht 
höher» als 15000 fl. vorausgegeben, und auf. ein Radwerk nnmittels 
bar haftend. gemacht werden dürfe, auf daß zu hoher Schulden we— 
gen die Radwerke nicht in. fehlechten Betrieb und in völlige Abnah- 
me gebracht werden; 

Während diefer, mehrere Jahre dauernden Gefchäfte zum beſ— 
ſern Frommen des ſteiermärkiſchen Erzbergweſens und Eiſenhan— 
dels kamen noch andere Gegenſtände zur Verhandlung, insbeſondere 
der Rechtöftreit Der Rammer,und: der Stadt. Leoben mit dem reichen 
Rad⸗ und Hammersgewerken Sewald Pögl, Freiherrn zu Reifenſtein 
und Acherg' !), welcher: ſich gegen die beſtehende Berg⸗und Eiſen⸗ 
ordnung allerlei Privileglen unter. Dem Titel als Bürgerrechte von 
Leoben anmaßte, fein Eiſen auf den verbotenen Straßen und: Wes 





4) Diefer Freiherr v. Pögl als Fönigliher Rath war Übrigens bei K. Berdinand I. 
ſehr in Gnaden wegen feiner Kenneniffe im Berg: und Eifenwefen, und 
wegen vieler zum beffern Frommen desfelben dem Monarchen unterbreiteten » 
ſchriftlichen Darftelungen und Vorſchlage (ray 29. November 1537). 


> TA «ee 


gen ausgeführt, und auf foldhe Weife mehrere Jahre hindurch dem 
Kammergute, den Landesfürftlichen Mauthen und den Freiheiten der 
Stadt! Leoben bedeutenden Nachtheil zugeführt hatte. Pögl wide 
zur Bertheidigung vorläufig unmittelbar an den föniglichen Hof be⸗ 
ſchieden, Tangte dort mit Nechtfertigungsbeweifen. nicht. aus, erhielt 
jedoch Gnade, ald man eben die. Sache auf dem firengen Rechtsweg 
Austragen wollte, Die Unterſuchung des Gegenftandes an Drt und 
Stelle wurde ’von dem Doctor Philipp Gundl, Föniglihem Rath und 
Kammerprofurator der N. De, Länder und dem Faiferlichen Amtmann 
in VBordernberg, Veit Zollner, gepflogen, und hierauf: ſich auf Folgen 
de Bedingungen verglichen: „Als Schadloshaltung, zahlt Pögt an 
die königliche Kammer 38000 fl. Seine: drei Radwerle (in Vor⸗ 
dernberg) ſammt dem Rechen am Berge, Haus, Hof, Grundftücde 
und Wälder scö,- wie er die erkauft oder erbaut: bat, verkauft er 
binnen -Jahresfrift den ‚Leobnern. oder andern des. Eifenweiens ver⸗ 
ftändigen Einheimifchen. Bon dem in Jahresfrift noch erzielten Noh⸗ 
eifen mag Pögt die eine: Hälfte auf feinen: fünf Hämmern an. der 
Laming im Toͤrl und in Der Aue verarbeiten, Die; andere: Hälfte 
aber, wie Andere Radmeifter an Die Stadt. Leoben verkaufen; fünftig 
aber Hat er alles; Roheiſen, wie andere Hammermeifter, zu. Leoben 
zu nehmen’ 4). Weiters wurde noch im Jahre 1539 die. allgemeine 
Verordnung Fund gegeben, daß Jedermann, ders um Roheifen zu 
holen 7 aus dem Mürgsı oder: Murthate nach Leoben und: Vordern⸗ 
berg käme, als Oegenladung PVictualien, Schmal, Hafer, Getreide, 
Käfe u dgl. herbeisubringen Habe: 

Die: hohen: Verdienfte des Hans Freiherrn von Hoffmann zu 
Strechau und Grünbüchl um den Staat einigermaſſen zu belohnen; 
ertheilte ihm K. Ferdinand J. (Prag; 24. Mai 1539) die Freiheit; 
ein Eifenbergwerk zus Erzberg (Arzberg) bei Lofenftein, diesſeits und 
jenſeits der: Enns in. dee Herrſchaft Steier zu. erheben, und. zur eiges 





) Wien 1. Februar 1539. — Beit Zollner erhielt für Reifeunfoften und wegen feis 
ner befondern Thätigfeit in diefer Sache zum Bortheite der Kammer ein 
Snadengeld von 200 fl., welche ihm auf feinen Pfandſchitling zu Maffenberg 
und auf das Umt Marhfurter und Kücheneigen zu Leoben gefchlas 
gen worden find (Wien 1. April 1539). 


„> 75 + 


nen Verarbeitung feines Gifenfteines an den Wäffern und Bächen 
umher, Enns, Reichraming, Rohrbach, Wendtenbach, Tattenbach, 
Störlbach, und Lauſſach, Hochöfen und Hämmer zu erbauen, jedoch 
der befichenden Berg und Waldordnung gemäß, und mit der Bes 
dingung, den Bau fogleich wieder aufjulaffen, wenn eine unpartetifche 
Commiſſion erweifen würde, daß dieß neue Bergwerk dem Bergmwes 
fen und Kammergute am fleiermärkifchen Erjberge zum wirklichen 
Nachtheil gereiche. — Um dem erzbergiichen = oder Leobnifchen Eifen 
feinen Eredit überall fortwährend zu erhalten, erließ K. Ferdinand I. 
(Wien 21. Auguf 1539) den Befehl, daß Hans Ungnad Freiherr 
v. Sannek fein Eifen, fo er zu Waldftein und in der Pack auf- 
bringt, nur unter einem eigenen Markzeichen und in einer befondern 
Form gefhmohren und gefchmiedet, in den Handel bringen ‚dürfe 1). 

Ungeachtet nun die Eifenvifitations» und Reformations » Come 
miffton im vergangenen Jahrzehende fo lange gedauert, fo viele oͤrt⸗ 
lihe Erhebungen durch Sachverfländige mit bedeutendem Koftenauf: 
wand gepflogen, die umfaffendften Vorfchläge gethan, und fie zu 
wirklichen gefeglichen Anordnungen erhoben Hatte, fo wollten die Fol— 
gen davon der guten Abficht nicht, wenigftens nicht fo fchnell als 
man hoffte, entfprechen. Den ausgegangenen Generalien und Uns 
ordnungen aufs genauefte nachzuleben, mußte K. Ferdinand I, von 
Wien 14. Juli 1541 den firengften Aufruf ergehen laſſen; fo wie 
fhon am 11. Februar 1541 aus Neuftadt die Eröffnung erfloffen 
war, daß der Monarch fi gezwungen fehe, die 1535 eingeführte 
und 1541 fih endende Eifenfteigerung um 3 fr. am Berge, und 
um 2 fr. auf den Zentner in allen Hammerftätten auf weitere Zeit 
zu verlängern, weil die nach langer Berathung und gründlicher 
Prüfung projectirten Werke, Rechen, Kohlenfpeicher, Getreidefäften, 
Schiffswege u. f. w. zum Frommen Des Erzbergwefens noch zur 
Stunde nicht zu Stande gefommen fein. Bei den fpäter von den 


1) Als man das Waldftein’fhe und Packſſche Eifen nachher mit Gewalt unters 
draden wollte, und der Freiherr v. Ungnad darüber bei K. Ferdinand I, Kla⸗ 
ac erbod, ſchützte ihn der Monarch (Preßburg 7. Detober 1533) bei feinen 
Rechten, wegen feiner wielfeitigen, getreuen und erfprießlihen Dienfte. 


„> 76 + 


Leobnern an den K. Ferdinannd I, gebrachten. Klagen ‚gegen das zu 
ihrem Nachtheile fo fehr überhand nehmende Waldeijen that der. Mo— 
narch (Prag 12. Juni und Wien 11. Auguft 1544) eine weitere 
und neue Gifenfteigerung von 8 Er, für den Zentner fund, und ers 
wiederte, daß er gegen das in falzburgifchen Landtheilen (auf der 
Flachau vorzüglich) erzeugte Eifen nichts unternehmen könne, daß 
die einheimifchen Waldeifenerzeuger zu Krems bei Gmünd, Wald» 
ftein, Pad, Erzberg bei Lofenftein 1), die Stifte St. Lambrecht und 
Admont ohnehin an Die beſtehenden Eifenordnungen gewieſen feien; 
daß die, Leobner Dagegen nicht hinlängliche Beweiſe vorgebracht hät— 
tens „denn es ſei bisher noch nie vorgekommen, Daß 
des Leobnerifhen Eifens zu viel gemacht worden, viel— 
mehr Habe man fih Häufig befchwert, Daß desſelben 
nicht genug zw befommen wäre; man folle am Erz— 
berge nur trachten, gut und gerechtes Roheifen zu mas 
Henz“ alle Arbeiter, welche vom Erzberge ſich wegbegeben, und dem 
Waldeifenwerken zulaufen, follen firenge beſtraft werden; die Pläne 
zum Nechen in Neifling au deu Enns und zum Wege durch die 
Mandling folle man in nochmalige Berathung nehmen 2). Als 8. 
Ferdinand I. im Sahre 1544 vernahn, daß die Stifte Admont und 
St: Lambrecht die Eiferierzeugung auf ihren Bergwerlen in John 
nv zu ©t. — und Maria Zell ſehr erweitern, ja, daß be⸗ 





41) Schon im folgenden Fahre degann der Eifenftein am Ergberge bei Loſenſtein 
+ fidy zu verlieren, dagegen aber Silbererz ſich zu zeigen, für welches Hans, 
Hoffmann die Frohndefreiung auf vier Jahre erhält (Prag 1. Februar 1502). 

2) Nicht nur die leichtere und vermehrte Zufuhr von Eedensmitteln: aller Art 
jum Erzderge her, fondern auch das ehätiafte Leben in den Eifenmwerkftäts 

ten au Waidhofen, Aſchbach, Dbbs, St. Pölten u. f. w. forderten die Er⸗ 
Öffnung einer Fahreftraße durch die Mandling. Bom 4. November 1538 has 

ben wir die Beftimmung R. Berdinand I., daß die Meflerer zu Stadt Gteier 
‚ auf al’ ihre Schneidivaaren das Stildlein „MeusDeferreich,n jene zu 
Weoaidhofen aber den Mohrenkopf ſchlagen follen: Die befonderen Breis 
heiten des Meflerer « Handwerfs zu Waidhofen find vom X. Ferdinand I, 1% 
Geptember 1546, und bie allgemeine Handmwerfsordnung und Lebereinfunft 

der Mefferersehe zu Steier, Waidhoten, Weld, St. Pölten, Enns und 
Steinbach ift vom 12. September 1536, vom 19. März 1597, und 19%. Geps 


tember 1573. 


„> 77 ee 


fonderd St. Lamhrecht mit feinen Eifenerzeugniffen großen Verkehr 
im Der ganzen Waldmarch gegen St. Gilgen, Hohenberg, Hainfelden 
in: Unteröfterreich, üben den Seeberg, das Afflenzthal, Brud an der 
Mur, über die Beitich, Fifchbacher » Alpe und Hartberg nah Ungarn 
teeibe, und daß Diefe Fabrifate größtentheils auch in Bug und Form 
des Leobniſchen Eifens gemacht werden ; fo wird er beide Stifte auf 
die Grenzen ihrer Privilegien zurüd (Wien 9: Juni 1544)... Da ſich 
aber der Abt don St; Lambrecht dieſem Verbote gar nicht gemäß 
benahm, ſo wurde ihm wirklich. alle Eifenerzeugung ſelbſt auf feinen 
Haͤmmern eingeſtellt. Auf feine und: ſeiner Unterthanen Bitte: jedoch 
wurde der Betrieb von zwei Feuern oder: Plahäuſern und jener. der 
Hammerſtätten gegen Bezahlung; der Eiſengebühren an die Kammer 
wie ae Exzberge ſelbſt wieder: erlaubt (Wien 26. April, Negens- 
burg 4. Juli, Wien 20. Auguſt), und am Ende der St. Lambrecht 
fche Eiſenverkehr doch wieder in Die völlige; frühere Freiheit: gefetst 
(Bien 19. Detober, 1546). 1» «Hierauf ‚wurden ı weitere: Unterhand⸗ 
lungen, den: Erzberg, ‚sorzüglich aber das Vordernberger⸗Erzweſen 
betreffend vorgenommen, worüber eine kaiſerliche Mittheilung san 
die NOe. Regierungsekammer (Worms 28. Mai 1545) Folgendes 
enthielt: Schon im Jahre 1544 Hatten die N; De, Räthe, Chriſtoph 
Nunritz und Georg) Paradeifer; Veit Zollner und der Aıntınann 
von Bordernberg auf kaiſerlichen Befehl die: örtliche Beſichtigung der 
Gegenden zur Erbauung des Holzrechens in Reifling und zur Her— 
ſtellung eines Fahrweges durch die Mandling von Palfau mach 
Oeſter reich hinaus vorgenommen z md dieſe Commiſſion hat bereits 
unter dem B.December 1544 umfaffenden Bericht erſtattet. Dar⸗ 
auf wird nun Folgendes angeordnet: Die Ausfuhr alles Rauheiſens 
in der ſogenannten Kloben nach der Donau aufwärts in das deut— 
ſche Reich wird ſtrenge unterſagt, weil dadurch nur die ausländiſchen 
Eiſenfabriken begünſtiget, das inländiſche Bergweſen zu ſehr in Nach— 
theil herabgedrückt wird. Damit jedoch der Abſatz des Vordern⸗ 
berger-Rauheiſens und der Daraus erzeugten Fabrikate nicht bedeu—⸗ 
tend zurückbleibe, und von den eiſenerzeriſchen Erzeugniſſen überflü- 
gelt werde, ſo ſoll auf die letzteren auf ihren Ausgangswegen nach 


„> 78 + 


der Donau umd zu Lande, zu: Linz, Enzelhartezell und Völlabrud 
ein etwas höherer Ausfuhrszoll gelegt werden. Dagegen foll an beis 
den Bergen und in den gefammten Hammerftätten nachdrücklichit 
auf die befte Qualität der Erjeugniffe gehalten werden, damit nicht 
fehlechte Fabrifate feld den Abfak hemmen, Der Weg über die 
Soͤll und Muraueralpen zur Verbindung des Ennsthales mit dem 
Murthale, und zum lebendigeren Salzverfehre von Auffee nah Kärns 
then ift von dem Hallamtöverwefer zu Auffee, Chriſtoph Praunfalt 
zur Herfiellung auf 2000 fl: angefchlagen, dagegen das Mautherträg- 
niß allein auf eine jährliche Einnahme von 5000 fl. berechnet wor⸗ 
den.  Zwar'hat bereits der Pfandinhaber der Herrfchaft Sölt, der 
geheime. Rath und Erblandshofmeifter in Steier, Hans Hoffmann, 
Greihere zum Grünbüchl und Strechau, dagegen Befchwerde erhoben, 
weil die Soͤllermauth ihm zugehöre, und eine Ausfcheidung derfels 
ben von feinen vechtlichen Erträgniffen nicht wol thunlich ſeie. Je— 
Doch habe der Kaifer mit Hoffmann bereits unterhandeln laſſen, nicht 
nur auf Entfchädigung feiner Mauthanfprüche, fondern auch auf ba- 
res Gelddarlehen zur Wegesherfiellung ſelbſt. Die weitern Anters 
bandlungen und Befchlüffe verfchieben fich indefjen bis zu diefer Aus: 
gleihung ‚mit dem Freiherrn v. Grünbüchl. — Die leßte und be- 
Kannte Verordnung des K. Ferdinand I, vor feiner allgemeinen Berg- 
ordnung iſt ein ernftlicher Befehl, die ausgegangenen Weifungen hin- 
fihtlih der Hegung der Wälder, Verfchonung derfelben mit Ausrots 
tungen zu Alpen: und Weiden, und mit dem Auftrieb des. Kleins 
viehes, vorzüglich der Ziegen, in folche Bergſtrecken, wo Waldungen 
fiehen, und wo dieß Kleinvieh auf dem Gange nach den Alpen durch 
bedeutende Waldſtrecken ziehen muß. ' 










Radwerks Wro. 1. 


Kadwerks » Zeichen X 


Jahr des 
Beſitzer ——— 
Eintritt [austritt 


















Stadt keoben »- +++; — Donn: 
KReichenauer Andteas .. . . 41578 | 1598 || Donne 
Gerſtner Nitolaus „ur. 1598 | 1622 || Pichle 
Praitenftainer Petet . .* 1622 | 1644 || ande: 
Praitenftainer Hans .. . 1646 | 1652 || Pidyte 
Schittenkopf Erasmus... | 1652 | 1662 || Wipp 
Kielnbrein Maria + + - 1662 | 166% || Pidyte 
Kielnbrein Paul „ne. » »» 1664 | 1695 || Weivd 
Schittenkopf Johann Georg 1695 | 1708 || göpı 
Stadler v. Gſtirnern Frauz Lindt 
Anton secret 4708 | 1763 || Stan 
Kraßberger Anna Maria . . | 1765 17713 
Kraßberger Andreas .. +» | 1773 1794 || Star 
Kraßberger Zofepha . » + » 1794 | 1816 d 
Bohr, Ritter, v Karl, und sini 
deffen Gemahlin Anna, ger Sta: 
horne Kraßberget + - 1816 — 
v. 
v. 
Edl 
Edl 
v. 
v. 
Hier 
Pro 


— — 
’ 
5 


z gtrit 


Edle v. Eggenwald Maria, 


Jahr bes 
Befißer ———— 


Eintritt Austritt 


| 


Rainprecht Chriftopp — 








Puecher Ulrich — ——— 
tleger Martin, . ·.... 
v Leuzendorf Johann .. 
Riedlmayr Boll... ... . 
Riedlmahr Johann Wolf... 
Egger Paul . ee 
Egger Joſeph ...., ... 
Egger Joſeph .... Bier 
Egger Edler v. Eggenwald 
Sofeph Paul...., 5 
Egger Edler v, Eogenwald 
Joſeph Thaddäus ra 
Egger Gdler », Eggenwalb 
Joſeph Karl. . .. 


Mutter und Tochter .. 


> 79 0m 


Dad | 
St Mareiner- Thal 


(Züge zu einem NRundgemälde.) 





‚Bon Prof, Johann Gabriel Seidl. 





G; dürfte nicht Leicht ein Buch geben, welches auch nicht eine 
anfprechende Stelle enthielte, und eben fo wenig dürfte fich eine Ges 
gend finden Laffen, welche gar nichts Anziehendes, Intereffantes oder 
Lehrreiches darböte. Im Gegentheile find es nicht immer Die inte⸗ 
seffanteften Bücher und nicht die merkwürdigften Punkte, welche als 
lenthalben anempfohlen und angepriefen werden, Das Ueberraſchend⸗ 
fie lieſt und fieht man oft dort, wo man es am wenigſten vermu⸗ 
thet. Sch habe diefe Erfahrung ſchon oft gemacht, und kann nicht 
läugnen, daß ih, aus gerechter Abneigung : gegen alle Vorurtheile, 
vielleicht in ein Vorurtheil ganz eigener Art verfallen bin. So wie 
ih nämlich vielgerühmte Gegenden nie ohne einiges Mißtrauen bes 
ſuche, eben fo pflege ich Ausflüge, von denen mir kein enthuflafifcher 
Borgänger noch ein glänzendes Refultat angekündiget hat, mit em⸗ 
pfänglicher Vorliebe, ja mit der feiten Weberzeugung zu unternehs 
men, daß ich nicht ohne lohnende Ausbeute zurücdkehren werde, 

Diefed Gefühl flieg auch, tröftlicher ald die atra cura des Ho⸗ 
zog, mit mir zu Wagen, als ich an einem nebelumfchleierten Mor 
gen des Spätfommerd wich anfchickte, die Niederungen gegen die Oſt⸗ 
grenze des Gillier-Kreifes hin zum Zielpunkte eines mehrtägigen 
Ausfluges zu wählen, Gewöhnlich werden diefe Orgenden, welche 


„> 80 «+ 


einen angenehmen Wechfel von anmuthigen Hügeln und lieblichen 
Thälern darbieten, nur von jenen Neifenden im Vorbeifluge berührt, 
welche von oder über Cilli der Heilquelle des Rohitfher- Sauer: 
brunnens zueilen. Ih hatte mir dießmal, mit Hintanfegung 
des letzteren, eben jene zur näheren Befichtigung auserfehen. 
Unmittelbar an der Bogleina-Brüce außerhalb Cilli geht ' 
das fchöre, breite Sannthal, in ein ſchmäleres, aber nicht min- 
der freundliches Thal über, welches man, wiewol es im Grunde nur 
eine Fortſetzung des erſteren ift, nach dem Bache, der es träge durch— 
fhleicht, und in Hundert Winkeln und Krümmungen ſchlangenähnlich 
durchziehet, Tieber mit dem Namens Vogleina⸗Thal bezeichnet. 
Am linken Ufer diefes Baches, welchen nun die Straße, längs der 
füblihen Hügel fortlaufend, bald in ziemlicher Entfernung feitwärts 
zurücläßt, gelangt man, das Auge mit dem fchönen Landfchoftsbilde 
zwiſchen dem genannten Waffer und den nördlichen, drei” Bis vier 
Meilen weit zurüdfichenden, Gonobigers Bergen fortwährend‘ He 
fhäftiget, nach einer Viertelftunde, zunächft einer Wehre und einer 
netten, am Eingange eines malerifchen Seitenthales gelegenen, Müh⸗ 
le an eine Holzbrücke mit buntbebänderten Kreuze am Mitteljoche 
welche ‚wieder an das rechte Ufer, und über eine jähe Anhöhe in 
das Edelthum Tühern führt. Die Volksſage fchreibt das Work 
recht der Bewohner Diefes Dorfes, welche fich Edlinge nennen, md 
alle in solidum Einen Edelmann vorftellen, von der Verlegenheit 
eines Eillier-Grafen her, welcher, von einem Bauer in verbotenem 
Umgange mit deffen Tochter überrafeht, zum böfen Spiele gute Miene 
machte, und durch zuvorkommende Ausfpendung einer blendenden 
Gnade eine unliebfamere Begegnung zu verhindern wußte, Bas nied: 
liche, weithin im Thale fihtbare Schlößlein  Befchji- Grad (Flucht: 
ſchloß, Aſol) mit den beiden Tannen, als feinen riefigen Thorwäch: 
tern, welches nordweſtlich von Züchern fo lockend vom Hügel herab: 
blickt, wird als der Schanplaß dieſes Ereigniffes bezeichnet. Auf dem 
geräumigen Dorfplage, vor der Filtal- Kiche St. Stephan, their 
Ion ſich die Straßen. Links geht es nah Reifenftein, einem 
anfehnlichen Schloffe mit Gartenanlagen, Zeichen und manchem Er 


„> 81 #r 


henswerthen, welches man von hier aus zu Fuße in einer Stun⸗ 
de leicht ergeht. Im derfelden Richtung Tief die alte Strafe nad) 
Sauerbrunn. Rechts, oder vielmehr gerade hin, führt die neue 
Sauerbrunner- Straße, welche wir verfolgen. Links yon derſel⸗ 
ben auf terraſſenfoͤrmig abgeſtuften Hügelrücken bemerkt man hier 
zwei Kirchlein; Das untere, unfern des anſehnlich gebauten Pfarr⸗ 
hofes, iſt die Pfarrfirhe; das obere, der Heiligen Anna geweiht, 
der Zielpunkt einer großen Wallfahrt. Man genieft auf der Weſt⸗ 
feite dieſes Kirchleins einer lohnenden Ausficht über das Sannthal, 
Die Dftfeite iſt zur Zeit des Kirchenfeſtes vielbelebt, indem fih un« 
ter den fchönen Eichen, welche diefen Bergrüden fo wie die meiften 
Anhoͤhen und Weidepläge der Umgegend befchatten, ein buntes Ge- 
wühl von Betern, Käufern, Mäklern, — Bettlern und Unter⸗ 
händlern umhertreibt. 

Die Straße ſenkt ſich wieder ſanft gegen die Vogleina bins 
ab, jenſeit welcher man einen freieren Blick in die einſamen Wins 
dungen und Baldfehluchten der hohen Berge thun kann, welche Cilli 
gegen Süden begrenzen. In einer Einfattelung wird St. Johann 
in Prefhin, und im Vordergrunde, von einem waldigen Hügel 
halb verſteckt, St. Lorenzen fichtbar. Eingeengt von waldigen 
Anhöhen zur rechten Seite und von der Bogleina zur linken, ges 
gen welche hin das Ufer an manchen Stellen fleiler abfällt, erreicht 
man die Mühle in Oppoka, einen Lieblingsausflug der Eillier, 
wo man fi nah einem Marfche von einer Stunde eine Flaſche gus 
ten heimiſchen Weines mit einer Schüffel ftattlicher Krebfe gerne 
mag munden lafien. Hier mündet fih das Vogleina⸗Thal in 
eine fruchtbare Ebene, welche unter dem Namen des Anderburs 
ger: Zhales befannt ift. Diefes führt feine Benennung von einer 
Burg, die einmal Hier fand, und die Ander- Burg, d. i. „die 
ander’(e) Burg” hieß, deren Stelle jet durch ein fchönes Haus 
links an der Straße, mit weitläufigen Wirthfchaftsgebäuden jenfeits 
derfelben erfeßt ift, um welches nur geringe Spuren einer alten Mans 
er als ſchwache Erinnerung an ihre vielleicht gewaltige, von I 0s 
bann Witowik auf Befehl feines Herrn zerflöste, Worgängerinn 

5. Jahrg. 1. Heft. 6 


„> 82 er 


bemerkbar find. Da diefe von dem Bifchofe von Gurk (1377), 
dann von den Grafen von Cilli, und fpäter, in verjüngter Ge⸗ 
ftalt, von Michael Zezker (1611), von der Familie Ramfcis 
feel (1669 und 1673), von den Grafen Schrottenbacd (1731), 
von den Grafen Thurn (1742), von den Edlen v. Jakomini 
und von den Edlen v. Gadolla (1783) inne gehabte Burg, die 
„anderer hieß, fo drängt ſich die natürliche Frage auf, welche Burg 
denn fchon früher dieſes Thal beherrſcht Habe. Die Löfung dieſer 
Trage findet man in den Trümmern einer Burg, welche den Gipfel 
eines fait gerade gegenüber jenfeits des Vogleina-VBaches ems 
porragenden Berges kroͤnen. Es find die Ueberreſte des Schloffes 
Reicheneck, des Befisthumes der um das Jahr 1480 ausgeftor 
benen Ritter von Reichened, welche nebſt diefer Herrſchaft auch 
Schalleck im Eilier- Kreife und die Veſte Strehau in Obers 
feier befaßen, und deren Name fchon im dreizehnten Jahrhun⸗ 
Derte vorkommt. Auffallend if die Eorrefpondenz zwifchen dem Nas 
men Reihened (windifh: Reifnigg) und dem benachbarten 
NReifenfkein (vielleicht einft ebenfo Reichenftein, wie Nexhenftein 
bei Neichenburg an der Save), welche unmwilltührlih an die beiden 
Dergwächter des Helenenthales bei Baden in Drfterreih, Rauhened 
und Rauhenſtein erinnert. 

Hier, beiläufig 1Y/, Meile von Cilli, theilt fih die Straße 
abermal, nachdem fchon früher ein Seitenarm in, füdlicher Richtung 
auslief, welcher zwifchen hohen Bergen nah Montpreis führt. 
Links auf einer Anhöhe erblidt man den Markt St. Georgen 
(dei Neichenel (Swet- Juri), zum Unterfchiede von St. Georgen 
bei Zabor im Sannthale) ; rechts gelangt ınan, bei einem Wirths—⸗ 
hauſe vorbei, über eine Brüde auf das linfe Vogleinas Ufer, 
und im Verfolge dieſes Straßenzweiges in den Süffenheimer 
Bezirk. Wir bleiben jetzt der geraden Richtung getreu, und kommen 
zu einen fanften Hügel, deſſen Anhöhe rechts das ſpitzthürmige Wie 
lial » Kicchlein St. Achaz beſetzt hält, welches einen recht malerifchen 
Anblick darbietet. Die Vogleina tritt nun vechts in den Hin- 


| — ——— m — u 


> 83 44 


tergrumd zurück, im welchem fie, wiewol ihrem Urſprunge fchon näs 
ber, bei plöglichem Regen dennoch ihre Tücke nicht verläugnen fan. 

Eine Brüde, an welcher eine Ländliche Mühle ſteht, deren Rä- 
derwerk von zwei bier zufammenfließenden Bächlein getrieben wirt, 
führt in die Gemeinde Grobelno, ein düfteres zum Bezirke Süſſ⸗ 
ſenheim gehöriges Dorf mit ſchlechten, auf der Wetterfeite vom 
zegenbringenden Südwinde (Jauk) gefchwärzten, hölzernen Häufern. 
Mir war Diefe Strede immer die widerfichfte der ganzen Strafe. 
Die Gegend felbft hat etwas Verlaffenes, Unbefriedigendes.. Weder 
Berge, Die duch ihre Maffen imponiren, noch Hügel, welche über 
fi hinwegſehen laſſen, vollgefogene, fumpfige Wiefen mit verdäch- 
tigem Schilfgrafe, eine holperige, beim beften Wetter kaum fahrbare 
Strafe, Alles gibt dem Gemälde ein trübes, abfchredendes Anfehen ; 
nur das Kirchlein von Klein-Swetina (St. Maria in Gas 
verfche) *) winkt, wie ein tröftlicher Fingerzeig nach oben, links 
von der Höhe im die düftere Einöde herab. Die nächte Ortichaft 
iſt das Pfarrdorf St. Veit mit feinem ganz eigenthünnlich geftalte- 
ten Kirchthurme und feinen Lateinifchen Chronographen. Bon hier 
aus gebt es Über einen mäßigen Berg hinan, auf deffen Rücken 
man rechts von Waldanflug und links von fumpfigen, wenig ergies 
digen Wiefen und Feldern umgeben, eine gute Strecke fortfährt, 
bis man unfern dem Haufe eines Zimmermannes auf eine Stelle 
fommt, wo die Gegend ſich aufthut. 

Ein überrafchendes Rundgemälde faft Hier in bunten Gebirgs⸗ 
zahmen alle Die lieblichen Punkte ein, zu welchen einzeln ich meine 
!efer zu führen gedenfe. Ich habe nicht bald eine Stelle gefunden, 
welche dem Auge einen befriedigerenden Anblid darböte, zumal, da 
eö fo unvermuthet desfelben theilhaftig wird. Mäßiges Waldgebirge 
zur Rechten, wellenförmige, rebenbefeßte Hügel, deren Scheitel, wie 
die Blüthe des Schaumes die Woge kränzt, Kicchlein Frönen, ftus 

6 * 
4) Hier finder ſich Häufig die ſchöne, immergrüne Stechpatmeiche (Quereus iler) 
mit ihren alatten, gezäbnten, ſtechenden Blättern, mit welchen die biefigen 


Landieute fo gerne ihre mächtigen, oft mehrere Klafter hoben, buntbebänders 
ten Schbäume am Palmfonntage ſchmucken. 


22 84 «tt N 


fenweife Hinanfteigend bid zu den fühneren Rüden eines Wotſch 
(Botſch) und feiner Ausläufer, bilden die Seitencouliffen eines freunds 
Yichen Thales, in deſſen Mittelpunkte das nettgebaute Pfarrdorf St. 
Marein (Shmarje) mit feinen rothen Ziegeldächern recht idyllifch 
friedlich daliegt. Vielfach gefchachte Aecker, Wäldchen, zerſtreute Ge⸗ 
meinden und ſchattige Anhoͤhen umgeben es in anmuthiger Abwechs⸗ 
lung, während das ſtattliche Schloß Erlachſtein auf der Spitze 
des Hügeljuges zur Linken ihm den Schuß der Gefeße, und der 
Kalvarienderg von Et. Rochus zur Rechten die Obhut der Reli- 
gion verbürgt, Der mächtige Donati-Berg und das langgedehnte 
Mazel-Gebirge ſchließen den Hintergrund gegen Often. | 

Linksab von der Strafe, welche von der Höhe, auf welcher 
man dieſen Anbli genießt, niederführt, zieht fih über eine Lehr 
mige Wiefe. ein Fahrweg hinan, welcher in das Schloß Erlach—⸗ 
fein empor leitet. An einigen Wirthfchaftögebäuden vorüber, zwi⸗ 
fehen zwei wenig gepflegten Obft- und Grmüfe- Gärten, gelangt man 
unmittelbar zum Eingange in das Schloß, welches, von allen Geis 
ten frei, eines eigentlichen Hofraumes entbehrt. Es ift im neues 
zen Styl erbaut, und hat zwei Stocdwerke, wovon das obere in Der 
neueften Zeit zu einem geräumigen Getreidefaften umgeſtaltet wurs 
de. Das Grögefchoß enthält Die Kanzlei, die Wohnungen für das 
Dienftperfonal und einige Beamte, und andere Gemächer für dem 
Wirthfchaftsbedarf. Impofant ift die Vorhalle im erften Stockwer⸗ 
fe, die mit Stuccatur-Arbeit und Dedengemälden, welche Scenen 
aus den wendifchen Bauern » Tumulten darftellen, fo wie mit Fa⸗ 
milien » Bortraiten aus der Zeit Der Geisrucke reichlich verziert 
iſt. Die Wohnzimmer find Hoch, Licht, freundlich und geräumig, und 
bieten gegen Often hin die anmuthigfte Ausficht dar- Des nördlis 
he Seitenflügel enthielt ehedem zur ebenen Erde eine Schloßkapelle, 
über deren Pforte noch folgendes, die Jahreszahl 1729 enthaltende 
Diſtichon fteht, welches den heiligen Karl als ihren ehemaligen Pa⸗ 
tron bezeichnet: 

CaroLe sanCte tVI LoCVs hIC DICatVs honorls, 

NobIs à sVperls posClto Dona plis. 


> 95 + 


Eine zweite Kapelle einige Klafter weit weftlih vom Schloffe 
wurde zu einem Keller verwendet, Derfelden gegenüber erhebt fih 
ein neugebauter Schüttboten. Ueberhaupt gehört das Schloß, ab: 
geicehen von feiner malerifhen Lage, zu den fehöneren und zweck: 
mäßigeren des Kreifes. Zu bedauern ift es, daß die Sorge für 
Oekonomie und Wirthfchaftsbetrieb den Iehteren Befigern nicht ges 
fattete, der Cultur der ſchoͤnen Gartenanlagen, welche die Südfeite 
des Schloſſes umgeben, eine größere Sorgfalt zuzuwenden, welche 
ihm ohne Zweifel einen erhöhten Reiz verleihen würden, Uebrigens 
verdient ſchon die eifrige Bemühung des gegenwärtigen Befigers, des 
Ham Raimund Nouakh, für Reparatur im Aeußeren und Ins 
neren- lobende Anerkennung. 

Der Name Erlachſtein ſcheint fo viel zu —— als der 
Steln in der Erlenau ), worauf auch die wendiſche Benennung 
desſelben Jeoushka grashina, oder Jeoushie von jeousha (Erle) 
hinzudeuten ſcheint. Wirklich ftehen noch hin und Hin in der Um— 
gegend. einzeln und. trüppchenweife bufchige Erlen, vieleicht die letz⸗ 
ten Glieder eines Gefchlechtes, welches einft in Vereine mit deutfchen 
Eichen⸗Familien die feuchten — und graſigen — um⸗ 
lagert haben mag. 

Die erften Bellger dieſes Egioſſes waren, ſo weit man aus 
Urkunden es zu erheben vermag, die Herren von Erlach, welche 
auch das Gut Er lach oder den Erlachhof (wahrſcheinlich Pris 
ſtova bei Lemberg im Bezirke Plankenſtein) beſaßen. In des 
Markgrafen Ottokar I. Urkunde des Stiftes Rein (1146) if 
ein Eberhard von Erlach als Zeuge unterfertigt. Gin Heidens 
reich von Erbach kommt unter den Wohlthätern vor, welche Das 
Stift Admont umter ſeinem erften einheimifchen Abte Euitold 
(1168) mit anfehnlichen Schenkungen bedachten. Auch die Ottokar'ſche 
Vebergabsurtunde von Steiermart (1186) führt den Eberhard 


ı) Erienau, Erlau, Erlaf, Erlad, von Erle (hetula alnus, L) und Wu, 
Av, Aw, vom Althochdeutſchen: ouwa, Fluß, dann Elufinfel, endlich Weir 
deland ; verwandt mit Ah, Mac, von aha, das Waller, (aqua)]. 


„> 86 «re 


son Erlach ald Zeugen auf. Einen Allrich von Erlad und def: 
fen Tochter Elsbeth finden wir um das Jahr 1355 genannt. 
In der Folge erſcheint Erlahftein als ein Edelmannsfik ber 
Hohenwarter, mach welchen es, als landesfürftliches Lehen, an 
die Geisſsrucke ) überging, ein altes, aus der Echweiz ringewan- 
dertes Rittergefchlecht, welches am: 10. Juli 1638 den Freiherrn⸗ 
rang erhielt. Im Sabre 1666. wurde Lud wig Freiherr von Geis 
rund (welcher nachher [am 6. Mai 1679] mit feinem Bruder Carl 
Sigmund in. den Grafenftand erhoben wurde) mit Erlachſtein 
belehnt. Unter feinen Nachfolgern erfcheinen bier Karl Joſeph 
Graf von Geisrud (1736), Kriegscommiſſarius im Lande Steier 
und Viertl Cilli, und Johanna Chriſtina, geborne Srafinn 
Auersperg, deffen Witwe (1764); Guide Heinrih Graf von 
Geisruck (1779) und endlih Johann Jakob Graf von Geis 
ruck, geheimer Rath, Präfident: und Landeshauptmann in Krain 
(1793) Im Jahre 1799 ging: die Herrfchaft Durch. Kauf an Ans 
ton: Mag y Uber. Der jetzige Beſihzer iſ Herr Raimund Noualh. 
Dreizehn Steuergemeinden mit 4560 Seelen unterſtehen dieſer 
Herrſchaft, welche. auch ein Landgericht zu Zerr'o veh verwaltet. 
An der Oſtſeite des Schloſſes vereinigt ſich der eigentliche Fahr⸗ 
weg, der von St. Mare in ans in dasſelbe emperführt, am Fuße 
des Hügels, mit der ſteinigen alten Sauerbrunner⸗Straße, 
welche knapp unter ‚Dem nördlichen Flügel vorüberlief. Links zleht 
ſich durch ein Eichenwäldchen ein Fußſteig über die Felder hin, wel⸗ 
cher in einem: kleinen Viertelſtündchen nach dem. Dorfe St. Mare in 
leitet. Man gelangt hier über den alten Kirchhof zunächſt in Die 
Pfarrkirche, deren in Vorſchlag gebrachte Erweiterung bei denn Zu⸗ 
drange der eingepfarrten Gläubigen ſowol, als auch insbeſondere der 
Wallfahrer an gewiſſen Feſttagen hoͤchſt wünſchenswerth iſt. Die 
jetzige Kirche entſtand durch allmähligen Zubau zur urſprünglichen 
Kapelle hinter dem Hochaltare, welcher der Gottesmutter geweiht iſt, 





1) In alten Urtunden wird Der Rame Galsrud aub Gaiſirugg geſchrieben. 


> 87 «re 


deren Attribute in einem finnigen Chronoſtichon und in vier Flangs 
vollen Herameter » Hälften ausgedrücdt find. Erſteres Tautet: 
DeCor CarMeLI, 
und enthält die Jahreszahl 1751; letztere preifen die Heilige Jungs 
frau mit den Worten: 
Supprimit haec ignes. — Nocuas dominatur in auras. 
Protegit in terris. — Rapidis suceurrit in undis. 
als Schügerinn in allen Unfällen, denen der Menſch Durch die Wuth 
der Elemente ausgefeßt ift. Die vorhandenen Fresco » Malereien ges 
hören zu den befieren diefer Gattung. Die Marmorbefleidung der 
Eäulen und des Gefimfes wurde aus nicht Leicht begreiflichen Grün⸗ 
den in neuerer Zeit mit Kalk übertüncht. 

Zur rechten Seite des Sacriſtei-Thores befindet fi der Grab- 

ftein des im Jahre 1758 verflorbenen Pfarrers Mathäus Urets 
fher, eines um St. Marein hochverdienten Seelenhirten, welchem 
der ſchoͤne Kalvarienberg und die Kapelle ihr Entſtehen verdanken. 
Die Infchrift bezeichnet ihn als Mathematikus. 

Der Zubau, nunmehr die eigentliche Kirche, aathält a als Altar» 
bild Mariä Himmelfahrt, von einem Gräger- Maler, durch den 
Pinfel unferes waderen Wacht! erſt kürzlich aufgefrifcht. Die Sresco- 
Gemälde an der Dede geben gleichfam eine praktifche Auslegung 
des Kirchenliedes: „Ave maris stella!# in Beifpielen. Rechts vom 
Altare zur Seite der Stühle, welche duch ungewöhnliche Knappheit 
auffallen, erblidt man den Grabftein der Brüder Jureſchitz, von 
denen der eine zu St. Marein, der zweite zu Ponigl und dev 
dritte zu Sibika Pfarrer war. 

Außerhalb, an der Oftfeite der Kirchhofmauer, ſtehen zwei offes 
ne, außer Gebrauch geſetzte Kapellen mit ſteinernen Beichtftühlen, 
die eine mit der Statue Des gekreuzigten Heilands, die andere mit 
dem koloſſalen Holzbilde des Erzengels Michael, an welches letz⸗ 
tere die Sage eim drolliges Hiftörchen knüpft '). 


1) Als nämlich einmal hier einquartierte Soldaten ihre Küche Durch entwendete 
Schinken fournirten, und von den befhädigten Dorfbemwohnern Klage ge⸗ 
fuhrt wurde, ſuchte man vergebens den Thätern auf die Gpur zu kommen, 


> BB ie 


Der Glockenthurm trägt die Jahreszahl 1804, und m ein 
nicht unangenehmes Geläute, 

Der Kirche gegenüber ragt der Kalvarienberg empor, auf wel 
chen ein durchaus mit Steinen gepflaſterter, von Treppen unterbro⸗ 
chener, wol mehr als eine Klafter breiter Gehweg emporführt. Ehe 
man denſelben betritt, erblickt man rechts im Vorgrunde das nett⸗ 
gebaute Gaſthaus, vor welchem die nach Sauerbrunn Fahrenden 
ſelbſt jetzt noch, wo man anf der wohlgebahnten Straße von Cilli 
aus mit guten Pferden leicht in 31, — A Stunden hingelangt, 
anzuhalten pflegen. Geitwärts davor, faft im Mittelpunfte des Dors 
feö fteht, von Zrauerweiden überfchattet, ein aus nicht gar fernen 
Quellen durch Röhren bergeleiteter Brunnen mit der Infchrift: 

VnersChoepfte gVeLLe, 
\ VoM Georg Peter wIrth 
Vns DargebraCht. 
welche den Schöpfer dieſer für einen menfchlichen Wohnplaß fo — 
wendigen Gabe und das Jahr der Herſtellung (1821) benennt. 
Links erhebt ſich am Fuße der Anhöhe der ſchoͤngebaute Pfarrhof, 
deſſen Entſtehungsjahr (1747) der Chronograph: 
XaVerIVs Perlan, DeCanVs. I. LoCI. 
AeDes Istas £fVnDItVs posVlt. 
angibt. Gaftlich ſteht er da, und in feinem anftändig ausgeſchmück⸗ 
ten Innern findet man die gute Meinung, mit welcher man ihn 
betritt, vollkommen gerechtfertigt. Er ift ohne Zweifel das freunds 
lichte Gebäude des Dorfes, welches nach dem letzten Brande im 
Sahre 1790 ſich recht wohnlich Hergebaut hat. Das Er. Mareis 
nerz Bächlein dient der Ortfchaft zur Bewäſſerung. 

Treten wir nun die Wallfahrt auf den Kalvarienderg zu Et. 
Rochus an, zu welcher in der Hälfte des Erntemond's jährlich 
ſechs bis acht Tauſend Menfchen hier zufammen fleömen! Worüber 


und das corpus delicti ausfindig zu machen, bis ein Bauernjunge die Anzeige 
machte, daß ſich dasſelbe auf der arofien Wage des koloffalen Erzengels vors 
finde, wohin es die ſchlauen Füchſe in der Eile zuſammen getragen hatten. 


„> 89 € 


an einer Quelle oberhalb des Pfarrhofes gelangt man auf den ges 
pflafterten Gehweg, welcher eine ziemliche Strede bergan, gerade aus, 
dann im Zickzack längs einem Waldausfchnitte fortläuft, und auf 
dem Rafenfaume zu beiden Geiten Raum genug für die Verkäufer, 
Schenfwirthe, Buden und Wägen darbietet, von welchen der Berg 
zur Wallfahrtzeit belagert wird. Ohne an und für ſich großartig 
zu fein, gewinnt die Anlage dadurch an Interefje, wenn man bes 
denkt, daß fie eigentlih Das Werk eines einzigen frommen Priefters 
ift, abgefehen von der glücdlichen, wahrhaft malerifchen Lage, welche 
durch finnreige und zweckmäßige Hindentungen auf die Segnungen 
des Chriſtenthumes unterflügt, des erhebendften Eindrudes auf das 
Gemüth des gemeinen Mannes, wie des Yeinerfühlenden nicht ver- 
fehlen kann, 

Dom Buße bis zum Gipfel zählt man dreizehn Kapellen, wel: 
he die gewöhnlichen Darftelungen ans der Leidensgefchichte des Er> 
löjers enthalten, Sie find insgefammt aus Stein gebaut, mit Al⸗ 
tären, ®ittern, braven Sresten an der Aufßenfeite und im Inne⸗ 
sen, gut gearbeiteten Statuen aus Holz, und anderem zweckmäßigen 
Beiwerke verfehen, und zeichnen fich vor den im Lande der Wenden 
fo Häufig vorfommenden, grellen, überladenen, ans Abfchredende 
grenzenden Gemälden und Schnitzwerken Diefer Art vortheilhaft aus. 
Die erfte Kapelle trägt die Jahreszahl 1758, und führt zur Ver: 
muthung, Daß die Ausfhmüdung des Berges von oben herab ge- 
had, indem wir auf der Höhe. früheren Jahreszahlen begegnen. 
Schon von dem erfteren Kapelichen aus genießt man einen freien 
Umblick über dad Dorf und die Ebenen Hinter demfelden. Wenn 
mon fo hinaustritt auf Die Steinkanzel, welche zur Seite einer die- 
fer Kapellen angebracht ik, und hinunterblickt auf die Bergebene 
und den weiten Raum bis ins Dorf, und ſich Die ganze Gegend 
belebt denkt von Zaufend und abermal Zaufend Menfchen, welche 
auf den Zehen gewiegt, und fhulterngedrängt !) emporlaufchen, um 








4) Sommos tarba librfavit pedes. Seneca. — Densum humeris bibit aure volgus. 
Horat., 


„> 00 «u 


den Troſt, den fie Hier einfhlürfen, als reichen Erſatz für die Be: 
ſchwerden eines vielftündigen Weges als Geelenzehrung für Die Zwi« 
fhenzeit eines langen Sahres heimzutragen, wie follte man nicht von 
dem heiligen Vorrechte des Priefters, auf eine Bevölkerung von Tau⸗ 
fenden, in einem Momente, Durch die Kraft des lebendigen Wortes 
zu wirken, fich begeiftert fühlen? Wie follte man nicht in feiner 
Phantaſie Scenen fi vergegenwärtigen, gleich jener, ald Joh an⸗ 
nes Kapiſtran von feiner Steinfanzel am Stephansplaße zwar 
in einer Dem Wiener fremden Sprache, im Idiome Latiums, -aber 
mie ſolchem Feuer des Ausdrudes,; mit fo treuer Mpiegelung Der 
Wahrheit in Bewegung und Miene, mit fo fiegreicher Kraft eines er⸗ 
ſchütternden Organes predigte, daß feine Zuhörer ſich für feine Sa—⸗ 
che geftimmt fühlten, ohne fein Wort verftanden zu haben, oder 
gleich jener, als der berühmte Sapuciner, Markus Avianus, am 
Morgen des Entſatzes von Wien am Leopoldsberge die Meffe las, 
wobei ihm König Sobieski miniftrirte, und allen Fürſten das 
heilige Abendmahl fpendete, und dann das Heer zum entfcheidenden 
Kampfe fegnete? Wer follte fich nicht ergriffen fühlen, wenn er ſich 
ſolche Bilder gefaßt denkt in Dem fonnigen Rahmen der herrlichen 
Sotteswelt wie hier, und am Rande Des Gemäldes, den Kirch— 
hof: jenfeits des Dorfes, das düſtere Malerzeichen der Sterblich- 
keit bemerkt, welche zu jeder Scene aus dem Menfchenleben die 
Farben mifcht ?!.— | Kae 

Solche Gefühle trägt man bis faft zum Gipfel empor, welchen 
man langſam über die Wendungen und Steintreppen in einem hals 
ben Stündchen erreicht. Noch unter demfelben bleibt man nicht ohne 
Ueberrafhung vor der Statue Des Gefreuzigten in der Mitte der 
beiden Schächer ſtehen. Die Figuren find aus Hol; gefchnigt und 
bemalt, und verdienen (mal das Bild des Heilandes) meifterlich 
genannt zu werden. Zroß des leicht verwüftlichen Stoffes, moraus 
fie der Künftler formte,- find fie noch gut erhalten, weil fie dem 
trodenen Nord zugekehrt, und vor dem lauen, feuchten Süd durch 
eine mit Fresken bemalte Rüdwand, und durch den hinterhalb noch 
auffteigenden Theil des Berges geſchützt find. 


eo 


> 91 «m 


Zur rechten Seite befindet fich eine verfchloffene Zreppe, die 
heilige Stiege genannt, über welche der andächtige Wallfahrer, 
ihrer befonderen Weihe wegen, welche fie durch eingefittete Ueberreſte 
des heiligen Kreuzes. und Partikeln Heiliger Männer und Frauen 
erhielt, nur auf den Knien fich emiporzufchleppen wagt. Zwei Thore 
führen hinein, das untere enthält Die Auffchrift: 

Privilegium Pontificium 
Benedicti XI. 
anno 
\ MDCCKLYI. 

Am oͤſtlichen Seitenthore lie man die Jahreszahl 1747. Dies 
ſes letztere führt unmittelbar zum Hauptaltate, deſſen Gemälde 
„Blut Chriſti,“ ein treffliches Kunftftüd ift, welches der venezianiſchen 
Schule: anzugehören feheint. Wegen der Milde des Tones, der Leb⸗ 
baftigfeit Des Golorites und der. Richtigkeit der ſcheindar leichten Zeich⸗ 
nung fühlt man fich verfucht, es für ein Wert Palma’ s zu erklä⸗ 
zen. In neuefter Zeit wurde es durch Wachtl's discrete Hand 
aufgefriiht. Auch das Bild am Seitenaltare „die Kreuzerfindung 
wit der heiligen Helena ift ein werthuolles Gemälde. 

Die Infchrift am Fußgeſtelle des Hauptaltares nennt den Shi, 
pfer dieſes herrlichen Vereinigungspunßtes. für die Andächtigen zweier 
Nachbarprovinzen: Steiermark's und Croatien's; fie lautet: 

„Scala sancta ad normam romanae, et stationes Passi- 
onis Samariae sub Praeposito Illmo et:Rdmo D. D. Antistite 
Gotthardo :L. B. ab Erberg pro gloria- Xti Xfixi (Christi 
erucifixi) et B.M. V. ac sti. Rochi honore erecta per Mat- 
thaeum Vretscher, -loci Pärochum, änno 1747.# 

Die heilige Stiege ſelbſt Hat niedere, wohlerhaltene Stufen von 
weißem Marmor (auf denen unter blechernen, mit Meffinglettern bes 
zeichneten. Kapfeln. die: Partifeln -theils zu beiden Seiten, theils in 
der Mitte eingefügt find), und erhält — hohe —— frn 


liches Licht. 
Wenige Schritte noch, und man befindet ſich auſ dem Rüden 


tes Iuftigen Derges, welcher, wiewol er nicht mehr als 195,3 Klaf⸗ 


> 02 «u 


tee über die Meereöfläche erhoben ift, dennoch eine entzückende Aus: 
fiht, jarwas noch mehr if, eine, weitumfaffende Umſicht Darbietet. 
Sch befinde mich bei dem lebhaften Wunſche, diefelbe fo zu fchil- 
dern, daß fie den Eindrud, den fie auf mich machte, auch bei mei- 
nen Lefern erwede, abermal im jener matürlichen Verlegenheit, in 
der ich mich immer befand, wenn ich folch’ ein Panorama zeichnen 
wollte. Es gibt Grenzen, über welche hinaus Die Feder nicht reicht, 
und wo fie befhämt dem Pinfel weichen muß. Nur im SKleinbilde 
kann es erftere dem letzteren gleichthun; wo es fih um Maffen han- 
delt, kann fie nicht mehr Teiften, als ein treuer Cicerone, welcher 
hinweift, ‚benennt, erklärt, den Eindrud aber der Empfänglichkeit 
des Beſchauers überlaffen muß. Dieſes Amt will fie auch auf die- 
fer Höhe übernehmen, und die hervorfiehendften ‚Punkte des Runt: 
gemäldes bezeichnen, welches hier Theile von vier Provinzen, näm⸗ 
lich von. Steiermart, DATBIRER, Krain und Eroatien 
in fich begreift - 

Gegen Norden ficht man über das tief. — St. Marein 
weg, links im Vorgrunde das Schloß Erlachſtein, darüber hin- 
aus auf den einzelnen Spigen wellenförmiger, bis zur Häffte mit 
Neben. bepflangter, oben bewaldeter Hügel, von der Linken zur Rech— 
ten die Kicchlein St, Lorenzen, St. Nikolai und St. Mis 
Hael, im Hintergrunde den Bacher. Nordöftlich bilden in der⸗ 
felden Richtung die Berge Wotſch (Gabernigg), Plefhives 
und Donati, im Mittelgrunde der Pfarrort Kaftreinig, voran 
lints von der Straße, nach Gaussbrann St. Denedicten 
die Hauptpartien, 

Man wendet fih num ganz gegen Ofen. Um bier Die möge 
lichſt weite Ausſicht zu haben, verfolge man eine Strecke ‚weit den 
Rüden des Berges bis zu einer Waldſtraße, welche nad) dem, zu 
Erlach ſte in gehörigen, außer St. Marein rechts von der Saus 
. erhrunner= Straße liegenden :Gute Korpula hinabjührt. Hier 
erblidt man über die Wipfel des Waldanfluges. weg, und zwifchen 
den Rebengeländen durch, welche den Saum der Weingärten an der 
Süboftfeite des Berges begrenzen, zunächft auf einem tieferliegenden 


> 093 + 


Hügel das Yillal- Kirhlein St, Thomas, Die Hinterwand bil« 
det das Mazel- Gebirge; vor denfelben erfcheinen in Steier 
mark die Kirchen von H. Kreuz u. f. w., im Mittelgrunde, links 
von der Straße nah Windiſch-Landsberg, die Pfarre Et. 
Peter im Bärenthale, weiter zur Nechten in Eroatien Kis— 
Zabor, Zaborsfa und das Gebirge vor dem Badorte Krapi— 
na, und endlich das herrlich gelegene St. Hemma, hinter wel« 
dem die Berge der Nachbarprovinz am linken * der Sottla 
emporragen. 

Gegen Süden häufen ſich die Gegenſtände, welche das Yuge 
in Anfpruch nehmen, fo fehr, daß es fchwer ift, die einzelnen Ras 
dien, welche man ſich zieht, genau zu verfolgen, - Die Folie der Ger 
‚ genftände im Mittels und Vordergrunde bilden in fernfter Ferne 
zur Linken das Bärengebirge in Eroatien, an deffen Fuße jenfeits 
Agram liegt, dann die Höhen von Landsberg und Drachen—⸗ 
burg, und der großentheild von BVorgebirgen verfielte Wacher. 
Die Hervorragendfien Punkte im Mittelgrunde find von der Linken 
zur Rechten, St. Urban, Zinsfo und vor demfelben die Pfarre 
Sibika, St. Johann, dahinter St. Stephan und der Rus 
denza=Berg, hinter welchem rechts das fleile Bergſchloß Süffens 
heim (Suishem) mit feinen beiden noch bedeutend höher liegen⸗ 
ten Kirchen hervorſchaut. 

In der Wendung gegen Weften erblidt man ald Grenze des 
Geſichtskreiſes den krainifhen Rumberg, vor ihm den Kofie 
und das Thuries Gebirge zwifchen Tüffer und Steinbrü— 
den, näher her Kalobie und St. Rupert, und dem Ro: 
Hus=Berge gerade gegenüber, nur durch ein Bächlein gefchieden, 
auf einem niederen Hügel das Wilial: Kirchlein St. Barbara. 
Den eigentlichen Weften ſchließt das Sulzbacher-JZackengebirge, 
vor welchem der Gosnigg und die Übrigen Berge um Cilli mit 
ihren koniſchen Scheiteln fich kenubar erheben. 

Dem ganzen Panorama fehlt nichts, als ein größeres Waſſer, 
welches wie eine pulſirende Ader der Gegend mehr Leben und Be— 
wegung liehe. 


> O4 «ie 


Die Kirche von St. Nochus ſelbſt ift in ihrem Innern Hoch, 
Ticht und geräumig. Cie zählt einen, nad der gewöhnlichen Eitte 
in diefen Gegenden, mit Schnigwerk reichlich verzierten Hauptaltar 
und vier Geitenaltäre, von denen der eine links ein ſchönes, Kleines 
Mariendild zum Schmude bat. Oberhalb des Einganges in die 
Sacriftei erblickt man ein altes Gemälde, welches noch ziemlich kennt⸗ 
lich das Dorf St. Marein und den St Nochus⸗Berg mit 
einer hölzernen Kapelle vorftellt, deren Glocke Hülfeflehende zum 
Berge emporlodt, während fih allenthalden die Wirkungen einer 
ſchnell Hinraffenden Seuche zeigen. Die Infchrift fagt, daß im 
Sahre 1645 in Pettau die Peſt gewüthet habe, und diefelbe von 
ein Paar böfen Buben nach Wretzlou in diefer Gegend eingefchleppt 
worden, mo fie in Kürze fo gewaltig um fich griff, Daß die Leute 
fi) in ihrer Herzensangft zu Gott wendeten, und ihm anfangs jene 
hölzerne Kapelle auf dem Berge errichteten, deren Abbild dieſes Ge— 
mälde enthält. Bald trat an die Stelle der hölzernen Kapelle eine 
gemauerte Kirche, fehon Das Gemälde felbft benennt den 10. April 
1646; im Jahre 1740 wurde diefe ſchätzbare Neliquie zum erften, 
und im Jahre 1825 zum zweiten Male renovirt. : Der Welhbrunn- 
keſſel au Hauptthore (gegen Weften) enthält die Jahreszahl 1674. 
Oben an dem Gewölbe vor dem Hauptaltare lief! man auf der in=- 
nesen Seite: 

„Ante annos nonaginta duos erecta, anno currenti re- 
novata et exornata sum. MDCCXXXVIII.“ | 
woraus erfichtlich ift,, Daß die Kirche bereits im Jahre 1646 errich-+ 
tet, und im Jahre 1738 mit jenem Zierrath und Schmuck an Stuc- 
catur s ÜUrbeit und ähnlichen Beigaben verfehen wurde, welcher ihn 
jeßt gleich beim erften Anblide zu einem Producte der nämlicher 
Hände ftämpelt, welche die Heilige Stiege, Die Kirche im Dorfe, das 
Schloß Erlahftein, und nod manche andere Gebäude der Alm 
gegend auf ziemlich gleichförmige, vielleicht einer damaligen Geſchmacks⸗ 
richtung folgende Weile ausſchmückten. Die Seitenaltäre feinen 
nach und nach hinzugekommen zu fein. Eine Inſchrift am Geiten- 


29> 95 tttr 


altare zum Herzen Ehrift fpricht von einer Einweihung der Kirche 
und der Altäre im Sabre 17295 fie lautet: 

„Anno Dri MDCCXXIX die XVI Julii Ecclesiam hanc 
et Altaria solenniter consecravit illustrissimus et reverendis- 
simus Dm. Dm. Georgius Xavcr. de Marotti Episcopus Pe- 
tinensis, praepositus Rudolphswerthensis etc. etc. sub me 
Joanne Baptista Jureschitz, Parocho Samariensi. 

Die Kirche fcheint daher in ihrer jetzigen Geftalt eben in Dies 
fem Jahre ihr Jubiläum zu feiern, indem die Jahreszahl 1738 
die fpätefte ift, welche von irgend einer Berfchönerung oder Erweite⸗ 
zung derfelben fpricht, während feit — Entftehen bald das dritte 

Sahrhundert verfloffen fein wird. 

Für denjenigen, welcher feinen Mittelpuntt in Erlachſtein 
nimmt, und Gelegenheit hat, ſich daſelbſt wenigſtens ein Paar Tage 
aufzuhalten, dürfte es eben nicht unintereſſant fein, auch die übris 
gen Kirchlein zu befuchen, welche von den Spitzen der umherliegen⸗ 
den Anhöhen fo einladend herabbliden. Eben das Bewußtfein, daß 
ſolche ifolirte Punkte fo felten von anderen Menfchen befucht wer⸗ 
den, als von den Umwohnenden, welche dem Zriebe ihrer Andacht 
folgen, ohne fi um irgend eine Hiftorifche, Merkwürdigkeit des Ges 
bäudes zu fümmern, aus deſſen Wänden fie fich ihren Seelentroft hos 
Ien, macht fie mir merfwürdig, und ich verabfäume es faft nie, alle 
Plätzchen diefer Art, welche mir eben im Wege liegen, in Augen— 
fein zu nehmen, Einen Gewinn habe ich denn doch immer da: 
von: das Bewußtſein, es um leichten Preis verfucht zu haben, ob 
ih nicht etwas Nennenswerthes auffände, und die Eindrücke, wels 
he mir die ländlihe Umgebung auf dem Wege dahin in reichlicher 
Fülle darbietet. 

So ftieg ich denn auch die drei Hügel empor, welche im Sü⸗ 
den und Norden von St. Marein die Yilial- Kicchlein St. Bars 
bara, St. Thomas und St, Lorenzen aufihren Rüden tragen. 

Der Weg nah St. Barbara führt gerade der Stelle ge- 
genüber den Berg Hinan, wo die alte Sauerbrunner: Straße 
unter Erlachſtein mit der neuen fich vereiniget. Sie bietet einen 


> 06 + 


recht angenehmen Spaziergang dar. Das Kirchlein ſelbſt, welches 
unter den Landleuten im Rufe hohen Alterthumes fteht, trägt deut⸗ 
liche ‚Spuren der fogenanten gothifhen Bauart an ſich. Am Ein- 
gange im Veſtibulum findet man in den Eden rechts baphometähn- 
liche Köpfe- Das Innere enthält einen Hauptaltar und zwei Geis 
tenaltäre. An dem zur Linken mit dem Bilde des heiligen Petrus 
findet man folgende Infchrift (welche fich übrigens nur a die Stif⸗ 
tung dieſes Altares zu beziehen ſcheint): 

MDCLI. 

M. Lucas Gebetz. 

Olim Decanus Rudolphswerthensis capituli, Commissarius 
ejusdem in Styria, ac Parochus in Samaria, actatis suae se- 
zagesimo, ex voto fieri curavit. 

Der Thurm enthält drei Glocken, die eine (St. Nikolaus ges 
tauft) führt die Jahreszahl 1691, die zweite, von Conrad Schneis 
der zu Cilli gegoffen, fchreibt fih von 1716, und die dritte von 
1766 ber. 

Das Kirhlein St. Thomas, ſudoſt lich von St. Rochus, 
ſcheint ebenfalls alt, fie iſt nicht gemalt, ſondern getäfelt, und zeigt 
oberhalb des Seitenthores die Jahreszahl 1673, und am Weih— 
brunnkeſſel die Jahreszahl 1680, ohne fonft etwas Demerkenswers 
thes darzubieten. 

Ein Höhft malerifcher Weg führt nordweſtlich von Erlach— 
ſte in zwifchen Weingebirgen, eine gute Strecke der alten Sauerbrunns 
Strafe entlang, nad) St. Lorenzen. Auf der Anhöhe gelangt man 
zu einem Bauernhauſe, vor welchem ein fchöner Raſenplatz mit einem 
Zifche, auf deſſen Steinplatte die Jahreszahl 1735 eingemeißelt ift, 
eine herrliche Ausficht, befonders gegen Südweften hin, Darbietet. Von 
bier wendet man fich links durch einen Waldanflug auf den Rüden 
des Hügels, deſſen Mittelpunkt das einfame Kirchlein einnimmt, 
welches fich Durch feine unendliche Einfachheit recht gut macht. Die 
Spur einer ehemaligen Friedhofmauer umgibt es. ein Inneres 
iſt ganz ſchmucklos, eine Alkove umwoͤlbt den Altar, ein hölzernes 
Kanzelchen ragt aus der glatten Wand hervor, Rechts am Haupt⸗ 


> 07 eu 


eingange lieft man auf dem Weihbrunnkeſſel die Jahreszahl 1735, 
welche zur Vermuthung veranlaffet, daß vielleicht eben jener Bauer, 
vor deffen Haufe jetzt jener Tiſch mit der Steinplatte fteht, ein Abs 
koͤmmling des frommen Stifters diefer Kirche feis 

Der Beſuch aller diefer Punkte reichte eben hin, um einen 
freundlichen Zag des Spätfommers, welcher mir In einem der öftlis 
hen Zimmer des Schloffes Erlahftein recht ſonnenhell aufges 
gangen war, heiter und genußreich hjnzubringen. Der: nächte Mors 
gen war trüb- und regnerifch, wiewol nicht abfchredend genug, um 
mich Innerhalb der vier Wändeszu feffeln. Meinem Orundfaße ges 
mäß, in einer Gegend, mit welcher ich mich erſt befreunden foll, 
fein verwendbares Stündchen unbenüßt verftreichen zu laſſen, machte 
ih mich chne vieles Bedenken auf, und fleierte Dem norböflich von 
bier gelegenen Sauerbrunnen am Fuße des -Gabernigg 
nächſt Kaftreinig zu, welcher mir, da fein Heilwaffer nach und 
nach an Verbreitung zu gewinnen anfängt, eines Ausfluges nicht 
unwerth fchien. Es ift ein Weg von einer Heinen Stunde. Getroft 
fuhr ich daher über St. Marein hinaus, wo alöbald eine beach⸗ 
tenswerthe «Stelle mich veranlaßte, halten zu laſſen. Rechts von der 
Straße, nämlich in der Gemeinde Wellon, befindet ſich mitten in 
einer fumpfigen Wiefe eine Quelle, mit einem Steine gededt, aus 
welcher Die ganze Umgegend ihre Trink⸗ und Kochwaffer holt. Gie 
iR Mar, kalt und farblos, hat aber einen ftarfen Geſchmack und 
Geruch son Schwefel, und dürfte siner chemifchen Unterfuchung nicht 
unwerth fein, indem fie mit dem genannten Mineral fo ftarf ge« 
ſchwängert if, daß ihe ganzes Innere eine bläulichgelbe Krufte trägt. 

Senfeits einer Anhöhe kreuzen fich bei einer Buſchenſchenke die 
Straßen; rechts geht es auf Landaberg, links auf Lemberg, 
gerade bin auf Sauerbrunn zu, welchen letzteren Weg ich ein« 
flug. Links von diefem auf einer Anhöhe erblickt man das Kirchs 
lein St. Benedicten, unter welhem man vorüberfährt. Die ziems 
ich fteinige Straße lenkt nun links gegen den Gabernigg ein. 
Hier ftieg ich ab, feßte über eine Wiefe troß des losbrechenden Res 
gend meinen Marſch zu Fuße fort, und erreichte beiläufig in einer 

5. Jahra. 1. Heft, 7 


„> 098 «ee 


Hiertelftunde Koftreinig (Gorny-Gostrunzach), deſſen freund- 
Liche, rechts auf einem Hügel gelegene Pfarrkirche mich einlud, einen 
Heinen Abſtecher zu machen. Ziemlich durchnäßt ſtieg ich den leh— 
migen Hügel hinan, und ließ mie die Kirche öffnen. Gie ift Licht 
und geräumig, hat aber ſchlechtes, verwitterted Pflaſter. Ein Grab- 
fein trägt die Jahreszahl 1790. Det Hochaltar wurde im Jahre 
1835 durch einen Marburger » Vergolder vom Fuße des Presbyteri⸗ 
ums auf Koften der Gemeinde auf feinen jehigen Standpunkt über 
tragen. Ein Bild der heiligen Maria von Loretto und ein 
ſchoͤner Weihbrunnfeffel von grauem Marmor links am Gingange 
verdienen Beachtung. 

Der Regen ließ indeß nach, die Wolken jerriffen, und eines 
freundlichen Mittags gewärtig, ſchritt ich eine Kleine Strecke am rechten 
Ufer eines Bächleins einer, Schlucht des Wotfch entgegen, in’ des 
zen Vertiefung ein nettes Herrenhaus mir freuntlich entgegenmwinkte. 
Es ift, wie der dabei emporquellende Säuerling, ein Gigenthum der 
Herrn Ignaz Nouakh und Joſeph Gotſcher. Unfern das 
von findet man eine Quelle angezapft, welche ihrer Heiftellung in 
Kürze entgegenfieht. Etwas tiefer in der Schlucht fprudelt, von einem 
graumarmorenen reinlichen Kranze eingefaft, überwölbt von einer 
hölzernen Brunnenfiube, Das bereits in Aufnabme kommende Mir 
neral= Waffer empor, welches durch fein fortwährendes Blafentrei- 
ben und fein £nifterndes Braufen ein hinlängliches Zeugniß für 
den chemifchen Prozeß gibt, welcher auch in den Adern diefed Ber⸗ 
ges unbekannte Kräfte zum Wohle der Leidenden Menfchheit im 
Thätigkeit verfekt. Der Säuerling iſt Mar, von fanft adftringiren: 
dem Geſchmack, und fhäumt, mit Wein vermifcht, oder mit Zuder 
verfeßt, im zifchenden Perlen raſch und luſtig auf. Durch den Ges 
nuß diefes Waffers für den Genuß der ländlichen Natur, welchen 
das Regenwaſſer mir verleidet Hatte, wenigfteng einigermaffen ent⸗ 
ſchädiget, kehrte ich in mein Standquartier zurück, wo ich Diefe we⸗ 
nigen Züge zu einem NRundgemälde des St, Marsiner: Zhalss 
flüchtig hinwarf. 


„> 099 «u 


So einfach und gewöhnlich Diefe Eonturen an und für ſich and 
fein mögen, fo dürften fie Doch wol manchen Sreund des juste- 
milieu in ländlichen Ausflügen in diefe Gegenden herabloden, wo 
er vieleicht mit: geübterem und empfänglicherem Blick, als ich, eine 
noch reichere Ausbeute findend, einftimmen wird in meine, am Eins 
gange aufgeftellte Behauptung: es fei keine Stelle eines Landes 
fo gänzlih arm und reizlos, daß fie nicht wenigſtens etwas Inte⸗ 
reſſantes darboͤte. 


> 100 + 


Reise anf Den Wechsel, 


Bon Dr Mathias Mader, 
e PR. Dhnfitus zu Hartberg. 


Das Wechfelgebirg bildet einen Theil der nordöftlichen Grenze 
der Steiermark gegen Defterreich, und verzweigt fih in mehrere mäch⸗ 
tige und fehr ausgedehnte Aeſte. 

Bon Südoft nad) Nordweft hinziehend, hat e3 auf. feinem drei 
Stunden langen Rüden, dem fogenannten Umfhuß, auf welchem die 
Grenze zwifchen Defterreih und Steiermark an vielen Stellen durch 
ſenkrecht eingefegte Gneißplatten bezeichnet iſt, Drei vorragende Hös 
henpunkte: die Steinwand (den vorderen Umſchuß) gegen Fried⸗ 
berg und Ungarn hin, ten Hinteren Umfhuß gegen den Semmering 
zu, und den mittleren Umfchuß oder die Pyramidenhöhe. 

Auf dem letzteren, welcher als der hoͤchſte erfcheint, iſt die Trian- 
guliungs » Pyramide aufgeftellt. Uebrigens ift die Hoͤhendifferenz als 
ler drei Punkte unbedeutend, 

Nach der Berghöhen- Beftimmung der k. k. Kataftral» Landes» 
Vermeffung in Steiermark 1) ift die Höhe des Wechſels 916,24 
Diener Klafter, oder 5497,44 Wiener: Fuß über Die Meeresfläche *). 


4) Math. Zof. Anker, Profeffor der Mineralogie sc. am Joanneum, kurze Dars 
ſtellung der mineralogifch « geognoftifhen Gebirgs-Verhältniſſe in Gteier- 
marf, Gräh 1835. 

») Der Schoͤdel mit 157,59 Wiener: Rlaftern iſt um 158,65 Wiener » Rlafter nies 
derer als der Wechſel, ragt aber 065,38 Wiener » Rlafter üder dem Plawutſch, 
und 566,58 Wisner : Klafter über Dem Wildonerderg vor. 


„> 101 + 


Außer den minder bedeutenden Ausläufern des Wechfels bis 
Feſtenburg, Münchwald und Waldbach verbreitet fich dieſes Gebirge 
in fünf Hauptäſten über einen großen Theil des Gräßers und einen 
Kleinen des Bruders Kreifes in Steiermark, dehnt fich weit in Oeſter⸗ 
zeich aus, und überzieht mit feinen wellenförmigen Hügeln an 
nordweftliche Grenz » Gomitate Ungarn’s. 

Als der bedeutendfte Aft erfcheint der füdöftliche des Moͤſelber⸗ 
ges zwifchen dem Traſſen⸗ oder Alpanger-Bach und der Pinkau. Er 
verliert fich in den unüberfehbaren Berg» und Hügelreihen Ungarn's. 
Minder ausgedehnt ift der daranftoßende weftfüdliche Aſt von Fried⸗ 
berg, Thalberg und St. Lorenzen zwiſchen der Pinkau und Lafniz, 
zeicht aber doch mit den langen Hügeljügen der Pinkafelder⸗, Als 
bauer», Neudauers und Burgauer » Berge bis an die Raab in Ungarn, 

Die größte Verzweigung in Steiermark ift die von St. Jakob. 
Diefe Bergreihe verläuft gegen Welt und Süd zwifchen. der Lafniz 
und Feiſtriz, welche zu beiden Seiten entfpringen, trägt auf ihren 
füdlihen Niederungen das Stift Vorau, bildet durch die zwei gro⸗ 
en Berge den Maffenderg und Rabenwald (660 — 670 Klafter 
Höhe) das Pöllauer » Saventhal, fo wie durch die Niederungen des 
Maffenberges, des Hartberger »Ningkogels, und die lange Hügelfette 
son Eichberg und Magdalena das öftliche oder Hartberger = Savens 
thal, und endet bei Fürftenfeld, wo die beiden Hauptflüffe, die Laf- 
niz und Feiſtriz, fich vereinigen. 

Der Aft der beiden Pfaffen und des Semmering's ſchließt fich 
nordwärts Durch. die Fortſetzung des Semmering's an die Neubergers 
Schneralpen, und durch einen niederen Sattel des Pfaff’3 an jenen 
impofanten Theil der cetiſchen Gebirgsreihe an, welcher mit der [chin 
gewölhten Stuhlegger- oder Spitaler= Alpe 7) beginnt, in feinem 
erften Verlaufe von der Feiſtriz und der Mürz, zuletzt, befonders im 
den Meinen Niederungen, von der Mur und Feiſtriz befpült, die 


sn) Der Stublegg ift nah des Heren Pfarrers Edelbrunner Berechnung 
noch um einige Klafter höher als der Wechſel. Herr Prof. Anfer, in feis 
nem vorerwähnten Werflein, gibt jedod Die Seehöhe dieſes Berges nicht an, 
und bezeichnet den Wechfel als ven höchſten Berg im Grätzer⸗Kreiſe. 


> 102 + 


ſchoͤnen Geieregger⸗, Nattner⸗, Tifchhacher « Alpen zeiget, dem Fluſſe 
Raab feinen Urſprung gibt, und nach dem hohen Schädel bei Gräß 
in ein breites Hügelheer ſich verliert. 

Die öftlichen Ausläufer des Wechfels von feinem binteren Im: 
fhuß, fo wie die von den Pfaffen und dem Semmering nehmen 
die ganze Strede von Schottwien bis Neunkirchen und anderfelts vom 
Urfprung des Traffenbaches im Möbel bis gegen Schwarzau ein. 

Der Wechfel ift ganz Urgebirg. Seine Höhen zeigen überall 
Gneißfhichten, Glimmerfchiefer und grobförnige Granitblöde. Weiße 
Quarzfelfen ragen häufig über dem moofigen Rafen empor mit dem 
täufchenden Anfehen Feiner Schneefleden. Ziefer zeigen fih auch 
ungeheuere Floͤtze eines feinkärnigen, faft fandfteinähnlihen Gnei« 
Pes, große Lager von Urthonfchiefer, weißem Sandftein, welcher vors 
treffliche Müplfteine gibt, Serpentinftein ꝛc. 1). 

Auf dem Hohen Rüden des Stammberges gedeiht fein Baum 
mehr, alles Holz (Fichten, Tannen, Göhren) verfrüppelt in jwerg- 
artiges Geftrüppe. 

Der Boden tft theils mit verfchledenen Moosarten, über welche 
man wie auf Matraben geht, befonders mit Steinmoos (cetraria 
islandica), und der Heinen, baumchenförmigen, weißen Strunfflechte 





£) Unfer thätiger vaterländifcher Minerafog, Herr Prof. AnFer, dezeichnet in feis 
nem vorerwähnten Buche das Wechfelgedirg als einen Theil des Gebirgss 
Joches zwifchen der Enns und Der Mur, und zählt es zu Den Urgebirgen, 
‚in welchen glimmerfchieferartiger, porpbyrartiger, auch Förniger und granit: 
artiger Gneiß, Glimmerfhiefer, in den Niederungen auch Urthonſchiefer 
vorwalten. 

Mehr vereinzelt fand Ih in den Verzweigungen diefed Gebirges gus 
ten Taltfchiefer CHederweiß) auf der St. Jatobers Höhe gerade an der Stra⸗ 
Be, fo aub in der Ratten und im Feiftrizerwalde; dann einen febr fhönen, 
aber zähen und fchwer zu bearbeitenden Gerpentinftein in der Gegend von 
Bärened in der Eilfenau nahe an der Grenze Ungarn’sz; Blaufpath in den 
fudöflichen Miederungen des Gebirges gegen Bärened bin; rötblihe Wal⸗ 
fererde in der Gegend von Thalberg ; fülberreihen Bleiglanz im talfartigen 
Glimmerſchiefer des Feiſtrizwaldes, im inneren Kaltenegg an der Zeiftriz. 
An manden Stellen feinen aud Eifenerzlager zu fein, da man viele fehr 
eifenhältige Quellen findet, wie in Haberflorf bei Hartberg, in der Lafnu 
swiihen Monchwald und Waldbach, und in vielen anderen Orten. 


* > 1 03 «irrt 


(cladonia rangiferina), theils mit einem kurzen Graſe (Pirſi⸗ 
King) bededt. 

Die Flora if unbedgptend. Am häufigften wachfen die Wols 
ferleiblumen (arnica montana) und die weiße Nießwurz (vera- 
trum album); Gentianen find ſchon feltener. 

Im Ganzen ift die Gebirgsformation fo wie auch die Vegetation 
beinahe diefelde, wie fie Herr Profeffor Mally in Diefer Zeitfehrift ') 
yon den Schwambergers Alpen und dem Speiftogel befchreibt. 

Das Gras wird größtentheils abgemäht, an Stellen aber, wo 
es fehr karg wächſt, oder auf jähen Abhängen auch abgeweidet. Es 
find immer mehrere hundert Kühe und Ochſen auf den Weiden dies 
fes Gebirgsrüdens. Sie werden in vielen Schwaig- (Senner-) Höfen, 
wie in der Zeifberger-, der Kranichberger-, Steieröberger-, Afpanger- 
Schwaig in Defterreih, in der Vorauer Ochfen:, Küh⸗ und Kalbens 
Schwaig, In der Thalberger « Schwaig in Steiermark ıc. gehalten. 

Die Luft dieſer Höhe iſt dünn, zein und auch im hohen Som: 
mer kühl; Winde fehlen fat nie. Oft ift die ganze Kuppe fo fehe 
in Nebel gehüllt, daß man wenige Schritte vor fich Eeinen Gegen⸗ 
Fand mehr unterfheiden kann. 

Naturfreunde, welche die herrliche Rundfehau auf diefen Berge 
genießen wollen, mögen zur Erfleigung desſelben einen heiteren Mor: 
gen im Juli oder Yuguf, am befien nach einem kurz vorhergegan⸗ 
genen Gewitterregen wählen, Auch Damen dürfen fich nicht ſcheu⸗ 
en, diefen Ausflug mitzumachen; nur möchte ich ihnen rathen, fich 
mit Mänteln zu verfehen, um ßch auf der Hoͤhe vor Verkühlung 
zu ſchützen. 

Es gibt mehrere ziemlich bequeme Zug ängen über Feften- 
burg und die Vorauer » Ochfenfchwaig gerade zur Pyramide, über 
Mönchwald oder Waldbacd eben dahin; über Thalberg 
oder St. Lorenzen, die Thalberger⸗Schwaig und dis Vorauer- 
Kühſchwaig zur Steinwand; über Sriedberg, die Hoffag und die 
Vorauer⸗Kühſchwaig, oder über Pinkau und die Glashütte, auch 





©) Steiermarkiſche Beitfihrift. Neue Folge. 2. Jahrgang S. 5 — W. 


„> 104 «m 


über Mennigkirchen unmittelbar zur Steinwand; über Ratten, 
Rettenegg, den Geiftrizwald und die Quellen der Feiſtriz zur Waſ— 
ſerſcheide und zum hinteren Umſchuß; ügyr Ufpang in Defterreich 
längs dem Zraffenbach; auch von Kirchberg am Wechſel in Defter- 
reich über das Mölze zu eben dieſer Stelle, 

In allen genannten Ortfchaften findet man verläßliche Weg- 
weifer und Träger. Ueber Geftenburg, St. Lorenzen, und die Glas— 
hütte fann man bis zum Umfchuß reiten, und zur Noth fogar fahren, 

Ich beftieg diefen Berg zuerft am 24. Auguft 1835 in anges 
nehmer Gefellichaft, und wählte den Weg über Feſtenburg. 

Wir verließen das Chorherrnſtift Vorau und deſſen würdigen 
Borfteher, den freundlichen Greis Salefius, um halb fieben Uhr 
früh bei heiterem Himmel, nachdem es Nachts vorher. ſtark gereg⸗ 
net hatte. Ä Fr Ä 

Die Fahrt ging zuerſt längs des forellenreichen Wildbaches 
Voran eine Heine Stunde Hin, ‚Der klare Bach eilte raufchend und 
in öfteren kleinen Gascaden über beträchtliche Steinflöße zwiſchen 
ſchmalen, aber durch Bewäfferung üppigen Wiefen, vorragenden Fel⸗ 
fen und mächtigen Wehrbäumen wetteifernd mit uns fort; links er- 
hoben fih ungeheuere Schichten von braungrauem Urgeſtein, bedeckt 
mit Geftrüpp und Moos und fpärlich blühenden Pflanzen über uns, 
kühn aufftrebende Tannen und Fichten: tragend ; rechts zogen fteile, 
dicht bewaldete, jedoch weniger felfige Berge an unferen Bliden vorüber. 

Bald fahen wir: hin und wieder Aecker mit dem. reichen Segen 
des Spätfommers, mehrere Mühlen und einzelne Wohnhäuſer. Bes 
fonders waren ung die Aecker auf den fteilen Bergen mitten zwifchen 
Gebüſch⸗ und. Waldftzeden, die fogenannten Greut: Brände, auf: 
fallend. 2). | 


4) Die Gebirgsbewwohner verwenden in Grmanglung eines befler geeigneten Bo⸗ 
dens die Heilften Bald» und Gebüfh » Streden auf folgende Urt zum Frucht⸗ 
bau: Sie hauen nämlich die Bäume und das (Geftrüpp nieder, und zunden 
alles an, Was fie ausreuten (ausrotsen) nennen. Darauf räumen fie die 
nicht verbrannten größeren Holzftüde gu Brennholz weg, baden Samen von 
Roggen, Hafer, Hirfe, ſelbſt von Weizen und Gerfte ein, und erzweden häus- 
fig eine fehr aute Ernte, da die Erde durch den Brand aufgelodert wird, 


> 105 «u 


Kurz vor der Mündung des Voraubaches in die Lafniz fahen 
wir linfs auf einem mäßig hohen Berge ein Kicchlein nebſt einem 
ziemlich großen Wohnhaufe zwifchen Gefträud und Bäumen hervor: 
bliden. Es war die Vorauer » Filtalfiche St. Nikolai in NRams 
berg mit dem Benefiziaten= Haufe, welche einft an der Stelle der 
verfallenen Burg der Herren von Ramberg oder Rainherg ge 
baut wurden \). 

Ueber die Brücke ging die Fahrt zwifchen dem Tinfen, ziemlich 
fteilen Ufer diefes Flüßchens und jäh abfhüffigen Bergen auf un- 
ebenem und ftellenweife fogar gefährlichem Wege fort, bis uns nach 
einer Eleinen Stunde die dumpfen Schläge der Eifenhämmer vor 
dem Dörfchen Bruck entgegenhallten. | 

Don Diefer Ortfchaft, einer unbe Menden Häufergruppe am 
Einfluffe des Feſtenburgbaches (der fhäumenden weißen Laf: 
niz) in Die Lafniz, führte ein befchwerlicher Weg rechts Durch ven 
Beftenburggraben, wo wir nach einer halben Stunde das hohe Gel: 
fenfhloß Feſtenburg und felo den Umfhuß des Wechſel—⸗ 
gebirges erblickten. | 

DrittHald Stunden nach der Abreife von Vorau (Früh 9 Uhr) 
langten wir im Heinen Wirthshauſe vor dem Schloßberge an, ſchick— 
ten den Wagen über Friedberg zur Hofſag, wo er uns am nächſten 
Zag erwarten ſollte, und mietheten ſogleich einen Träger. 

Wohlausgerüſtet mit Mundvorrath und Mänteln betraten wir 
den felſigen Pfad zum Schloſſe. Mit jedem Schritt erweiterte ſich 


und die Aſche einen vortrefflichen Dünger gidt. Der Boden bleibt dann meh⸗ 
rere Jahre unbenügt Tiegen, bis der neue Geftrüpp- Nachwuchs zu einher abers 
maligen Ausreutung groß genug ift, .. 

4) Die Herren von Rainberg gehörten der mächtigen Familie von Krums 
bach an, welche nebft Rainderg auch Thalberg und Hartenfels befafien. Dies 
ſes Geflecht erlofch bereits im vierzehnten Jahrhunderte. Das Gut Ramberg 
murde mit Thalberg vereiniget, und das fefte Schloß gerieth in Verfall. Im 
Sabre 1390 fiftete FGriedrih Weninger in der auf dem Plate desfelben 
erbauten Rapelle «ante domum, ubi 8, Nicolaus jejunabat,» für alle Quartale 
eine Meffe. Diefes jejunare bezieht fib wahrfcheinfich auf ein hier vorhanden 
gewefenes Bild; denn von einer wirfichen Unmwefenbeit des heiligen Nikolaus 
in diefer Gegend kann wohl nicht die Mede fein (Cäs. Annal. I. ©. 1009). 
Bom alten Schloß waren noch vor kurzer Zeit Ruinen gu fehen. 


„> 106 +: 


der Horizont; zu beiden Seiten entwidelten fi große Gebirgamaf- 
fen, bedeckt mit Wäldern, Geftrüppe, Weiden, fleilen Aeckern vol 
reifenden Getreide und neuabgebrannter Geftrüpp = Partien zur 
künftigen Saat; der Wechfel- Umfhuß wies von Nordweiten ber 
die Pyramiden » Spige und einen beträchtlichen Theil feines langen, 
glatten Rüdens. 

Im Schloffe 1) wurden wir vom Herrn Euraten, dem durch 
feine gemüthlichen Gebet» und Erbauungsbücher rühmlich befann- 





1) Das Schloß Feftenburg (Veftenburg, Vöftenburg) war ſchon vor vielen Jahr: 
hunderten befannt. Hr. C. Schmuß erwahnt in feinem hiftorifch = topogra⸗ 
phifchen Lerifon von Steiermark eined Weihard von Veſtenburg, wel» 
«er ſchon vor beinahe iger Zahrhunderten (1168) das gleihnamige Schloß 
befeffen haben ſoll. 

Der Begründer unferer vaterländifhen Geſchichte, Aq. Jul. Eas 
far, gibt erft vom fünfjehnten Jahrhundert an Nachrichten von diefem 
Schloſſe. sası war Friedrich IV. junior, und fpäter Chriſtoph IL. Graf 
von Saurau, Herr in Voſtenburg. Im Unfange des ſechzehnten Jahrhun⸗ 
dertö befabien diefes Schloß die Grafen von Montfort. Es fol damals 
Weißenburg gepeißen (9), und erſt nad der Belagerung durd die Türs 
fen im Jahre 1523 den Namen Böftenburg erhalten haben. Diefe Belas 
gerung ift merfmürdig. Nachdem die Türfen, unter thatıger Beibülfe der 

wiehrhaften GSteirer, von den Mauern Wiens zurücdgefchlagen worden, zogen 
fie, Alles verhterend, Durch einen großen Theil der von Truppen entbloßten 
Gteiermarf, wo fie viele Ortſchaften, befonders im Eillier» und Marburger 
Kreife, plünderten und verwüſteten, auch der Stadt Marburg durch Bela: 
gerung hart zufegten. Einige Horden dieſer Barbaren ftreiften über Die fleies 
riſchen Niederungen des Wechfelgebirges bin, fügten der Stadt Friedberg 
vielen Schaden zu, brannten die Pfarrfirche derſelben, fo wie die von St. 
gprenzen ab, umd belanerten das Schloß Böftenburg, Bon da mußs 
ten fie jedoch nad vergeblichen Anftrengungen mit vielem Verluſte wieder 
abziehen, und ließen zur Erinnerung ihrer Anwefenheit ein großes Stüd 
Gefhüs aurüd. Dieſes war, wie.@äfar faat, fo groß, dDafi eın Mann 
bineinfchliefen Fonnte. Es wurde fpäter nah Vorau überführt, 
und zerſprang, mit Pulver überfaden, bei einem Schießverſuche. Durd 
welche Mittel die Türken ein fo großes Stüd Gelhüg über den Möfelberg 
und das fohwierige Terrain bis nah Vöftenburg brachten, gibt die Ehronif 
nicht an. Wahrſcheinlich waren die Wege vor drei Jahrhunderten beffer als 
vor kaum fo vielen Jahrzehenden. 

Bald nad diefem Ereigniß ging Vöftenburg von den Grafen von Monts 
fort wieder an die yon Gaurau über. 

Im Zahre 1616 Faufte dad Stift Borau unter dem Pralaten Das 
niet diefes Schloß von Andreas Sigmund, Grafen von Saurau, 
Herren au Briedbrrg m. 


„> 107 «ie 


ten Borauter: Chorherrn Eduard Domainkto mit herzlicher Freund⸗ 
lichkeit empfangen, und benüßten die Gelegenheit, alles Merkwurdige 
zu befichtigen. Das Gebäude Liegt unter 27° 27° 25° nördlicher 
Dreite, und 339 34 50% öftlicher Länge, iſt ziemlich groß, zwei 
Stockwerke Hoch, aber nur vom Local» Euraten, einem —— 
und ſechs Armenpfründnern bewohnt. 

Außer dem ziemlich nett gebauten Rirchlein, welches etwas er⸗ 
hoͤht auf einem Felſen angebracht iſt, und. beſonders durch Reinlich⸗ 
keit und Rettigkeit feiner Einrichtungen: ſich auszeichnet, find noch 





Es wurde wahrſcheinlich im ficbenzehnten Jahrhundert weiter ausge⸗ 
Baut, und diente bei den oftmaligen feindlichen Einfällen von ungariſchem 
und türfifhem Raubgefindel vielen flüchtigen GSrenzbewohnern und nahe 
wohnenden Landleuten zum ſicheren Schutz. 

Im Jahre 1707, als die Ragocziſchen Rebellen dieſe ganze undefhügte 
Gegend beunruhigten, fo Daß Niemand feiner Habe und feines Lebens ſicher 
war, baten fogar Die Nonnen von Kirchberg am Wechſel in Oeſter⸗ 
reich den damaligen Präfaten Philipp Lenffel, ihnen vor diefen zügell oſen 
Horden eine Zuflucht in Vöftenburg zu gewähren, 

Diefer nämliche Prälat Philipp, ım der Reihe der Vorauer » Pröpfte 
der ziweiundvierzigfte, deſſen Herz auch nach feinem Tode (1747) in der Kreuz⸗ 
kapelle zu Böftenburg beigefent wurde, ließ diefes Schloß, befonders im weſt⸗ 
lichen Theile, fo geraumig, wie e8 gegenmärtig noch beftehet, ausbauen, zu 
dem Zwede, die Kirberger » Klarifferinnen dahin zu überfegen. Die Ber: 
bandiungen hierüber wurden jedoch aus unbefannten Urſachen abgebroden, 
wahrſcheinlich, weil fi die Nonnen nad EN Frieden auch In Kirch⸗ 
berg fiher glaubten. 

Hierauf fliftete (a. Nov. 4749) der Vorauer⸗Chorherr prenner 
durch ein Capital von 12,000 fl. ein Spital für ſechs Pfründner in 
Böftendurg, weiche nebft Wohnung und Hals im Schloſſe auch täglich etwas, 
in Geld erhielten, 

Der Nachfolger ded Präfaten Philipp, der Gründer der Worauers 
Bidliothef, Franmz Sebaſtian, Freiherr von Webersberg, beſtimmte 
dieß wenig dewohnte Gebäude zu einem Benrfisiaten » Haufe für alte Stifts⸗ 
geiflliche , welche hier einen eigenen Heinen Gonvent hielten, und vom Seine 
aus verpflegt wurden. 

Seit 1185 it Voſtendurg eine Socatie der Pfarre St. gorenzen mis 
einem der heiligen Ratbarina geweihten Rirdlein. Die Bevölkes 
rung Diefer Local» Guratie beträgt kaum 900 Gerlen. Die gut beftellte Los 
eals Schule wird im Winter aewöhntid von mehr denn 70 Kindern befuchts. 
im Eommer hingegen ift fie ſehr oft ganz lcer, da die Gebirgsbetwohner ihre 
ſchulfahigen Kinder meiftens zum Viehhüten und au kleinen Landarbeiten 
Drauden. 

Sechs Arme genichen noch fortwährend die Wohlthat der Yaennen“ ⸗ 
{den Stiftung. 


„> 108 + 


fünf Kapellen fehenswerth : Die Loretto-, Krippel⸗, SID, Kroö⸗ 
nungs= und die Kreuzkapelle mit der Leichengruft. 

In der Krippel= und Delbergkapelle, wo die Geburt 
EHrifti und der Heiland auf dem Delderge vorgeftellt find, bemerkt 
man fehr paſſend angebrachte Wand » und Dedengemälte. Drei 
vortrefflihe Delgemälde: Maria Heimfuchung, die Opferung und 
die Findung des. Jeſukindes im Tempel vorfiellend, ‚zieren die Wän- 
de der erfleren, und farbige Senfterfcheiben, durch weiche die wilden 
Gebirge = Partien in mannigfachem, fehr reizendem Colorit erſcheinen, 
machen vornämlich die Delberglapelle mit ihrem dunkleren Nachtge⸗ 
mälde düſter und ſchauerlich. 

In der offenen Vorhalle der Rreustapelle befinden fi 
zwei Altäre, auf welchen Bilvhauerarbeiten (die Kreuzigung und das 
Grab des Erlöfers) angebracht find, dann ‚eine fhöne Gruppe in 
Holz gefchnißt, die Mutter des Heilandes vorftellend, wie fie, vor 
Schmerz ohnmächtig niederfintend, von den Frauen unterflüßt wird. 
Sn der Kapelle ſelbſt ruht, nad einem Monumente mit hronogras 
phiſcher Infchrift das Herz des Prälaten Philipp, welches die Kir- 
he und das Schloß größtentheils neu ausbaute. 

Mitten in der Vorhalle ift der Eingang in die Leihen: 
gruft. Niemand zeigte Luft, mit mir in dieſe Dunkle Wohnung ber 
Zodten hinabzufteigen. So kroch ich denn allein Die ſchmale Deff- 
nung hinunter, und fand ein Kleines Gewölbe mit einem Fenſter⸗ 
chen, durch welches die kühle Nordluft Hineinzog. Zwölf hölzerne 
Särge waren zu beiden Seiten übereinander geftellt. Ich hob die 
Dedel von den oberften Diefer Kleinen Zodtenbehaufungen ab, und 
fand in jeder eine Mumienleiche in ehrwürdigem Priefterornate. Bei 
allen waren die Geſichtszüge deutlich unterſcheidbar; ein dünner 
Schleier von Schimmel, deſſen zatte Fäden unter der leiſe darüber: 
ftreichenden Nordluft verzitterten, überzog die mürben Kleider, fo wie 
Geſicht und ‚Hände der Mumien, welche übrigens ganz hart anzu: 
fühlen waren. Wahrfcheinlich find Die meiften diefer Leichen Refte 
von Benefiziaten, welche Hier abgelebt haben, Manche mögen wel 


# 


„> 109 +. 


ſchon ein Jahrhundert in diefer Stätte ruhen. Die reine, fühle 
Gebirgäluft, und die nördliche Lage des Zodtengewölbes mögen die 
Berwefung der Leiber verhindert haben. Schade, Daß uns keine In⸗ 
fehrift Die Namen und das einflige Wirken Diefer Priefter bewahrte, 
deren irdifche Hüllen vermuthlich noch fpäten Zeiten unverfehrt auf⸗ 
bewahrt bleiben. 

Erft nach eilf Uhr verließen wir dieſe intereffante Burg, um 
den ziemlich jähen Felfenfteig weiter hinan zu verfolgen. Der Schul⸗ 
meifter, ein gefälliger junger Mann, begleitete uns als Fundiger 
Wegweiſer. 

Der Weg wurde bald ebener und bequemer, und führte an 
mehreren Bäuernhäufern vorüber, Wir gingen groͤßtentheils im küh⸗ 
len Schatten dichter Gefträuche und junger Bäume vor der bren« 
nenden Sonne. gefhügt. 

Schwarze Waldbeeren (Vaccinium Myrtillus) und dunfel- 
zothe „Granken“ (Preufelbeeren, V. vitis idea) blidten zu beiden 
Eeiten des Weges aus dem niedrigen Kraut in großer Menge hervor, 
und febienen wie hergezaubert, um uns im lechzenden Durfte ange- 
nehm zu erquicden. Wir fprachen ihnen auch wacker zu, obgleich Die 
Granken, aus welchen die armen Gebirgsbewohner ihren Effig zu be- 
zeiten pflegen, noch faum reif waren. 

Höher hinauf gings durch bemooste Urwaldung. Mächtige 
Baumftämme, durch Stürme gefällt, Tagen zerfireut, zum Theile ver- 
morfht und hoch mit Moos überzogen. Friſche, reine Quellen rie— 
felten auf grobem Gneiß =» Gerölle und Glimmerfchieferplatten über 
den Weg. Bald erblicdten wir einige Schwaighütten. Der Boden 
wurde grafiger, die Bäume flanden mehr vereinzelt, gegen Norden 
durch die häufigen Stürme beinahe nadt, die bufchigen Aefte gleich 
fliegenden Haaren gegen Süden jumendend, 

Zwei und eine halbe Stunde nach unferer Abreife von Feſten⸗ 
burg (um zwei Uhr) erreichten wir die Vorauer » Ochfenfchwaig, wo 
uns eine fehmalgefaßte, lange Fuhre Heu, mit acht Ochfen befpannt, 
begegnete. Der Wagen beftand bloß aus dem vorderen zwei Rädern 
und einer darangehängten Art Schleife („Schlapfen”), eine Vorrich⸗ 


> 110 «ee 


tung, welche zum Abwärtsfchleppen des kurzen und ſchwer zu bins 
denden Alpenheues befonders geeignet, und feit undenklichen Zeiten: 
hier im Gebrauch if. 

Die Schwaighütte war zu Fein und zu wenig einladend, als 
daß es und gelüftet Hätte, Darin den Mittagstifch aufzufchlagen. Wir 
zogen es vor, unter einer der alten fchattigen Fichten zu lagern, wels 
he unweit der Hütte ftanden, und diefer freundlichen Gebirge » Par- 
tie ein befonders reizendes Anſehen lieben. 

Ermüdet und eßluſtig liefen wir uns die kalte Rüde gut 
fhmeden, und tranfen das reine, eiskalte Waffer des nahen leben- 
digen Brunnens aus einem ledernen Becher, nachdem wir, um eine 
gefährliche, jähe Abkühlung zu vermeiden, einen Schluck Rum ge: 
nommen, und dem Waſſer felbjt von dieſer feurigen Flüſſigkeit et- 
was beigemifcht hatten. 

Schon hier war die Ausſicht ungemein ſchoͤn. Gerade gegen 
Weften hatten wir den impofanten Maffenberg vor uns, und 
tief unten, gleichfam zu feinen Füßen, das anfehnliche Stiftgebäude 
Boram mitten zwifchen niedrig fcheinenden Hügeln, dieſelben, die 
wir Morgens als hohe Telfenberge beftaunten;, weiter gegen Nord: 
wert und etwas höher die Kirche Wenigzell mit einer unbeden- 
tenden Häufergruppe; nördlich im tänfchender Nähe die Pyramide 
auf der Höhe des Wechſels; Hinter uns gegen Often den glatten, 
mit Felſen befleideten Rüden des Gebirges; füdwärts ausgedehnte 
dunkle Waldſtrecken. 

Erſt um drei Uhr traten wir den Weg zur Pyramide an, und 
glaubten dieſelbe in einer Viertelſtunde erreichen zu können, aber, 
je näher wir kamen, deſto weiter ſchien fich das Ziel von uns zu 
entfernen, und wir hatten mehr denn anderthalb Stunden hinanzu⸗ 
fteigen. Der Horizont erweiterte fich, je höher wir auf dem elaſti⸗ 
ſchen, mit Pirflinggras und Moos dicht Üüberpolfterten Boden vor- 
rüdten. Zwei muntere Rebe kamen ganz nahe heran, beflaunten 
und eine Weile, und feßten ihren flüchtigen Lauf nah der Höhe 
fort, wo eine zahlreiche Ochfenheerde weidete, zu welcher eben ein 
Hirt auf einem Klepper Binanritt. 


„> 111 ** 


Auf dem Samme des Berges angelangt, fahen wir plöß- 
lich das herrliche Panorama, nur gegen Norbweit noch von der 
FPoramidenhöhe befchränft. Am die Rundfchau zu erweitern, und 
am Fuße der Pyramide felbft zu genießen, beftiegen wir noch diele 
Höhe, und brauchten bis zu dieſem ganz nahe fcheinenden Punkte 
noch eine volle halbe Stunde, obwol wir und von den neugierigen 
Blicken einer großen Heerde weidender Ochfen, zwifchen welden wir 
durchwandeln mußten, und den vor Erſtaunen weit geöffneten Mäus 
lern der auf den Granitplatten einer Kleinen Felſenhoͤhe herumklet⸗ 
ternden „Halterbuben“ (Hirtenjungen) keineswegs in unferem Zuge 
aufhalten ließen. 

Die reine Nachmittagfonne warf befonderd gegen die öftlichen 
Partien Ungarn's und Oeſterreich's hin eine wunderfchöne Beleuch- 
tung. Die ganze große Ebene von Neunkirchen bis zum Wiener⸗ 
berge mit dem Steinfeld und der ganzen alten deserta Bo- 
jorum lag ausgebreitet vor unferen Blicken. Vom Wiener » Stes 
phansthurme, welchen Manche von hier aus mit freiem Auge ent- 
deckt haben wollen, konnten wir jedoch fogar mit dem Fernrohre feis 
ne Spur finden. Die Gegend über die Donau zu verſchwamm 
im fernen Horizont. 

Die lange cetiſche Gebirgskette lag zur Linken ausgedehnt 
bis zum nebelartig ſichtbaren Kahlen- und Leopoldsberge. An 
der Seite derſelben blickte das Städtchen Baden mit der ſchönen 
Weilburg hervor. In der Mitte der großen, von der breiten 
Heerſtraße durchſchnittenen, mit vielen Gleden, Dörfern, Schlöffern 
und einzelnen Gebäuden befäten Fläche zogen befonders Die blen- 
dend weißen Mauern- und rothen Dächer der aus ihren Brandruinen 
wieder erflandenen Wiener» Neuradt unfere Aufmerkfamteit 
auf fi. 

Nechts, gerade gegen Oft und Südoſt, verzweigten fich die Nie- 
derungen des Wechfelgebirges nad) Ungarn in beinahe wogenförmi« 
gen Zügen, bededt mit Waldungen, Saatfeldern und Weingärten. 
Am Ende der öftlichen Bergwogen erfchien ein blauer, mattglänjens 
der Streifen, von Norden nad Süden mehrere Shen weit fich 


an> 112 + 


ausdehnend, der ganze Spiegel des Neufiedler- Sees. Von 
den Städten Ruſt und Eifenftadt waren einzelne Partien au 
fehen. Am nördlichen Ende des Sees, am Fuße eines ziemlich 
bedeutenden Berges zeigte fih der Flecken Breitenbrunn dem 
freien Auge ganz deutlich. Von Neuſiedl konnte man nur wer 
nig unterfcheiden. Dedenburg blieb von einem Berge verdedt., 
Senfeits des Sees waren die größtentheild ebenen Landftreden der 
Wiefelburger- Gefpannfchaft wie durch einen Schleier fihtbar; 
die fernen Gegenden des Presburger-Gomitates über die 
Donau Hin verloren ſich im blauen Horizont. 

Gegen Südoft benahm eine ziemlich hohe Bergreihe die fernere 
Ausficht in die fehöneren Gegenden der Eiſenburger-Geſpann⸗ 
ſchaft, und verdeckte Güns, Steinamanger und Rechnitz. Südlich war 
die ftattlihe Grenzfefte Gießing fihtbar. Die fernften Gegenden 
Ungarn’s gegen Süden hin verfhwammen im matten Geſichtskreiſe, 
und nur das Matzzelge birg Eroatien’s (in Ober» Zagorien) blick⸗ 
te noch in matten Umriſſen hervor. 

Bor dem Mabelgebirg erfchien der majeftätifhe Donatiberg, 
und zeigte und die Nähe der berühmten Sauerbrunnen bei Rohitſch. 
An den Donatiberg reihten fi gegen Weften zu das Wotfch» und 
Bachergebirge, der Speikkogel (die Koralpe), die Pad, 
die Stubalpe, der Roſenkogel; felbft der Urfulaberg und 
die Pagen in Kärnthen halfen die fernere Ausficht begrenzen. 

Weſtlich und nördlich zeigten fih die Hochgebirge der oberen 
Steiermark: die Bruderalpe, die Hochalpe, der Diebsweg, 
der Rennweg, die Gebirge von Eifenerz, die Tragößer: 
alpe, tie Shwabenfette mit dem Hochſchwab, die Neus 
berger-Schneealpe. Im Hintergrunde ragte der'fpißige Det= 
ſcher hervor, und gerade nordwärts erhob der ungeheure Schnees 
berg in fcheinbarer Nähe fein breites Haupt, und ſchloß das impo⸗ 
fante Panorama. 

Im Vordergrunde gegen Nordweften hin zeichnete fih der weit- 
liche Zug det cetifhen Gebirge aus. Vom bochgewölbten 
Stuhlegg bis zum fleifabfhüffigen Lantſch und dem breiten 


„> 113 +" 


Schoͤckel zogen diefe Gebirgmaffen hin, und aus ihrer langen Reis 
be erhoben ſich noch auffallend die Geieregger⸗, NRattner, 
Fiſchbacher-Alpen, der DOfferkogel, die Zeihalpe und 
mehrere andere bedeutende Berge. 

Der große und Meine Pfaff, fo wie der Semmering was 
zen nur theilweife fihtbar, und erfchienen wie Hügel. 

Befonders fhön lag der Wech ſelaſt des hinteren Um— 
fhuffes vor und, welcher den- Feiſtrizwald, die St. Jakober⸗, 
Wenigzeller⸗ und Vorauer « Gebirge, die Waldwiefen, den hohen Maf- 
fenderg und den Rabenwald bildet, den Flüſſen Feiſtritz, Lafniz und 
Saven ihren Urfprung gibt, die in ihren Verzweigungen die fchönen 
Ehäler der Lafniz, der Lungiz, der Hartberger= und Pöllauer- Gas 
ven, und mit der cetifchen Gebirgsfette auch das der Feiſtrig begrenzen. 

Fernehin gegen Süden erfchlenen einige Stellen des langen 
und fruchtbaren Thales der Raab, welche am weſtlichen Ende der 
cetifhen Gebirgskette (an der Heubodenhöhe, nördlich von Fladnitz) 
entfpringend, alle Gewäfler des Wechfelgebirges aufnimmt, und fie 
in Ungarn der Donau zuführt. 

Der Ort Rettenegg fo wie Ratten mit der berühmten 
Senſenfabrik, der Walzenblech⸗ und Nägelfabrif, vielen Eiſenhäm⸗ 
mern ıc. konnten wegen der Ziefe und mancher Biegungen Des Rats 
tenthales nicht gefehen werden. Auch Hartberg war durch eine 
Niederung des Ringberges verdeckt. Dafür erfchien aber Das groß« 
artige Stiftgebäude Borau in feinem ganzen Umfange. 

Während die Sonne fih immer mehr den Zragöfer « Bergen 
zumeigte, und beſonders die ungariſchen Parthien in das fhönfte Licht 
kleidete, machten wir den bei anderthalb Stunden langen Weg auf 
elaftifchem Moos und glattem Pirftlinggras bis zum hinteren Um⸗ 
ſchuß, welchen Manche für den Höchften Punkt des Wechfels Halten. 
Hier war die Ausfiht in dad Rattenthal und die großen Ges 
birgsverzweigungen gegen Vorau, Pirkfeld und Anger hin 
noch um Vieles erweitert. 

Indeß drohte die Sonne unterzugehen, und wir mußten eine 
Nachtherberge fuchen, als welche uns das eine Stunde von dieſem 
5. Jahrg. L Heft. 8 


114 tree 


Punkt entfernte Wirthehaus der Teisberger-Schwaig im 
„Deiterreich bezeichnet wurde. 

Der Weg dahin führte über die mit Gneißträmmern befäete 
Wafferfcheide, wo auf der Weftfeite einige Quellen der Feiſtriz, und 
gegen Oſten Der: Zraffen » oder Afpangerbach den Urfprung nehmen; 
dann Über den Sattel des. Mölzed ins Thal. Hier war der Pfad 
-ftellenweife ſehr abfhüffig und beſchwerlich, fo daß mir beinahe 
‚müde wurden; dafür entfchädigte. aber das herrliche Schanfpiel des 
Sonnenunterganged, Alle fernen, dunfelblauen Gebirge des weft: 
lichen Horizontes, welche früher, wie im Aether verſchwommen, in 
weniger beſtimmten Umriſſen ſich gezeigt, erſchienen nun durch die 
goldene Abendroͤthe ſcharf begrenzt und gleichſam näher gerückt. Selbſt 
im Süden war der hohe Kamm des Donatiberges noch mit dieſem 
: freundlichen Lichtfanme matt umzogen. Zahllofe Heine Wolkengrup⸗ 
pen in den -fihönften Weuerfarben ftanden am lichten Blaue des Him⸗ 
miels, oder zogen langfam, fortwährend ihre Geftalten wechfelnd, über 
die immer dunkler werdenden ©ebirge hin, Der kühle Abendwind 
raufchte Durch die zwergartigen Bäumchen und Gebüſche, und Die 
Gebirgsbewohner fehrten, fröhlich ihre Alpenweiſen fingend, von der 
befihtwerlichen Arbeit des Heumachens Heim in ihre Hütten. 

Dunkler war der Himmel gegen Often zu, und der Neufied- 
lerſee erſchien faft dunkelblau. Auch Hier zeigte fih der Horizont 
ſcharf begvenzt, und man fonnte miehrere Berge und Ortfchaften ſelbſt 
über die Donau hin unterfcheiden. 

Endlich erblicten wir feheinbar ziemlich tief im Thal die Ge: 
- böfde der Schwaig im matten Dämmerfchein, und ruhten balt in 
der geräumigen Wirtheftube, dem einzigen vorhandenen Wohnzims 
mer, and. Durch die Meinen Fenfter derfelben überfchauten wir 
noch einmal die Lange, blaue Fläche des Neufiedlerfees. 

Das Abendmahl war ganz idylliſch. Die hübſche, vollfräftige 
Schwaigerin ſetzte vortrefflihe Milch, Butter, Käfe und Brot auf. 
Der gute Wein, behauptete fie, fei Tags vorher von - einer luſti— 
gen Gefellihaft ganz ausgetrunfen worden. 


„> 415 * ö 


Vor Einbruch der Nacht Hatten wir noch Zeit den Kupftalt 
zu befehen. Er war ganz mit Holz gebühnt und fehr rein gehals 
ten, aber niedrig. Fünf und vierzig wohlgenährte Kühe von fehe 
fhönem Schlage, nebſt einem majefätifchen Stier und einigem Jungs 
sieh waren in zwei Reihen aufgeftellt. Die Schwaigerin befchäftigte 
fih eben mit dem Delfen, und goß die Milch durch eine leinene 
Seihe in ein reines Holzgefäß zufammen, 

Das Wohnhaus beftand, fo wie alle Schwaigen in dieſer 
Gegend, aus der Stube mit einem Bett, der Küche, wo zugleich Käs 
bereitet wurde, und ein Paar Kammern für Milch, Käfe, Wein 
u. dgl. Bei folden Umftänden war in Bezug auf das Nachtlager 
wol fehr Wenig zu erwarten. Dazu kam noch eine luſtige Gefells 
fhaft mit Gefang und Muſik -angezogen, und fiel jubelnd in unfere 
Stube ein. Tanz und Mufif dauerten bis nach Mitternacht. 

—Wir zogen uns, flatt in Die inneren. Oemächer, auf den Heus 
ſchlag des Kuhſtalles zutück, wo uns ein dünnes Lager. von kurzem 
Pfriem⸗ oder Pirfling - Heu erwartete. Die Schwaigerin gab Lein⸗ 
tücher und Pölfter dazu; als Deden- dienten unfere Mäntel. Aber 
welh eine Nacht! Iubellärm von der Stube herüber; der Wind 
flürmend durch die loſen Dachfchindeln, pfeifend und braufend durch 
die nahen Wälder; der leichte Dachſtuhl erbebend ‚unter Heftigen 
Windftößen; der-Tebendige Brunnen plätfehernd im Hofe; ein dumpf 
erfhütterndes Donnern aus dem Kuhſtall herauf vom fortwährenden 
Geftampfe des Viehes 1.5 Dazu das fpiße, pfriemartige, kurze Heu, 
welches troß aller Kleider den Weg an unfere Haut fand, und ein 
sinerträgliches Jucken und Stechen verurfachte; endlich die allmählige 
Ankunft der luftigen Gäfte in unferem Schlafgemache, denen wir im⸗ 
mer zurufen mußten, nicht über unfere Nafen zu fleigen oder zu 
fallen; alle diefe Dinge waren offenbar nicht geeignet, unfere nächt- 
liche Ruhe zu begünftigen. 

Wir fchliefen faum eine Stunde, als uns fchon die graue Mor: 
gendämmerung zum herrlichen Schaufpiele des Sonnenaufganges rief. 
Der öftliche Himmel war beinahe wolkenlos, die fernen Berge jen— 
feits des Neufiedlerfees, vom zartem Morgenroth beſäumt, erfchienen 

g» 


> 116 + 


im matten Nebelblau; der lange Spiegel des Sees wurde Immer 
lichter, and die rothglühende Sonnenkugel wand fich langſam mitten 
über die glänzende Fläche desfelden empor; die früher unbemerkten 
jenfeitigen Sümpfe zeigten fih als Sonnenfpiegel auf einmal im 
hellſten Feuerglanze. 

Indeß hatten wir ein gutes Kaffeh⸗KFrühſtück eingenommen, 
und wandelten wieder gang leicht in dritthalb Stunden zur Pyrami: 
denhöhe hinan, während fi). der Horizont immer ſchöner entwidelte. 
Befonders rein erfchienen die Gebirgsgruppen gegen Welten. Im Gan⸗ 
sen war die Ausficht jedoch minder Har ald am Abende vorher. 

Die fehr frifche Morgenluft ließ und nicht lange bei der Py⸗ 
samide verweilen. Wir teaten Taher den Rüdweg, und: zwar über 
den vorderen Umfhuß oder die Steinwand an, bis zu wel« 
chem Punkte wir andertHald Stunden brauchten. Hier präfentirte fich 
vorzüglich die Partie gegen Ungarn Hin viel ausgedehnter und klarer. 

Bon da gings eine halbe Stunde ziemlich gäh abwärts zur Vor⸗ 
auer Kühſchwaig. Unterwegs fahen wir ein altes Mütterlein Kram⸗ 
perithee (isländifches Moos) fammeln, und mehrere Landleute mit 
dem Trocknen des eben gemähten, nur wenige Zoll langen Alpen« 
beues, und dem Aufladen desfelben auf eigens dazu paffende Schlits 
ten beichäftiget. Das Gras war fo troden und glatt, daß wir beis 
nahe nur gleitend die Höhe hinablommen konnten. 

Nach eingenommener Erfriſchung in der Kühfchwaig traten wir, 
von einem neuen Wegweifer begleitet, den Weg gegen Griedberg 
an, und gelangten in einer Stunde zur Thalberger-Shwaig, 
von welcher wir links in die Ehalfchlucht einlenkten, und auf tinens 
äußerft fleilen und befchwerlichen Wege, an einer langen Holzrie⸗ 
fe vorüber, in anderthalb Stunden zur Hoffag kamen. 

Hier wartete der Wagen, und brachte uns auf einem ſchwer 
fahrbaren Waldwege in zwei Stunden nah Friedberg, wo wir 
und nach diefer zweitägigen, befchwerlichen Fußreiſe nicht im minde⸗ 
fen ermüdet, fondern im Gegentheile auffallend geſtärkt fan— 
den, und mit feltenem Appetit das Mittagmapl verzehrten. 


„> 117 *“ 


Zu dem Vergnügen einer folchen Gebirge «Reife geſellt fich noch 
der wohlthätige Einfluß auf die Geſundheit. Der Kör- 
per wird agil, frifh und kräftig; die Girculation des Blutes und 
die Bewegung aller Säfte wird freier, lebhaften; der Geiſt heitert 
fih auf, das Gemüth wird zum Frohſinn geflimmt, das Herz er= 
weitert fih in der weifen, herrlichen Rundfhau. Hier fühlt der 
Menſch, befonders der in widernatürlichen Verhältniffen verfümmer- 
te, der in Städte» Dunft und Luxus verfrüppelte, — bier fühlt er 
wieder, Daß er Menfch if, und mehr als eine Schraube in der 
complicirten Mafchine der verfünftelten Verhältniffe unferes verfchro- 
ben cultivirten Zeitalters; hier fliehen die Nebel von feinem Geifte, 
es fallen die Bande von dem gepreßten Herzen, er athmet frei und 
Leicht ; fein frohes Gemüth dehnt fih aus über die weite, freie Na— 
tur, und verfchwimmt mit den fernen nebelgleichen Gebirgen in den 
unendlichen, reinen Aether; feine Körperleiden, die wirklichen fo wie 
die eingebildeten, fühlt er nicht oder kaum in diefem erhabenen Tem⸗ 
pel bes ewigen Schaffers. | 

Aerzte, zumal meine lieben vaterländifchen Gollegen, die fo 
oft Gelegenheit haben, das erbärmliche Siechthum unſerer Zeit zu 
mildern, mögen, meinen freundlichen Rath beachtend, folche verküm⸗ 
merte Opfer des menfchlichen Wahnes jägrlih wenigſtens einmal zu 
geeigneter Zeit auf eine Alpe (den Wechfel, den Speiffogel, manche 
oberfteierifche Alpen, auch nur auf den Donatiberg nächſt der Sauer⸗ 
brunnen-Suranftalt bei Rohitſch, den vulkaniſchen Gleichenbergerkogel 
an der Curanſtalt der dem Selterwaſſer ganz ähnlichen Gleichen⸗ 
berger» und Sohannisbrunnen, oder auch blos auf den fleierifchen 
Bloksberg, den Schödel bei Gräg) ſchicken. Sie werden Wunder von 
diefer einfachen Gurart erfahren, und ihre beklagenswerthen, geplag⸗ 
ten Kranken werden ihnen, die wohlthätige Einwirkung der freien, 
ungefünftelten Natur (nach jahrelangem Gebrauche vieler und vers 
ſchiedenartiger Medicamente und Eurarten) Im jercütteten Organis⸗ 
mus fühlend, für diefen einfachen und fo leicht zu befolgenden Rath 
gewiß herzlich danken. 

— — 


244 118 Crtt 


Entstehung Des La ndhauses 


ober * 


Ständehauses in Grätz '). 


Bon Joſeph Wartinger, 
Landfchafts » und Joanneums « Archivar. 





Sen vor einem halben Sahrtaufende ftand auf dem Plabe, 
wo jeßt der von der Herrengaffe und vom Landhausgäßchen begrenzte 
nordöftliche Theil des Landhaufes ift, ein Gebäude, die Kanzlei 
genannt, das folglich öffentlichen Schreibgefchäften gewidmet war: 
Dasfelbe verlor in Der Zeitfolge feine VBeftimmung, und ward ein 
bürgerliches Wohnhaus. Inter den bis jeßt aufgefundenen Befigern 
erfcheint zuerſt Jörg Dattfeer, Bürger zu Petau, welcher dieſes in 
der Burgerſtraße gelegene Haus an Niklas Strobel, Bürger in 
Gräß, verkauft hatte, der fein in der Kanzlei gelegenes Zuhaus dem 
Meifter Hanfen Goldſchmied am 11. März 1457 um ein hundert 
vierzig Pfund Pfennig käuflich hingab. | 

Der erfte Ankauf zur Errichtung des Landhaufes gefhah im 
Jahre 1494. Der Bürger Heinrich Ernft verkaufte „am Pfingfitage 
vor St. Philipp» und Jakobstag (28. April) 1494 den Prälaten 
und dem Adel des Fürſtenthums Steier ein Haus, die Kanzlei ge 
nannt, zu Graz in der Herrengaffers) gelegen, ſammt der 





4) Der Hr. Verfaffer ſchreibt «Graz.» Der im 1. H. IV. Jahrg. diefer Beitfchrift vers 

ſprochene Aufſatz über die Schreibart «GB rät» wird nächfteng geliefert werden. 
Anm. d. Red. 

9) In dem Zeitraume von 1957 bis 1394 hatte Shrän feine Buraerftraße in die 

Herrengaffe umgetauft; eden‘fo wurden aus der Sporrer : und Binder» 


> 110 re, 


Lehenſchaft der Kapelle darin, mit aller Herrlichkeit und Zugehörung, 
Die Berainung diefes Haufes ift auf folgende Art angegeben: „Es 
frößt an des Pruefchinfgen Häufer, mit einer Seite an des Bartlme 
Goldſchmied Haus, mit der.andern an das Gaſſel zwiichen der Bat: 
ftube, und binten an die Dragintafchen.“ Die Kaufſumme iſt nicht 
ausgedrüdt. 

Da diefes Haus in die Iandesfürftliche Kammer jährlich mit. 
fünfthalb Pfennig Grunddienft zinsbar war, fo hatte Kaifer Mari: 
milian J. nebſt Veftätigung dieſes Kaufes (als Grundherr) die Land: 
fhaft (die Stände), welche diefes Gebäude zu des Landesfürften und. 
des Landes Angelegenheiten und zu öffentlichen Verhandlungen zu 
verwenden, beſtimmte, rücfichtlih Diefes Haufes nicht nur von Dem 
chen erwähnten Grundzinfe, fo lang. es zu feiner neuen Beſtimmung 
würde verwendet werden, fondern auch von aller Steuer, Nobet, 
Wachdienſt, und von allen andern Gemeindelaften befreit. Die Ur— 
Funde ift gegeben zu „Köln am Diontag nach St, Peter und Pauls. 
Zag der heiligen Zwölfboten (30. Juni) 1494, 

Mit dieſem Haufe hatten die Stände auch die Leheuſchaft der 
Kapelle mit, aller Herrlichkeit,und- Zugehörung gekauft, Das iſt Die 
Landhauskaplaneigült und das Recht, die Landhauskaplanei zu beſetzen; 
Lie erſtere, jedoch mit- Ausfchhuß Des. dazu gehürigen Zehentes, war 
mit 16 Pfund beanſagt, und lag größtentheils zwiſchen Schladming 
und Gröbming, umd zum, Theile auf Grundftücen bei, Frohnleiten y 
Tas Recht, die Landhausfaplanei, zu beſetzen, übten die Stände wirk— 
lich aus, ſo z. B. ernannten fieim Jahre 1529 den Priefter Pe— 
ter Gruber zum Landhauskaplan, der ein eigenes Kaplanhaus bez 
ſaß, zu deſſen Baue fie ihm im Jahre 1531 zwanzig Pfund Piens 
nige anwieſen. Allein. Diefe Kaplanei ging bald ein, da die Land— 
ftände almäplig zur proteftantijchen Religion übertraten. Man riß, 
beim Ueberbauen Des Landhauſes, Die Kapelle im Jahre 1563 ein, 
und am 6. März 1572 verlaufen die Stände, Die bereits im De: 





firafie die Spor: und Binderaaffe, tährend das große Wien feine 
Kaͤrnthner⸗, Krugers, Riemer⸗, Ginger: u Straße noch bis scht behal⸗ 
ten bat, ’ z 


„> 120 + 


Age der proteftantifhen Stiftkirche im jekigen Paradeis waren, die 
Landhausfaplaneigült, jedoch mit Ausfhluß des Zehentes, an Fer⸗ 
Dinand Freiheren v. Hofmann um 1000 Pfund Pfennig ins volle 
freie Eigentum; doch diefer, edel genug, machte von der Geld- 
noth der Stände feinen Gebrauch, fondern ftellte ihnen einen Re- 
vers aus, daß fie diefe Gült, wann immer, um die obige Kauffumme 
zurücdzulöfen berechtiget fein follen. 

Wirklich Töfeten die Stände diefe Gült ſchon vor dem Sabre 
1594 zurück, und verfauften 1594 Hiervon zwei auf Grundſtücken 
bei Srohnleiten gelegene Pfund Gült an Wilhelm v. Radmansdorf. 
Zwei Jahre fpäter hatte Erzherzog Ferdinand angefangen, den Protes 
ſtantismus aus Steiermark zu verbannen; die Landftände traten alls 
mählig zur Fatholifchen Religion über, ftellten die Landhauskapelle wie- 
der ber, und übergaben die damals nur 14 Pfund betragende Lands 
Bausfaplaneigült famınt Zehent Fraft Vertrages vom 30. Juni 1631 
dem Gräger Stadtpfarrer Georg, Bifchof zu Diocäfarea ꝛc. mit der 
Bedingung, daß er Gült und Zehent fo lange genießen foll, als er 
felbft oder ein feiniger Kaplan in der Landhausfapelle die Heilige 
Meſſe alle Mittwoche und Samstage, wenn dieſ⸗ Tage nicht Geier: 
tage wären, lefen würde. 

Fünf und zwanzig Jahre nach dem erſten Ankaufe Haben die 
Stände das in der Schmiedgaffe gelegene, an das Landhaus floßen- 
de Freihaus am Montage St. Ulrichstag (A. Juli) 1519 von Zörg 
Reinwald gekauft, welcher dasſelbe vom regierenden Grafen Johann 
zu Hardek wegen vorzüglicher treuer Dienfte als deffen Rath und 
Pfleger, am Sreitage vor. Lätare (19. März) 1512 als Gefchent 
erhielt. Auch Hier iſt die Kauffumme nicht angegeben. 

.- Der Befiß des Rainwald’fchen Haufes gab den Ständen Ge: 
legenheit, den noch jegt beftehenden geräumigen ſogenannten Ritter 
faal zu bauen, deffen weſtlicher Theil fhon 1531 fcheint vollendet 
worden zu fein, wie der in der Schmiedgaffe am Gingange in das 
Landhausgäßchen am Landhaufe Hoch oben eingemauerte Stein ans 
zeigt. Indeſſen wurde fowol an diefem Saale, fo wie an dem gans 
jen nördlichen Theile des Landhaufes, mit längern Lnterbrechungen, 


== 


„> 121 «iw 


bis beiläufig zum Jahre 1565, nicht nach gezeichneten Plänen oder 
Vauriffen, fondern nah Modellen fortgebauet, ‘die innere prächtige 
Einrichtung Hergeftellt, und insbefondere wurden an den Wänden 
des Ritterſaales die Wappen der Damaligen fteiermärkifch » tändifchen 
Gefchlechter, nachdem zwei Jahre vorher die erſte Matrikel der ſteier⸗ 
märfifchen Landſtände geregelt und verfaßt worden war, gemalt. Leis 
der wurden alle diefe Wappen zu Anfange des vorigen Sahrhundertes, 
als der jetzige Landtagsſaal erbauet, und der Haupteingang in den= 
felden durch die Wand des Nitterfanles gemacht wurde, zerflört. 
Stüdlicher Weiſe Hat der Hiefige Formfchneider und Buchdruder Za- 
charias Bartſch Diefe Wappen ſchon im Jahre 1567 im Holz gefchnit- 
ten, abgedrudt, und den Ständen mehrere Eremplare fammt den 
geſchnittenen Holztafeln übergeben, von welchen noch eine große Zahl 
im Landhausarchive vorhanden ift. Hier drängt fich eine Bemerkung 
über die Sage auf, daß die Türken im Jahre 1532 die Stadt Gräß 
erobert, und einen Theil derfelben fammt dem neuerbauten Land⸗ 
hauſe niedergebrannt haben follen. Als Denkmal diefer Thatfache, 
und als Beweis für die Nichtigkeit derfelben wird jenes hölzerne 
Zürkenbild genannt, das dräuend mit Schwert und Schild fich aus 
einem runden Fenſterchen des Saurau’fchen Haufes in der Spor⸗ 
gaffe herausdrängt. Hier foll der türkifche Heerführer gewohnt, hier 
fol ihm eine Kanonentugel vom Schloßberge herab, den er nicht 
erobern konnte, den Braten aus der Schüffel geworfen, und diefe 
ummillfommene Störung ihn zum Abzuge mit der Aeußerung be- 
fimmt haben: „Die Stube ohne Ofen (die Stadt ohne Schloß: 
berg) müßt nichts." Aus Rache fol er euer in die Stadt gewor⸗ 
fen haben, welches einen Theil derfelden und das Landhaus ein, 
äfcherte. — Der Glaubwürdigkeit dieſer Sage ſteht entgegen, daß 
die vielen ſtändiſchen gleichzeitigen und fpätern Schriften auch nicht 
mit einer Sylbe diefes angeblichen Brandes erwähnen, obgleich fie 
oft von dem großen Brandfchaden fprechen, den die Landbewohner 
zu jener Zeit duch die Türken erlitten, und welchen Verunglücten 
deßhalb Zins, Steuer und andere Dienfte auf einige Zeit erlaffen 
wurden. Wuch hat man weder am Landhauſe, noch felbft an den 


> 122 «ie 


dem Saurau'ſchen Haufe viel näher gelegenen Gebäuden, z. B. am 
Vicedom- oder Ballyaufe, an der Burg, an bei Domkirche ꝛc., wels 
che alle damals ſchon beſtanden, irgend eine Spur eines Brandes 
gefunden; ja an den Außenwänden der Domtirche haben fich feit 
1456 und 1480 bis quf unfere Zage Gemälde, von feinem Feuer 
verleßt, erhalten, 

- Im Jahre 1534 hatten die Stände das in der Herrengaſſe 
ſüdlich vom Landhaufe Tiegende Häuschen vom Fleiſchhauer Ulrich 
Holger um 600 Pfund Pfennige erkauft. Bon dieſem Eleinen im 
der Kanzlei gelegenen Gebäude, welches, wie früher gefagt wurde, 
Niklas Strobel fammt dem Hof, halben Brunnen, einer langen Mauer 
und Planke im Jahre 1457 an Hanfen Goldſchmied verfauft hat- 
te, find aus den vorhandenen Verfaufs= und. Vergleihöurfunden über 
die Streitigkeiten wegen. der langen, Mauer. folgende Befiger befannı: 
Sm Jahre 1503 nämlich Bartlme Goldſchmied, aus einem Berglei- 
he mit feinem füdlichen Nachbar Hans Adler wegen Der langen 
Mauer, „am Montage nach vunfer liehn frayntag Irer heiligũ ge- 
purdt (14. September). 1503. — Im Jahre 1526 ‚verfaufte au 
10. Jänner Georg. Stürglh, Bürger zu Grätz, dieſe Realität an den 
Fleiſchhauer Ulrich Holger, welcher diefefbe-am 25. Juni 1531. an 
Ruprecht Ratmair, Bürger und Bäder: zu. Grätz, im Sabre 1534 
aber, wie Schon gefagt wurde, an die Stände verkauft hat. 
Dieſe Nealität hatte in Die, landesfürftlihe Kammer, jährlich 
drei Pfeunige Grundzins zu entrichten. Kaiſer Ferdinand I. erließ, 
den Ständen am, 31. Detober 1558 wicht nur Diefe Steuer, ſondern 
er befreite dieſes Häuschen auch von der bürgerlichen. Gerichtsbarkeit 
und von allen Beiträgen ‚zu den Gemeindelaſten der Stadt Grüß, 
und ertheilte den Ständen für dasſelbe alle — nie di Lands 
haus damals fchon beſaß. 

. Die zu, Bruck im Landtage DR Stände an u 
13. November 4577. den Verordneten auf, das füdlich am vergrös 
ßerten Landhauſe gelegene: Rindſcheid ſche Daus, wenn es um einem 
billigen Preis zu erhalten. wäre; zu kaufen. ‚Diefes Haus, im Jahre 
1457. von Chriſtoph Chulber, im Jahte 1503 von Dans Adlex, 


4Hn> 123 “rer 


Lantfihreiber und Bürger zu Gräß, in Den Jahren 1520, 1526, 
1531, vom des legtern Söhnen Chriftepp und Andreas Adler be: 
fefjen, ging von Diefer Familie an Bernhardin Rindicheid zu Schiech— 
leutten um einen Kaufihilling von zweitaufend fünfhundert Gulden 
über. Diefer hatte in Vieles fehr baufällige Haus mehr als drei— 
taufend Gulden verbaut, und hierbei unbefugter Weife in Tie Mauer 
des Lanthaufes gegen des Ginnehmers Zimmer hin, zum großen 
Schaden dieſes Gebäudes, gebrochen. Rindſcheid farb, und hinter: 
ließ eine große Steuerfchuld zur Landfchaftskaffe- Die Stände Tran- 
gen auf die Bezahlung des Steuerausftandes, und auf die Hebung 
der an der Landhausmauer gefchehenen Beſchädigung; Doch dieſes 
letztere konnte ohne Schaden des Rindſcheid'ſchen Haufes nicht be: 
wirfet werden. Gedrängt Durch dieſe Verhältniffe, und da der ſchlim⸗ 
me Zuſtand dee Gänge des Rindſcheid'ſchen Hauſes dieſem felbft 
fehr große Gefahr drohete, verfauften die Gerhaben der Rindſcheid'- 
(den Pupillen, Georg Kleindienft zu Werenegg und Kafpar Puggl, 
den Ständen das Rindſcheid'ſche Haus um Dreitaufend Gulden reis 
nifh, und Hundert Dukaten Leifauf am 20. November. 1578. 

‚ Da das. Rindfcheid'fche Haus bürgerlich, und nun an die Stän: 
de zur Vergrößerung des Landhaufes übergegangen. war, fo widers 
feßte fih Der Magiftrat dieſem Kaufe aus. gegründeter Beforgnifi, 
es dürfte feiner Gerichtöbarfeit. und feinem Befteuerungsrechte ent⸗ 
zogen werden. - Man wandte fih an den zsegierenden Landrsfürften 
Erzherzog Karl U., welcher im Landtage am 5. März 1581 ent: 
ſchied, Daß das Rindſcheid'ſche Haus für immer von aller Steuer, 
Robot und von allen Gemeindelaften frei fein, die Stände aber we: 
gen Weberwälzung diefer Laften auf die übrigen Stadtbewohner volle 
Vergütung leiften follten. Die Stände bezahlten an den Magiftrat 
eine nicht genannte Summe, und diefer fertigte am 1. April 1594 
den Steuer» und Jurisdietions-Befreiungsbrief aus. 

Endlich Fauften Die Stände, kraft Einftandsrechtes ,. das. wis 
fhen dem Landhauſe und Karls Freiherrn von Stadl Haufe geles 
gene Rattmanftorffche Haus, welches Chriſtoph Alban Graf von 
Saurau am 1. Detober 1637 an Georg Pamberger, Rathsbürger 


4 
in> 124 «re 


zu Gräß, um 3900 Gulden, jeden zu 15 Bazen oder 60 Kreuzer ge: 
rechnet, nebft 100 Golddukaten Leifauf verkauft hatte, von diefem letz⸗ 
tern am 16. März 1639, wahrfcheinlich um die vorhin genannte Summe, 

So wie die früher angefauften Theile des Landhaufes, wünſch— 
ten die Stände auch das Rattmanftorffche Haus, da es bürgerlich 
und dem Grätzer Magiftrate dienftvar war, in ihr volles und freies 
Eigenthum zu bringen, und löfeten es alfo am 15. Februar 1639 
beim Magiftrate mit 1250 Fr. für immer von aller Dienftbarkeit frei. 

In diefem Rattmanftorffchen Haufe wurde das noch jeßt be— 
ftehende Händifche Zeughaus errichtet, welches in feinen vier Stoc- 
werfen eine fehr große Zahl Waffen verfchiedener Arten, und im 
zweiten Stockwerke einen fehr hübſchen, mit dem Bathory'ſchen Wap- 
pen gejierten Wagen von befonderer Bauart verwahrt. 

Da übrigens die Aufzählung defien, was das Landhaus in ſich 
fließt, außer den Grenzen diefer kurzen Entftehungsgefchichte dieſes 
Gebäudes liegt, fo wird Hier nur noch der von den Landfländen für 
das Landhaus am A, Februar 1588 verfaßte, vom Erzherzog Karl II. 
am 6. Februar des nämlichen Jahres, feinem vollen Inhalte nach 
beftätigte, und am 9. Dctober 1588 fund gemachte Freibrief aus⸗ 
zugsweiſe beigefügt. 

Das Landhaus war urfprünglich zu den Landtagsverfammlun: 
gen der Lands und Hofe Rechte, dann der verfchiedenen Angelegens 
heiten, welche im ausgedehnten Wirkungskreife des fändifchen Aus⸗ 
ſchuſſes und der Verordneten Stelle lagen, beflimmt ; auch waren in 
dieſem geräumigen Gebäude, welches damals nur wenige Amtslocali⸗ 
täten hatte, nicht felten Hochzeitfeierlichkeiten ausgezeichneter Perfonen. 

Wenn die Landflände zu Gefchäftsverhandlungen fi im Land⸗ 
hauſe verfammelten, wurden fie gewöhnlich von Ihren Dienern dorts 
hin begleitet, welche, bisweilen auch betrunken, durch Gefchrei, Raus 
fen und Schlägereien die in Landtagen oder Rathefigungen Verſam⸗ 
melten flörten. Schlimmer ging es bei Hochzeiten, wo mandmal 
ſelbſt junge Landftände die Diener gegenfeitig zu Händel aufreisten, 
und gewiffermaffen dazu nöthigten, bisweilen wol auch ſelbſt, gelehrig 
dem Beifpiele älterer Landflände folgend, zu Thätlichkeiten übergingen. 


„> 125 «u 


Diefen groben Unfügen Schranfen- zu feßen, ward verordnet, 
daß jener Landſtand, welcher Semanden mit Läfterworten oder Maul: 
ftreichen beleidigen, Dolche oder andere Waffen entblößen, oder die 
Diener zu Unfügen aufreizen würde, fogleich von den Verordneten vor 
den Landeshauptmann, Landesverwefer oder Landesverwalter und vor 
die Landflände zu fordern fei, wo über ihn erkannt, und das Urtheil 
fogleih in Erfüllung gefeßt werden follte. Wäre der Landeshaupt⸗ 
mann, Landesverwefer oder Landesverwalter felbft gegenwärtig, fo ſoll 
er den Schuldigen fogleich felbft vernehmen, und über ihn verfügen. 

In Hinfiht Ter Dienerfchaft wurde beftimmt, Daß fein Land- 
fand mehr, als einen Diener_in das Landhaus kommen lafien 
foll; würde fih ein folder in Worten oder Thaten ungebührlich bes 
tragen, fo follen ihn die Verordneten fogleich durch eigens hierzu 
beftellte Leute fe nehmen, und unter die Stiege feßen laffen. Wür⸗ 
de ein Diener einem andern muthwillig und vorfeßlich, oder aus 
Zorn und Uebereilung einen Maulſtreich geben, fo fol er in Feſſel 
gelegt, vier Wochen im Stadtgraben arbeiten; würde ein Diener ein 
Brotmefler, einen Dolch oder eine andere Wehre entblößen, und ges 
gen Iemanden zuden, ohne zu flechen, fo foll er eine Hand verlies 
zen. Wer aber mit gezücdtem Meffer, Dolch oder einer ? andern Weh⸗ 
re Jemanden anfällt und verwundet, wenn dieſer an dem empfan⸗ 
genen Stiche oder Streiche auch nicht flirbt, — ein folcher Thäter hat 
den Kopf verwirkt. Die Verordneten follen jeden foldhen Verbrecher 
gemeinen Standes ohne Rüdficht, wen er zugehört, dem Stadtgerich⸗ 
te zur ſchleunigen Execution überliefern; würde ſich ein Landſtand um 
einen folchen Verbrecher, der fein Diener war, annehmen, fo foll der⸗ 
ſelbe vor den Landeshauptmann gefordert, und von diefem über ihn 
ertannt, mit dem Diener aber dennoch ohne Verzug verfahren werden. 

Uebrigens follen die Verordneten, welchen das Landhaus befons 
ders emipfohlen ift, andere frafmäßige Handlungen, welche von Die- 
nern oder andern Perfonen gemeinen Standes innerhalb diefes Ges 
baudes begangen würden, nach Berhältniß der That beftiafen, 


u — 


„> 196 «ee 


ueber das 


Erdbeben in Untersteier 
am 31. Juli 1838. 


yon Georg Mally, 
8. k. Profeflor- 





Di Erfahrung lehrt, daß Gebirgögegenden, welche in der 
Nähe des Meeres oder feuerfpeiender Berge liegen, fo wie auch Ins 
ſeln von der Plage des Erdbebens häufiger Heimgefucht werden, als 
ebene Landſtrecken. Wenden wir Diefes auf unfere Steiermark an, 
fo hat fie, obwol fie ein Gebirgsland ift, Doc wegen ihrer bedeu- 
tenden Entfernung vom Meere weniger zu fürchten, auch find die 
Vulkane, welche den noch) vorhandenen Spuren zufolge-einft in uns 
ferem Vaterlande wütheten, fehon in Der Urzeit ausgebrannt und 
erlofchen. Ungeachtet . Diefer Umftände mweifen Doc Die ältere und 
ngıere Gefchichte Zeitpunfte auf, wo das Erdbeben auch in unjere 
Gegenden mehr oder weniger zerftörend hereinbrach. Die ältefte Nach» 
richt, die uns hiervon aufbewahrt wurde, ift vom Anfange Des drei- 
zehnten Jahrhunderts. Gewiß haben hier auch früher ſchon derglei⸗ 
hen Ereigniffe Statt: gefunden, allein die Kunde davon ift, fo wie 
von andern merkwürdigen Begebenheiten, in jener Zeit entweder gar 
nicht aufgezeichnet worden, oder iſt — widrige Umſtände verloren 
gegangen, 

Am A. Mai des Jahres 1201, heißt es in der Chronik, wü⸗ 
thete ein Erdbeben durch ganz Steiermark, viele Gebäude und Kir—⸗ 
hen, unter andern die Schlöffer Katſch in Ober: und Weitenftein 


„> 197 + 


in Unterfteier gingen Dabei zu Grunde. Noch fürchterlicher und aus— 
gedehnter war das Erdbeben am 25. Sänner 1348. Es erſtreckte 
fich über Steiermark, Kärnthen und Krain, viele Häufer, Schlöffer 
und Kirchen ftürgten eim, Berge fielen über einander, und unterirdi- 
fche, bervorbrechende Gewäſſer richteten großen Schaden an. Seit— 
dem gingen mehrere Jahrhunderte vorüber; während des Verlaufes 
derjelben mögen ohne Zweifel hie und da Grderfchütterungen vor- 
gefommen fein, Die aber ohne bedeutende Folgen blieben, bis am 
6. Februar 1794 die Umgebungen von Leoben, Vordernberg, Kal— 
wang umd Mautern ein fo bedeutendes Erdbeben auszuſtehen hat- 
ten, Daß dadurch viele Gebäude befchädigt wurden. Noch fpäter, und 
war am 21. Sebruar 1803, haben zu Eifeners, am 5. Dstober und 
17. November 1811 zu Mürzzuſchlag, dann am 31. Mär und 9, 
April 1816 zu Judenburg, Unzmarkt und Murau Gröflöfe Statt 
gefunden, Auch feit diefer Zeit find an mehreren Orten leichte Erd» 
erfchütterungen wahrgenommen worden. 

Am 31, Juli 1838 Abends um Halb fünf Uhr beeſprte man 
in einigen Theilen der Kreisſtadt Marburg eine Erderſchütterung, die 
nicht unbedeutend ſein mochte, indem nach der Ausſage der vielen 
Zeugen in manchen Häufern Tiſche und Stühle wankten. Da je— 
doch in mehreren Gäffen der Stadt gar nichts Davon wahrgenommen 
wurde, fo hielten Viele das Ganze für eine Täufchung, und dief 
mag auch der Grund fein, warum in der Gräßer Zeitung hierüber 
kein eigener Bericht erfchien, Allein in kurzer Zeit liefen von eini- 
gen Zollämtern am der croatifchen Grenze an die k. k. Gameral- 
Verwaltung zu Marburg Anzeigen über auffallende Beſchãdigungen 
ihrer Amtslocalitäten durch ein Erdbeben ein, welches der Zeit nach 
mit dem in Marburg beobachteten fo genau jufammentraf, daß man 
daraus erſehen lonnte, die Erderfhütterung fei zw gleicher Zeit, nur 
in den öftlichen Gegenden des Marburger» und Eillier-Kreifes, fo wie 
in dem benachbarten Groatien und Ungarn viel ftärfer und gleich- 
En wahrgenommen worden. 

Dieſes war auch wirklich der Fall. Als ich in den erfien Ta- 
gen des folgenden Geptembers in die Kolles, nah Sauritfh und 


„> 128 «m 


Luttenberg kam, hatte ich vielfältig Gelegenheit mich ſelbſt davon zis 
überzeugen. Man erzählte allenthalben von dem am obgenannten 
Tage und zu eben diefer Stunde vorgefallenen. Erdbeben, und zeigte 
mir die vielfältig in den Gebäuden dadurch verurfachten Beſchädi⸗— 
gungen und Riffe. In der Frauenkirche bei Sauritfch fah man deut- 
liche Sprünge; ein hoͤlzernes Gefims und eine Engelsftatue ‚waren 
vom Altare geſtürzt. In dem Dechanthofe zu Sauritfch war. im 
einem Zimmer der ganze Verbindungsmörtel zwifchen der Wand und 
der Zimmerdede herabgefallen. In Friedau kamen faft in jedem 
Haufe einige Merkmale vor. Noc heftiger war die Erfchütterung in 
dem, eine Stunde davon entfernten Markte Polfterau, wo vorzüglich 
das Schulgebäude befchädigt wurde, Nicht minder litt die Pfartkir⸗ 
che St. Nikolai im Luttenberger » Gebirge; fie erhielt folche Sprünge, 
daß man ed für nöthig fand, fie der Sicherheit wegen von Dauver- 
ftändigen unterfuchen zu laffen. - Leute, die im Freien waren, geben 
vor, deutlich ein Hins und Herfchwanfen des Bodens, weldies von 
einem dumpfen, donnerähnlichen Getöfe begleitet war, verſpürt zu 
haben. Auch Im untern Pettauerfelde, vorzüglih um Dornan kam 
das Erdbeben mit bedeutender Heftigkeit vor, und ließ an vielen 
Gebäuden Spuren zurüd. Am beftigften fcheint es jedoch in der 
Umgegend von Sauritfch, Polfterau und im Luttenberger-Gebirge ges 
weien zu fein. Im Markte Luttenberg wankte der Boden fo heftig, 
daß die Bewohner mit Angftgefchrei aus den Häufern liefen, Or: 
baͤude, die auf ſteinigem Boden ſtanden, haben mehr gelitten. 
Merkwürdig iſt ed, daß dieſe Erderſchütterung gleichzeitig „auf 
der Höhe des Bachergebirgs bei St. Heinrich und in ber Glasfabrik 
zu Oberlembach, die bedeutend weſtlicher als Marburg liegt, viel ftärs 
fer als im letztern Orte felbft wahrgenommen wurde, Es ſcheint, 
daß die aus der Tiefe der Erde heraufwirkende Kraft, welche ih 
auf. dem feften, zufammenhängenden Urgebirge heftiger zeigte, duch 
den Schotterboden des Drauthales umd Durch die mächtigen aufges 
ſchwemmten Thonlager der windifchen Bühel etwas gemildert oder 
vielmehr gebrochen worden if. Hätte fih in den eben angeführten 


> 129 R ITT 


Gegenden ein zweiter Stoß der Art wiederholt, fo wären viele der 
bereitö befchädigten Gebäude vollends zufammengeftürzt. 

Die Richtung des Erdbeben war von Süden nah Norden; 
es kam aus der Gegend von Agram über Rohitſch, Sauritſch in die 
Gegenden von Pettau, Friedau, Polfterau und Luttenberg. 

Auffallend ift es, daß, foviel ich auch hierüber Erfundigungen 
einzög, der Barometerftand an diefem und dem vorhergehenden Tage 
keine beſondere Veränderung zeigte. Der Tag war regnerifch, ohne 
auffallenden Windzug; das Thermometer fand in Marburg auf 140 
Réaumur, und das Barometer auf 27.8, wie am vorhergehenden Tage. 


Wol mag der Beobachter bei der furchtbaren Erſcheinung des 
Erdbebens fchmerzlih und angftvoll ausrufen: Was ift der Menſch 
mit all der eingebildeten Herrlichkeit feiner Stellung, feines Reich- 
thums und feiner Theorien! Was ift er, wenn die untericdifche Ges 
walt plöglich ihrer Teffeln entbunden wird, wenn die Oberfläche der 
Erde wankt, wenn Berge einfinten und der feftefte Granit fich zer⸗ 
fpaltet, wenn volfreihe Städte, an denen durch Jahrhunderte hin⸗ 
durch gebaut worden if, in einer Minute in Trümmer flürzen, und 
angebaute Gegenden dem geftaltlofen Urboden gleichgemacht werden; 
wenn raufchende Fluthen einerfeits ganze Streden Landes überſchwem⸗ 
men, und andererfeits Land aus den Meereswogen fich erhebt, wenn 
Quellen und Ylüffe eine Zeit lang verfiegen, oder plößlich einen 
andern Lauf nehmen! Was ift, möchte man fragen, in Diefem furchte 
baren Sturme der Umwälzungen der Menfh! Wie unzulänglich und 
nichtig erfcheint da feine Thatkraft, wie ohnmächtig das Streben ſei⸗ 
nes Geiſtes! Und doch ift es diefer menfchliche, über der grauenvol- 
len NRaturerfcheinung fehende Geift, der, wenn der wankende Boden 
wieder feſt fleht, vermöge eines höheren, inneren Dranges das Phä- 
nomen feiner Beurtheilung unterwirft, um die Urfachen desfelben zu 
erforfchen, und fich Nechenfchaft zu geben von dem Wirken diefer, wenn 
auch ſchrecklichen, doch nach allgemeinen Gefegen thätigen Naturfraft. 

Das Erdbeben befteht in einer manchmal fenfrechten, manch⸗ 


mal wellenförmigen Erhebung ganzer Erdfchichten, oft durch weite 
5. Jahrg. 1. Heft. 9 


> 7130 + 


Landerſtrecden, wobel mehr oder weniger heftige Stöße langſamer oder 
fchneller auf einander folgen. &o fehr man fich bisher in der Phy- 
fit Mühe gab, den Wirkungen und Erfcheinungen diefer Erfchütte- 
. zung nacdzufpüren, fo hat man fich Doch mehr damit begnügen müfs 
fen, dieſe furchtbarfte und ſchrecklichſte aller Naturerfcheinungen zu 
beobachten, als fie zu erklären und auf ihre Grundurfache zurück zu 
führen. Alle Wahrnehmungen weifen jedoch darauf Hin, daß die 
Erfhütterungen der Erdrinde nicht von äußern Urſachen herrühren, 
fondern durch gewiffe, im Innern der Erde oder ihrer Rinde wir- 
Eende Kräfte hervorgebracht werden. Welche find nun diefe Kräfte? 
Laßt fich vielleicht in einer andern Naturerfheinung ein Analogon 
diefer furchtbaren Wirkung auffinden ? 

Alle Erfcheinungen, durch welche dad Leben oder Wirken des 
Erdballs im Kleinen wie im Großen fih fund gibt, laſſen fih auf 
die Phänomene der Elektricität, des Chemismus und Magnetismus 
sder anf die der Bildung des Luftigen, Flüſſigen und Feften zum 
Grunde liegenden Kräfte und ihre gegenfeitiges Sneinanderwirken zu⸗ 
rüdführen 7); denn wir fehen, daß alles, was immer zur Wefen- 
heit des Erdförpers gehört, unter einer Diefer drei Formen in Die 
Erſcheinung tritt. Der Erdball felbft if, feiner gegenwärtigen Ents 
wicklung nach, ein beftimmtes Feſtes, welches feine größte Gediegen⸗ 
heit im Metalle erreicht, an welchem im Kleinen, fo wie im Großen 
am Erdförper felbft der Magnetismus ſich äußert. Leßterer gehört 
alfo entfchieden dem Feſten an. 

Allein, fo wie der pflanzliche und thierifche Körper aus feften, 
Hüffigen und Iuftigen Theilen befteht, die in einander übergehen, 
und ein organifches Ganzes ausmachen, ebenfo befteht diefem anas 
log die Erde nicht blos aus Feſtem, fondern auch aus Slüffigem 





a) Licht und Wärme find auch dabei wirkfam, fie find aber nicht bloß irbifche, fonts 
dern kosmiſche Erfdeinungen, d. h. ſolche, Die nicht nur unferer Erde, fons 
dern auch den übrigen Himmelsförpern angehören. Es wirb diefes ebenfalls 
mit der Eleftricität, mit dem Ehemismus und Magnetismus in einem ges 
wiffen Berhältniffe der Bau fein; allein wir twiffen nicht, wie diefe Kräfte 
nach der Eigenthumlichkeit der andern Himmelsförper Dort modificire ers 
feinen. 2 


> 131 «m 


und Euftigem. Das Flüffige bedeckt als Meer zwei Drittheile ihrer 
Oberfläche, und von dem Luftigen oder von der Atmofphäre ift fie 
ringsum viele Meilen hoch umhüllt. Ein großer Theil des Feſten 
iſt als Meerſalz immer flüffig, und eine große Menge des Waffers, 
mit falzigen, fchweflichten und andern heilen gemifcht, fchwebt 
ale Dunft befländig in der Luft, auch finden wir feinen einzigen, 
wenn auch noch fo feften Körper, der innerhalb feiner Beftandtheile 
nicht atmofphärifche Luft enthielte, 

Durch das Flüffige wird jedoch nicht nur das Salz, fondern 
ed werden auch viele andere Körper aufgelöfet; denn Die Wirkfams 
keit des Flüſſigen überhaupt befteht in der Auflöfung, d. h. in der 
Slüffigmahung des Teften. Das Ylüffige geht dann duch Aus⸗ 
dünſtung vielfach in die Luftform, und der Iuftförmige Dunft durch 
Regenbildung wieder in das Flüſſige über. Diefen großen, beftän- 
Dig fortdauernden Kreislauf in der Natur, ohne welchen Fein orgas 
nifches Leben möglich wäre, nennen wir den Chemismus der Erde. 

Das Feſte geht aber nicht nur in das Wlüffige, es geht oft 
fogleich in das Luftige über. Go iſt z. B. das VWerflüchtigen des 
Schwefeld durch Hige ein Uebergehen Diefes Halbmetalls in Lufts 
form, und ebenfo iſt dad Verbrennen des Holzes durch Feuer ein 
Auflöfen desſelben im luftige Beſtandtheile mit Zurüclaffung eines 
unbedeutenden Neftes als Aſche. Beide Prozeffe, wenn fie auch im 
einer Beziehung verfchieden find, Haben doch das Gleiche, daß fie als 
hemifche Vorgänge, ald Auflöfung des Feſten in Luftform ſich darſtellen. 

Alle diefe Erſcheinungen können jedoch nur in der Atmoſphäre 
nach den Geſetzen des Wechfeld der Temperatur Statt finden; ba aber 
diefe Geſetze immer mit der Wirkfamkeit der Elektricität verbunden 
find, und die angehäufte Elektricität felb nur unter der Form des 
Geuers fich darftellt, fo wird es hieraus Far, in welch einer geriauen 
Verbindung Chemismus und Elektricität im Haushalte der Natur 
mit einander fiehen, und wie unausmweichlich alle wäfferigen ſowol 
als feurigen Lufterfcheinungen durch den. elektzo s chemiichen Prozeß 
bedingt werden. 

9 


— 132 *t* 


Eine der erhabenſten und furchtbarſten dieſer Erſcheinungen iſt 
das Gewitter. So ſtill und dumpf alle Kräfte der Natur bei dem 
Anzuge eines Gewitters zu ruhen ſcheinen; fo heftig iſt ihr Aufruhr 
und Toben, wenn es wirklich ausbricht. Die Hauptrolle dabei ſpielt 
die Elektricität. Durch die bei Luftſchifffahrten in der neueſten Zeit 
angeſtellten Beobachtungen iſt man zur beflimmten Kenntniß gelangt, 
daß die Atmofphäre in Schichten getheilt ift, die über einander lies 
gen, und die fich durch pofitive und negative Eleftricität, oder Durch 
ruhige und flrömende Luft fund geben, Wird nun durch Anhäu⸗ 
fung der Elektricität an einem Orte, oder durch andere uns noch 
unbefannte Einflüffe die Erregung diefer Schichten gegen einander 
auf das Höchfte gefpannt; fo erfolgt durch Die Annäherung von poſi⸗ 
tiv und negativ eleftrifchen Wolfen an einander eine Ausgleichung 
"als Big, welcher mit dem Donner und meiftens auch mit einem 
hemifchen VBorgange, nämlich mit dem Zropfbar = flüffigwerden des 
Inftförmigen Dunftes, d. i. mit dem Regen, öfterd fogar mit dem 
Feſtwerden des Flüſſigen, d. i. mit der Hagelbildung verbunden 
iſt. Das Donnern aber iſt kein mechaniſches Erſchüttern, ſondern 
ein dynamiſcher Prozeß, ein Erregen der Luftſchichten in weite Fer⸗ 
nen, ja ein Herabwirken in die Tiefe der Erde ſelbſtz indem der 
feſte Boden oft, wenn der Donner dumpf zu Ende rollt, ſammt 
den darauf ſtehenden Gebäuden fo zu beben anfängt, daß die Gens 
fter klirren, wie dieſes bei. vielen Gewittern im Sommer 1838 mehr 
als in andern Jahren der Fall war. 

Diefes Erſchüttertwerden der Erde durch den — dieſes 
furchtbare Hinabwirken des Luftigen in das Feſte iſt ein Fingerzeig, 
wie mächtig durch die Elektricität auch die Erde aufgeregt wird. Es 
mag uns, bis Der Phyſik einft eine genauere Erklärung gelingt, 
diefe Erſcheinung ungeachtet ihrer geringen Intenfität doch ein Ana⸗ 
fogon jener aufßerordentlichen Wirkung fein, die im Erdbeben mit 
furchtbarer Stärke und Gewalt offenbar wird, Denn nicht blos im 
der. Atmofphäre, auch in den Höhlungen der Erdrinde können, in⸗ 
dem Luft, Meer und Erde ein organifches Ganzes find, die Bedin- 
gungen eintreten, unter welchen ein ähnlicher Prozeß, wie das Ge 


> 133 + 


twitter im der Luft iſt, ſich geftaltet. Freilich wird ein folcher Vors 
gang in der Erde nach der Verfchiedenheit des Medium's, worin er 
Statt findet, auch anders modifizirt fein, und fehon, um nur zum 
Ausbruch kommen zu koͤnnen, ſowol ſeinem Umfange als ſeiner Stärke 
nach über alle menſchliche Berechnung hinaus furchtbarer als ein 
Gewitter erfiheinen müſſen. Belonders dürfte der Magnetismus als 
mitwirfend auftreten ?), und es wäre durch Beobachtungen zu er: 
forfchen, ob die Erderfchütterungen in Ländern, wo fie ſeltner vor: 
kommen, nicht vielleicht ihre Richtung nach verborgenen Metalladern 
nehmen. Da fowol die Elektricität als auch der Magnetismus vor: 
zügfich am Metalle fich offenbaren, fo wird es vielleicht Dadurch er: 
Härbar;, warum die Erderfchütterungen, wie die Geſchichte bisher 
jeigt, häufiger in dem wmetallreichen Oberfieier, als in den unteren 
Gegenden: dieſes Landes vorkommen. 

Durch das bloße Hervorbrechen von Dünften, die in der Erde 
erzeugt werden, kann man das Erdbeben nicht erflären, denn fonft 
müßte man ein wirkliches Hervorftrömen von Iuftartigen Stoffen aus 
der Erde bei jedem Stoße wahrnehmen. , Die furchtbare Wirkung 
iſt vielmehr ‚won elektro⸗ magnetifcher Natur, wodurch es auch erflärs 
barı wird, daß an gewiffen Orten, wo brennbare Stoffe vorhanden 
find, ſich dieſelben durch elektriſche Einwirkung beim Erdbeben ent- 
zünden; daß daher Flammen, fchweflichte oder andere erſtickende 
Dünfte:aus der Erde hervorbrechen. Auch Waffer, Schlamm 1. dgl. 
treten oft hervor, wenn fie eben unter der Erdfchichte, Die Durch Die 
Erſchutterung gehoben wurde, verborgen waren, oder wie z. B. Der 
Schlamm dich die Umwãlzung erſt gebildet werden Fonnten, 

Die weite Ausdehnung des Erdbebens durch ferne Länder, ja 
fogar Durch Welttheile iſt ganz analog dem Fortrollen des Donners 
in den -Quftfchichten, nur daß dort wegen Der ungeheueren Ausdeh⸗ 
nung Des Projeſſes und wegen des Hinderniffes der feften Erdrinde 





4) Den neueften Erfahrungen aufofge iſt es der Falte, der feften Erde eigene, und 
fur fich bisher abgefchloffene Magnet, von dem Die elektrifchen und che miſchen 
Wirkungen ausgeben. Man ſehe den Aufſatz: Ueber die feltfame Erſcheinung 
ver ſogenannten Luftſtimmen. Steierm. Zeitſchriſt 2. Jahrg, I. Heft &. 30, 


„> 134 *2αÄ 


fich Die im furchtbaren Aufruhre befindliche Kraft mit ber äußern 
Luftelefteichtät nicht fobald in das gehörige Verhältniß fegen kann, 
wie dieſes beim Donner in der freien Atmofphäre der Gall ift. Auch 
mag die veranlaffende Urſache in der Erde oft an mehreren, von 
einander weit entfernten Orten zugleich vorhanden fein, und doch im 
innigen Zufammenhange ftehen; was wieder nach den Gefegen des 
Magnetismus, der fih immer nur im Großen am Erdförper wirk⸗ 
fans zeigt, erflärbar wäre. Einen Beweis hiervon lieferte Das Erd⸗ 
beben, welches im Jahre 1755 Liffabon verheerte, und zur nämli⸗ 
hen Zeit fait in allen Ländern Europa’ durch mehr oder. minder 
fühlbare Stöße, Durch ein zeitweifes Verfiegen oder Hervorbrechen 
von Quellen u. dgl. fich kund gab; ferner das Erdbeben von 1783 
in Calabrien, welches beinahe in ganz Stalien durch Erfcehütterungen, 
‚ in den benachbarten Ländern aber durch einen gleichzeitig in der Luft 
fhwebenden Höhenrauch bemerkbar wurde. 

Den unbeftreitbaren Zufanmenhang zwifchen den Erdbeben und 
den Gewittern zeigt auch der Umftand, daß bei vulfanifchen Aus⸗ 
brüchen beide Erfcheinungen immer zugleich und in Verbindung aufs 
treten. Dichte Finſterniß lagert fi) über den Umgebungen des Vul⸗ 
fans ; in dem Maße, als der Prozeß im Innern der Erde zum 
Ausbruche reift, zieht er fich auch in den darüber flehenden Luft- 
ſchichten zuſammen; häufiges Beben der Erde mit donnerähnlichem 
Getöfe in ihrem Innern, fo wie fortgefegte Blige und Donnerſchläge 
in der Atmofphäre Fünden die furchtbare Kraft an, wie fie in der 
Tiefe tobt, bis es ihr gelingt, Durch wiederhohlte Entladungen die 


Spannung aufzuheben, und ſich mit der äußern kufteleltrieitãt wie⸗ 
der auszugleichen. 





1) Der jüngere Plinius hat uns im ſechzehnten und zwanziaſten Briefe des VI, 
Buches eine, an den Gefbichtfchreiber Corn. Tacitus gerichtete Beſchreibung 
des erften ung befannten Ausbruches des Veſuv's im Jahre 79 n. Eh. hinter» 
laſſen. Ein furdebares, lang dauerndes Erdbeben war mit Diefem Ausbruche 
verbunden, und die Gtädte Herceulanum und Pompeii wurden durch einen 
Afbenregen verſchüttet. Vergleicht man die Erſcheinungen beftiger Nusbrür 
ee dieſes Bulfans in neuerer Zeit mit dieſer Erzäblung, fo wird man eine 
aufallende Hebereinfkimmung finden. 


> 135 m 


Daß hierbei eine oft fehr Lang dauernde, und weit ausgedehnte 
Anhäufung der Elektricität in der Erde Statt findet, beweifet fich das 
Buch, daß die Erfehütterungen und das Toben eines Vulkans all- 
zeit um fo fürchterlicher find, wenn er lange ruhte; der Ausbruch 
bingegen weniger verbeerend ift, wenn die in der Ziefe fich fammelne 
den erregenden Stoffe durch öftere gelinde Stöße Das gehörige Ver⸗ 
hältniß zur Atmofphäre wieder berftellen. 

Man findet Gegenden, wo die Erdbeben fo haufig, ja noch 
häufiger als bei uns die Gewitter vorfommen; fo wie es auch wieder 
Länder’gibt, wo man nie ein Gewitter erlebt. Dumoulin, Ingenieur 
des framzöfifchen Schiffes „der Aftrolabe* führt in einer in der Si⸗ 
Kung der Akademie der Wiffenihaften zu Paris gehaltenen Vorle⸗ 
fung an, daß zufolge der in Chili über das Erdbeben gefammelten 
neueren Nachrichten . in dieſem Lande feit dem Jahre 1828 gegen 
1200 Erderfchütterungen Statt gefunden haben. Sie kommen zu je: 
der. Sahreszeit vor, und man zählt an manchem Tage wol dreißig 
derjelben. 

Ein Weiteres mit Ddiefen Erfcheinungen im Zufammenbange 
fichendes, furchtbares Naturphänomen iſt die Wafferhoje, aus wels 
em Kar wird, mit welcher Gewalt auch das Meer von der Elek: 
tricität aufgeregt werden kann. Beobachter erzählen, Daß bei dem 
Entfichen einer Wafferhofe das Meerwaſſer zuerft gleichfam kocht, 
und ſich ſchäumend Hoch erhebt, wobei man ein dumpfes Geräuſch 
vernimmt, welches unter dem Waffer hervor zu kommen fcheint. 
Bald ficht man dunkle, wie aus Rauch beftehende Röhren nach den 
Wolken in die Höhe fleigen, zu denen fih auch aus den Wolfen 
trompetenäßnliche Röhren, deren weitere Oeffnung oben an den Bol: 
ten hängt, herabfenfen, die anfänglich weiß und durchſichtig find, 
nachdem fie fich aber mit den von unten auffleigenden Säulen ver- 
einiget haben, an Dice zunehmen, und fich mit Waffer füllen. Diele 
Wafferfäulen bleiben nicht auf dem nahmlichen Plage, fondern ſchrei— 
ten fprungs oder ſtoßweiſe vor, wobei die oben ſchwebende Wolfe ge- 
wöhnlich langfamer fich bewegt, und dadurch der Eäule eine fchieje 
Stellung gibt. Die Erfheinung wird beſtaͤndig von vielen Dligen, 


„> 1306 re. 


jedoch ohne Donnern, fo wie von Regen und Hagel begleitet. Sie 
zieht fich oft vom Meere auf das Land Hin, wo fie die furchtbarften 
Verheerungen anrichtet. Zulegt fällt eine Menge Waſſer aus der 
Höhe herab, mit welchem Das ganze Phänomen verſchwindet. 
Bergleiht man nun das Gewitter, den mit Erdbeben verbun⸗ 
denen Ausbruch eined Vulkans und das Phänomen einer Wafferhofe 
miteinander, fo ift es höchft intereſſant zu bemerken, wie Vieles dieſe 
Erſcheinungen mit einander gemein haben, und wie fie, theils blos 
in Hinficht ihrer Heftigkeit und Ausdehnung, theild in Hinficht der 
Einflüffe des Medium’s, worin fie fich ereignen, verſchieden find. 
Bei einem Gewitter zeigt fich eine elektrifche Spannung zwir 
fhen der Erde und der Atmofphäre, indem die Elektricität in der 
Luft Östlich unverhältnißmäßig angehäuft if. Der Prozeß des Ges 
witters fucht die Spannung auszugleichen, und zwar durch den DE 
und durch den dem Blige nachfolgenden Donner, indem diefer durch 
die Euftfchichten bis in die Tiefe der Erde hinabwirkt, dieſelbe durch 
eine Erfhütterung aufregt, und hierdurch nad und nach das gehö- 
tige Elefteicitäts » Verhältniß zwifchen der Luft und Erde wieder her 
ſtellt. Merkwürdig ift es, daß gerade die meiften unter jenen Blis 
Sen, welche ein fo langes Sortrollen des Donnerd und eine merk: 
liche Erfchütterung der Erde nach fich ziehen, folche find, welche nicht 
einfchlagen, d. h., welche keinen Gegenftand auf der Erde treffen, 
fondern folche, die, wie man fagt, in die Luft gehen. Da fie deffen 
ungeachtet auf die Erde wirken, fo dürfte diefes ein Grund für die 
Anſicht fein, Daß das Phänomen des Gemitterd nichts anders als 
ein Streben nad Ausgleihung der unverhältnißmäßigen elektriſchen 
Spannung zwiſchen Erde und Euft fei. Diefe Ausgleihung wird in 
dem Medium der Luft, welche ihrer Beweglichkeit wegen weniger 
Dinderniffe als die Erde und das Waſſer darbietet, ſchneller als in 
den beiden leßtern bewirkt und hergeftellt. Regen, Hagel und Sturm⸗ 
winde, oder Umbildungen des Slüffigen ins Feſte, oder des Luftigen 
ins Slüffige ftehen als chemifche Vorgänge damit in Verbindung. 
Dei der Bildung einer Wafferhofe liegt die Urſache wahrſchein⸗ 
ich in der unverhältmißmäßtgen elektrifchen Spannung zwiſchen dem 


a — — a 


22 137 464 


Meere und der Atmoſphäre; daher das furchtbare Aufbrauſen und 
Kochen des Gewäſſers, ein Aufrühren desfelben, analog dem Erfchüt- 
tern der Erde, Ducch die entfiehenten Röhren feßen fih dann Luft 
und Meer unmittelbar in Verbindung, die Wafferfäule bildet einen 
fortdauernden eleftrifchen Leiter, wodurch das Phänomen des Don» 
ners unterbleibt; das Streben nah Umbildung des Wlüffigen in 
das Luftige, und des Luftigen in Das Ylüffige aber ift hier befon- 
ders auffallend, daher Löfet ſich durch den chemifchen Vorgang der 
Waſſerbildung, der von Hagel und Blitzen begleitet if, auch die 
oft große Verheerungen anrichtende Spannung. 

Dei dem, mit einem wirklichen Erdbeben verbundenen, vulka⸗ 
nifchen Ausbruche endlich Liegt der Grund ohne Zweifel in den un- 
verhältnigmäßig gegen die Luft in der Erdrinde angehäuften elektri⸗ 
fhen Stoffen. Diefe verurfachen hier die furchtbare Spannung; das 
Zoben in der Tiefe aber ruft nach den Gefegen der Polarität in 
der Luft den Prozeß des Gewitter hervor. Luft und Erde treten 
bier nicht fo unmittelbar in Verbindung, wie diefes in der Waſſer⸗ 
bofe zwifchen der Luft und dem Meere der Gall ift; das Toben in 
der Erde und das Gewitter in der Luft wüthen daher fo lange 
fort, bis Durch Heftige, den Donnerfchlägen analoge Stöße die Erd» 
rinde gehoben wird, und Die Spannung dur wiederhohlte Entla- 
tungen wieder zur Ruhe kömmt. Regen oder Hagel ſtehen mit die- 
fer Erfcheinung mwahrfcheinlich wegen des magnetifchen, nur die Bils 
dung des Sedifchfeften bedingenden Einfluffes weniger in Verbindung. 
Defto häufiger ift Das Hervorbrechen der angehäuften Elektricität als 
Feuer, um fo mehr, wenn der Entzündungsprogeß in der Erde durch 
brennbare, leicht zu verflüchtigende Stoffe Nahrung erbält. 

So fehen wir, wie im großen Haushalte der Natur Alles ge: 
nau zufammenhängt, indem nach den Geſetzen der Dynamik eine 
Eıfcheinung in die andere greift. Wir ahnen in den grauenvollen 
Verheerungen des Erdbebens ein eigenthümliches Wirken jener ums 
fafjenden Naturkraft, die nach den drei Grundformen des Srdifchen, 
nah dem Feſten, Slüffigen und Euftigen zwar in Magnetismus, 
Shenfismus und Elektricität auseinander tritt, im Grunde aber meht 


> 135 ir 


eder weniger nach der Gigenthümlichkeit der Phänomene zufammen- 
hängt, und als ein organifches Wirken in der Thätigkeit des Erd» 
ganzen fi) offenbart. Ob nun das Erdbeben mit feinen Zerftöruns 
gen allzeit eine regelwidrige, krankhafte Erfcheinung im Leben des 
Planeten fei, wiffen wir zwar nicht, haben aber, da die Natur in 
ihren Beftrebungen überall auf einen beſtimmten Zweck hinzielt, Ur⸗ 
ſache daran zu zweifeln. Denn gleichwie die Gewitter oft weite 
Landſtrecken verheeren, durch die Reinigung der Luft jedoch für das 
Ganze höchft erfprießlih und wohlthätig werden, ebenfo verwüften die 
Erdbeben zwar blühende Städte und Ortfchaften, find aber für die 
Oekonomie des Ganzen gewiß vom einem bis jet noch nicht gekann⸗ 
ten, nüßlichen Einfluß. Won diefer Ueberzeugung ausgehend, fühlt 
fih der Denker, wenn durch Erderfchütterungen auch ganze Gegen- 
den verwüftet, und viele Zaufende von Menfchen in einigen Sekun⸗ 
den unter den Trümmern begraben werden, Doch Durch Die Anficht 
beruhigt, daß nicht nur über das Ganze die allwiſſende, alle phyfi⸗ 
ſchen Erfcheinungen nad beftimmten Gefeßen leitende Vorfehung 
wacht, fondern Daß nad einem wol bekannten Ausfpruche derſelben 
auch die Haare auf dem Haupte des Einzelnen gezählt find. 


> 139 46 


Einige Andeutungen 
| über das 
illgrifche Epidaurus 


im Kreife von Naguſa in Dalmatien. 





Di in dem Journal des öfterreichifchen Llohyd's angekündete Er: 
Öffnung einer regulären Fahrt von Zrieft nah Dalmatien mittelft 
der zwei neu erbauten Dampfichiffe „Graf Mitrovsfy“ und „Baron 
Stürmer“ gibt zu der froben Hoffnung Anlaß, daß diefe fo wenig 
gelannte, und doch in vieler Hinficht intereffante Provinz nunmehr 
den übrigen heilen der öfterreichifchen Provinzen näher gerüdt er- 
fheinen, und künftighin öfters mit Befuchen von Reifenden aus den⸗ 
felben und dem Auslande beehrt werden dürfte, 

Es follte daher auch den Lefern Diefer Zeitfchrift, unter denen 
ſich mehrere befinden koͤnnten, welche die künftighin nicht mehr fo 
beichwerliche Reife nach Dalmatien von Trieft aus mitzumachen wün- 
fen, nicht unangenehm fein, in derfelden manchmal Einiges über 
einzelne Gegenden und Merkwürdigkeiten diefer Provinz zw lefen, und 
auf felbe aufmerkfam gemacht zu werden. 

Sch glaube mich heute blos auf Einiges aus dem Kreife von 
Raguſa zu befchränten, der, wie bekannt, aus dem Gebiete der vor- 
maligen , taufendjährigen Republik gleichen Namens, und aus der 
Inſel Surzola, das Corcyra nigra der Alten befteht, zu befchränten. 

Es if befannt, daß es außer den zwei griechifchen Städten 
mit dem Namen Epidaurus (die eine beim VBorgebirg Spiräum 


„> 140 44 


und die andere, welche das heutige Napoli di Malvafia am Meer: 
bufen von Argos if) noch eine dritte in Illyricum gegeben hat, wel⸗ 
he ihren Urfprung und Namen einer Colonie derjenigen am Meer: 
bufen von Argos verdanfte. 

Daß das illyriſche Epidaurus wirklich dort eriftirt Habe, wohin 
es die Gefchichtfchreiber von Raguſa feßen, nämlich auf der Halbinfel 
von Alt» Ragufa und im dem fogenannten Thale von Obod, fheint 
aus Folgenden zu erhellen. | 

Schon Plinius in feinem 3. Buche 24. Kap., dem Pompo- 
nius Mela de Illyr. folgte, fpricht von Epidaurus als einer rö- 
mifchen Colonie, und ſetzt es dorthin, wo fi) heut zu Zage der hüb- 
fe Ort Ragusa vecchia erhebt. 

Indem er die Entfernung vom Fluſſe Naro (der heutigen Na⸗ 
senta) bis nad Epidaurus beftimmt, weifet er ihr hundert römifche 
Meilen an. A Narone amne, fagt er, CM pass. abest Epi- 
daurium colonia, und diefe Entfernung findet gerade der Schiffer, 
der aus der Narenta, das Vorgebirg Cimon, das heutige Capo Gu— 
meno umfchiffend, längs der elephantifchen Infeln und der bergigten 
Küfte von Raguſa fegelt, und im Hafen von Alt-Ragufa oder Epis 
daurus einläuft. 

Arch Ptolomäus flimmt hierin vollfommen mit Plinius über: 
ein. Diefer Lehtere, indem er anderswo, Buch 11. Kap. 89, von 
Epidaurus und Dricum als von illyriſchen Städten fpricht, bezeugt, 
Daß fie durch ein Erdbeben aufhörten, Infeln zu fein, und mit dem 
feſten Land vereiniget wurden. Epidaurus et Oricum, fagt er, 
propter motum terrae, insulae esse desierunt. Nun gibt es aber 
son der heutigen Stadt Stagno bid nad) Cattaro keine andere Halb- 
infel als jene von Ragusa vecchia. 

Auch Procopius im Jahre 535 erzählt im 1. Buch Kap. 6 
und 7 de bell. Goth., daß Sonftantianus, Feldherr und Admiral 
des Kaifers Juftinian, nachdem er in Dyrrhachium (dem heutigen 
Durazzo in Albanien) Zruppen einbarfirt, und in dem Hafen von 
Epidaurus gelandet, son dort fih nah Salona, welches von den 


Pr * FW 


„> 141 «m 


Gothen genommen war, begeben, und ſelbes wie auch die — 
Orte von Liburnien und Dalmatien wieder erobert Habe, 

In dem bürgerlichen Kriege zwifchen Cãſar und Pompejus nah⸗ 
men die Epidauritanen die Partei Cäſar's, wurden aber, nachdem 
fie einige Zeit tapfer dem Octavins, Anführer der Truppen des Poms 
yejus, widerfianden hatten, von ihnen zu Waſſer und zu Lande ein⸗ 
geſchloſſen. 

Vatinius, Feldherr Eäfar’s, der von en mit einer Slot: 
te gegen die Küfte Illyriens ausgelaufen war, eroberte einige Städte 
an derfelben, die fich dem Octavius ergeben hatten, erreichte ihn bei 
Epidaurus, und zwang ihn felbes zu verlaffen, und fi nad der 
Inſel Zauris, dem heutigen Giupana, und in den Canal von Stagno 
zu flüchten. Vatinius, der die Deffnung bei den heutigen bocche false 
nicht kannte, glaubte zuverfichtlic, Die Flotte des Octavius eingefchlof- 
fen zu haben, und hoffte fie zu vernichten, fand fih aber am kom⸗ 
menden Morgen hierin getäufcht, indem felbe während der Nacht durch 
obige Oeffnung entwifcht war. 

Nebſt den obenangeführten Ausfagen der alten Hiſtoriker bewei⸗ 
ſen noch folgende Monumente die Exiſtenz von Epidaurus an dem 
Orte, wo das heutige Alt⸗Raguſa ſteht. Dieſe Stadt, die anfangs we⸗ 
gen der geringen Zahl ihrer Einwohner einzig die Halbinſel einnahm, 
erweiterte ſich in der Folge, und erſtreckte ſich längſt der Küſte ge- 
gen Obod und gegen die heutige Kapelle St. Peter, auf der Straße 
nach Strancia in der Länge von zwei Meilen gegen Mittag, Norden 
und OÖften. 

Diefes — die vielen Spuren alter Gebäude, die gefunden 
wurden, und theils noch zu ſehen ſind, und die vielen griechiſchen 
und römifchen Münzen, die von dem Landleuten bei den Feldarbei⸗ 
ten aufgefunden worden find. 

Golzio führt in feinem Werke eine Infehrift an, welche Epi- 
daurus zur römifchen Golonie macht: 


COL. EPDAVRVM. LEG IX. 


> 14% “er 


Die folgende wurde unter den Ruinen von Spidaurus in einem 
Ader der adeliggs Familie Reſti gefunden. 


P. CORNELIO. DOLABELLAE.. COS. 
VIIVIRO. EPVLON. SODALI. TITIENSI 
LEG PROPR. DIVI. AVGVSTI 

ET. TI. CAESARIS. AVGVSTI 
CIVITATIS SVPERIORIS 
PROVINCIAE. HILLIRICI. 


Diefe Infchrift auf dem Grabmal des Dolabella war vor hun⸗ 
dert Sahren noch ganz erhalten. Zacitus macht auch Erwähnung 
von diefem Dolabella, und führt an, daß er dem afritanifchen Krieg 
ein Ente gemacht habe. Durch felbe wird beftätiget, daß Illyrien 
in Ober- und Unterillgrien getheilt war, welches Ießtere vom Fluſſe 
Narone bis nach Scodra, dem heutigen Skutari, ſich ansdehnte, und 
deffen Hauptftadt Epidaurus war. 

Die folgenten find, in Telfen eingehauen, im Hafen von Epi« 
daurus gefunden worden. Die erfle iſt befonders verſtümmelt. 


VSTR ILL 
SP AC ID SRC 
vi PIDINVSIF RI 


LARTIDI. RECEPIA 

CLARIDI. CRISPI 

COH. VII. VOLVNT. ANN 

Xxxvu. PATRONVS. POSYIT 
H. S. E. 


TERTIA 
ISMARNIENSIS 
ANN. XL 
H. S. E 


Ferners verdienen nachſtehende Inſchriften aufgeführt zu werden : 


»> 143 + 


AN. XXV. H.S. E. 
NONIVS. POSYIT 
E SVO 
CONTVBER NALI 
SVAE BENE 
MERENTIASE 


SAC 
OSVYLV 
CLEM 
V. S. L. 


TERRAE. PRECOR. LEVEM 
OSSA. RESIDA 
(N. I. VI. P. I. 
IA. Q VAE MERVI 
PREMIA PERCIPIAM 


LVSIA. MAXIM 

OPTATE AVIE 

PIENTISSIME 
POSVIT. 


NIMPHIO. CLEPI 
HILARIO. CONS 
POS. 


SABINAE. HERME 

TIS. N. P. ET. NOVIAE. DO 
NATAE. ET. NOVIAE. HERMAE 
SABINVS. PER. SVIS. FECIT 
DE. SABININO. MIL | 

COH. VIII. VOL. A. XXU. 


M. POMENTI 

NOME T. ROM 
TVRBONI U. VI. ID 
ET. M. POME TINO 


333» 1 44 “ttt 


BORIAE. F. ANN. XVII. 
POMENTINA TERTV 
LA. PATRI. ET FRATEI 
PIENTISSIMIS FECIT. 


P. MARCIO 
PETROM 
MESSIANO 
VARIVS FES 
TVS. HERES 
EX TESTAM 
‘-POSVIT 
L.D.DD. 


EXVPERIVS. FORTVNIVS. VESTALIS VALFRIA 
PARENTES. PIENTISSIMI. EXVPE 
RIAE. FORTVNIAE. FILIAE. CARISSI 
MAE. MEMORIAM DEDERVNT 
QVAE. VIXIT. ANNIS. XXVUL. MENSES 
TRES. DIES. XV. SI. QVIS. VOLVE 
RIT. SYPER. HOC. CORPYS. PON 
ERO. INFERET 
REIP. P. XXXV. 


Aus einigen diefer Infchriften will man ableiten, daß die Go» 
lonie von Epidaurus ihren Adel, ihre Senatoren, Gonfulen und Bes 
ftalinnen gleich andern cömifchen Städten hatte, 

Daß mehrere Epidauritanifche Famillen das römifche Bürger 
recht wirklich erhalten hatten, erhellet insbefondere bezüglich der Fa⸗ 
milie der Vihien aus einem noch jeßt im Pallaft Barberini in Rom 
zu fehenden, auf Erz eingegrabenen Dekret des Kaifers Veſpaſianus. 

In diefer Infchrift kommen auch drei Tamilien aus der heu⸗ 
tigen Inſel Lagofta vor, welche, weil fie gleich jener der Vibien auf 
der römifchen Slotte in dem Hafen von Ravenna fich befanden, zu 
gleicher Zeit die roͤmiſche Staatsbürgerſchaft erhielten. 


„> 145 0. 


Bon obigen Infchriften können noch jetzt mehrere in At-Ragufa 
eingefehen werden, wo fich auch noch einige in Stein eingehauene 
Bilder, die in verfchiedenen Häufern eingemanert find, befinden. 

Ehen fo find bei Alt» Ragufa und insbefondere in dem Thale 
son Banale, dem alten Partenia, an mehreren Orten Spuren einer 
Bafferleitung zu fehen, welde das Waſſer zwanzig italienifche 
Meilen weit von dem jet Vadovalja genannten Orte nach Epidaus 
sus brachte. 

Nicht minder verdient bemerkt zu werden, daß vor mehreren 
Sabren in Alt-Ragufa ganze Stüde von Mofailböden, die einem öf⸗ 
fentlichen Gebäude gehört zu haben fcheinen, und die Grundmauern 
— wie man glaubt — eines Theaterd der Epidauritaner aufgefun⸗ 
den wurden. 

Auch find die Säulen, die dem Öffentlichen Pallaſt in Raguſa- 
wo nun das k. k. Kreisamt untergebracht ift, zieren, und verfchiedes 
nen Ordnungen angehören, nach der allgemeinen Meinung von Epis 
daurus dahin gebracht worden, und follen von dem Zempel des Aes⸗ 
sulap in jener Stadt genommen worden fein. 

Auf dem Capital einer derfelben befindet fich das Bildniß Aes⸗ 
eulap'3, der zwifchen verfchiedenen chemifchen und medicinifchen Appa⸗ 
taten mit einem Buche auf dem Schooße fißt, und zu fludieren ſcheint. 

Die nachftehende Infchrift, Die gleich darneben fich befindet, 
und Die dem Aesculap Ragufa zum Geburtsorte anmweifet, iſt ohne 
Zweifel blos ein Machwerk des fünfjehnten Jahrhunderts, in wels 
dem obiges Gebäude vollendet wurde, 


Munera diva Patris, qui solus Apollinis artes 
Invenerit medicas, per saecula quingue sepultas 
Et docuit gramen, quid ad usum, quodque yaleret 
Hic Aesculapius coelatus gloria nostra 

Ragusii genitus, voluit quem grata relatum 

Esse deos inter veterum Sapientiae patrum 
Humanas laudes superaret nata quod omnes 

Qua melius toti nemo quasi profuit orbi, 


5. Jahrg. T. Heft. 10 


> 146 «me 


Auch in Alt-Rayufa ficht man im Hafen auf einem Gebäude 
das Bruchſtück eines Grabfteines, wo Apollonius, der Vater Aescu⸗ 
lap's, von vier Pferden gezogen wird. 

Schon was Livius in feinem 45, Buche fagt, und die folgende 
auf. einem in der Gegend von Riſano ——— Steine befind⸗ 


liche — 
D. M. 


M. TVSCENNIO. M. F. ROGATO 
VET. BEN. PRAEF. ALAE. DALM. COL. 
ASCLEPIA. EPIDAVR. MILITAVIT. AN. 

Xxvui. VIX. ANN. LIT 
M. IX. D. XVI. M. JVSTEIVS 
P. F. CERAVN. DOMO. RIZIN 
CONTVBERNALI, BENEMEREN. P. C. 
ET. 8. P.Q. R. 


beweifen, daß der Eultus des Gottes Aesculap auch auf das illyri⸗ 
ſche Epidaurus übergegangen war. 

Diefes erhellet nicht minder aus der unter den Einwohnern 
von Sanale, ders vormaligen Partenla, von den älteften Zeiten her 
verbreiteten Sage, daß die große Höhle auf dem Berge Cadmus, 
nun Snjeſcniza genannt, einft der Schlange Aesculap's zum Auf—⸗ 
enthalte gedient Habe, und daß die Strede von mehreren Meilen, 
welche fich von der Höhle gegen Often ausbreitet, und befonders reich 
an medicinifhen Kräutern war, die Gärten der Tochter Aröculap's 
und Göttinn der Gefundheit Hygieia gebildet habe, 

Den Freunden der Botanik dürfte es angenehm fein zu ver 
nehmen, daß im diefem natürlichen Garten auf dem Berg Sniefeniza, 
der eine Höhe. von 4000 Fuß über der Meeresfläche hat, befonders 
folgende intereffante Gewächfe vorfommen: Saturia subspicata, An- 
thilis aurea, Plantago sericea, Paconia rosea, Fraxinus Ornus, 
Acer sacharinum, Prunus Mahaleb, Cerastium grandifl., Cachris 
alata, Pistacia T'erebinthus, Juniperus Oxycedrus, Juniperus 


> 147 + 


phoenicea, Pastinaca nov. spec., Selenum nor. spec., Thalic- 
irum noY. spec. etc. etc. 

Auch findet man auf dem Snujeſeniza die von dem Philoſophen 
Demokrit den Abderiten angerathene Nieswurz Helleborus Demo- 
eriti. Sa ſelbſt bei Alt⸗Raguſa exiſtirt eine andere unter dem Na- 
men der Drachenhoͤhle bekannte Hoͤhle, die nicht minder auf den 
Eultus des Aesculap bei den Epidauritanern hinweiſet. 

Beide Höhlen find in gefchichtlicher und naturhiftorifcher Hin» 
fiht fehr merkwürdig, und verdienen von Reifenden befucht zu wer: 
den, Denen befonders die herrliche Ausfiht von dem Gipfel des 
Snefenisa reichlich die zum Beſteigen deöfelden angewandte Mühe 
Ichnen würde. 

F. Sch — r. 


212 1 485 +rerk 


Der Vordernbergerbach, 





Wondert man den Präbühel oberhalb Vordernberg eine kleine 
Strecke Hinan, fo ſtürzt sechts aus dem Felſenthale zwiſchen der 
Hohen Griesmauer und dem Polfter Durch die Handlalpe (über die 
man auf einem Alpenfteige auch nach Zragöß gelanget) ein Ges 
birgswaſſer plätfchernd hervor, und eilt dem genannten Markte zu. 
Kaum entſtanden, fheint es wieder vernichtet zu fein. Es verliert 
fih Hier in Gerinnen (Fluder), Gehwerke und Schleußen, dort 
wird es zum häuslichen und anderen Gebrauche friſch aufgefhöpft, 
auch wol von den durftigen Rindern und Pferden eingefchlürft. 

Zwar eilt im Marfte gefchäftig das raufchende Bächlein aus 
der Roͤtz zu feiner Unterftügung und Vereinigung herbei, aber ed were 
den beide Wäffer überall gleich wieder in Anfpruch genommen, die 
Rade und anderen Werke defto Eräftiger zu betreiben. Selbſt außer 
den Markthäufern greifen die Räder eines Hammerwerkes in dasfelbe. 

Kaum in ruhigen Krümmungen dem Orte entronnen, wo euer 
und Waffer, Menfhenhände und Mafchinen Tag und Naht raſt⸗ 
108 fich vereinigen, der Steiermark und dem öftlichen Auslande Eifen 
zu bereiten, wo die Gluth der Schmelzöfen nie erfaltet, und die 
Rauchfäulen diefer Hochöfen nie aufhören in den dort häufig neb- 
ligen Himmel zw fleigen; ja faum mit einem Namen (Vordern⸗ 
bergerbach) begabt, erwartet es fchon wieder ein anderer Markt⸗ 
flecken (Trofaiach) in gleichen Abſichten begierigſt. Hier fangen die 
meiſten Handwerker in liſtig entgegen geſtellten Kanälen die friſch 
xiefelnden Wellen des Baches auf, und theilen eiferfüchtig Das Gute 


> 149 + 


dedfelben zu rechter Zeit, da die fchlimme Seite deöfelben, das öfs 
tere Austreten bei erzürnten Elementen den Marktbewohnern oft Has 
be und Gut raubt. Am meiften befchäftigen fich die Müller und 
Schmiede mit der Fluth desſelben. Der Bah muß aber bier nicht 
blos mahlen und fchmieden, er muß auch Die ‚dort neu errichtete 
Dreſchmaſchine eines der Herrn Bordernberger « Gewerfen bewegen. 
Selbſt zum Gaffenkehren wird er von den Bürgern verhalten. 
Dei den befchränften Kräften des Marktes kann es auch feine ein- 
fachere und wirkfamere öffentliche Mafregel zur Reinigung von dem 
öfter überhand nehmenden Gaſſenkothe geben, ald die hier ange- 
wendete, nämlih den Bach duch Deffnung einer Schleufe auf 
der Straße duch den ganzen Markt abwärts zu leiten, damit ex 
ftatt der Befen mit einem Zuge allen Unrath aus felbem fchaffe, 
und fo. den Markt, wie neu geboren, zeinige, dann aber wieder 
feinem urfprünglichen Bette zuzuführen. An nützliche Thätigkeit ge: 
wohnt, fließt er-anfer Zrofaiach fpröde, ohne, Vereinigung, nahe 
an dem ftehenden Waffer des Gemeingrubenteiches vorüber, Der den 
Ledermäulern in gewiſſer Zeit den vorübergehenden Genuß von %o- 
vollen und Salmen bietet. Schon wird er hier von Mühlen und 
Sägen , dann einem Blechwalzwerfe wieder zerfplittert, und bedarf 
der. Verftärkung, ‚die ihm auch das Büchlein aus dem Lainthale hier 
gewährt. Die, Trofaiachergöß (der Göfgrabenbah) und der Lain— 
thalbach münden ſich alſo nicht, wie Herr Schmug in feiner Abhand- 
lung, über die Mur, behauptet, in die Mur, fondern in den Vordern: 
bergerbadh. Mühlen, Schmieden und Hämmer breiten num im Dors 
fe St. Peter, Gezirk Freienſtein) ihre Langen Arme (Fluder und 
Gräben) dem kommenden Bache entgegen, und drohen ihm zu ver— 
ſchlingen, Die kräftigen Bauern des Dorfes aber entkräften ihn beis 
nahe ganz für ihre Wiefen. Er rächet fich öfter durch Ueberſchwemn⸗ 
mung und Verfhüttung derfelben an ihnen, wovon die Mühle beim 
Schloſſe Sriedhofen ) Zeugniß gibt. Er treibt nun unter St. Pe— 





1) Das Herrſchaftsſchloß Friedhoſen iſt vom Landgericht Breienflein ı/a Stunde, 
und von Brud sıf? DIAHMER Antiernt, Daher im ſteiermaͤrkiſchen Lexikon 
irrig angegeben. 


„> 150 + 


ter und Frelenſtein mit ganzer Kraft die Mühle des Unterthäns 
vulgo Bollinger, der auch weit und breit Grundſtücke um felber 
beſitzt, und fo viel Dienftvolt; Hat, daß -diefe Mühle im Mahlen 
den vielen Mäulern desſelben kaum gleichen Schritt Hält. Durch 
braufende Abfchüffe, welche ihren Schaum zu den Wollen finden, 
aufgebracht, und durch die ſtillen grünen Fluren von Zonabig, dann 
durch die Wiefenfanäle befänftiget oder zertheilt, betritt er nun die 
Grenze des Bezirkes Leoben, und ſchafft an der Mühle zu Zonabig, 
der erften Gemeinde diefes Bezirkes, Brot. Aus dem Dorfe Läuft 
er der Stadt Leoben zu, aber nur mühfam erreicht er die Vor⸗ 
ftadt Waafen, denn neue Stahl- und Eifenwerke 1), Streckhämmer, 
Zain» und Zerrennhämmer, Wehren und — — ſeine 
Kräfte an ſich, und erſchöpfen ihn faſt. 

Von der Landarbeit kaum ausruhend, bedürfen ſeiner die — 
tiſchen Gewerbe in der Vorſtadt Waaſen zu Leoben. 

Was Menſchenhände Hier nicht vermögen, oder was fie ſelbſt 
nicht thun wollen, wird dem Fleiße Des willfährigen Waffers über⸗ 
laffen. Größere Mühlen, verſchiedene Stämpfe, Walken und Blas⸗ 
bälge feßt der mittelmäßige Bach in gewinnende Thätigkeit, bereichert 
manche Gewerbe, oder fchafft Leben dem darnach Ringenden, und 
eitt feinem Ende zu. Schmilzt jedoch der Schnee plbtzlich in dem 
Hochgebirgen, oder will der Himmel nicht trodnen, fo wirft er auf 
das Habe der Vorftadt und der Gemeinde Tonabitz ?) durch Ueber⸗ 
fiuthung eben fo zerftörend, als fonft erhaltend. Er hemmt die 
Mühlen in Bereitung der nothwendigften Nahrung, lähmt die Als 
gewalt feines Gegners, des Feuets, in den Eiſenhaͤnmern, und 
trennt durch gewaltſame Zerſtoͤrung u Brüden die Sätfe von den 
SHülfsbedärftigen, 





1) Das Mayer ſche Stahlbuddtings- und das v. Friedau'ſche Werk. 

2) Die Unterthanen der Gemeinde Tonabig und Waafen am Vordernbergerbadye 
dienen au fehr vielen und\verfdiedenen Grundherrſchaften, alfo nicht blos 
nad Leoben oder Kammern, wie man nah dem fleiermartıfchen Lexikon (ride 
Bergerbach) vermuthen Fönnte, 





> 15T «we 


Gr forgt auch für den Gaumen. Auf Seiner Neife führt ee 
aus dem Gebirge den Städtern die: ſchmackhafleſten Gebirgeforelem 
zu. Nur wird er, wie viele Bäche, feiner‘ m bald son * 
raubt werden. 

Auch führt er ſo viele Eiſentheil⸗ mit ſich, daß man —* * 
ſen Waſſer oͤfter zu Stärkungsbädern benützt. Er dehnt feine chemi⸗ 
ſche Wirkung nur zu weit aus, indem der Genuß ſeines Waſſers 
den Hälſen der Anwohner, ihrer Klage nach, Kröpfe verurſacht. 

Do Hebt manch zufälliger Schaden al das Gute nicht auf, 
das er den Stadtbewohnern regelmäßig täglich gewähret. 

Kurz iſt fein Leben, aber thätig und init der Belt geijend 
das keines andern Flußes der Steiermark. 

In dem kurzen Laufe von zwei Meilen längs der — 
ſehen wie ihn 14 Radwerke, 12 Eiſen⸗, dann Blech: und andere 
Däminer, 22 Mühlen, 10 Sägen, 41’ Schmieden, Stämpfe, Wal⸗ 
ken 30,, mehrere Dreſchmaſchinen Milan, und gapeeiche Bier 
in grünen’ Slor ſetzen . 

Welches Waſſer leiſtet nun verhälthißmäig fo viel, wo If} der 
Fluß der auf einem fo kurzen Wege, in einem fo Keinen Ralıme 
fo großen und vielfältigen: Nugen gewährte? 

Bor 3 1/, Stunden noch in einer Felfenkluft der Vordernberger- 
Gemögebirge geboren, ſtrömt er fein Leben nun bei der Stadt Leo⸗ 
ben in den Murfluß aus, und Hat in der Vereinigung mit Diefem 
feine Beſtimmung erfüllt. 

Wäre dieſes Waffer einige Hundert Schritte höher über dem 
Gebirgsrücen (oder-Sattel) entfprungen, und in das jenfeitige, ohne⸗ 
dieß waſſer⸗ und fifchreiche Tragößthal abgelaufen, wo wäre die Eifens 
Erzeugung und VBereitung auf der bezeichneten Strede möglich? 

Das Thal von der Eifenwurzel (wie fie hier genannt wird) 
bis Leoben entbehrte des Fräftigften Nervs feines Lebens und Befiß- 
ftandes, dann der Begründung des größten Reichthums dev Provinz, 


ı) Doc bat Herr Schmuß aus diefer Befhreibung im IV. Bande Geite 240 des 
£eritons einen gerreuen Auszug Über den Vordernbergerdach gelicfert. 


„> 152 9 


und läge unter dem Einfluffe feines rauhen Klima wahrfcheinlich als 
eine Leblofe Einöde da. Uber Die wohlthätige Natur wollte dieſen 
GSifenftein für die Kräfte der Menfchen, ihrer Kinder, nicht todt liegen 
Laffen, öffnete der belebenden Wafferquelle den Ausgang auf dieſer 
Seite, wo auch die unerfchöpfliche Quelle des Erzes liegt, das im kah⸗ 
len Geftein die Bewohner der Gebirge eben fo nährt, als lachende 
Weizen⸗ und Kornfelder, und die zärtlihe Rebe die Bewohner der 
Ebenen, und bevölfert fo diefes Thal auf jedem Schritte dergeftalt, 
daß ſich die lebhafteſte Regſamkeit desfelden längs der ganzen Vor: 
Dernbergerfiraße durch Waflergeräufh, Mühlengeflapper, Rauchfäu- 
Ien, Werkögepolter und Geraffel, dann Holz, Eiſen⸗ und Kohlen: 
wägen fund gibt. | 

Daß dieſe beengte Gegend dadurch bevölkert fei, kann dem 
Denker nicht entgehen 1). Dennoch if, der übrigen Steiermark. dies 
fer merkwürdige Bach wenig oder gar nicht bekannt, und in der Ab⸗ 
handlung über die Mur und die fih dahin ergießenden Gewäſſer im 
1. Hefte der vorigen Serie Diefer Zeitfchrift nicht unter den Leßtes 
zen enthalten. Sch rechne es mir Daher zum Vergnügen, vom Ins 
nern unferes Landes, und wäre es auch nur ein Winkel deöfelben, 
diefes Wenige auffchließen und beitragen zu Eönnen. 

R | e 
4) Rad dem ſtelermärtiſchen Lexikon wäre diefe Gegend wenig Beyölfert, 


> 1553 + 


Der Nchrolog von Admont 
am b. Auguſt 1838. 


Seinem Bruder, dem hochwürdigen P. Cajetan, Prieſter des löblichen 
Stiftes Abmont, gewibmet vom Berfaffer, 





Ra dem Chor Tiegt aufgefchlagen 
Aller Brüder Nefrolog, 
Jeden Tag iſt eingetragen, 
Wer ins and’re Leben zog, 


Daß ſich Benedict!3 Gemeine, " 
Aller Orts und aller Zeit, 
Fromm in dem Gebet vereine 
Für die, fo geftorben heut'. 


Heute war ed, vor zwölf Jahren, 
Daß zur fünften Abendftiund® 
In dem Ehor verfammelt waren 
Alle Prieer von UAdmund, 


Do an beiden Seitenwänden, 
Gegenüber Uhrenblatt 
Wied mit: zweier Zeiger Händen 
Jeden Schritt, den Kronos that. 


> 15i 42 


Angezogen koͤmmt ein Wetter, 
Ald fie traten in den Chor, 
Thiere ſchrei'n und heulen Zetter, 
Das Gebirg det Zrauerflor, 


Schwarze. Wolfen ballen finſter 
Zu Gebirgen ſich empor, 
And der Donner hallt im Munſter 
Antiphonen in den Chor; 


J Blitz' auf Blitze goſſen Helee 
Durch des weiten Münſters Hoͤh', 
Als ſie beteten die Stelle: 
„Lumen vultus tui Domine« 


„Non timebis a timoren 
Schlag auf Schlag erkracht nun, bis 
Wieder man vernimmt im Chore: 
„Ambulante in tenebris.“ 


In der Priefter frommes Sich. 
Salt der Doriner Knall auf Knall, 
Fürſt und Rugelmapyer ſtehen 
Gegenüber ne im Stall ') 


Unterm uhrblatt, deſen Zeiger 
Itzt halb ſechs herunter. weißt, R 
Die ein Balfe, der den Reiger  - , 
Unter er erblidend, ne. 





4) S. Wachter Glossarium originis et eontiguitatis linguas Rermanicae, p. 1581. 
»Stall sub sellium in templo wel theatroj- sedile, -cathedra; hodie superat 
apud Anglos, quibus a stall dem quod, a anal in — churoh, sedes in 
templo.« 


Aum. des Berf. 


> 155  #ee 


Beide Zeiger bei einander, 
Beider Seiten auf der Uhr, 
Droh'n, ein Doppelfalamander, 
Grad herunter auf die Flur, 


Wegeweifer, für die Blitze, 
Auf der beiden Brüder Haupt, 
Das, Im Chor, auf feinem Eiße 
Eich vor Unglück fiher glaubt. 


. Wie die Glock halb ſechs Uhr ſchallet, 
Fährt der Blitz herab die Apr, 
Und das Paar der Brüder fallet, 
Ohne Leben, auf die Flur. 


Ald die Veſper war fo eben 
An dem Schluffe des Complet, 
War der beiden Brüder Leben 
Auf der Erde auch complet. 


Sm Auguſt am fünften war es, 
Nah der fünften Abendſtund', 
Daß der Tod des Brüderpaares 
Eich begeben zu Admund 1), 


Statt der Uhren an den Wänden 
Sprechen ihre Namen heut’, 
Deifen fatt der Zeiger Händen 
Auf die fehwere Lehr’ der Zeit *), 





4) Gregorius Fürst et Antonius Nuglmayer, elerici nostri eonrentus, qui fulmine 
tacti hora media serta vespertina, dum essent in choro psallentes, spiritum 
Deo reddiderunt 1826, 

Nefrolog des Stifte! Admont vom 5. Auguſt. 

2) Auf der einen Seite, flatt des Uhrblattes, heute das Chronogramm: Nonls 
AVgVstI fVLMlIne terribILI CaDVnt psalLentes; gegenüber auf der Stelle 
des andern Ubeblattes: DiLeCti Gonfratres AntonlVs KVgeLMalr st Gr 
gorlVs FVirst, 

Anm. des Berf. 


> 156 46* 


Auf urplögliches Geſchicke 
Und auf unverfeh'nen Zod, 
Der, in jedem Augenblide, 
Jedem Sohn des Staubes droht. 


Laß fie ruhen, Herr, in Frieden! 
Mwmont, kenn’ den hohen Sinn, 
Gleiches Loos ift Dir befchieden, 

Die einft der Argiverinn ?). 


Ihre Söhne fielen beide, 
Als fie in den Tempel 308, 
Hoͤchſtes Glück im größten Leite 
Bar die Deutung, die nicht trog. 


HammersYurgftall, 





4) Die Mutter der beiden Argiver, Kleobis und Biton, bat, als fie von ihnen, 
als gefrönten Siegern, im den Tempel gezogen ward, die Götter für diefelben 
um das größte Glüd, worauf fie beide im Heiligehume entfchliefen, um nicht 
mehr aufzuwachen. Haerodot I. 31. 

Anm. des Ber. 


Ueberfſicht 
der meteorologischen Verhältnisse 
im erſten Semeſter des Jahres 1838 
für die Hauptſtadt Grätz 


nach dem daſelbſt täglich angeſtellten zwoͤlfſtündigen Beobachtungen, 


Dr. Wilhelm Gintt, 
k. F. Profeffor der Phyſit. 


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— — Bi 


Jünner. 
Luftdrud. 
Mittlerer Größter Kleinfer | Veränderung - 
Parıf. 3oU | Wien. 3oW | Yarıf. Bo] Wien. BoU |Parif. Bou | Wien. 3.| Parif.3.| Wien.g- 
"27'004 | 27756 | 27-048 | 28-209 | 26'267 | 26-996 | 1.181 | 1'213 


Bom erften des Mon. ange anncn, wo das Barometer um 9 U, Früb feinen höchſten 
Stand hatte, ging dasfelbe im Mittel wahrend des erften Monatviertels regelmafiig herab, 
in mwelder Zeit der Mond im erften Viertel von der Erdnahe feiner größten nördi, Abmweis 
hung wufdhritt. Bon da an machte das Barometer in fursen Perioden Schwankungen bis 
ur Mıtte des Monates, wahrend der Bollmond von der gröfiten nördl. Abweichung zur 

rdferne aing. Im Dritten Monatsviertel waren die Schwankungen des DBarometers war 
noch vorhanden, nabmen aber während des abnebmenten Mendes unter vſortwährendem 
Sinken des Barometers ab, worauf am 2öten 5U. Ab, am Tage des eingetretenen Neumon» 
des das Minımum des Barometerftandes eintrat. Bon diefer Zeit an (Mond in der Erds 
nähe) flieg das Barometer bis zum Ende des Monates. 


guftfröme 








n Inso|lo | so|s Ku NW |Mittt.Windesriptung 
ah alol ot! 31lag | 12 | 39 | 30 | N 480 21 w 

















Im erften Drittheile des Mon. blies der Wind vorherrſchend durch S nach W, nur 
felten nab SSO u. SO ausichlagend, im Ganzen nur mit geringer Stärke, Bis sur Hälfte 
des Mon. durch W nach NW überachend und gegen Ende des jiweiten Monatdrittels durch 
SO nah S wieder zurüdkebrend, Im lebten Drittbeile des Mon. trat anfangs neuerdings 
der SW ein, gina dann aber fpater wieder durch W in häufigen NW uber, weicher bis zum 
Ende des Monates anbielt. Im Ganzen twaren in dDiefem Monate die W u. NW. Winde 
vorberrfhend, aber nur mit aerınger Stärfe. 


Lufttemperatur. 





Mittlere Hoͤchſte Nıcdrigfe Unterfchied 
RI 6 R | ẽ \R N 0 RR» © 





— — — — 





— —0 +50 | — 100] — 175 | 180 |.225 
Die — Temperatur fand am 22ten des Mon. a U. Fruh ſtatt, nachdem die 
ey im Wittel durch Die wei erften Drittbeile des Mon. mit geringen Störungen 
im Herabiinfen begriffen und fortwabrend unter Null (negativ) war. Vom 23ten des Mon. 
—— fing die Temperatur im Mittel an au fteigen , ward gleih Darauf abwechlelnd 
uf kurze ze pofitiv und erreichte am a1ten 3 U. Nachm das Marımum. Zum Mittel fiel 
die hochſte TZagestemperatur auf den 27ten Des Monates mit dem Zeichen +. 


tuftfeuhtigfeit. 


Nach dem Gewichte des in einem Wien. ©. Fuße Luft bei 23 Parif. Zoll 
Zuftdrud enthaltenen Wafferdunftes — in —338 


— — — — — —— — ——— — — — — ——— 
Mittlere | Großte | Kleinſte | Unterſchied 
— m —ñ mm — — — — — — ——— — — — — — 


ı652 I 33 | 065 | 238 


Die mittlere Beuchtigfeit der Luft war während der drei erften Viertbeile des Mo» 
nates nabe conftant und sch mäßiger er. indem fie nie » Ghrane überflieg. In diefe 
za fiel auch ihr Minimum auf den 22ten 8 U. 30° Vormittags. Die meiften odmwol an 

& gerıngen Veränderungen ın der Feuchtigkeit fielen ın das erfte Drittel des Mon. Im 
legten Biertheile des Mon. erbobte fi die Feuchtigkeit im Mittel, blieb aber aud wahrend 
Diefer Zeit nahe conflant. Zn diefe Zeit fallt ıbr Maximum auf den siten 3 U. Nachm. 


Negenwmenge 
In Wien. Eub. Zoll. auf die Fläche eines Wien. Quadr. 3. ausgedrüdt 
Selammtmenge | Größte |] Kleinſte JUnterſchied 
2740 | 673 | 0:03 | 6727 
Die aefammte Regenmenge betrug in diefem Monate fo viel, daß fie eine Höhe von 
22.33 uber dem Boden erreicht hatte. Thau und Reif lieferten eine KBaffermenge von 79 
Gub. Zoll auf die Flache eines Geviertfußes. Bom Schnee rührte eine Waſſermenge vor 


253·15 Gub. 8. ber. Die aröfite —— gab fo vırt Waſſer, daß es cine Hohe von 
2741, und Die Heinfe Megenmenge, Daß ca 0''.ova erscicht hatte» 


Wolken. 


Nachdem am ıten des Mon. ſich ein großtentheils heiterer, nur auf * 4* mit 
feinen Feder⸗ u. fedrigen Schichtwolken getrübter Himmel gezeigt hatte, trat gieich darauf 
Dicht bewolkter Himmel mit nimbus ein, welcher wabrend Des ganzen erſten Monatdrittels 
andauerte und nur auf Augenblide unterbrochen wurde. In diefe Zeit fiel auch anbaltens 
der Nebel. Anfangs des zweiten Monatdriteels und bis jur Mitte des Mon. geringe nicht 
lange dauernde Aufbeiterung; Dichte fedrige Schichtmolfen am Himmel, ſchwächerer Nebel, 
Bon der Mitte des Mon. an bis zum Ende des ‚weiten Drittels wieder rüdkehrender ftarf 
bewölfter Himmel und anhaltender nimbus mıt dichtem Nebel. Anfangs des lebten Mos 
natdrittheils durch zwei Tage aufge eiterter Himmel mit fehr ſchwachen Nebel, gleich dars 
auf aber wieder Dichter Mebel und bis zum Ende des Mon. anhaltender nimbus. Im gans 
sen Monate dichte Bewölkung des Himmels, äußerft felten das Zenith heiter. j 
itterung. 

In diefem Mon. gab ed feinen einzigen gang beitern, wolfenlofen Tag. Im Berlau 
des Mon. zäblte man aber 3 heitere Tage mit anbaltendem bellen Senne in; a größs 
tentbeils beitere Tage mit unterbrocdhen [cheinender und getrübter Sonne; = halb heitere 
Tage mit wenig Sonne; 3 gententsenie trübe Tage mit einzelnen GSonnenbliden, und 19 
gan trübe Tage. Berner gab es ı Tag mit mäfigem Regen, und 1a Tage, an welden es 
chneyte. Darunter waren 3 Tage, an welchen es fehr ftarf, ı Tag, wo es ſtark, 3 Tage, 
wo es maßıg ſchneyte. An 5 Tagen gab ed wenig u.an 2 Tagen nur Mehr ſchwachen Schnee. 

Luftelektricität. 

Im erſten Drittb. des Mon. feine Spur von Elektr., erſt geaen Ende desſelben zwels 
mal zur Mittagszeit ſchwache Spur pofitiver Elektr. Hierauf wieder feine Spur davon, bis 
endlich gegen die Mitte des Mon, zweimal gegen Mittag ſchwache negative Elektr. zum Vor⸗ 
ſchein fam. Gleich darauf wieder feine Spur. Zu Ende des weiten Monatdrıtt. wieder zu 
Mittag Schwache Zeichen wechfelnder Eleftr. Anfangs des legten Monatdritt. feine Spur von 
Elche. und erft gegen Ende desfelben deutlihe Spuren fehr ſchwacher pofitiver Elektr. Im 
ganzen M. war die Elektr, der Luft äußerft ſchwach u. nur um die Mitte Des Tages merklich, 


Meteor Ä 
Im Laufe ded Monates keine. 





Februar. 
Luftdrud. 










Mittlerer Größter Kleinfter Beränderung. 
Parif. Zoll | Wien. Z0U | Parıf. ZoU | Wien. Zoll Pariſ. Zoll | Wien. 3. | Parif.3- | Wien.Z, 


26794 | 27-534 | 27260 | 28-220 | 26'234 | 26°959 | 1-226 | 1'261 


Unfange des Mon. fortgefehted Steigen des Barom. im Mittel, während der Mond 
Im erften Viertel feine größte nördi. Abweichung erreichte. Als hierauf der Bollmond zur 
edferne ging, ſank das Barom. im Mittel gegen Ende des erſten Monatdrittels regelmas 
ig herab Gleich darauf wieder in die Höhe gebend, blieb ed anfangs des zweiten Monats» 
rıttb. durch ein Paar Tage nabe conftant, und erreichte gegen Ende des zweiten Dritth. 
ein Marımum, am 2oten 10 U. 30’ Bormittags, da der Mond im legten Viertel feine größte 
üdl. Abweichung erreicht hatte. Bon da regelmäßiges Ginfen des Barom. im Mittel bis 
jum 26ten a U. Ub., wo der niedrigfle Stand eintrat, zur Zeit des Neumondes in der Erd» 
nahe. Hierauf neuerlihes Steinen des Darom. bis zum Ende des Monates. 


tuftfröme 


Richtung N No o so 8 sw w ı NW ı Mittl.Windesridtung 
Zahl | a = era N 84° 15° W 

Nachdem in den erften Tagen des Mon. der W u. NW wiewol noch ſchwach ange, 
dauert hatte, trat hierauf genen Ende des erſten Monatdritt. ein füdl, Wind ein, welcher 
zwiſchen O u. W (dwabı wechſelte u. im EL nge des zweiten Drittb. Durd einen ſtoßwerſe 
etwas flärferen NW wieder verdrängt murde, welcher bis zur Mitte des Mon. anbielt. Bon 
da an bı8 zum Ende des zweiten Dritib. waren wieder der SO u. SW abmwechfelnd vorberrs 
(hend. Anfangs des let. Dritth fehrte wieder der nördi. Wind zurüd, welcher jedoch nur 
furze Zeit dauerte und durch SO in SW —* welcher b:$ zum Ende des M. anhielt u. 
am legten des M. wieder nad NW überfprang. le Winde webten im ganzen M. nur mäßig. 


Lufttemperatur 
Niedriafte Unterſchied 


a" I € Rn I cc R | € 


— 178 |- 2225| + 70 |+ 875 | —13°5|—16°875| 20°5 [25-625 
Die erften zwei Tage des Mon. hindurch ſchwankte die mittl. Tagestemp. goifchen * 
u. —. Hierauf wahrend des erften Monatsdritt. gunchmende Kalte, bis Die mittlere Tages⸗ 





Mittlere 






vV 
temp. am toten u. Aten ploͤtzlich einen Sprung aus Dem Zeichen — in das Zeichen + machte, 
welches fie jedoch nicht beibebielt, fondern aleich wieder in das Zeichen — üderging und darz 
in unter fortwäbrender Zunahme der Kälte bis sum 2oten verblich, wo das Mintm. der Tages: 
temp. um au. Fr. eintrat. Hierauf flieg fie fortan, ging am 23ten wieder ins Zeichen + uber 
und behielt «8 bis zum Ende des M. bei, wo aub am 2sten 5 U. Ad. das Diarim. eintrat. 


guftfeudtigfeik 


Nah dem Gewichte des in einem Eub. Fuß Lurt bei 28 Parifer Zoll 
Luftdrud enthaltenen Wafferdunftes ausgedrüdt in Wien. Sranen 


Mittlere ' Sröfite I Kleinfte I Unterſchied 
2128 | 373 eo | 30 


Bom Anfange des Mon. an nahm die Feuchtigkeit der Luft im Mittel während des 
erſten Monatsviertels ab, worauf fie fib durch drei age bedeutend erböbte, bierauf aber 
wıeder 4 aurüdging und ſich dann dis zur Mitte des Mon. fo wie tm mweitern Verlaufe 
Des zweiten Monatdritt. bei nabe aleıher Größe erbielt, wo fie ih dann gegen Ende des» 
felben neuerdings erniedrigte und am 2oten 8 U. Morgens ibr Minimum erreichte. Wa 
rend des letzten Monatdritt. fleigerte fie ſich wieder allmablia, und erlangte am ®Tten = 
Nachm. das Marımum. Die Feuchtigfeit war im Ganzen ın diefem Monate noch mäßig. 


Regenmenge 


In Cub. Zoll. auf die Fläche eines Wien. Quadr. F. ausgedrädt 
Selammemenge 4 Gröfite | Kleinſte Unterſchied 


18232 | 925 | . 00 42-45 


Die ganze monatfl. Regenmenge betrug fo viel, daß das ar den Boden bis zu 
einer Hohe von 15.19 bedeckt hätte. Die großte Reacnmenge gab fo viel Waſſer, daß es 
> Den Boden big zur Höbe von 3° 53, und die Heinfte Regenmenge zur Höhe von 0'004 Der 
det baben würde. Thau und Reif lieferten in diefem Monate 5-03 ud. Zoll und vom 
Schnee rübrten 1599 Eub. Zoll Waſſer ber. 


Bolten 


Nachdem der Himmel durch Die erften vier Tage des Mon. Dicht bemölft, fortdauern: 

Der nimbus und dichter Nebel war, heiterte fi das Wetter gegen die Mitte des erfien Mor 
natdriet. allmälllig auf, und verblieb es im Laufe desfelben, fo daß nur leichte Feder: u. fedre 
Schichtwolken am Horizonte ſichtbar waren, mitunter au ſchwacher Nebel. Im Anfange 
des zweiten Monatdritt. und bis zur Mitte des Mon. wurde die Bewolfung des Hımmels 
wieder dichter, es trat häufig abwechſelnd Tage lange dauernder nimbus und Nebel eın, bau: 
fige Schichtwolken. Bon der Mitte des Mon, dis zum Ende des zweiten Drittels wieder 
einige Aufbeiterung des Hımmels, leichtere IBoltenarten, Feder- u. fedrige Schichtwolfen. 
u... u. tiefer öfters einige Zeit hindurch ganz beiter, nur des Morgens fhwaher Nebel, 
nfangs des legten Drittb. des M. nabe derfelbe Charakter, fpäter Berfhlimmerung dess 
felben, häufiger dauernder nimbus und dichter Nebel, welcher bis zum Ende des Mon, ans 
bielt, erfk in den zwei legten Tagen nadließ und einem etwas Leichter bewöltten Him⸗ 


mei Play machte. 
Bitterung. 


2 diefem Mon. gad es 1 ganz heiteren mwolfenlofen Tag. 2 andere Tage näberten 
fid diefem Zuftande, wenn man feine Feder- u. fedrige Schichtwotken am Horijönte, fo wie 
auch etwas ſchwachen Nebel nicht berüdfichtiget. Mebft diefen zählte mangs beitere Tage mit 
anbaltendem hellen Sonnenſchein, a großtentheils beitere Tage mit unterbrodhener zum 
Theil getrübter Sonne, 3 halb heitere Tage mit wenig Sonne, » gröfitentbeils trübe Tage 
mit einzelnen Gonnenbliden und endlid 10 gang trübe Tage. Ferner gab es an 2 Tagen 
mäßigen Regen. An 3 Tagen ſchneyte es ſtark, an 2 Tagen maßig mit Regen vermiſcht, 
und endiih an 2 Tagen ſchwach. 


Suftslettrieitäk 


— Im erſten Dritth. des Mon, Tage lang feine Spur von Lufteleftr., nur ſelten an 
einzelnen Tagen um die Mittagszeit äußerft ſchwache Spuren von pofitiver Eleftr. Anfangs 
des zweiten Monatdrıte. eben fo wie früber, fpäter aber’ deutlihere und anbaltendere Spu⸗ 
ren von ſchwach pofitiver Eleftr. Gin einzigesmal um die Mitte des Mon. eine fchrmade 
Spur von negativer Eleftr., welche jedoh nur wenige Stunden anbielt und dann gleich 
wieder ins Pofitive überging. Jm weiteren Verlaufe diefes Monatdrıtt. fortwährend ſchwa⸗ 
be pofitive Elettre, nur ſehr felten durch oE unterbroden. Gegen Ende Diefes und im Ans 
fange des Ichten Dritt. wurde die pofitive Elektr. vıel ſchwächer, haufiger und langer durch 
ok unterbrocden, bis fie endlich gegen Ende des Monates gänzlich verſchwand. 


Meteore. 


Außer ein Paar Meinen und bald vorübergehenden Höfen um den Mond gab es 
fonft in dıefem Monate bier keine auffallenden Meteore. € 





vi 


Mär —. 
euftdruck. 


Mietierer Gropter Kleinſter Veraͤnderung 
Parıf. Zou | Wien. Zou | Parif. Zou | Wien. ZoU | Parif. Bol | Wien. 3. | Parif-3. | Wien.Z- 


26'894 | 27-637 | 27295 | 28-048 | 26441 | 27172 | 0-854 | 0-876 


Nachdem das Barom. gleih Anfangs Des Mon. und war am sten 1o U. Ab. feinen 
niedrigften Stand erreicht hatte, fing es von dem Tage an, mo das erfle Mondessiertel ein» 
trat, im Mittel zu ſteigen und fehte es im Laufe des erfien Monatdrıtt. fort, wäabrend der 
Mond von feiner größten nordl. Abweichung zur Erdferne überging. Im Anfange des zwei⸗ 
ten Monatdritt fortgeſetztes — en des Barom. im Mittel bis zum s3ten, mo um 18 Il, 
Mittags das Marımum desfelben Statt fand, nachdem früber der Bollm. eingetreten war. 
Bon da an bei abnebimendem feiner größten füdl, Adweichung zuſchreitenden Monde fanf 
das Barom, bis gegen Ende des aweit. Dritt. Gleich Darauf trat wieder ein Steigen desfelben 
ein, welches mit wenig nt mabrend des letzt. Monatdr. zur Zeit des Neum in der 
Erdnahe bis nahe zum Ende des M. dauerte, mo das Bar. wieder herab zu finten begann. 


Richtung so sw | w | uw Mittt.Windesrichtung 


5 
Zahi — I 4 26 | 7 | 29 | S 730 19° w 


Im erften Dritth. des Mon. blies der Wind von S nah N vorjugsweife durch W 
und zwar abmechfelnd zwiſchen W u. N faft eben fa oft, als zwifhen Su. W, doc flets nur 
ſchwach und fehr felten zwiſchen Su. O, ein eingiged Mai rein Rust ım Uniange des Mos 
nates. Im Laufe des zweiten Dritt. beinabe eben fo wıe im erften Dritt. des Mon., nur 



















































daß anfanas der nordmweftl. Wınd, fpäter dagegen der SW vorwaltend wurde. Auch in dieſem 
Dritt. war die Starke des Windes unbedeutend. Im lebt. Dritt. blieb der SW no immer 
mit vermehrter, aber noch maßıger Stärke ge et war zuweilen durch W u. A 
nah Nu u,SO über, Echrte aber wieder zurüd und erhielt fih Darin bis sum Ende ded Mon, 


gEufttiewperaetur 





Mittlere Hochſte Niedrigſte Unterſchied 


a Ua. ̃— eg Rn | 6 


+0260| + 5330| + 13,2 [+ 16:500| — 2-1 | — 2625| 15°3 f19-125 


Dis zur Mitte des erften Monatdritt. nahm die mittel. Taaedtemp. regelmäßig zu, 

von da an bis zum Ende desfelben wieder ab, Dasfelbe wiederboblte fib nur mit einigen 

eringen Unterbrechungen ım Laufe des weiten Dritth:, genen deffen Ende auch das Min. 

er Temp. am isten 7 U. Fruh eintrat. Gleich darauf ang fie wieder raſch in die Höbe u. 

erreichte am 22ten 3 U. Nachm. das Marim. Bon diefer Zeit an nabm fie während des lehten 

Monatpritt. dis zum ?9ten ziemlich regelmäßig ab, worauf fie in den letzten 2 Tagen des M. 
bedeutend flieg. Im ganzen M. batte fie bereits Das Zeichen +, und bebielt es auch bei. 


Luftfeuchtigkeit. 


Nach dem Gewichte des in einem Wien. &. Fuße Luft dei 28 Parıf. Zoll 
Luftdruc enthaltenen Waller dunftes ausgedrudt in Wien. Granen 








Mittlere | Größte | Kieinfte | Unterfcied 
33065 | 50 210 ) 3.60 


Im erften Monatsdritt. nabe conflante Luftfeucht. im Mittel. Erſt gegen Ende des⸗ 
felben einige Erniedrigung derfelben, welche bis jur Mitte des M. anbielt, wo aud das Min. 
dar Feucht am zaten sin Br eintrat. Gleich Darauf eine Erhöhung derfelben, weldye ebens 
alls einige Zeit mit wenig Unterbrobungen bis zum 22ten anbielt, wo ſich aucd das Mar. 

er Luftfeucht. 12 U. Mitt. einfand, Hierauf nabın die Feucht. der Luft wieder etwas ab, u. 
erbielt fi war etwas erniedrigt Aemlich conftant bıs sum Ende des Mon., wo eine Heine 
Schwaͤnkung von furser Dauer eintrat; Im ganzen Monate war die Feuchtigk. der Luft 
siwar flärker als im vorhergehenden, aber immer nod mäßig au nennen. 


Kegenmenge 
In Wien. Eub, 300. auf die Flache eines Quadr. Fuß. ausgedrüdt 


Sefammemenge | Größte | NKieinfte 1 Unterfdied 
168.18 606 | 0:07 I 6053 


ie gefammte Regenmenge betrug in diefem Monate fo viel, dab das Waller den 
Doden bis zu einer Hohe von 19'%04 bededt harte. Die größte Regenmenge gab fo viel 


vn 


Waſſer, daß ed eine Höhe von 3. ob Aber dem Boden erreicht hätte; der Meinfte Negen fo 
viel, daß es eine Sr von 0°00 6 gegeden haben würde. Thau und Reif lieferten in dieſem 
Monate »6 Eub, Bolle, und vom Echnee rührten a°55 Cub. Zolle ber. 


Wolken. 


Gleich im Anfange des M. war der Himmel heiter u. ohne Nebel, blieb es auch im 
enitb u. tiefer bis zur Mitte des erften Monatdritt., iedoch abmwechtelnd im ubrıgen durch 
eder: u. fedr. Schichtwolken getrübt, wobei fib auch etwas Mebel cınflellte. Bon der Mitte 
des erften Dritt. an bis aepen das Ende desfelben vermebrten u. verdichteten fid Die Wol⸗ 
fen immer mebr, auch gefellten ſich gefbicht. Haufmwolfen dazu und gıngen allmablig ın nimbus 
üser, welcher fib aub anfangs des zweiten Dritt. volllommen ausgebilder einftellte u. dis 
ur Mitte des M. faft ununterbrochen dauerte, Wahrend diefer Zeit auch mitunter Dichte 
bprepci. Bon der Mitte des M. bis sum Ende des zweiten Dritt. Abnabme des nımbus, aber 
Doch noch fortdauernde dichte Bewoltung, zeitweilta Nebel, jebr felten ve an beiter. Im 
Anfange des lekt. Dritt. Fortdauer dieſes Zuftandes, bis gegen Ende des M. wieder nimbuns 
eintrat , welcher jedoch nicht lange dauerte und am Ende durch etwas beiterern Himmel 
perdrängt wurde. Im Ganzen cın woltenvoller Monat. 


Witterung. 


In dieſem Mon. gab es gar keinen ganz beiteren, wolkenloſen Tag. Dagegen zählte 
man ? beitere Tage mit anbaltendem bellen Sonnenſchein, 9 aröfitentberis beitere Tage mit 
unterbrochener aum Theile getrübter Sonne, 7 balbheitere Tage mit wenig Sonne, 5 aroß⸗ 
tentheils trube Tage mit einzelnen Gonnenbliden und endlich 8 aany trübe Taac. Ferner 

ab es an ı Tag mäfiıgen und 4 Tag febr ſchwachen Schnee. Dann an 3 Tagen Regen, 
Darunter waren 4 [ehr flarfer, 2 ſtarke, 3 mäßige und 2 ſchwache Regentage. 


Luftelettricität. | 


Im Anfange des erfien Monatdrit. Fam die pofitive @leftr. wieder, jedoch nur ſchwach zum 
Borfcheine und wurde nur auf kurze Zeit unterbrochen, wo gar feine E vorhanden war, 
weiches meiftens in Den Abendſtunden geſchah. Gegen Ende diefes Drittb. wurde fie wieder 
viel ſchwacher und verfhwand endlich durch einige Tage ganz, erfchten jedoch im Anfange 
Des zweiten Dritt. wieder, nabm an Starke acgen Die Mitte des M. etwas zu, immer po⸗ 
fitiv bleidend. Hierauf verminderte fie ſich wieder durch ein Paar Tage faum merklich wer⸗ 
Dend, nabm aber dann wieder am Ende des weiten Drittel gu und blieb es aud ım lenkt. 
Drittb, des M. bis zum 2aten, wo fie negatıy wurde, aber gleich wieder ins Pofitive übers 
ging und es mit geringen Unterbrechungen bis zum 25ten blieb, hier wieder sur Mittagszeit 

iemlich flarf negativ werdend u, einige Stunden lang anhaltend. Bon da an ward fie wies 

Deutlich pofitiv und blieb es aud bis zum Ende des Mon. jaft ununterbrochen. 


Meteor 
In dieſem Monate zeigten fi bier Beine, 





April 
Luftdrud. 
Mittlerer Größter Kleinfter Beränderung 


Parif. Zoll | Wien. 300 |Parif. Zoll | Wien. ZoU | Parif. Zoll | Wien. 3. | Parıf.Z- | Wıen.g, 


26762 | 27-502 | 27'195 | 27°946 | 26396 | 27'131 | 0799 | 0-815 


Bom Anfange des M. an bis zur Hälfte des erften Monatdritt., da der Mond im 
erfien Biertel von feiner größten nordl Abweichung zur Erdferne aing, war das Barom. 
im Steigen begriffen, von da an ſank es wieder herab bis gegen Ende des erſten Drite., wo 
«8 wieder zu fleigen begann u. zur Zeit des Vollm. am titen um 9 U. Gr. feinen höchſten 
Stand erreichte. Hierauf fanf es wieder bis zur Mitte des M., wo es auf kurze Zeit in die 
Höbe ging, um dann gleich wieder bis um Ende des zweit. Monatdritt. zu finten, während 
welder Zeit der Mond im legt. Viert. aus feiner großt. füdl. Abweichung zur Erdnahe ging. 
Im Unfange des legt. Dritte. ein das Barom. wieder in Die Höhe, jedoch war fein Steigen 
nur von furzer Dauer; beim @ıntritte des Reum. fanf e$ wieder u. fuhr darin dis zum 29ten 
fort, wo es um ıU.R. den nıedr.&tand erreichte. Tags darauf ging es gleich wieder ın die Hohe. 


Luftfröme 















Richtung N NO o so 8 sw w | NW | Mittl.Windesridbtung 
Zahl 6 | 13 1 10 5 14 | 11 | 30 N 80° 12° W 











Im Laufe des erften Monatsdritt. große Beränderlichfeit der Winde, denn fie wech⸗ 
felten täglich mehrmal die Richtung und wehten fait aus allen Weltgegenden. Erſt gegen 
Ende diefes Dritten. ftellte fi cın bäufiger NW ein, welcher einige Tage vorherrſchend und 
mäßig ſtark wurde. Dieß dauerte auch im Baufe des 1weiten Monatdritt. noch im verflärk« 


vıHn 


ten Maße fort, nur dafi der Wind noch mehr nördlich wurde und zuweilen gar in N übers. 

heıka Dura, WO 1m 50 und SW aberama, Jebe@ nur mir mäßiger @narte, Din Wangen 
aume \ ⸗ 14 [7 

— die Winde in dieſem Monate mahig ſtark und ziemlich veränpertich. * * 


Lufttemperatur. 



















Mittlere Niedrigſte Unter ſchied 
R | C R | c R ı c 
-+6332]| + 7915|] + 162 |+ 2025) + 46 | + 575 208 | 26-00 


Sleich in den erften Tagen des M. erlitt die mittl. Tageswärme eine fo Dedeutende 
Erniedriaung, daß fie nur einge Zehntel Über Null betrug. In diefe Zeit fällt auch die niedr. 
Tagestemp. auf den ?ten Morg. Bon da an nahm die mittl. Temper. regelmäßig und zwar 
bedeutend au bis gegen das Ende des eriten Monatdritt , wo fie etwas erniedrigt, glei dars 
auf aber wieder ın Die Höbe ging und fich anfangs des weit. Dritt. auf diefer Höhe erbielt. 
Im weitern Berlaufe des zweiten Dritt. aina fie wieder raſch berunter und blieb unter ac» 
ringen Schwanfungen fo erniedrigt bis sum Ende des weiten und anfangs des letzt Dritt., 
worauf fie wieder bober wurde, und am esten 5 U. Ab. das Marım. erreichte. Im weitern 
Verlaufe des M. bis zum Ende erlitt fie nur geringe Deränderungen. Im ganzen M. batte 
fie ım Mittel das Zeihen +, obwol die Tagestemp. mehremal unter Null berabfant. 


Luftfeudhtigfteit. 


Na dem Gewichte des in einem Eub. Fuße Luft bei 23 Parif. Zoll 
Luftdrud enthaltenen Wafferdunftes ausgedrüdt in Wien. Granen 


Mittlere N} Gröfite | Kleinfte | Unterfchied 


3555| 75 | 13 | 5 

Nachdem die Feuchtigkeit der Luft gleih am erften Tage des M. um 9 U. Ab. ihren 
niedr. Werth erlangt batte, fing fie im Mittel an zu fleigen, und fehte es regelmäßig bis 
sum Ende des erften Monatdritt. fort, worauf fie gegen die Mitte des M. bin abnahm, u, 
von da an bis zum Ende des zweiten Monatdritt., ob zwar erniedrigt, fi doch nabe gleich 
blieb, unbedeutende Echmwanfungen abgerechnet. Im Berlaufe Des legt. Drittb. des M. 
nahm fie —— und erlangte am 25ten 5 U. Ab. ihr Marım. Bon da an ging fie bis 
sum Ende des M. langjam herab. Im Ganzen war die Feuchtigkeit der Luft in dieſem M. 
nur um weniges flärter, als im verfloffenen Monate. 


\ Regenmenge 


In Wien. Eub, Zoll. auf die Fläche eines Wien. Auadr. 5. ausgedrüdt 
Geſammtmenge | Größte ) Kleinſte | Unterſchied 


304568 | 8755 0:05 | 8750 

ie gefammte monatl. Renenmenge betrug fo viel, daß das Waſſer eine Höhe von 

25‘'.28 über dem Boden erreicht hatte. Die größte Regenmenge gab fo viel Waffer, daß es 

den Boden bis zur Höhe von 7'.23, und die kleinſte fo viel, daß es ihm bis zur Höhe 0’''.00% 

bededt hatte. Thau und Reif lieferten in dDiefem Monate 1-9 Cub. Zoll, und vom Schnee 
rührten a5*00 Cub. Zoll Waffer ber. 


Bolten 


Im Anfange des M. war die Dewölfung des Himmels bedeutend, und zwar begann 
fie mit nimbus, welcher jedoch nur furze Zeit anbielt, worauf es fih ım Zenith und tiefer 
allmablig aufbeiterte, wober die Feder, fedrige Haufs u. Schichtwolke, im Horizonte aber 
die gebaufte Schicht: u die Haufenmwoilfe nebft etwas Nebel haufig waren. Mitunter famen 
auch ſchon Gewitterwolken zum Vorſchein. Diefer Zuftand dauerte im Laufe des erſten Mos 
natdrittels und darüber bis gegen die Mitte des Monates fort, worauf eine flärfere Ver⸗ 
Dichtung der Wolfen eintrat, welde in vorübergebenden wimbus über nd; fi aber gegen 
@nde des zweiten Monatdrıttels auf kurze Zeit auflofte, glei darauf aber wieder eintrat 
und im Laufe des lepten Drittels anfanas weniger, fpäter aber flarfer und anhaltender 
bauerte,. In diefer Beit waren die dichten TWoltenarten, befonders die gefdichteten Haufen» 
wolken und die Schichtwolken zablreihd am Himmel und haufiger Nebel. Auch dieler Mo⸗ 
nat im Ganzen mwoltenvoll und düfter. 


Witterung. 


In dieſem Nonate get es nicht einem einzigen ganz heiteren und mwolfenlofen Tag. 
Im übrıgen zähite man 6 heitere Tage mit anhaltendem und hellen Sonnenſchein, 7 groß* 
sentbeils heitere Tage mit unterbrochener, zum Theile getrübter Sonne, 7 balb beitere Tage 
mit wenig Sonnenſchein, 7 größtentheils trübe Tage mit einzelnen Gonnenbliden,, und 
endlich 3 garı trübe Tage. Zerner ſchneyte es an 3 und regnete an sı Tagen. Darlınter 
wab es ı Tag mit viel, 1 Tag mie maßigem und 1 Tag mit wenig Schnee. An 2 Tagen reg⸗ 





IX 


nete es febr ftark, an © Tagen ſtark, an 3 Tagen mäßig, ana Tagen ſchwach, und endlich 
an 2 Tagen ſehr ſchwach. Kr i 


enftelettricität 


r "ij .* >; s >. 

Während des erſten Monatdrittheits war'die Elektre der Luft fortwährend deutlich, 
obiwol nod immer ſchwach politiv, nur ein eingigesmal blieb fie gegen die Mitte des erften 
Drittels auf fehr kurze Zeit aus, und ein einziges Mal wurde fie genen das Ende desfelben 
auf eben fo furze Zeit faum merklich negativ. Gleich anfangs des zweiten Monatdrittels 
seiqte fich wieder auf fehr furge Beis das Dafein ziemlich flarfer negativer Eleftr. Doch 
febrte nad kurzer Unterbredung die pofitive Eleftricit. wieder und dauerte, wiewol nur 
ſchwach, bis über die Mitte des M-, worauf wieder pom 18ten gn bis zum Ende des weis 
ten Dritth. ſchwache Spuren von neadtiver Gleftr., jedoch nur rz dauernd zum Borfhein 
famen, welche fib im Laufe des. letzten Drittels bäufiger und dauernder, und zwar anfangs 

arf,fpäter [hwächer wiederholten, und gegen das Ende des M. wieder ftarf zurüctebrtens 
azwiſchen gab es Zeiten, wo die Elektr. ſchwach pofitiv, oder längere Zeit gar Feine vor— 


handen war. 
Meteor 


‚Am sten um 71/8 Uhr Abende ſtarkes entferntes Gewitter in SSO. Am ısten um 
€ Uhr Abends ſchwaches entferntes Gewitter mit Gchneegeflöber vom furzer Dauer. 


ni 





En (4 * 
iu 4 


N 9 I56) 
Mai. 
Luftdrud. 


Mittlerer Größter Kleinfter ‘| "Beränderung 
Parif. ZoU | Wien... |Parif.Z. | Wien.gi 


Parıf. Zoll | Wien. 30W | Parif. ZOM | Wien. goit 


26:888 | 27653 | 27191 | 27°942 | 26563 | 27287 |. 0628 | 0.695. 


Nahdem das Barom. in den erften Tagen des M im Mieter zu ſteigen fortfuhr, 
machte es darauf eine geringe Schwanfung i2% fur $E Daner und ging bierauf wieder ın 
die Höbe, fo daß es auch gegen das Ende De ernten D itt. und zwar am sten um 9 U. Fr. 
feinen höcdften Stand erreichte. an dieſer Zeitperiode ging der Mond aus dem erften Bier: 
te durch die Erdferne im den Boum. über. Bon dem Ende des erſten Monatdritt. bis zum 
Ende des Wweiten ging das Barom. im Mittel unter fortwährenden Schwankungen von 
fürger Dauer immier tiefer hefunter; und erreichte am sten 40 U. Ab. feinen niederſten 
Stand; wahrend dem ging der Vollm. Durch die größte, ſuͤdl. SUNG und im festen 
Biertel au ver Erdhähe. Im Laufe des legten Dritt. ging das Barom, im Mittel regels 
mäßig dis um Ende des M. in die Hohe, in welcher Beit der Neumond durch die größte 
nördische Abweichung zum erflen Viertel überging. 


tufefröme 












Richtung | N | NO | O 180 ; 8- | SW | W | NW | Mitt. Windesrichtung 
& Bafı | 7 8 2 | 24 8 | 18 2| 3 S 46° 32° W 

















Gleich im Anfange des DE. ftellte ſich ein häufiger NW von ‚mittleree Stärke eim, 
welcher das erfte Monatdritt. bindur anbıclt uge nur zeitweilig mit einem ſchwachen SO 
wechfelte, weicher dann durch S u. Wite ider id SW überging. Schon gegen dag Ende des 
erſten pritt., noQ mebr aber um Die Mitte des Mon. wurde der SO vormwaltend, welcher 
bierauf im meitern Verlaufe des oeitin Drittels mit einem SW häufig twechlelte. Im 6* 
ten Drittel des M. ſtellte ſich wieder eine Nerguna des Windes zum eberaange na 
ber, welcher auch zeitweilig mit aremfiher Starke ſtoßweiſe wehte, gegen Ende vos Mon 


aber twieder dem f dDlihen Winde Play machte. 


Kr ;sgtufttemperatur 













Mittlere . Höhe  , ‚ „ Niedrigfte, Unterfchied 
— | C R | c ME Wr Po 


) C 
+ 12:07 |+15:088| + 22:6 | + 2825| + @1 [+5'125| 185 |23125 


Bom Anfange des M., wo das Minim. auf den 2ten Morgens fiel, bis zur Mitte des 
erften Dritt. erhöhte fid Die mittl. Tagestemp. ſchnell und bedeutend, morauf fie wieder 
bis gum Ende des Dritt etwas abnabm. Hier und im Anfanae des Weiten Dritt, trat 
eine bedeutende Erniedrigung der Tageswärme im Mittel ein, welche jedoch nur turze Zeit 
Dauerte und gleich wieder einer Erbobung Plak machte, welche auch bis Über Die Mitte des 
AM. sunabm. Hierauf trat bis zum Ende des zweiten Dritt. eine geringe Erniedrigun 
ebenfalls von furser Dauer ein, welche ſich im Anfange des letzt. Monatdritt. noch einma 





mwiederbölte, von mo aus dad Steigen der mittl. Tagedwärme fortging und das Marim. der 
ey am 29ten 5 U. Abd. intra Bis zum gehten des Mon, erhielt fie fid im Mittel auf 


nahe gleicher Höhe. R 
Luftfeuhtigkfeit. 


Nach dem Gewichte des in einem Wien. @. Fufie Luft bei 2a Parif. Zoll 
Luftdrud enthaltenen Waflerdunftes ausgedrude in Wien. Granen 
Mittlerer 1 Brößte I Keine 1 Unterfchied 
590 | 114 I 28 | 88 
urch Die erften 3 Tage des M. auffallend in die Höhe achend, erbieft fih dann Die 
Beucht. der Luft im Mittel während des Laͤuſes des erfien Monatdritt. nahe bei derfefben 
Geöfie, aber fhon etwas erniedriget. Am Ende diefes und gleich im Anfange des ‚weiten 
Monatdritt. geihab eine bedeutende Erniedriaung, auch trat da am siten um 3 U. Sr. ihr 
Minim. ein. Hierauf ging fie wieder'regelmäßig bis zum 17ten in die Höhe und von da an 
bis um Ende des zweiten Dritt. herab. Im Verlaufe des Ichten Monatpdrift. aing fie mit 
einigen furzen Unterbrechungen bis um Ssten in die Höbe, mo ihr Marim. um 5 U, %b, 
eintrat. Bon da am blieb fie biß zum Ende des M. auf gleicher Höhe, Die Luftfeuchtigkeit 
war in diefem Mon, fchon auffallend ftärfer. 


Regenmenge. 
In Wien. Eub. Zoll. auf die Fläche eines Wien. Quadr. F. ausgedrüdt 
|. — — — — — — — — 
Geſammtmengen1 Größte j Kleinſte | Unterſchied 


536855 | 15635 | 005, | 15620 


Die aange monatl. Regenmenge betrug fo viel, daß das Waller den Boden bis zu 
einer Höhe von ay’.70 bededt Hätte. Die aröfite Regenmenge gab fo viel Waller, daß e$ 
Dis au einer Höhe von 13,02 über den Boden gereicht hätte, Die Feinfte Regenmenge fo 
viel, dafi es eine Höbe von o’%.oos gegeben habun würde, Thau und Reif fieferten in die» 


fem Monate 4.92 GCub. Zoll Waſſer. 


Wolken. 


Die erſten Tage des M. war der Himmel faſt ganı heiter, ohne Nebel, bis auf einige 
feine Bedermwolten, welche fih am Horizonte zeigten, und die fi im Laufe des erften Mos 
Hhatdritt. allmablig vermehrten und am Himmel aud höher zogen. nu efen gelellten ſich 
uch fpäter Meine Haufenmwolfen,, welde um die Mitte des erften Drittels in gefchichtete 
aufipolfen, fo wie Die Federwolken da in fedrige Schichtwolken übergingen; doc blieb das 
enith während dem falt Durcdhaebendg heiter. Gegen Ende diefes Dritt. ward die Bewöle 
ng noch etwas dichter, und nah einem fehr furz pauernnen nimbus und ſehr ſchwachen 
Medel trat im Anfange des zweiten Dritt. wieder cine Aufbeiterung des Himmels ein, wor 
Dei zwar noch dichtere Wolfenarten am Himmel zeitweilig fihtbar waren, jedoch mit größs 
entbeils beiterem Zenith, Dieß dauerte bis über die Mitte des Mon,, worauf eine Bers 
limmerung eintrat, weiche bis zum Ende des weiten Dritt. dauerte und endlih im Anz 
ange des Ichten Dritt. in nimbus uberging. Zu den da herrſchenden dichten Bolten ges 
rn ſich au in Diefem Dritt.. noch Gewitterwolken. Erft Y en Ende des M. Löfte fi 
as dichte Gewölfe auf und es folgte beiterer Himmel, In d efem onate hörte der Mes 
hei faft gang auf, 


Ditternng 


Eigentlich gab es in diefem Monate nicht einen einzigen ganz heiteren wolfenlofen 
Zag. Am meiften naberten fi dieſem Zuftande 3 a wenn man einige febr feine Feder⸗ 
und Meine Haufmolfen tief am Deöpare unberüdfichtiger laßt. Sonſt zablte man 7 beir 
tere Tage mis anbaltendem hellen Sonnenfcein, 13 größtentbeils heitere Tage mit unters 
brocener zum Theil getrübter Sonne, 2 halb heitere Tage mit wenig Sonne, 4 größtens 
tbeils trübe Tage mit einzelnen &o nennen ynd 2 ganz trübe Tage. Berner gab es 15 
Megentage, darunter waren 5 mit fehr ſtarkem, # mit flartem, © mit mäßigen, 3 mir ſchwa⸗ 
em und 3 mit ſehr ſchwachem Regen. 


Luftelettrieität 


Im Anfange deö Mon. war die Elektr. zwar pofitiv, aber äuferft ſchwach, zuweilen 
gar feine Spur. Erft gegen die Mitte des erften —— 8 — verftärfte fie ſich und wurde 
anhaltend umd deutlich pofitiv, ja einmal wurde fie fogar fehr ftarf; gleich darauf wurde fie 
wieder ſchwach und sind bei Gelegenheit eines vorüberziebenden Gewitters mit ziemlicher 
Gtärte ins Negative Über, jedoch nur auf Furze Beit, indem fie unmittelbar darauf wieder 
ehr ſchwach politiv wurde, welches bis zum Ende des erften Drittels fo blieb, worauf wie» 

er ein kurzer Uebergang in flarfe negative Eleftr. Gtatt fand, da HL nachher ſehr ſchwa⸗ 
ge pofitive Elektr. eintrat und faſt unausgefeht bis zur Mitte des M- dauerte. Hier fand 
neuerdings am ısten eine fehr flarfe Entladung negativer Elektr. Statt, auf weldye jedoch 
ſoaleich ım weitern Verlaufe des gweiten Drittels anhaltende fehr ſchwache pofitive Elektr. 


xı 


folate, die erſt gegen Ende diefed und am Anfarge des folgenden Dritth. einige Male mit 
ſchbacher negativer Elektr. wechfelte und es im weiteren Verlaufe mit mehreren Unterbres 
ungen bis sum Ende deb Monates fortfehte- 


Meteor 


Am rten um ı U. Machm. ein vorüberziehendes Gewitter mit ı Entladung. Nach 
GDERBERUNIFERENS ſchwache Abendröthe. Nachts hatte der Mond einen Meinen Hof. Am 
sten um 2 U. NR. vorüberziebendes Gewitter. Dei Sonnenuntergang ſchwache Abendröthe 
und Nachts Feiner Hof um den Mpnd. Am asten um 44. Nahm. ein entferntes Gewit⸗ 
ter in N u. um 9 U. Abends eın entferntes Gewitter in SO, Am 2sten zwiſchen 5 u. 6 U. 
Abends entfernt porüberziebendes Gewitter, zwifchen 6 u. 7 Uhr Abends berannabend aug 
SSW, und gegen 7 U. Ab. Ausbruch desfelben mit ftarfem Bußregen. Am aoten gegen 7 U. 
Ab. ſtarkes Gewitter aus N mit Sturm. An demfelden Tage ein entferntes Gewitter. 





Juni. 
tuftdrud 


Mittlerer Größter Kleinſter ii 
Yarif. 300 | Wien. ZoU | Parif. Bol | Wien. — Roll | Wien. 8. Parif.3. | Wien 8. 


| u 1 Er 
26-933 | 27'613 | 27-191 | 27902 | 26-743 | 27083 | 0-28 | 0'459 


Im Laufe des erften Monatdritteld abwechſelndes Schwanken des Barometers im 
Mittel, mworunter doch gegen das Ende des Drittels ein langlames Steigen bemerklich 
wurde. Bon da’an —5 Herabfinfen bis zum 13ten, mo um 5 Uhr Abends das Minis 
mum des Barometerftandes eintrat. Während diefer Zeit ging der Mond aus der Erdferne 
durch den Vollmond in die größte füdliche Abwerhung und von Da zur Erdmäbe über. 
Gleich darauf flieg das Barometer kurze Zeit hindurch, worauf es bis zum Ende des zwei⸗ 
ten Monatdrittels während des letzten Wondesvierteis auf nahe gleiher Höhe blied. Im 
Anfange des letzten Drittels fortgefeßted Steigen bis zum saten, wo Das Marimum Des 
Barometerfiandes um a Uhr Früh Statt fand. Bon da an während des Reumondes fürts 
mwährended Sinfen bis zum Ende des Monates, 


Luftſtroͤme. 
Richtung w | mw |wite.Windesrihtung 
Zahl 


Im erfien Monatdrittel waren die füdlihen Winde noch vorberrfhend, "und zwar 
war der SO darunter fehr häufig, befonders gegen dic Mitte dieſes Drittels, Doch murde 
er acgen das Ende desfelben feltener , und —— durch 5 u. SW in NW, ja in 
N über, febrte aber dann gegen die Mitte des Monates Wieder. auf furze Zeit zurüd. Im 





Beranderung 















Diefer Zeit wehten die Winde arößtentbeils ſchwach, nur einigemal_beim Wechſel des 8 
mit u N waren fie von mittlerer Stärke. Bon der Mitte des Monates an durch die 
weite Hälfte desfelben waren die weftlihen und nördlichen Winde vormwaltend, jedoch Fehrte 
efonders anfangs der SO mitunter zurüd, indem der Wind yumeilen Dur N u. O gegen 
8 ausfhlug. In dieſer Zeit waren die Winde faft durchaus ſchwach. 


Lufttemperatur 










Mittlere Niedrigfte 


RR | 6 Ro | RB | 6 —* 


+ 19°426] + 18-032 + 2571 |+31375| + 68 | + 85 | 18:3 | 22875 

Vom Anfange des M., wo die mitfl. Temp. etwas niedriger war, als am Ende des 
verfloffenen, ging diefelde durch die drei erfien Tage des M. wieder in die Höhe, worauf 
fie gleidy wieder herabging und gegen Ende des erften Dritth. fi fo erniedrigte, Daß fie 
am sten um 10 U. Ab. das Minim. erreichte. Hierauf ging fie wahrend des zweiten Dritth. 
unter fortwährenden Fleinen Schwantungen langfam in-die Höhe, erlitt dann am (Finde 
Desfelben eine bedeutende Erniedrigung, worauf fie wieder im Laufe des leuten Drittheils 
unter Meinen Schwankungen fi erhob. und am s6ten a Uhr Ab. den höchſten Stand cr 
weite, hierauf aber wieder gegen das Ende des Mon. fi etwas erniebrigte. 


Unterfchied 





xıı 
euftfendhtigfeit. 


Nah dem Gewichte des in einem Wien. ©. Fufie Luft ei 28. Parif. 80 
Zuftdrud enthaltenen Wafferdunftes ausgedrudt in A 


Mittlere 1} Größte u! Kleinfte | Unterfhied 
1512 1328 | Zu 9-87 
Am erften Moratdrittel war die Luftfeuchtiafeit im Mittel zwar etwas niedriger, 
ald am Ende des verfloffenen Morlates, doch erhielt fie ſich bis uber die Mitte Besfeiben 
au auf nabe aleiher Höhe, Bon da an nahm fie bıs gegen das Ende des erften, Drittels 
ab, wo ihr Minimum am 9ten um 410 U. Abends eintrat. Hierauf ging die Luftfeuchtigkeit 
ım Mittel faft regelmäßig und ohne Unterbredhung bis gegen die Mitte des Monates in 
die Höhe, worauf fie unter kleinen abwechſelnden Echmwantungen langſam im Steigen fort? 


fuhr, bis fie am 26ten um a Uhr Nachmittags das Marimum erlangte, von bier an gin 
fie bis zum Ende des Monates bedeutend herab. . ER IR 


Regenmenge. 


In Wien. Eub. Zoll. auf ste Zläche eines Wien. Quadr. 3. ausgedrüdt 


Sefammtmenge | Grgote, I 1 einge )_ | Unterfdied 
Be. 12915 |, 2808 | - 002 . 28078 


h ie ganze monatliche Regenmenge beträgt fo viel, daß das Waſſer eine Höhe von 
en ”.0r Dee dem Boden erreicht hätte. "Die gröfite Regehmenge lieferte fo vie Walter, 
dab es den Boden bis zu einer Höhe von #3’.u0, und Die #leinfte Regenmenge bis zur Höbe " 
von 64,004 beveitt habeh würde. Thau lieferte in dieſem Mohate 1'538 Eub. Zoll Waſſer. 


Im erften Monatdrittet war die Bewölfung des Himmels dicht und: anhaltend; mur 
fehr feiten war das Zentth heiter, und dieſt nur auf kurze Zeit, übrigens aröftentheils 
fedrige Schicht⸗, neldisbtere Haufs und Schichtwolken am Himmel, welche zuwernen befons 
ders ao Ende des Dritt. in. fur; dauernden nimbusvübergingen. Im Anfange des wer? 
ten. Drietbeits ſchwache Aufbeiterung des Hımmels, melde. argen die Mitte Des Moñates 
wieder abnabım und gegen Ende Desfelben Drittbeiles in baufigen, wenn auch Juweilen 
unterbrochenen nimbux.uberging.. Diefer Zußand dauerte ım Antange des letzten Drirrels 
noch fort, gegen die Mitte desfelben verbefferse —— Das Wetter auf: kurze Zeit an etwas, 
aber es kehrte der alte Zuftand gleich wieder zurud und dauerte Dis zum Ende Des Mon. 


Btttertung 
' In dieſem Monate, gab ed nicht einen einzigen aanz beitegen ‚wolfenfofen Tag. Dar 
egen zahlte man 4 heitern Tag mir anhaltendem bellen Sonnepſchein 11 guößteneheils- 
— Tage mit — 3 Theſie getruͤbt ſheunender Sinne, 2 balb beitere Tage 
mit,mwenig Sonne, 6 größtentheils trübe Tage mit einzelnen Sonhen®ideh, und $ ganz 
trübe Fade. n 17 Tagen regnete es/ und Darunter warems ehr: ſtarke, 5 ftarfe, # maßige, 
5 ſchwache nnd ı fehr ſchwa er Regen. Ze ee 5 5%, ! 
| Luftelettrieität rer 


Unfanas des Monates Sehr ſchwache Spur pofitiver Gleftricität, fpäter abwechfelnd 
fängere Zeit, feine und nur mitunter ſchwache, aber dDeutlide Epur von neaatıver Elek— 
wigität, bafanders gegen das Ende des eriten Drittels. Im Laufe Des zweiten Drittels 
nur äußerft wenig Pofitive, haufig ganze Tage lang gas feine lertricität, oder nur auf Aus 
Dr ſehr ſchwache Epuren derfelben. Im leßten EA hung verfhwand fie ganz auf 


2 it, at s sudend ’ 
längere Beit ABäter Bee Bas ann + Wetf⸗ tam ewwifder poſitiv, aber ſehr ſchwach 
Te — Meteor Sau 


Um iten um, 2 Uber Nachmittans entferntes Bemwitter. Am sten um 3 Udt Abends 
ein vorüderziehendes @eroitter Me Sußregen. m 1öten um 1 Uhr Nachmittags ein ent 
gruss @ersitter in N. Am idten um 12 Uhr Nachts. cin entferntes Gewitter ın N, Um. 
r be Aber ae Ried —* = om und —— * “= 
naten um ‚aus N ım Anzuge. Am asten nad 5 Uhr Abdends cı 
poruberziehendes Gewitter aus N. ug Y 5 Uhr Abe | 





— 












Der Verlagspreis eines Heftes auf weis 
Bem Poſtdruckpapier beträgt 48 fr. &. M., auf 
Belinpapier 1 fl. C. M. — Wer fi die ganze 
vorige, im Frühjahre 1834 gefchloffene, aus 
12 Heften beftehende Serie anzufchaffen wünſcht, 
erhält felbe um drei Gulden C. M.; doch find 
nur noch wenige vollftändige Eremplare vor⸗ 
handen, da das 7. Heft beinahe vergriffen iſt. 
Einzeln koſtet hiervon das Stüd auf Poſtdruck⸗ 
papier 24 fr. C. M., auf Velinpap. 30 fr. C. M. 
Hiemit ladet man auch alle Schrift 
fteller und überhaupt alle Freunde der va⸗ 
terländifchen Literatur zur Mitwirkung an dies 
fer Zeitfchrift ein. Als billige Vergütung der 
aufgewandten Zeit und Mühe werden für je 
den Originalauffag Drei, für jede Ueberſetzung 
zwei Ducaten in C. M. auf unfern Druck⸗ 
bogen an Honorar berechnet, und nach Tem 
Abdrude gegen Empfangsbeftätigung unvers 
züglich Überfendet. Jeder Verfaſſer eines Auf: 
fages muß ſich jedoch entweder öffentlich uns 
terzeichnen, oder wenigſtens feinen Namen der 
Redaction mittheilen. Jeder Aufſatz muß auf 
einem abgelonderten Blatte, und, vorzüglich 
in Rüdficht der Eigennamen, deutlich gefchrie- 
ben fein. Einfendungen jeder Art erbittet mar 
ſich portofrei an 
die Hauptredaction der fteierm. Zeitfchrift 
anm Joanneum zu Gräß. 





























. Grätj, 1858. 
Gedrucht mit Tanjer'schen Schritten. 






Steiermärkische 


Zeitſchrift. 


—— —— e — 


Neue Folge. Fünfter Zahrgang. 


Zueites Heft. 





„art. 


24** 


2 


2 


Digitized by Google 


* 
F 
* 
. 


4 


rer 


Prr.v Lg «Mandel 
In der Noth. 
Steierm. bebirgsgegend. 





Steiermärkiſche 


Zeitſchrift.“ 


Redigirt 


von 


Hr. &. F. Schreiner, Br. Albertv. Muchar, 
C. &. Bit. v. Zeitner, 9, Schröter, 


Neue Folge. Fünfter Iahrgang. 


II. Hieft. 


Mit einer lithographirten Anſicht »der Moth ,w einer Geblraquſchlucht. 








— 


Kräts, 1838. 


Im berlage der Direction des Ceſevereins am Ioannenm, 


und ın Commission bei Damian und Sorge. 


— — — — — — — 
Papier und Driud von der Tanzer'ſchen 
Buchdruckerei und Papierfabrik. 


— — — — — — 


— ur 7 


Inhalſt. 


Volkslieder der ſteiermärkiſchen Wenden. — bearbeitet 


von Hyazinth v. Schulheim... 1 
Geognoſtiſche Bemerkungen über die Badelhöhle bei Peg—⸗ 
gau von Dr, Kranz Unger, Profeſſor am Zoanneum. .... 5 
Beobahtungen über dad Grunbeis der Mur. Ein Beitrag 
zue Theorie ber Grunbeisbildbung von Dr. Wilhelm Gintl, & k. 
Profeſſor der Phyfle.. oo ceneen nee — Ze BEE BE SEE 0 4— 17 
Luttenberg und bie Kolles, nebft einigen Bemerkungen über Steis- 
ermark's Weinbau. Vom Prof. Georg Mally. ...... 97 
Beitrag zur nähern Kenntniß ber chemifchen Zufammenfegung von 
Friſchſchlacken. Bon Peter Zunner, Profeffor der Hüts 
tentunde am SZoanneum zu Gräzz61 
Reifenotizen vom Jahre 1838. Won Dr. Kranz Unger, 
Profeffoe am Ioanneum, ve ro oe one nenn nn ee 75 
Wegweifer dur den Kreis von Ragufa in Dalmatien. . 129 


> IV «ee 


Ausflug nad ber Eishöhle am Branbdfteine, und ber Noth, 
einer Gebirgsſchlucht nächſt Gams in ber obern 
Steiermark. Bon Auguft Mandel, vu rnnene.. 151 


Rotizen. Heimatliches. Grörtert v. Prof. Joh. Gabriel Seidl, 165 





ueberſicht der meteorologiſchen Verhältniſſe im zweiten 
Semeſter des Jahres 1838 für die Hauptſtadt Gräß, 
von Dr, Wilhelm Gintl, k. k. Profeſſor der Phyſik. 


Dolkslieder 


ber 


Neiermäarkifhen Menden, 





Deutſch bearbeitet 
von Hiazint v. Schulheim. 





1. 
Romance 


Das Bög’lein fingt — das Wög’lein fingt, 
Daß weit die grüne Au’ erklingt, 


Es ſchaut auf ihn — es ſchaut auf ihn 
Die Herrin in dem Schloffe drin. ’ 
„Komm’ Bögelein — komm' Vögelein! 
„Bu mir ins weiße Schloß herein! 


„Du folft bei mir — du follft bei mir 
„Die beften Trauben effen hier,’ 


— — — nn 


1. Romanza. 
Veiza poje — rtiza poje, 
Vselenoj naranshi, 
Njo fi gleda — njo fi gleda 
Mlada gofpa 's grada: 
Hodi vtisa — hodi vtisa 
HK meni v beli grad. 


Pri meni bofh — pri meni bofh 
Droben dshündsh sobala — 


5. Zahrg. I. Heft. 1 


> 2. er 


„Ich biete dann — ich biete bann 
„Den beften Wein ald Trunk bie an. 


„Dem Königlein — dem Königlein 
„Souft du dort an der Seite fein. 


„Dort figeft du — dort figeft bu 
„Und fingeft Lieder mir dazu.“ — 


„„Ich will von hier — ich will von hier, 
„„O junge Frau, doch nicht zu dir.““ 


„„Du würdeſt mich — du würdeſt mid 
„„Ins Schloß einſperren ſicherlich.““ 


„„Mit froher'm Sinn — mit froher'm Sinn’ 
„„Flieg' ich nach meines Waldes Grün’ 


„und ſtille hier — und ſtille Hier 
„Den Hunger auf dem Waizfeld mir.’ 


„„und trink mich voll — und trink mich voll 
„„Vom Waſſer, das dem Berg entquoll. 





Vehündsh sobala — dshündsh sobala 
Farasino pila, 


Pri kraljisbi — pri kraljishi 
Mladem bofh fedela. — 


Bofh fedela — bofh fedela 
Pefmize mu pela. — 


Nerhem, neshem — neshom, neshom 
Mlada golpa k Tebi: 


Ti bi mene — Ti bi mene 
V beli grad saperla. 


Raj odletim — raj odletim 
‚Si ja v log seleni: 
‚So nasoblem — fe nasoblem 


Romeno pfhenishke; 


‚Se napojim — lo napojim 
Lepe hladno vode, 


„>> 3 «" 


Und ſtimme dann — und ſtimme dann 
un Sin Eicd aus voller Gecle an.’ 





9, 
Die Geliebte. 


Es fei ein Schöner Garten, 
Mit Rofen rings befät, 

Worin das holde Marichen, 
Das Jungferlein, fich ergeht. 


Vorüber reitet ein Burſche, 
Ein junger Soldat im Saus: 
„Marie, guten Tag, Marichen! 
„Wie, gibft du mir einen Strauß? 


„„Neun Jahre find nun verfloffen, 
„„Seit ich ein Sträufchen einft gab — 

„Reun Zahre find nun verfloffen, 

- Da trug man ben Liebſten zu Grab.“ 





No sapöjem — no sapöjem 
5 moje drageo vole. 





0%. Ballada. 
Ljubesna, 


‚Stoji mi ftoji vertes lep, 
Je s» roshami nafajeniz 

Po njem fe [beta Mizika 
Lepa mlada divojzhisa. 


Mimo pa jafhe fantish mlad 

En fantish mlad, en lep soldat: 
Dobro jutro Mizika! 

Jel bofh mi dala pufheles? — 


She minulo je deret let 
Kaj darala fcm pufhelze. 
She tudi minulo je devet let, 
Ka) lubi je sa glaro djan. 


243» A Krre 


„Ich habe es felbft geſehen, 
„Als dein Liebſter das Haupt verlor; 
„Nun wähle aufs Neu' den Geliebten, 
„Einen andern, ober mich zuvor! —“ 


„„Ich wähle mir keinen Geliebten 

„„Für den, der mein Liebſter war. 
„„Sieben Zahre Hab’ ich gewartet, 

„„Nun will ich weinen fieb’n Jahr! —““ 


Der Burſche greift in das Säckchen, 
Und zeiht ein Ringlein hervor: 
„Hier, nimm, Geliebte, das Ringlein — 
„Dein Liebſter war ich zuvor! — 
„Meine Liebfte bift du gewefen, 
„Nun hab’ ich zum Weib dich erlefen. 


— — — —— — — — 


Ja pa ſem ravno poleg bio, 

Gdau jö tvoj lubi glavo »gubie. 
Lo sbiraj fi sdaj lubega ! 

Al mene zshefh, al drugega? — 


Ja neahem sbirat Iubega — 
«Ne tebe, neti drugega, 

‚Sem fedem let ga zhakala 
Sdaj fudcın let bom plakala. 


Al’ lubi vfegne v fvilnat shep 

No vun potegne perstan lep: 
To maflh, moja luba, perstan slat, 
Jas bio fem negda tvoj lubi mlad, 
Te bila fi mi labiza, 
Sdaj paſh mi shena saroahona. 


+1» 5 Kr 


Greognostische DQemerkungen 
über bie 


Badelhöhle bei Peggan 


von 
De 8. Unger, Profeffoer am Joanneum. 


Wenige Meilen ſtromaufwärts von Grätz, dort, wo das Thal 
der Mur immer enger wird, erfcheint eine Landfchaft, Die fih in 
pittoresfer Beriehung eben fo auszeichnet, als fie dem Naturforfcher 
mannigfaltige Gegenftände zur Betrachtung darbietet, Hohe Fels⸗ 
wände, tief ausgefurchte Schluchten und eine wechfelnde, bald Durch) 
üppige Vegetation, bald durch Kahlheit ausgezeichnete Oberfläche 
drücken diefer Gegend einen mehr ſchauerlichen ald anmuthigen Cha- 
rafter auf. Was und aber bei allem dem am meiften intereffant 
fcheint, find Die zahlreichen Höhlen, welche diefe Felſen durchziehen, 
und die mit ihren offenen Schlünden nicht felten von bedeutender 
SHöhe in das Engthal Herunterfchauen. 

Die Gefteinsart, von welcher fait allein die Phyſionomie Diefer 
Gegend abzuhängen ſcheint, ift ein deutlich gefchichteter Kalkftein, der 
in größeren oder Heineren Parthieen mit Thonfchiefer wechfella: 
gert, hie und da ſelbſt in eine fandfleinartige Grauwacke übergeht. 
Etreichen und Verflächen diefes Kalfes ift zwar auf einige Grade 
nicht übereinftimmend, Doch Liegt in beiden eine beſtimmte Negel zum 
Grunde, Erfteres ift parallel mit dem Gebirgszuge, der fih nach 
der Gabelung der Eentralfette der Alpen über die Nak- und Klein: 


> 0 «re 


alpe nach dem Wechſel Hin erſtreckt, alfo beiläufig Stunde-5, und 
das Verflächen Hat durchaus eine nördliche Richtung, der Winkel 
aber ift bald fleiler bald flacher. 

Sowol fein Wechfel mit obgenannten Gebirgsarten, ald die in 
ihm eingefchloffenen fparfamen Refte von Schalthieren (Orthocera⸗ 
titen) laſſen keinen Zweifel übrig, daß er eines jener mächtigen 
Glieder der Uebergangsformation ift, welche die Granite und Gneiße 
der Hauptare des Gebirges zu beiden Seiten begleiten. 

Obgleich dieſer Vlebergangsfalt in den Lmgebungen von Gräß 
an mehreren Punkten erfcheint, und Durch feine grotesfen Umriſſe 
und eigenthümliche Vegetation nicht wenig zur zauberifhen Anmuth 
beiträgt, welche man der Lage diefer Stadt zuerfennt, fo tritt er Doch 
erft in der Nähe von Peggau mit befonderer Mächtigkeit auf, und 
verfchmälert das Thal der Mur, das ihn in der Quere durchſchneidet, 
ftellenweife fo, daß es einem Engpaffe gleichlümmt. Von da hält er 
fat ununterbrochen bis Mixnitz an, eine Strede, welche über 7000 
Klafter beträgt, und in diefem Theile ift es, wo fich nicht eine, fon 
dern eine Reihe von 5 bis 6 größeren und Fleineren Höhlen zeiget, 
die dieſen Kalk in verfchiedenen Richtungen durchziehen. 

Nicht eine Befchreibung ihrer Lage, ihrer Erſtreckung und fon= 
ftigen Eigenthümlichfeiten will ich Hier verfuchen, fondern blos jene 
Rückſichten zur Sprache bringen, die für den Geognoften von Qntes 
veffe find. Dabei muß ich aber bemerken, Daß der bei weitem größere - 
Theil noch unberührt bleiben muß, und ich mich vorzugsweife nur 
auf das befchränfe, was mir die Unterfuchung der in der Nähe von 
Deggau gelegenen Badelhöhle darbot. Das Interefie, was man in 
neuerer Zeit derlei Forfchungen zumwendet, mag zur Entichuldigung 
dienen, wenn ich vor der Hand nur einzelne, aber, wie ich hoffe, 
nicht ganz werthlofe Bruchſtücke mitzutheilen im Stande bin. 

Die Gruppe der Höhlen zwiſchen Mirnig und Peggau ift ſchon 
lange befannt; mehrere derfelben find auch Dadurch, daß man ihre 
Eingänge zugänglich machte, von vielen Menfchen befucht worden. 
Deffen ungeachtet ift das, was man bis jet über ihren Inhalt, na⸗ 
wientlich über die in denfelben vorkommenden organischen Refte weiß, 


> 7 «ee 


nur Außerft mangelhaft zu nennen. Gin Paar Schädeln des kleineren 
Höhlenbären (Ursus arctoideus Blumb.) nebft einigen andern Kno— 
chen ift alles, was man bisher von der befuchteften diefer Höhlen, näuı- 
lid) der MirmigersHöhle erbeutete und aufbewahrte. Nachgrabungen zu 
wiffenfchaftlihem Zwecke find, fo viel ich weiß, weder in der genann- 
tem, noch in irgend einer andern Höhle gemacht worden. Es ift daher 
ein befonderes Verdienft, daß Hr, 9. Thinnfeld auf Veranlaffung 
des Hm, Wilhelm Haidinger in der auf feinem Gute gelegenen 
Badelpöhle zuerft in dieſer Abficht einige Unterfuchungen vornahm. 

Schon der erſte im Jahre 1837 gemachte Verfuch hat gezeigt, 
daß auch diefe Höhle eben fo, wie die nachbarliche Mirniger » Höhle, 
zu den tnochenführenden zu zählen fei, und obgleich Die Ausbeute fich 
nur auf wenige Knochenſtücke beſchränkte, fo gaben fie Doc, der Hoff: 
nung Naum, in der Folge eine, veichere Lefe zu erlangen. Dieß 
fand auch im leßtvergangenen Sommer wirklich Statt, wo die Nach⸗ 
grabungen mit erneutem Eifer betrieben wurden. Gin Kleiner Winkel 
der Höhle, dort, wo man zuerft den Verſuch machte, Tieferte in Zeit 
von einer Woche nahe an 400 theils unbefchädigte, theild mehr oder 
weniger zerbrochene Knochen, Die den verfchiedenften Thiergattungen 
angehören, Besor ic) mich aber in gine nähere Angabe derfelben ein- 
laſſe, wird es zweckmäßig fein, über ihre Lagerungsverhäftnifie Einis 
ges vorauszuſchicken. ' 

Die Badelhöhle nimmt in Bezug auf ihre Größe unter den 
Höhlen Deutfchlands Leinen untergeordneten. Rang ein, Ihre Län: 
genansdehnung von Weften nach Often mag zwifchen 200 bis 300 
Klafter betragen, umd ihre Weitungen find an mehreren Stellen fo 
beträchtlich, daß fie den herrlichſten Domen gleichen, dabei find Die: 
felben fo reich am Zeopffteinen, daß dadurch die mannigfaltigften 
Figuren und Säulenordnungen zum Verfcheine. kommen, wie das in 
der Regel beindergleichen Kalkfteinhöhlen der Hal iſt. Abgeſehen von 
den zahlreichen Nebenhöhlen und Klüften ſteigt der Zug der Haupt» 
böhfe von Weften nad Often ungefähr um 10 bis 15 Klafter, und 
it Daher mit wenig Befchwerlichkeit zu durchwandern. Die Deffnung 
der Höhle nach Weiten, d. i. nad) dem — hin, iſt groß, und 


> 8 «er 


endet mit einer fhönen Wölbung; ihre Höhe über dem WBafferfpiegel 
Laßt fih auf 360 Par. Fuß annehmen !). Diefe Deffnung der 
Höhle it wegen dem zu feilen Abfall des Gebirges nur Außerft müh- 
fam, und nicht ohne Gefahr zu erreichen. Dagegen ift die andere, 
dieſer entgegengefegte Deffnung auf die bequemſte Weife zugäng⸗ 
lich. Sie erfcheint am öftlichen flachen Abhang desfelben Berges als 
eine ſehr unanfehnliche Kluft, die man nur in gebüdter Stellung 
zu ducchdringen im Stande if. Nicht ferne von diefem engen Ein- 
gange erweitert fi) aber die Höhlung fogleih, und in einer ihrer 
Nebenklüfte befindet fich das einzige bisher aufgefchloffene Lager ob⸗ 
erwähnter foffilen Knochen. Der Umftand, daß diefe Fleine Ne= 
benhöhle einen ebenen Boden darbot, während angrenzende Stellen 
eine mehr geneigte Fläche der Unterlage zeigten, ließ der Analogie 
nach mit anderen Rnochenhöhlen vermuthen, daß auch Hier eine der 
Grabftätten urweltliher Thiere zu fuchen ſei. Dieß fand fich denn 
auch beftätiget, und die folgenden Angaben werden zeigen, daß die 
Lagerungsverhältniffe der foffilen Knochen ganz dieſelben find, wie 
fie nicht nur in den zahlreichen Höhlen des europäifchen Gontinents 
und England’s, fondern auch in den Höhlen Nordamerifa’s und 
Neuholland's erfcheinen. 

Die Knochen, die man bisher aus der —— Stelle der 
Badelhoͤhle erlangte, waren in einem 1 bis 2 Fuß mächtigen, durch⸗ 
aus gleichförmigen gelben Letten eingebettet, Dabei aber unordentlich 
untereinander geworfen. Diefer Inochenführende Letten (Dikuvial- 
Lehm) war durchaus von einer flärferen oder ſchwächeren, oft handbrei⸗ 
ten Tropfſteinkruſte überzogen, welche ſelbſt wieder ftellenweife aus 
einzelnen zufammengelitteten Stücken beftand. Zumeilen fanden fih 
Knochenſtücke ſchon in diefer Stalaktiten- Krufte eingewachſen, häu⸗ 
figee waren fie aber in der Maffe des Lettens zerftreut. 

Was die phyſiſche Befchaffenheit Der Knochen im Allgemeinen 
betrifft, fo waren diefelben in den wenigſten Fällen volländig ers 


4) Diefe, fo wie alle übrigen numerifchen Angaben werde ich in der Folge durch 
direfte Meſſungen zu vervollfländigen ſuchen. 


> 0 «er 


halten, noch viel weniger aber lagen die zufammengehörigen Theile 
eines Sfelettes beifammen. Die meiften Knochen waren abgebrochen, 
die Sondyli der Roͤhrenknochen corrodirt oder theilweile abgerieben, 
und in einigen wenigen Gällen konnte ich auch Spuren von Zahn 
eindrüden wahrnehmen, wie fie Buckland an einigen Knochen der 
Kirkvaler = Höhle in Vorkſhire befchrieben und abgebildet hat 1). Eben 
fo verſchieden war ihre Subftanz und Farbe; einige von den foſ— 
filen Knochen fahen fat frifh aus, waren nicht nur von Lichter 
Farbe, fondern hatten auch noch thierifchen Leim in ihrer Sub— 
fanz, während andere, und zwar die Mehrzahl, mehr locder und leicht 
waren, und Dabei eine Dunfelbraune, faft ſchwärzliche Farbe zeigten, 
fo Daß man, wenn nicht andere Umſtände dagegen fprechen würden, 
diefe Knochenreſte aus verfchiedenen Zeitperioden herleiten möchte. 

Der größte Theil der Knochen war fo unvollftändig, Daß Die 
Zurücdführung derfelben auf beftimmte Gattungen und Arten von 
Thieren, denen fie angehört haben mögen, nicht geringen Schwierig: 
keiten unterlag. Am feltenften waren Schädeltheile, Kiefer und Zäh- 
ne vorhanden, häufiger fand man Röhrenknochen, Wirbelbeine; am 
zahlreichſten waren Rippenfnochen vorhanden. Unter der ganzen Maſſe 
der erbeuteten Knochen fand fih nur ein ziemlich gut erhaltener 
Schädel von Ursus spelaeus Blumb., ein Unterkiefer von Canis 
spelacus Goldf., Bruchftüde eines jungen Eremplars von Hyena 
spelaea :Goödf., überdieß. noch Unterkiefer von Ursus arctoideus 
Blumb., und von jungen Thieren desſelben Geſchlechtes. Außerdem 
konnte man. einige Knochen mit Sicherheit deur Ochſen, umd unter 
den kleinern ein Stück des Oberfchenkels der Gattung Lepus ju: 
fehreiben. Die übrigen foſſilen Knochen bleiben Daher bis jegt noch 
unbefimmt; es ift aber nicht zu bezweifeln, Daß fiegrößtentheils den 
genannten Thiergattungen angehören mögen, 

Außer Dem muß ich aber noch auf ein Paar Knochen aufmerk⸗ 
fam machen, die mir darum befonders intereffant erfcheinen, weil 


4) Religuiae diluvianao or observations on the organic remains contained in Caves 
etc. Pag. 37 Pl. 23 Fig. », 4 und 6. 


> 12 ie 


Semriach, bei Weiß, d. i. ſowol die fogenannte Grafelhöhle als das 
" Raterlocdh. Erſtere, nämlich die Grafelgöhle, hat indeſſen einen gel- 
ben Letten, der fich von dem Diluvial » Lehm der Badelhöhle * 
unterſcheiden läͤßt. 

Als Anhang dieſer Mittheilungen erlaube ich mir noch — 
Reflexionen über die Zeit, Die Dauer und den Erfolg jener Umwäl⸗ 
zungen zu machen, weldje nicht nur auf eine bereits auf dem Bos 
den Steiermark's vorhandene Thier⸗ und Pflanzenwelt zerftörend ein⸗ 
wirkten, fondern auch hoͤchſt wahrfcheinlich eine neue Ordnung der 
Dinge herbeiführten. 

Schen aus einigen früher eingeftreuten Bemerkungen geht ber: 
vor, daß die Thatfache von in Höhlen und Felsipalten begrabenen 
vorweltlihen Thieren nicht etwa eine blos Steiermark allein zukom⸗ 
mende Gigenthümlichkeit, fondern, Daß fie vielmehr eine allgemeine, 
d. i., Die ganze Erdoberflähe berührende Erfcheinung ſei. Schon 
diefes ift hinlänglich, um uns zu zeigen, Daß Wirkungen der Art 
nicht von Urſachen herrühren fünnen, welche noch heutiges Zages 
thätig find, fondern wir müffen vielmehr annehmen, daß hiebei fols 
he Kräfte in Thätigkeit waren, welche bei Alınwälzungen früherer 
geologifchen Perioden eine Rolle fpielten. Daß unter diefen Kräften 
das MWaffer das nächfte Agens war, dafür fprechen alle oben ans 
geführte - Thatſachen; es iſt nur die Trage, welchen Urfprung die 
Fluthen felbft Hatten, und welche Richtung fie nahmen. 

Alm dieſe Frage zu entfcheiden, fofern dieß überhaupt nad) 
dem gegenwärtigen Stande unferer Kenntniffe möglich iſt, tollen 
nahftehende Betrachtungen uns den Weg bahnen. 

Bald nach der Emporhebung der öftlihen Alpen, die unmit⸗ 
telbar nach der. Formation des Grünfandes erfolgte, hatten ſich 
in den dadurch gebildeten Meeresbecken die erften Glieder tertiärer 
Strata, Analoga des Grobfalfes und des Eondner » Thones ruhig, 
wie e3 fcheint, abgefeßt. Zu diefer Zeit hatte das feſte Land, die 
jetzigen Alpen, eine von der gegenwärtigen ganz verfchicdene Vegeta- 
tion, und eben fo bevölferten andere Thiere die damaligen Wälder. 
Alles deutet darauf hin, daß das Klima jener Periode nicht nur um 


> 13 + 


einige Grade wärmer war, fondern, daß es fich wirklich einem Tro⸗ 
penflima näherte. Stürme mannigfaltiger Art, begleitet von gewals 
tigen atmofphärifchen Niederfchlägen, hatten durch gebildete Rinnfäle 
Stämme von Bäumen !) mit Cadavern von Landthieren ins Meer 
geführt, und in ruhigen Buchten desfelben abgefeßt. Dadurch ent- 
fanden vorzüglich unfere Braunfohlenlager, in deren Begleitung wir 
die Refte jener Landthiere (Mastodon, Anthracotherium) vermifcht 
mit Gebeinen von Süßwaffer- Schilöfsöten (Tryonix) und Schalen 
von Süßwaſſer-Conchylien (Unio, Planorbis) finden. 

Viel turbulenter ging die Bildung der folgenden Abſätze des pan⸗ 
nonifchen Binnen = Meeres vor fih. Während fih Die mächtigen Lar 
ger von Sand und Schotter mit untergeordneten Schichten eines vers 
fteinerungsreichen fandigen Grobfalfes bildeten, hatten die Eruptionen 
untermeerifcher Vulcane Statt, welche in den fchon abgelegten Straten 
nicht nur vielfältige Verrückungen herbeiführten, fondern auch vielen 
Meeresbewohnern den Tod brachten. Dergleichen Eruptionen hatten . 
vorzüglich in der öftlichen Steiermark und in vielen Punkten Ungarns 
Statt. Dahin gehöret der Diftrikt zwifchen Fürſtenfeld und Nadfers- 
burg, die nordweftliche Grenze des Plattenfees und viele andere Stier 
den des ungarifchen Flach- und Hügellandes; dahin zähle ich ferner 
auch Theile der Gebirgskette, welche fih im Süden des Draufluffes 
nah Groatien hinziehen, Die durch aufgeftellte Lagen der während 
der unmittelbar vorhergegangenen Periode abgefegten Schichten hin- 
länglich beurfunden, daß auch auf fie jene gewaltigen Kräfte ein⸗ 
gewirkt Haben mögen. Da jene Abfäge in Bezug auf ihre organifchen 
Einfchlüffe große Achnlichkeit mit jenen am Fuße der Apenninen, des 
Bedens von Bordeaur u. f. w. haben, fo bat man vielen Grund, 
fie mit diefen zu parallelifiren, und fie daher für die erften Glieder 
der quartären Sormation zu erklären. Es frägt fi nur noch, wel 


4) Die bisher unterfuchten foffifen Hölzer diefer Formation zeigten mehrere noch 
unbefannte Gormen, wie: Peuce Hoedliana, Coniterites lignitum, Pinus 
aequimontana, Mohlites parenchymatosus u, f. w., deren Befchreibung ich in 
meinen Beiträgen aur Zlora der Bormelt eheftens befannt gu machen gedente. 


> 14 «ie 


he Eigenthümlichfeiten die angrenzenden Eontinente zu diefer Zeit 
in Bezug auf ihren organifchen Charakter Hatten. Blätterabdrüde , 
werunter Phyllites cinnamomeifolia Brong., verfiefeltes Holz von 
noch unbefannter Art (Phegonium vasculosum mihi), und vor: 
zugséweiſe die in dem Mergelgebilde von Nadoboj in Kroatien, das 
diefer Formation angehören dürfte, begrabenen Pflanzen und Thiere, 
fprecden unverkennbar, daß auch zu Diefer Zeit das Klima noch ein 
fubtropifches fein mußte. Die an dem genannten Orte bisher auf- 
gefundenen, höchft intereffanten Pflanzenformen find fo zahlreich und 
mannigfaltig, daß fich ein ziemlich klares Bild der Flora diefer Per 
viode dürfte Darftellen Laffen. Nähere Mittheilungen werde ich ſchon 
im erften Hefte der erwähnten Beiträge geben. 

Mit diefen Niederfchlägen und Ablagerungen waren die Bildun- 
gen während der Zeit, als gefalzenes Meerwafjer diefes weite Becken 
füllte, keineswegs gefchloffen. Noch ein Glied der quartären For—⸗ 
mation feßte fih in bald größerer bald Fleinerer Mächtigkeit auf die 
bereits vorhandenen ab; es ift dieß der Leythakalk mit feinen unter- 
geordneten Öefteinslagern. Mehrere Punkte in Steiermark, wie 3. B. 
der Wildonerberg, der Platſch, Thkile des Saufalergebirges u. ſ. w. 
gehören diefer Yormation an. So wie an dem letztgenannten Punk: 
te, zeigte fich dieſer Kalk als Corallenriff auch an die Uchfe des Ley: 
thagebirges abgelagert, und follten mich meine Beobachtungen nicht 
täufchen, fo möchte ich aus feiner relativen Lage den Schluß ziehen, 
daß das Niveau des großen pannonifchen Binnenfees während feiner 
Ablagerung ſchon bedeutend gefunfen war. Der volllommene Abzug 
der Gewäſſer ging aber erſt nach der Bildung diefer Formation vor 
ſich; ob diefer aber plößlich, oder nach und nad), mehr RE er: 
folgte, ſcheint mir etwas ſchwer zu ermitteln. 

Nach der Trodenlegung eines fo bedeutenden Theiles der Erdober- 
fläche, vorausgefeßt, Daß dieſelbe mehr oder weniger gleichzeitig im 
anderen ähnlichen Beden Statt fand, mußte ſich das Klima dieſer 
Breitengrade bedeutend ändern. Allerdings blieb noch eine beträchtliche 
Waſſermaſſe in einzelnen zerftreuten Landfeen zurück; dieſe Wäffer 
waren aber nicht mehr falzig, und hatten auch nie jene Ausdehnung, 


> 15 + 


wie die der abgefloffenen Binnenmeere. Im einigen derfelben feßte fich 
nun nach dem chemifchen Gehalte der zufließenden Quellen eine eigene 
Sormation von Kiefelfalf ab, die mit der oberen Süßwafferformation 
des Pariſerbeckens ganz übereintommt. Im Thale von Rein nächft 
Gräß wurde diefelbe Fürzlich von mir aufgefunden, und andere Punkte 
gibt Herr Partfh ') für Die Bucht von Wien, am Eichkogel, bei 
Wimpaffing u. a. O. an. Es ift Höchft intereffant, daß in diefem 
Kieſelkalle bei Rein ganz Liefelben organifchen Einfchlüffe wie in der 
gleichartigen Yormation des Pariferbedens vortlommen; Culmites 
anomalus Brong., nad) meinen Unterfuhungen das Rhizom eines 
Arundo (Donax?), Refte von Süßwaſſer⸗-Conchylien (Planorbis, 
Paludina u. f. w.) find vollkommen identifch mit jenen von on: 
jumeau, und erfteres deutet darauf hin, daß Landſeen jener Zeit 
eben fo wie jet mit Schilf umſäumt waren. 

Die lange dieſer Zuftand der Erdoberfläche gedauert hat, ift 
faum zu ermitteln, genug, auch dDiefer mußte einer andern Ordnung 
der Dinge Pla& machen, und gerade diefe war mit jener furchtbaren 
Kataftrophe verbunden, die Tauſenden von lebenden Wefen der volle 
tommenften Artung den Tod brachte, und eine totale Reform des Be: 
ſtehenden in diefen Erdſtrichen herbeiführte. Ich fpreche von jener gro- 
fen Fluth, dem Diluvium, welches Feine Meeresgefchöpfe führte, und 
dadurch fchon ihren Urſprung Hinlänglich bezeichnet. 

Seien es ungeheuere meteorifche Niederfchläge, der Durchbruch) 
noch vorhandener Landfeen, oder beides zufammen, immerhin wird es 
ſchwer, zu begreifen, wie dieß eine ſolche Waffermaffe bilden konnte, 
die bis auf eine Höhe von mehr als 2000 Fuß über das jekige 
Niveau des Meeres flieg, noch fehwerer aber wird es begreiflich, 
wie eine ſolche Erſcheinung fih über Die ganze Erde gleichzeitig ver- 
breitete, wenn man nicht annimmt, daß allen diefen eine noch weit 
ausgedehntere Urſache zum Grunde liege. Ob diefe in den Erfchüt- 
terungen und Hebungen der weftlichen Alpen, wie Elie de Beaumont, 
Sedgwick und Murchiſon glauben, zu fuchen fei, die fich zwar nicht bis 


1) Die artefifhen Brunnen in und um Wien Pag. 45. 


> 16 + 


in die öftlichen Ausläufer derfelben erſtreckten, wohl aber ihre Schlamms 
fluthen dahin fenden konnten, kann ich nicht entfcheiden, und bemerfe 
blos, daß es für unfer Zerritorium den Anfchein hat, als ob die Yluth, 
welche jene obenangeführten Säugethiere theils in ihren Schlupfwin- 
keln erfäufte, theild auf ihrer Flucht erreichte, und mit fich fortriß, 
* von Norden nah Süden gefommen ſei. Genug, diefes Diluvium iſt es, 
welches nicht nur unfere Höhlen zu großartigen Gräbern einer vorwelt- 
lichen Thierwelt machte, fondern auch auf die Geftaltung der Erd: 
oberfläche fo mächtig einwirkte, daß dadurch natürliche Damme durch- 
brochen, Felſen zertrümmert, und der größtentheils ebene Boden 
auf vielfache Weife bis zum Grunde aufgewühlt und durchfurcht 
wurde, fo, daß man fagen kann, Diefe Kataftrophe fei es, welcher 
die Erdoberfläche zum großen Theile ihre gegenwärtige Phoſiognomie, 
ihr jetziges Klima und ihren Frieden dankt. 

Möchten dieſe Reflexionen ein Bild geben, auf welche Weiſe 
nicht nur jene oben befchriebene Erſcheinung ihre Erklärung findet, 
fondern auch, wie der Fleine Landftrih, den wir bewohnen, fi) all- _ 
mählig zur Wohnftätte des Menfchen umbildete, der, fo viel man 
bis jegt weiß, erft auf diefe Kataftrophe gefolgt iſt. 


„> 17 zur + 


Beobachtungen über das Grundeis 
Der Mur. 


J 





Ein Beitrag zur Theorie der Grundeisbildung 
von 


Dr Wilhelm GBintl, 
k. E. Profeſſor der Phyſik. 


Lagt es ſich auch einerſeits nicht in Abrede ſtellen, daß die 
Mur ungeachtet ihrer ſcheinbaren Vedeutenheit in Rückſicht auf 
Schifffahrt und Handlung unter den Flüſſen Deutfchlands weit im 
Hintergrunde ſtehe; fo kann man ihr doch anderfeits manche Vors 
züge wieder nicht abfprechen, durch welche fie fich vor vielen andes 
ven Flüſſen auszeichnet. Diefe Vorzüge liegen in ihrer natürlichen 
Schoͤnheit und in dem phyoſikaliſchen Intereſſe, welches fie in eini⸗ 
ger Beziehung darbietet. 

Wer ihre grünlichen Wogen einmal gefehen, wer an ihren Ufern 
die vielen reigenden Thäler und üppigen Sluren, wo fie fi) in tau⸗ 
fendfachen Windungen hin fehlängelt, durchwandelt hat, der wird fie 
gewiß einen fhönen und reienden Fluß nennen. Aber auch die 
überrafchende Geſchwindigkeit, mit welcher fih ihre Sluthen in dem 
einigen Bette fortwälzen, gewährt einige intereffante Erfcheinungen, 
von welchen ich hier nur das äußerſt feltene Zuftieren des Fluffes 
und fein dafür fehr zeichlihes Grundeis befonders hervorheben und 
näher befprechen will. 

&. Jahrg. 11. Heft. 2 


> 15 «rer 


Es iſt bekannt, daß die Mur in der Regel nicht, weder in gewöhn- 
lichen noch in firengen Wintern zufriert, Daß diefes nur in außer 
ordentlich ſtrengen Wintern und da nur auf fehr furze Zeit gefchehen 
mag, fo daß es zu dem größten Seltenheiten gehört und man Das 
her nicht fo Unrecht hat, wenn man von ihr im Allgemeinen fagt, 
fie fei feit Mannesgedenfen nicht zugefroren. Man darf aber den 
Grund diefer Erfcheinung nicht etwa in einer höheren Temperatur des 
Waſſers fuchen, da diefes keineswegs der Gall ift, fondern nur ein= 
jig und allein in der bedeutenden Gefchwindigkeit, mit welcher fi) 
das Waſſer fortbewegt, Denn diefe verhindert felbft bei hinreichend 
niedriger Temperatur das Feftwerden des Waflerd an der Oberfläche, 
worin eigentlich der Alt des Zufrierens befteht. Ungeachtet diefes 
höchft feltenen Zufrierens der Mur ift aber das Eis doch Feine Sel⸗ 
tenheit auf derfelden, ja man fieht vielmehr faſt in jedem Winter, ſo⸗ 
bald die Temperatur der äußeren Luft nur auf 5 bis 6 Grade R unter 
Null herab gefunfen, und diefe Kälte einige Zeit anhaltend ift, reichli- 
ches Eis auf dem Fluſſe daher treiben, welches fogar die Form von 
Eisſchollen hat, ohne jedoch die ihnen gehörige Conſiſtenz zu befigen. 
Diefes fo zahlreich Daherfhwimmende Eis, ift aber fein auf der Ober: 
fläche entflandenes, fondern fogenanntes Grundeis. Es kümmt in fo 
großer Menge vor, daß es faft Die ganze Oberfläche des Waffers bedeckt, 
und bei anhaltender Kälte oft tagelang in zunehmender Menge, aber 
auch mit wachfender Confiſtenz einherfhwimmt, und indem es ſich 
an den feichteren Uferftellen zufammen fchiebt, die Veranlaffung zum 
Entfiehen des fogenannten Ufereifes gibt. Daß aber diefes in fo 
großer Menge auf der Mur vorkommende Eis wahres Grundeis fei, 
Ichret fchon der Augenfchein, da es den allgemeinen Charafter des⸗ 
felben, d. i. das galertartige Ausfehen und das Iodere Gefüge nebft 
den übrigen Kennzeichen des Grundeifes beſitzt. Was es aber für 
eine Bewandtniß mit feiner Entftehung habe, wird fih dann am 
beften beurtheilen laffen, wenn wir die bisher über das Grundeis 
überhaupt gemachten Erfahrungen Anderer zu Nathe ziehen, und die 
Ergebniffe derfelden mit den an der Mur angeftellten Erfahrungen 
vergleichen werden, Dabei wird es fich fehr leicht zeigen laffen, ob die 


>" 19 «re 


über das Grundeis anderwärts gemachten Erfahrungen auch auf das 
an der Mur vorfommende Eis anwendbar find, und, wenn diefed der 
Tall, welche unter den verfchiedenen bis jeßt verfuchten Erklärungs- 
arten Diefer Erſcheinung Diejenige iſt, die dem gegenwärtigen Zus 
ftande der Wiffenfchaft am meiften zufagt. 

Ih werde bei diefer Darfiellung den Angaben des berühmten frans 
zöfifchen Phyſikers Arago (Vater) folgen, da er über diefen Ge: 
genftand fehr zahlreiche Erfahrungen und authentifche Notizen geſam⸗ 
melt, und auch feldft unter den vielen Erklärungsarten des Phäno- 
mens eine geliefert hat, welche allen die Erfcheinung begleitenden 
Umſtänden yolllommen entfpredhend, folglich ohne allen Zweifel die 
richtige ift, und welche ich ebenfalls mit den von mir über das Phä⸗ 
nomen gemachten Beobachtungen übereinflimmend, ja felbft durch ei- 
gens zu diefem Zwede angefiellte Verſuche vollkommen beftätigt ges 
funden habe. 

Wir wollen und ſonach zu den von Andern über das Grundeis ges 
machten Erfahrungen wenden, und dabei mit den älteften Darüber bes 
fannt gewordenen Nachrichten beginnen. Diefe find durchgehende auf 
mündliche 1leberlieferungen von Leuten gegründet, Deren Lebensart es 
feit jeher mit fich brachte, Jahr aus Jahr ein in der Nähe der Gewäf: 
fer zu verweilen. Müller, Fiſcher und Fährleute behaupteten gegen die 
fonft allgemein verbreitete Meinung, daß das Eis zuerft an der Ober⸗ 
fläche des Waſſers entftehe, es kämen vielmehr die Eisfchollen, womit 
fih die Gewäſſer im Winter bededen, fchon gebildet vom Boden heraufs 
geftiegen. Diefe Leute wollen ihr Emporfteigen mit eigenen Augen 
geiehen, ja fie fogar oft ſelbſt mit ihren Schiffshaken vom Boden 
loögeriffen Haben. Zur Belräftigung ihrer Behauptung fagen fie, daß 
die untere Fläche diefer großen Eisfchollen mit Schlamm bededt, oft 
auch mit einer Sandfrufte überzogen fei, kurz, daß fie Die unzweideu⸗ 
tigften Spuren des Bodens an fih tragen, worauf fie früher geles 
gen find. Auch die in Deutfchland bei den Fährleuten durchgängig 
gebräuchlihe, ganz eigenthümliche und dieſe Dahertreibenden Schollen 
&harakterifirende Benennung „Grundeis“ zeige ſchon deutlich auf den 
Ort und die Art ihrer Entftebung bin, Allein ungeachtet dieſer vie⸗ 

2 * 


> 20 «ie 


len mündlichen Berichte fand der allgemeine Glaube an diefe Ent—⸗ 
Rehungsart des Eiſes nur wenig Gingang, und es bedurfte erſt ter 
Zeugniffe erfahrener Phyſiker, um an die Wirklichkeit einer Erſchei— 
nung glauben zu machen, welche mit den Yortpflanzungsgefegen Der 
Märme in Ddirectem Widerfpruche zu ſtehen ſchien. Solcher Zeugnifie 
‚gibt es aber fehon feit langer Zeit her eine bedeutende Menge, von 
welchen ich aber nur die glaubwürdigften hier anführen will. 

Sm Sabre. 1730 ſah Hales zu Zeddington bei einer Zempes 
ratur der äußeren Luft von 9 Graden unter Null der hunderttheiligen 
Skala die Oberfläche der Themfe in der Nähe des Ufers mit einer Eis—⸗ 
fchichte von '/, Zoll Die bedeckt. Gfeichzeitig befand fih aber unter 
diefer Schichte eine zweite viel Dickere, welche vom fer abwärts in die 
Ziefe des Fluſſes hinabreichte, indem fie am Boden desfelben feſtſaß. 
Diefe Eisfchichte fand mit der oben am Ufer felbft in Verbindung, 
trennte fich aber von ihr in dem Maße, in welchem gegen die Mitte 
des Fluſſes Hin die Ziefe desfelben zunahm. Das Eis diefer Schich— 
te war überdieß viel weniger confiftent, als das der erfien, und war 
mit Sand, ja ſelbſt mit Steinen vermengt, welche von dem zeitweis 
lig in die Höhe fteigenden Schollen fogar empor gehoben wurden. 

Diefer Beobachtung wäre fonft nichts auszjufeßen, als daß fie zu 
nahe am Ufer angeftellt wurde, und man daher glauben könnte, es 
babe fich die Kälte von Außen Durch das Erdreich dem Boden des 
Sluffes mitgetheilt und auf dieſe Weife das Entfichen der zweiten 
Eisfchichte bewirkt, wenn man nicht wüßte, wie weit fih die Wärme 
durch feſte Körper überhaupt fortzupflangen vermag. Da Ddiefes aber 
jegt hinreichend befannt ift, fo Fällt diefe Schwierigkeit von felbft weg. 

Auch in Frankreich wurden fchon vor fehr langer Zeit ähnliche Be= 
obachtungen angeftellt, unter welchen die glaubwürdigfte folgende war. 

Zu Ende des Monats December 1780 verdoppelte fich die Kälte 
tim mittägigen Frankreich plöglich durch einen heftigen Nordwind ;z 
das Thermometer fan dafeldft auf 8 bis 9 Grade unter Null der hun⸗ 
derttheiligen Skala. Demareft, Mitglied der Afademie der Wiffen- 
haften, welcher fih damals zu Annonay befand, fah das Flußbett 
der Deome fih mit einem ſchwammigen Eife bededen. Es entftand 


> 2 ze 


zuerſt an den fern des Sluffes, wo das Waffer nur eine Tiefe 
von 2 oder 3 Fuß hatte, und als bie Kälte anhielt, zeigte ſich dieſe 
Art von Eis auch an den tiefften Stellen desfelben. An folchen 
Stellen, wo das Waffer über nadte Telfen ftrömte, bemerkte Des 
mareft nicht eine Spur von diefem Eife, im Gegentheile bildete es 
fid) überall ſchnell und reichlich da, wo ſich Sand angehäuft befand. 
Un manden Stellen erlangte es fogar eine Die von zwei Fuß. 
Nah dem Berihte Demareſt's gefhah die allmählige Vergrd- 
ßerung der Eisfchollen an ihrem untern Theile, welcher den Grund 
berührte. Das bereitd gebildete Eis wurde fortwährend durch die 
Abſtoßung des fi unterhalb bildenden Eifes in die Höhe getrieben. 
Indem ih, fagt Dem areſt ferner, Diefen Hergang beobachtete, bes 
merkte ih, Daß einige Schollen in einer einzigen Nacht um 5 bie 
6 Zoll gehoben wurden; ja einige wuchfen in Folge dieſer tägli- 
hen und gleichen Vermehrung von unten fo ftarf an, daß fie fürms 
liche Eisinfeln bildeten, welche über die Oberfläche des fließenden 
Waſſers Hervortagten. Niemand hatte bisher diefe Art des Anwach⸗ 
fens bei dem unter Waffer fich bildenden Eife beftätigt gefunden, 
und mar muß uur bedauern, Daß Demareft die Art nicht näher an- 
gegeben hat, wie er bei feinen Beobachtungen zu Werke ging, welche ihn 
ein fo auffallendes Ergebniß fennen lehrten. Vielleicht hatte er auf 
die am Boden liegenden Schollen Objecte hingelegt, welche immer 
fihtbar blieben, während die Schollen in die Höhe fliegen. So 
lange bei ſtark bewölften Himmel die Temperatur der Luft beim 
Uebergange des Zages zur Nacht fih nur wenig änderte, fo nahm 
nad dem Berichte von Demareft die Die des Eifed am Boden 
des Waſſers während 24 Stunden faft gleichmäßig zu. Im entges 
gengefeßten Sale, wenn fih 3. B. die Sonne am Himmel zeigte, 
unterblieb die Vermehrung des Eifes im Laufe des Tages. Die vers 
fhiedenen während der Nacht in Zwifchenzeiten von 5 bis 6 Stun⸗ 
den gebildeten Lagen ftellten deutlich übereinanderliegende Schich- 
ten dar, welche fich leicht von einander trennen ließen, fo daß durch 
ten Strom des Waſſers jede Schichte von der unterhalb befindlichen, 


\ > 09% eu 


an welcher fie loſe hing, getrennt wurde, wodurch der Fluß Eid zu 
treiben anfing. 

Braun, Balley von Wilhelmöburg an der Elbe, machte im 
Zahre 1788 mehrere Abhandlungen befannt, worin er das. Dafein 
des Grundeifes theild durch eigene Beobachtungen, theils durch die 
einftimmigen Ausfagen der Fifcherleute darthut, welche in Folge der 
ſtrengſten Nachforfchungen zu Stande gebracht wurden. Die Fiſcher 
verſicherten, daß ihre bis auf den Grund des Waſſers verſenkten 
Netze an kalten Herbſttagen, lange bevor das Eid auf der Oberflä⸗ 
che des Fluſſes zum Vorfcheine Fam, fich mit einer folhen Menge 
Grundeis bedeeten, daß es ihnen ſchwer wurde, fie in die Höhe zu 
ziehen; daß ferner die Körbe, deren man ſich zum Wange der Fiſche 
bedient, oft von felb an die Oberfläche des Waſſers fliegen, und . 
von außen ganz mit Eis überzogen gefunden wurden; daß Anker, 
welche im Sommer untergingen, im folgenden Winter wieder zum 
Vorfcheine kamen, indem fie durch Die Kraft des fie bededenden 
und vom Boden auffteigenden Eifes mit in Die Höhe gebracht wur⸗ 
den, Ferner fagten die Leute aus, daß diefes Eid die großen Steine 
empor hebe, an welchen die Fahrtzeichen mittelſt Ketten befefliget find, 
und auf diefe Art die nachtheiligfte Verrückung dieſer fo nüglichen 
Zeichen verurfache m. dgl. Braun beftätigte feldft diefe verſchiede⸗ 
nen Beobachtungen duch eigene Erfahrung. Er behauptet, verfuchs- 
weife gefunden zu haben, daß Hanf, Wolle, Haare, gekochte Roßhaa⸗ 
ze, vorzüglich aber Moos und Baumrinde diejenigen Körper find, wels 
he auf den Boden des Waflers gelegt, fih am ſchnellſten mit Eis 
überziehen. Er verfihert, Daß die verfchiedenen Metalle diefe Eigen- 
ſchaft nicht im gleich hohem Grade beſitzen. Zinn fol nad ihm 
in diefer Beziehung oben an, Eiſen dagegen Hinten nach ftehen. 

Der berühmte Botaniker Knight Hat in dem Hundert und ſech⸗ 
fien Bande der Trans actions philofophifals eine Beobachtung 
mitgetheilt, welche um fo beachtenswertber ift, als fie in einiger Hinſicht 
das Räthfel der Grundeisbildung zu Löfen ſcheint. Die Beobachtung 

wurde im Sabre 1816 des Morgens nach einer fehr Falten Nacht 
am Fluffe Tome in Herefordfhire angeftellt. Diefer Keine Fluß 


> 93 «iur 


wird durch eine Schleuße aufgeftauet, und bildet fo oberhalb einem 
weiten Behälter von ſtehendem Waffer, welches dazu beftimmt ift, 
mehrere Mühlgänge zu treiben. Das Waffer fällt durch einen Ab— 
laß in einen engen Canal, welchen hie und da Felsſtücke und große 
Steine noch mehr verengen, wodurd Strudel und ſtarke Waſſer— 
wirbel hervorgebracht werden. Uebrigens hat der Fluß nur eine ge 
“ einge Ziefe und ein fleiniges Bett. An der Oberfläche des ſtehenden 
Waſſers im oberen Wafferbehälter gewahrte man Millionen von klei— 
nen fhwimmenden Giönadeln, weiter unten, unterhalb des Yalles in 
das eigentliche Flußbett, waren die Steine am Boden mit einer 
glänzenden filberähnlichen Maffe bedeckt, welche, näher unterfucht, fich 
aus einem Aggregate von unzähligen Eisnadeln zufammengefegt 
zeigte, welche fich, wie diefes beim Schnee der Fall ift, unter allen 
möglichen Winkeln durchkreuzten. An einem jeden Steine hatte ſich 
diefe Maffe ſchwammigen Eifes in großer Menge und zwar immer 
an jener Seite abgefekst, welche der Richtung des Stromes entgegen: 
gefest Tag. Sie befaß die Conſiſtenz des gewöhnlichen feften Gifes 
im Allgemeinen nit, nur fehr nahe am Ufer war es der Gall. 
Der Fluß ſelbſt war nicht an der Oberfläche gefroren, fondern nur 
an einigen Wferftellen, wo das Waſſer gar feine Bewegung befaß, 
zeigte fich eine ſchwache Eisrinde. 

Sm Jahre 1816 fahen am 11. Februar die zu Etrafburg 
ftationirten Brüden» und Gtraßenbau- Ingenieure, Daß oberhalb 
det Brüde von Kehl das Flußbett des Rheins an vielen Gtel- 
len mit Eis bededt war. Gegen 10 Uhr Vormittags löfte ſich die- 
fes Eis vom Boden los, flieg an die Oberfläche und fing an zu 
treiben. Das Thermometer zeigte an der freien Euft eine Temperatur." 
son 12° C unter Null, Das Waffer des Fluſſes felbft Hatte in je- 
der Ziefe die Temperatur von O Grad. Das Eis, welches am Bo⸗ 
den zum Borfcheine kam, bildete fich jedoch nur an folchen Stellen, 
wo Steine oder auch andere fpißige und edige Gegenflände lagen; 
es war ſchwammig und aus einem Gewirre von Nadeln gebildet, 
Die am Fluſſe angeftellten Brüden- und Straßen » Auffeher behaup: 


> 94 «re 


teten, baß es niemals früher als gegen 10 oder 11 Uhr Vormittags 
an die Oberfläche fleige. 

Der Canal von St. Alban führt das Waffer der Birfe mitten - 
duch die Stadt Bafel, Das Waffer ift fehr Mar, und fließt mit 
einer großen Gefchwindigkeit. Im Winter des Jahres 1823 unter- 
fuchte Profeffor Merian Las Bett des Canals mit großer Aufmerf- 
famteit, welches im Allgemeinen mit Kiefelgerölle bedeckt ift, und fab, 
daß überall, wo fih am Boden ein Vorfprung bildete, ein Stüd Eis 
vorhanden war, welches man von der Ferne für einen Bufchen fas 
feriger Flocken angefehen hätte. Diefes Eis löfte fih von Zeit zu 
Zeit vom Boden ab, und flieg an die Oberfläche, Es zeigte alle Ei⸗ 
genfhaften des von den deutfchen Schiffern fo genannten Grundeifes. 

Hugi, Präfident der naturhiftorifchen Gefellfchaft zu Solo: 
thurn, ift, fo viel bisher befannt wurde, derjenige Phyſiker, welcher das 
Phänomen der Grundeisbildung im größten Maßſtabe beobachtet hat. 
Seine erfien Erfahrungen darüber wurden im Jahre 1827 gemacht. 
Vom 2. bis zum 5. Februar diefes Jahres hatte die Aar bei So— 
lothurn Eis getrieben. Am 15. war fie vollflommen eisfrei. Am 
16. floß fie ganz ruhig und das Waffer war vollklommen rein. Un 
demfelben Tage erhob fi bei einem Oftwinde, etwa 20 Metres 
unterhalb der Brüde auf einer Fläche von etwa 150 Quadratmes 
tres vom Boden des Fluſſes fortwährend eine Menge großer Tafeln 
von Eid. Es muß Hierbei eines Umſtandes erwähnt werden, wodurch 
es beftätiget wird, was ſchon die Fährleute auf der Themſe Herrn 
Hales verfichert Hatten, daß der größte Theil diefer Eisfchollen 5 
bis 10 Decimetes über die Oberfläche des Waffers emporflieg, 
und nachdem fie einige Augenblide in diefer Lage verharrten, legten 
fie fi um, und ſchwammen Horizontal fort, fo daß von diefer Stelle 
an der Fluß Eis tried. Nach Verlauf einiger Zeit wurden die 
Eisſchollen feltener, aber fie Hatten fich zu einem folchen Grade vers 
größert, daß ihrer mehrere, obwol fie fich faſt vertical über das 
Waſſer erhoben, Doch noch mit ihrer untern Seite auf dem Boden 
des Sluffes fanden, und fehr lange Zeit in diefer Lage verharrten. 
Diefe Erfheinung dauerte etwa zwei Stunden. Bon der Brüde an 


> 05 + 


fließt die Aar reißend in einem Bette von 20 bis 30 Graben Nei- 
gung, welches faft Durchgehends fleinig iſt. Oberhalb der Stelle, 
wo die Eisfchollen in die Höhe fliegen, ift das Waſſer zwar et⸗ 
was ruhiger, bildet aber dafelbft faft immer eine Art von Wirbel. 
Die Zemperatur der Luft war zu jener Zeit 5%7 Grade unter Null. 
Nahe an der Oberfläche des Waſſers hatte.die Luft eine Zempera- 
tur von 40.9 C unter Null, an der Oberfläche des Waſſers felbft 
war die Temperatur 291 C über Null, gegen die Brücenjoche zu, 
da, wo fich fein Eis bildete, hatte das Waffer eine Temperatur von 
3° C über Null. Am Boden, woher das Eis in die Höhe flieg, war 
die Temperatur des Waflers gerade 0 Grad. Ein Umftand, wels 
her die Bedeutſamkeit Diefer Zermperaturd » Beobachtungen vermins 
dert, ifl, Daß es nicht dargethan wird, ob ſich Diefes Eis an demſel⸗ 
ben Zage da gebildet habe oder nicht. Leicht könnte es fein, daß dies 
fes Eis ſchon früher gebildet, den Boden des Fluſſes bereits mehs 
rere Tage zuvor bededt Hatte. 

Eine zweite Reihe von Beobachtungen, welche PR angeftellt 
bat, Datirt fi) vom Monate Februar des Jahres 1829. Am 11. diefes 
Monates zeigte die Aar bei Solothurn an Feiner einzigen Stelle ihres 
Laufes eine Spur von Eis; feit mehreren Tagen war die Temperatur 
der Luft zwifchen A und 6 Graden über Null der Hunderttheiligen Ska⸗ 
la. In der Nacht vom 11. auf den 12. fiel fie plöglich auf 14° C uns 
ter Null. Am 12. bei Sonnenaufgang fing der Fluß an fehr reichlich 
Eis zu treiben. Doc muß dabei gleich bemerkt werden, daß fowol in 
der Nähe der Ufer ald auch an den gefchüßten Stellen, wo es voll- 
kommen ruhig war, das Waſſer noch feine Spur einer Eisbildung an 
feiner Oberfläche zeigte, fo daß man nicht fagen fonnte, es hätten fich 
die, Zreibseisfchollen vom Ufer losgelöfet. Eben fo wenig Grund wür⸗ 
de mam gehabt haben anzunehmen, daß es von irgend einer höher auf: 
wärts gelegenen und zugefroren gewefenen Stelle des Fluſſes herkäme, 
denn zu Alteey, 1'/, Meile oberhalb Solothurn , trieb der Fluß 
faſt gar kein Eis. Weberdieß fingen die Eisfchollen an gleih un— 
terhalb der Brücke in derfelden Gegend in die Höhe zu fleigen, wo 
man fie zwei Jahre früher beobachtet hatte. Gegen Mittag ſah man 


i 


„> 026 «e« 


fogar ganze Eisinfeln in der Mitte des Fluſſes fich bilden. Am 13. 
waren ſchon 23 folder Infeln vorhanden. Die größten darunter hat- 
ten faſt 33 Metres (100 Fuß) im Durchmeſſer. Sie waren rings 
umber frei, widerftanden aber Doch Dem Andrange des Stromes, 
welcher mit einer Gefchwindigkeit von 70 Metres (200 Fuß) in 
der Minute fließt, und nahınen einen Raum von faft einer Achtel- 
Meile ein. Hugi fuhr mit einem Schiffe heran, um fie zu 
unterfuchen. Er flieg auf ihnen aus, durchfchritt fie in verſchie⸗ 
denen Richtungen, und überzeugte fih, daß an ihrer Oberfläche eine 
fefte Eisfhichte von 5 bis 10 Gentimentres Die vorhanden war, 
die auf einer Eismaffe ruhte, welche die Form eines umgelehrten 
Kegels von 3 bis A Metres verticaler Höhe hatte und am Boden 
des Fluſſes feſtſaß. Diefe Kegel beftanden aus einer halb ge: 
fhmolzenen Eismaffe, welche gallertartig, und wie Hugi fagt, 
fat wie Froſchlaich ausſah. Sie war nah unten zu weicher als 
nach oben, und man konnte fie fehr leicht im jeder Richtung mit der 
Auderftange durchftoßen. Der freien Luft ausgefeßt, verwandelte ſich 
die Maffe diefer Kegel alsbald in ein Förniges Eis, ähnlich jenem, 
welches fih am Boden des Waffers bildet. 

Zur Zeit dieſer Beobachtungen war die Zemperatur der Luft 
bei 9 Metres Höhe über der Aar 11%2 C unter Null, bei 13 
Metres Höhe — 994 C, Das Waffer zeigte in einer Tiefe von 5 
Sentimetred eine Temperatur von 0 Grad, in der Ziefe von 18 
Metres eine Zemperatur von — 19 C, in der Entfernung von 
05 Metre vom Boden war die Temperatur + 195 C, am Boden 
ſelbſt + 2%4 C und endlich bei einer Tiefe von 1 Metre im Bo: 
den + 8° 0. Diefe Temperaturs-Beſtimmungen des Waſſers wur—⸗ 
den an einer Stelle im Fluffe vorgenommen, wo es fein Eis am 
Boden gab. 

Fargeau, ein ausgezeichneter Profeffor der Phyſik zu Straß- 
burg, bat Beobachtungen am Rheine angeftellt, welche der Pari« 
fer Alademie der Wiffenfhaften mitgetheilt wurden. Auch fie verdie- 
nen bier angeführt zu werden. Am 25. Jänner 1829 war die Tem: 
peratur der Luft gegen 7 Uhr Morgens in der Rähe der Brüde von 


> 097 «re 


Kehl 13:7 Grade der hunderttheiligen Skala. Zu derfelben Zeit, war 
in jenem Theile des Rheins, welcher Durch die daſelbſt vertheilten Sand⸗ 
bänfe an der franzöfifchen Seite eine Art von Teich ohne alle Strö- 
mung bildete, Die Temperatur des Waſſers 0 Grad, während eine 
Temperatur von — 4%4A in einer Tiefe von ?/, Metre herrſchte. 
Diefer Theil des Fluſſes zeigte nur ganz in der Nähe der Ufer eis 
nige Eisfhollen. Oberhalb diefer Sandbänfe in einer Kleinen Bucht, 
wo das Waſſer wenig tief und an eine fehr raſche Strömung ans 
grenzend war, fah man alle Kiefelfteine mit einer Art ducchfcheinen- 
den Schaumes von 3 his A Gentimetres Dicke bededt, welcher in 
der Nähe unterfucht, fich aus Eisnadeln zufammengefeßt zeigte, Die in 
allen möglichen Richtungen ineinandergriffen. In diefer Bucht zeig: 
te das Thermometer auch auf Null, fowel an der Oberfläche des 
Waſſers, als in der Tiefe und am Boden. Eben fo verhielt es fi 
mit dem Waffer in der Strömung an der reißendften Stelle. Hier 
gewahrte man auch fowol am Boden des Rheins als auch an eini- 
gen dafelbft verfenkten Holzftücden, und zwar immer an der der Strös 
mung entgegengefeßten Seite bei einer Ziefe von 2 Metres, große Men 
gen von fhwammigem Eife, in welches die Nuderftange ohne Schwies 
rigkeit eindrang. Diefes Eis, an die Oberfläche des Fluſſes gebracht, 
zeigte fich vollfommen ähnlich den unzähligen Schollen, welche dev 
Fluß fpäter zu treiben anfing. Fargeau berichtet, mehrere Male 
am großen Rheine mit eigenen Augen gefehen zu haben, wie dad 
Eis fih vom Boden loslöfte, und an der Oberfläche zu treiben ana 
fing. Seinen eigenen Beobachtungen fügt Fargeau nod eine 
wichtige, ihm mitgetheilte Erfahrung hinzu, aus welcher ald Yolges 
rung hervorgeht, daß die Natur des Flußbettes denfelben Einfluß 
auf das Phänomen dor Eisbildung ausübe, ed mag Heine oder gro= 
Be Maffen fließenden Waflers führen. Gin Hammergewerke aus dem 
Wasgaue hatte ihn nämlich belehrt, daß er, um die Bildung des Eis 
fes am Grunde des Bades, welcher fein Hammerwerk treibt, zu 
verhüten, alle Jahre genöthiget fei, die Steine und andere fremd: 
artigen Körper aufräumen zu laffen, womit das Bett zufällig bes 
deckt if. 


> 08 6 


Im Anfange des Monates Februar 1830 fand Duhamel, 
nachdem er das Eis, womit ſich Die Seine an der Oberfläche bededt 
hatte, durchbrechen ließ, etwas unterhalb der Brüde von Grenelle, 
zwei oder drei Metres vom Alfer entfernt am Boden eine ausgedehnte 
Eisfhichte von A Centimetres Dicke. Er verfchaffte fih davon 
mehrere Bruchftüde. In dieſer Gegend hatte das Waffer mehr als 
einen Metre Ziefe und durchgängig die Zemperatur von O Grad. 
Die Strömung war daſelbſt ziemlich ſtark. Die von Duhamel 
gemachte Erfahrung hat denfelben Fehler, wie jene von Hales, wel- 
cher, wie fhon früher bemerkt wurde, darin beftand, daß die Beob⸗ 
achtung ebenfalls zu nahe am Ufer angeftellt worden war. Indeffen 
bleibt fie doch deßhalb bemerfenswerth, weil fie Die einzige Beobad)- 
tung ift, welche von einem wilfenfchaftlich gebildeten Manne über die 
Grundeisbildung in der Seine gemacht wurde. 

Diefe bisher angeführten unter mannigfachen Umſtänden ge: 
fammelten Nachrichten ftellen das Factum außer allen Zweifel, daß 
es wirklich Eis gebe, welches fi) urfprünglich am Grunde der Flüf- 
fe bildet, und daher mit recht den Namen „Grundeis‘ verdient, . 
daß es dann erſt an die Oberfläche fleige und als fogenanntes Zreib- 
eis weiter ſchwimme. Ganz in Vebereinfimmung mit diefen ſtehen 
die im verfloffenen Winter 1838 von Gr. Mohr in Coblenz am Rhei— 
ne gefammelten neueften Erfahrungen, fo wie die von mir im vor⸗ 
und dießjährigen Winter an der Mur angeftellten Beobachtungen, 
welche ich Hier fogleich mittheilen werde, fobald ich noch Einiges über 
die bisher üblichen Erklärungsweifen Diefes Phänomens vorangefchict 
habe, um dann nad Maßgabe diefer Beobachtungen entfheiden zu 
Können, welche von den darüber entwidelten Anfichten die richtige fei. 

Es wurde ſchon früher angegeben, daß die Phyoſitker lange nicht 
daran glauben wollten, es könne fih das Zreibeis am Boden der 
Flüſſe bilden, und daher iſt auch mit Recht in der folgenden Darftel- 
lung von den darüber zuerſt entwicelten verfchiedenen theoretifchen An- 
ſichten nicht viel Bedeutendes zu erwarten. Unter den Fährleuten war 
die Vorftellung ziemlich allgemein verbreitet, daß die Eisſchollen wäh> 
send der Nacht duch den Einfluß des Mondes am Boden der Ge- 


„> 090 4466* 


wäffer gebildet, am folgenden Morgen aber von der Sonne zur Ober: 
fläche gezogen werden. Volksvorurtheile beruhen in der Regel auf 
einer unvolltommenen Beobachtung, und daher mag ed kommen, daß, 
weil dem Monde überhaupt ein Einfluß auf die Witterung zuge⸗ 
fhrieben wird, man auch Diefe Erfcheinung durch ihn hervorgebracht 
wiffen wollte. Diefer Theorie der Fährleute folgte eine andere im 
Grunde nicht viel beffere. Die Wärme, behauptete man, fei das Res 
fultat einer heftigen Bewegung der kleinſten Körpertheile. Nun bes 
wegt fich das fließende Waffer an der Oberfläche viel rafcher, als am 
Boden, daher müffe es die Oberfläche des Waffers fein, wo man 
immer das Marimum der Temperatur finden werde, und am Boden, 
wo die Bewegung geringer ift, wird folglich das Gefrieren zuerſt be- 
ginnen. Um dieſe Anficht zu vervolllommmen, wurde das Auffteigen 
der Eisfchollen der Elaſticität zugefchrieden, welche die im Waffer 
aufgelöfte Luft wieder erlangt, fo bald fie während Des Actes des 
Gefrierens frei wird, und dabei im Innern der Eismaſſe Dlafen 
bifdet, welche ziemlich große Dimenfionen befigen. Im Jahre 1742, 
als diefe fonderbare Theorie das Licht der Welt erblichte, befand fich 
das Thermometer ſchon in Iedermanns Händen, fo daß man glau⸗ 
ben follte, man hätte fich Leicht überzeugen können, daß bei einem 
ſtarken Froſte das Waffer der Flüſſe im Allgemeinen an der Ober: 
fläche viel kälter fei, ald am Boden. Allein man wollte, wie dieß 
faft immer gefchieht, Lieber nach der Urfache, als nad) der Wahrheit 
forfhen. Um die theoretifchen Einwürfe, welche Nollet den popu⸗ 
lären Anfichten über die Grundeisbildung entgegenftellte, mit den 
Beobachtungen zu vereinbaren, aus welchen unwiderfprechlich hervor⸗ 
ging, Daß der größte Theil der Zreibeisfchollen längere oder kürzere 
Zeit hindurch untergetaucht gewefen fei, und daß ihre untere Fläche 
auf einem fchlammigen Grunde gerubt habe, geriet man auf den 
Gedanken, ihre Entftehung in den fleinen Bächen zu fuchen, welche 
den großen Flüſſen ihe Waffer zuführen. Dort, meinte man, wo das 
Waſſer eine fehr geringe Tiefe hat, müßte fi das Eis fehr bald 
in Berührung mit der Erde oder dem Schlamme befinden, welcher 
den Boden bedeckt. Was ferner die Eisfchoflen betrifft, welche man 


„> 30 + 


aus dem Waffer emporfteigen fieht, oder welche die Schiffsleute mit 
ihren Ruderftangen aus einer Tiefe von mehreren Fuß hervorziehen, 
fo erklärte man ihre Entfiehung auf folgende Art: Weil man bes 
merkt, Daß nach einer fehr ftarfen Kälte, welcher plößlich ein vorüber⸗ 
gehendes Zhauwetter folgt, ed manchmal gefchieht, daß ein ſtarkes 
Anſchwellen des Waſſers eintritt, worauf wieder ein neuer Froft folgt, 
fo muß ed dem gemäß dann im Fluſſe, befonders in der Nähe der 
Ufer, zwei von einander getrennte Eislagen übereinander geben, mo: 
von die eine der früheren Höhe des Wafferftandes, Die andere aber 
der fpäteren Wafferhöhe nah dem Statt gehabten Anfchwellen ent- 
ſpricht. Diefe Anficht, welche fih auf einen ganz befonderen Tall 
bezieht, erklärt auf keine Weife die bisher gemachten Erfahrungen, 
welche unmwiderleglich dartdun, daß man augenfcheinlich gefehen ha⸗ 
be, wie fi das Eis an der Oberfläche der Steine bildete, welche 
am Grunde des Waflers in dem Bette mancher Flüſſe lagen. 
Nicht viel glüclicher ift Die von M’ Keever gegebene Theorie, 
ungeachtet fie fih auf die fubtilften Principien der Wärmelehre 
gründet. Nach der Anficht diefes Phyſikers befigen die Selsftüde, 
Steine und der Kies, womit der Boden der Ylüffe in der Regel bes 
det ift, ein größeres Ausjtrahlungs » Vermögen als der Schlamm, 
vielleicht wegen ihrer befonderen Natur, vorzüglich aber wegen ihrer 
rauhen Oberfläche. Sowol in großen Mafen, als auch in Eleinen 
Bruchſtücken werden daher die Gefteine Durch Ausftrahlung fehr ſtark 
abkühlen, fobald die Temperatur der Atmofphäre fehr niedrig ift, 
und dadurch werden fie das Waffer, welches mit ihnen in Berührung 
ſtehet, zum Gefrieren bringen. Es wäre überflüffig, hier unterfuchen 
. zu wollen, ob fich durch eine dide Wafferfchichte die Wärme fo leicht 
ftrahlend fortpflanzen koͤnne, als wie es M' Keever vorausfeßt, da 
man ſchon durch eine Beobachtung der einfachften Urt die ganze Er- 
Härungsart M' Keever's über den Haufen zu flürzen im Stande ift. 
Denn wer wird es nicht zugeben, daß dieſe ſtarke Ausftrahlung, wie 
fie der irländifche Phyſiker annimmt, viel leichter oder doch wenig: 
ftens eben fo leicht im fiehenden, als im fließenden Wafler Statt 
finde, und doch Hat noch Niemand die Eishildung im ruhig flehen- 


> 31 + 


dem Waffer von unten vor fich gehen gefehen. Verlaffen wir aber 
alle dieſe verunglücten Erflärungsarten, und verfuchen es dafür in 
Ermanglung einer vollftändigen Theorie wenigftens die phyfifalifchen 
Grundbedingungen zu entwideln, wie fie nach der Anfiht von 
Arago zur Löfung der Aufgabe unerläßlich find. = 

Bekannt iſt es, daß wenn man in ein Gefäß Flüffigkeiten 
don verſchiedener Dichte untereinander fehüttet, fih immer die dich— 
tefte Davon bei der Ruhe zu unterft abfeßt, die am wenigſten dichte 
aber an der Oberfläche ſchwimmt. Diefer Hydroftatifche Grundſatz ift 
allgemein gültig, er findet fowol bei Flüſſigkeiten von verfchiedener 
chemiſcher Befchaffenheit, als auch bei einer und derſelben Flüſſigkeit 
feine Anwendung, deren einzelne Schichten wegen ungleicher Tem⸗ 
peratur eine ungleiche Dichte befigen; denn die Flüſſigkeiten verän— 
dern eben fo gut wie feite Körper mit der Temperatur ihre Dichte, 
und zwar nimmt ihre Dichte zu, wenn ihre Zemperatur abnimmt. 
Nur das Waffer macht innerhalb einer beftimmten fehr Heinen Aus- 
dehnung der Thermometer⸗Skala eine befondere Ausnahme von diefer 
Regel. Um diefes näher zu erörtern, wollen wir den Fall feßen, das 
Waſſer Habe eine Zeınperatur von + 10° der Hunderttheiligen Skala. 
Laſſen wir ed nach und nach abkühlen bis zur Temperatur von 4 
9%, fo wird es fich dichter finden als bei 4 100; bei einer Tem⸗ 
peratur von —- 8° wird ed wieder dichter fein ald bei + 905 bei 
+ 7° wieder dichter werden als bei > 89 u. f. f., bis zu 40 G 
herab. Bei diefer Temperatur wird aber die fernere Verdichtung aufs 
hoͤren. So wird fih 3. B. bei dem Uebergange der Temperatur von 
+ 4° auf + 3° ſchon eine merfliche Verminderung der Dichte 
einfellen, dieſe Verminderung wird zunehmen, wenn die Tempera: 
tur von 4 3° auf — 2°, von da auf — 19 und endlich auf O 
Grad herabſinkt. Darius geht hervor, daß dem Waſſer ein Maris 
mum der Dichte zufümmt, welches aber nicht bei der Zemperatur, 
wo es gefriert, fondern ſchon bei — 4° über Null Statt findet. 
Nichts iſt nun leichter, als diefem gemäß zu beflimmen, wie das Ge: 
frieren in einem ſtehenden Wafler vor fih gehen müffe. Nehmen 
wir, wie es kurz vorher gefchehen if, wieder den Sal an, daß das 


„> 32 + 


Waffer in dem Augenblide, wo ein Nordwind den Froſt herbeiführt, 
durchaus eine Temperatur von 4. 10° über Null beſitze. Die Er; 
tältung des mit. der eifigen Luft in Berührung ftehenden Waſſers 
wird nun von außen nach innen vor fich gehen. Die Oberfläche, welche 
nad der Vorausfegung die Temperatur von + 10°. C hatte, wird 
‚ bald auf + 9° abgekühlt fein. Aber bei 9 Graden hat das Wal: 
fer eine größere Dichte als bei 10 Graden, fomit wird in Folge des 
früher angeführten Hydroftatiichen Grundfages die an der Oberfläche 
befindliche und auf 9 Grade abgefühlte Wafferfchichte zu Boden fin» 
fen, und einer andern noch nicht abgefühlten Schichte Platz machen, 
deren Temperatur noh + 10° ift. Diefe wird nun ihrerfeitd das» 
felbe erfahren, was die früher vor ihr an der Oberfläche geweiene 
Schichte erfuhr, und Diefes wird fi) fo lange wiederholen, bis nach 
einer hinreichenden Zeit Die ganze Waffermaffe Durch und Durch die 
Temperatur von + 9° Haben wird. Das auf 9° abgrfühlte Wal: 
fer wird fich genau fo, wie das Wafler bei + 10°, Scichtenweife 
abkühlen. Jede Schichte wird nämlich.nach und nach an die Ober- 
fläche fommen, und Dafelbft um einen Grad in ihrer Temperatur abe 
gefühlt werden. Dasfelbe wird fich in ganz gleicher Art wiederholen, 
fobald die Maffe durch und durch bis auf 89 und auf gleiche Weife 
fobald fie auf + 7°, + 6° und + 5° abgelühlt fein wird. Aber 
von dem Augenblide an, wo die Maffe bei diefer fucceffiven Abküh⸗ 
Iungsart die Temperatur von 4 4° erlangt hat, wird es fi an= 
ders verhalten, denn bei + 4° Hat das Waller das Marimum fei« 
ner Dichte erreiht. Wenn nun Durch die fernere Einwirkung der 
eistalten Luft der an der Oberfläche befindlichen Schichte wieder ein 
Grad von ihrer Temperatur entzogen, und fie fonach auf + 30 her⸗ 
abgefeßt fein wird, fo hat dieſe Schichte eine geringere Dichte, als die 
übrige Maffe, auf welcher fie fhieimmt, und fie wird daher in ihr 
nicht mehr unterfinten. Eine fernere Zemperaturd » Erniedrigung wird 
dieß noch weniger bewerkſtelligen, weil die Wafferfchichte defto leich- 
ter wird, je mehr fie fih abkühlt. Nun iſt aber leicht einzufehen, 
daß wenn dieſe Schichte immer an der Oberfläche und fortwährend 
der erfältenden Einwirkung der Atmofphäre ausgeſetzt bleibt, fie bald 


> 33 + 
1} 


ihre vier Wärmegrade verlieren und endlich dahin kommen werde, 
wo ihre Temperatur gleih Null wird, und fie zu frieren beginnt. 
Die fo an der Oberfläche entitandene Eisrinde ruht, fo fonderbar ed 
auch Elingen mag, auf einer Flüſſigkeitsmaſſe, deren Temperatur we- 
nigftens am Boden vier Grade über Null. beträgt. Das Gefrieren ei- 
nes ftehenden Waffers kann offenbar auf feine andere Weife vor fich 
geben, auch glaube ich, hat Niemand das Eis in einem See oder 
Teiche ſich von unten auf zu bilden wahrgenommen. Alnterfuchen 
wir nun noch in Kurzem die Modificationen, welche die Bewegung 
des Waffers in dem früher angezeigten Hergange hervorzubringen 
sermag. Die Wirkung diefer Bewegung, wenn fie ein wenig rafch 
ift, oder wenn fie ein Weberftürgen des Waſſers veranlaft, wenn fie 
auf unebenem rauhen Boden Statt findet, befteht darin, daß alle 
Schichten fortwährend untereinander gemifcht werden. Das bydrofta- 
tiiche Gefeß, worauf wir uns früher geftügt haben, ift nun nicht 
mehr gültig; die am wenigften dichte Wafferfchichte befindet ſich nicht 
mehr in einem fort an der Oberfläche, der Strom mifcht fie unter 
die übrige Maffe, welche fie erfaltet, und, auf diefe Weife abgekühlt, 
bat die ganze Maffe bald durchgehende eine gleiche Temperatur, 
Faffen wir das bisher Gefagte zufammen, fo folgt daraus, daß 
während in einer Maſſe ftehenden Waſſers die Temperatur am Boden 
nicht unter + 4° betragen kann, diefes in einer bewegten Mafle 
Waſſers feineswegs der Fall ift, fondern daß da ſowol an der Ober; 
fläche, als auch in der Mitte und am Boden, die Temperatur von 
0 Grad gleichzeitig Statt finden könne, Es erübriget nur noch zu 
unterfuchen, warum in dem Iegteren Falle, wo die ganze Maffe die 
gleiche Temperatur und zwar 0 Grad befißt, das Gefrieren zuerſt 
am Boden und nicht auch an der Oberfläche beginne. Allein dieß 
erflärt ſich ſehr Leicht auf folgende Weiſe. Sedermann weiß, daß 
es zur Beförderung der Kryftallbildung in einer Salzauflöfung bin- 
reicht, ſpitzige oder mit rauher Oberfläche verfehene Körper hinein zu 
legen, daß es gerade die Rauhheiten dieſer Körper find, an welchen 
fih die erften Kryſtalle anfegen, und am fhnellften wachen. So 
wie es ſich nun hier verhätt, fo verhält es ſich auch mit der Bildung 
5, Jabra. Tl. Heit 3 


> 34 «re 


der Elskryſtalle. Ueberall, wo fih in einem Gefäße, In welchem das 
Gefrieren vor fi) gehen fol, ein Sprung, eine. Hervorragung, eine 
Zrennung der Maffe vorfindet, da wird fich der Mittelpunft der Eiss 
bildung entwideln, da werden ſich vorzugsweife die erſten Eisnadeln 
anfegen, Offenbar findet das eben Gefagte auch beim Gefrieren 
der Flüſſe Statt, und man wird vollends nicht daran zweifeln, wenn 
man erwägt, daß die Eisbildung niemals unmittelbar am Boden 
felbft, fondern immer nur da vor fich geht, wo fih Felſen, Ries 
felfteine, Holzftüde oder Pflanzen u. dgl. am Boden befinden. Ein 
anderer Umftand, der, wie es fcheint, ebenfalls eine beftimmte Rolle 
bei diefer Erſcheinung fpielen kann, Liegt in der Bewegung des 
Waſſers feld. An der Oberfläche if die Bewegung fehr rafch und 
heftig, dadurch muß nun der foinmetrifchen Anordnung der feinen 
Nadeln und ihrer gegenfeitigen Anziehung entgegengewirkt werden, 
ohne welche die Kıpftalle, von was immer für einer Natur fie auch 
feien, weder eine regelmäßige Geftalt noch Feſtigkeit erlangen kön⸗ 
nen. Dadurch felbft muß aber fogar das erfte Entſtehen der Kry⸗ 
ſtall⸗ Atome unterdrüdt werden. Man kann daher leicht einfehen, wie 
ed komme, daß im fchnell fließenden Waffer die Eisbildung an der 
Oberfläche unterbleibt. Obwol die Bewegung, diefes große Hinder« 
niß der Kryſtallbildung, am Boden eben fo gut wie an der Ober⸗ 
fläche des Waſſers befteht, fo ift fie Doch am Boden wenigftens im ho« 
hen Grade vermindert. Es wird daher erlaubt fein vorauszufegen , 
daß ihr Einfluß Hier zwar die Entftehung eines regelmäßigen und fer 
ften Eiögebildes unterdrüden, nie aber ganz verhindern werde, daß 
mit der Länge der Zeit eine Menge Heiner Eisnadeln fich eine an die 
andere unregelmäßig anhängen werden, um auf diefe Weife jenes 
Iodere, ſchwammige Eis hervorzubtingen, welches man, Hugl’s Ers 
fahrung gemäß, fo leicht mit dem Schiffsruder durchſtoßen Kann. 
Nebſt den bieder angeführten Erflärngsarten über ie Bildung 
des Grundeifes, unter welchen die juleßt angegebene von Arago 
felbft Herrührt und unftreitig unter allen die dem Gange der Natur 
angemefjenfte und auf alle Umftände des Phänomens die am aller- 
meiſten paffende iſt, wurde noch im des neueſten Zeit eine andere 


> 35 + 


ſehr ſinnreiche Erklärungsart der Grundeisbildung in Flüſſen ala 
Gegenfag zu der vorangeführten geliefert. Sie rührt von Gays 
Luſac her und wurde im 53. Bande der Annales de Chimie et 
de Physique befannt gemacht. Ihr Wefen befteht darin, daß Gay- 
Luſac als Grund der Erftarrung des Waſſers am Boden die von 
den Heinen Eistheilhen mitgebrachte Kälte anfieht, welche an der 
Oberfläche des Waſſers durch Ausftrahlung oder Berührung mit der 
Balten Luft abgekühlt, von dem Strome nad unten geriffen wers 
den, und am Boden Durch das Gefrieren des fie umgebenden Wafs 
fers ſich feſtſetzen ſollen. Gegen diefe Anfiht bringt nun Dr. Mohr 
aus Coblenz im 3. Stüde des 43. Bandes von Poggendorf'3 Annas 
len für Phyſik und Chemie mehrerer Erſcheinungen zur Sprache, 
welche im Monate Jänner 1838 bei einem ſtarken Froſte im Rheine 
bei Coblenz beobachtet wusden, und welche der von Arago aufgeftel- 
ten Anſicht ein entfcheidendes Webergewicht geben, Nah Mohr 
tommt die Bildung feiner Eisnadeln, wie fie Gay⸗Luſac vorauss 
fegt, im Rheine niemals vor, fondern es bilden fich nur Schoflen, 
welche entfchieden auf der Oberfläche des Waffers fchwimmen, und 
nicht zum Anterfinfen fommen. Die von Scoresby und Parry 
in den arktifchen Meeren beobachteten Eisnadeln entflehen nur ſehr 
felten in kleineren Slüffen, Bächen und Mühlgerinnen. In dieſem 
Galle find aber diefe Eisnadeln volllommen benekt, und von eines 
folhen Kleinheit, daß fie faum eine niedrigere Temperatur als das 
Waſſer haben fünnen, Daß übrigens wirklich Feine Elsnadeln ges 
bildet werden, wodurch der Fluß an Durchfichtigkeit verlieren müßte, 
gebet ſchon aus dem Umſtande hesvor, daß der Rhein zur Zeit der 
Grundeisbifdung eine Klarheit und ein Grün annimmt, welche er 
fonft in diefer Gegend niemals, fondern nur bei Conſtanz oder Schaf⸗ 
haufen befist. An Stellen, wo die Ziefe 6 bis 8 Fuße beträgt, kann 
man die Beichaffenheit des Bodens deutlich wahrnehmen, fo daß Leus 
te aus der armen Volksclaſſe diefe Duchfichtigfeit während des Fro⸗ 
fteö dazu benüßen, um an den Landungspläßen der Schiffe verſun⸗ 
kene Gegenftände wieder heraufzuhohlen. Zu einer ſolchen Zeit gebt 
aber die Grundeisbildung am reichlichſten vor ſich. In welchem ho⸗ 
3*. 


> 36 + 


Hin Grade dieß Statt finde, kann man aus folgender Thatfache 
entnehmen. Die Ankerketten der Schiffbrüde, welche Ehrenbreitftein 
und Coblenz verbindet, werden, während die Brüde abgebrochen ift, 
in das Flußbett verfenft, und nach dem Gisgange an der Such— 
fette wieder aufgezogen. Diefe Ketten haben fih an den tiefſten 
Stellen des Rheins ſo ſehr mit Grundeis beladen, daß fie fümmts 
Lich gehoben worden find. Die täglich überfahrenden Kähne paffiren 
hundertmal diefe ſchwimmenden Ketten. 

Im Sahre 1830 wurde bei einem fehr heftigen Giögange der 
Mofel das Eis derfelden eine Meile weit aufwärts in das Bett des 
Rheins getrieben, indem der Fluß unterhalb noch feſt war. Bei 
diefem Stauen des Eifes gegen den Strom des Rheins ging das 
Eis faft auf den Boden, und riß mehrere Anker und Ketten der 
Schiffprüde los. Einer diefer Anker ift in diefem Jahre bei dem 
Dorfe Pfaffendorf, eine Viertelftunde oberhalb der Brüde, durch das 
Grundeis gejoben worden. Er lag an einer fehr tiefen Stelle, und 
wurde ſammt der Kette wieder herausgejogen. Ein anderes nicht 
minder intereffantes Factum iſt noch folgendes: Die Joche der 
Schiffbrücke konnten wegen des niedrigen Wafferftandes nicht in Den 
Sicherheitöhafen gefahren werden, und mußten alfo im Fluſſe bleis 
ben. Als endlich der Froſt aufhörte, und der Eisgang erwartet 
wurde, war an dem Boden eine Schicht von 5 rhein. Fuß Dide 
ſchwammigen Crundeiſes angewachfen, welches, da ed mechanifch nicht 
entfernt werden Fonnte, den Eingang der Schiffe in den Hafen uns 
möglich machte. Man war gemöthigt, eine wärmere Temperatur des 
Fluſſes und der Luft abzuwarten, wobei ſich dieſe ungeheuere Maſſe 
von ſelbſt loͤſte, und die Schiffe flott machte, Die Schiffe haben 
an fich ungefähre 18 Zoll Ziefgang, fo daß die unterſte Schichte des 
Grundeifes 6'/, Fuß unter der Oberfläche des Waffers war. 

Aus allen diefen Zhatfachen ſcheint nun Hervorzugehen, daß 
die von Gay⸗Luſac gegebene Erklärung nicht die richtige fei, denn 
für's erfte find während der Grundeisbildung durchaus keine Eisna- 
deln im Tluffe bemerkbar, für's zweite geht Die Grundeisbildung in 
einer Ziefe vor fich, bis zu der es durchaus unmöglich ift, Daß eine 


n> 37 + 


erfaltete Eisnadel gelangen könnte, ohne die Temperatur des ſie ums 
gebenden Waſſers anzunehmen. Cs iſt aber auch nicht recht begreifs 
ih, wodurch eine folche Eisnadel bis zu einer Ziefe von 6 bis 8 
Fuß Hinabgeführt werden könnte, da Die Bewegung des in einem 
ebenen Bette gehenden Fluſſes blos in horizontaler Richtung gefchieht ; 
und wenn es auch Statt finden follte, daß eine bis zu mehreren 
Graden unter Null abgekühlte Eisnadel wirklich untergetaucht würde, 
jo ift es wol das Natürlichite, daß fie aus dem gerade gefrierrechtey 
Waſſer eine mehr oder minder dicke Schichte von Eis um fih an 
feße, wodurch fie um fo leichter wieder zum Steigen gebracht werden 
muß. Mebrigens ift der von Gay-Luſac angeftellte Verfuch mit 
ſtark abgekühlten Erbfen, in eisfaltes Waffer geworfen, wobei Das 
felbe am Boden zum Gefrieren gebracht wurde, fo gefällig er fich 
auch darſtellt, eigentlich Doch nicht beweifend, weil Dabei ganz andere 
Umftände obwalten; denn die Erbſen waren außerhalb des Waflers 
ſtark abgekühlt, während die Eisnadel im Waffer ſchwimmen muß; 
die Erbſen find fehwer, rund, fallen fchnell zum Boden und bleiben 
vermöge ihrer Schwere am Boden liegen, während die Eisnadel 
dünn umd flach fih nur ſehr langſam duch eine hohe Waſſer⸗ 
ſchichte herabbewegen und beim geringften Unftoße das Beſtreben, 
in die Höhe. zu. fteigen, äußern würde. Man fann ferner. wol be- 
greifen; wie untergetauchte fehr kalte Eisfchollen ihr Volumen ver- 
größern, auch wol zwei aneinander frieren können, aber nicht wie 
es zugehen folk, daß fie an dem Boden anfrieren, an dem fie nichts 
feit Hält und andrückt. Endlich iſt ein andauernder Froſt Dazu er⸗ 
forderlich, ehe Die Grundeisbildung eintritt, weil namlich die. nachs 
firömende Erdwärme). dem Boden noch lange für Die Abkühlung 
Erſatz leiſtet. Hervorragende Körper, welche alfo mit der Erde in 
geringerer Berührung. ftehen, Fühlen fih am erſten ab, und geben 
dem Grundeife die Znitiative, Sobald das Waffer des Fluſſes nur 
ein wenig über dem Gefrierpunkte ift, quillt die Erdwärme nad) 
und ſchmilzt das Grundeis vom Boden weg. Auf diefe Gründe 
geftügt, Hält nun Mohr dafür, Daß die Arago’ ſche Erklärungsart 
fi) immer noch leichter an die Erſcheinung anfchließen laſſen möchte, 


> 98 «re 


Nachdem Ich die bisher an andern Orten und Flüſſen fiber 
bad Grundeis gemachten Erfahrungen, fo weit fie befannt wurden, 
mit allen fie begleitenden Umftänden angeführt, und zugleich die dar⸗ 
über verfuchten Erflärungsarten mitgetheilt habe, will ich jegt meine 
an der Mur über denfelben Gegenftand angeftellten Beobachtungen 
bier anknüpfen, und alle von mir erhobenen Umftände, wie fie mit 
der Erſcheinung des Eifes an der Mur verbunden find, fo genau als 
möglich angeben. Bei meinen Beobachtungen unterfcheide ich folche, 
die ich vor, während und nach dem Erfcheinen des Eifes am Fluſſe 
anftellte. Zunähft handelte es fih mir darum, die Temperatur 
der Luft fowol ald des Waſſers kurz vor dem Erfcheinen des Eifes ken⸗ 
nen zu lernen, In dieſer Beziehung verichaffte ich mir durch lange 
fortgefeßtes und täglich wiederhohltes Beobachten die Ueberzeugung, 
daß zum Vorkommen Desfelben an der Mur nicht blos eine gewiſſe 
Erniedrigung der Temperatur erfordert werde, fondern daß fie auch 
eine gewiffe Zeit lang anhalten müſſe. So ergab es fih mir bei 
meinen Beobachtungen, daß ſchon eine Zemperatur der Luft von 5 
bis 6 Graden RA unter Null Hinreicht, auf der Mur einherſchwim⸗ 
mendes Eis zur Folge zu haben, fobald fie länger als 24 Stunden 
dauert, und während diefer Zeit Feine bedeutenden Veränderungen er⸗ 
leidet. Eine raſch eintretende felbft bedeutende Zemperaturd « Exrnie« 
drigung vermag Fein foldhes Eis zu erzeugen, fobald fie nicht über 
24 Stunden anhält. So gab es einzelne Zage, wo die Temperatur 
9 bis 10 Grade R unter Null herabſank, ohne Eis zu bringen, 
weil die niedrige Temperatur kaum einen Tag anhielt, und dann 
zafch wieder in die Höhe ging. Die dabei berüdfichtigten Tempera⸗ 
turs» Verhältniffe des Waſſers an der Oberfläche zeigten fih immer 
unter Null, doch mehr oder weniger davon entfernt, je nachdem die 
äußere Lufts Temperatur mehr oder weniger tief unter Null gefune 
ken und dabei anhaltend war. So lange die Temperatur des Wafs 
ferd während der Zeit, wo die Äußere Kälte über 24 Stunden anhielt, 
immer unter Null blieb, mar die Hauptbedingung zum Erſcheinen 
des Eiſes vorhanden, denn niemals blieb dazfelde dann aus. Bei 
plöglich eingetretener, felbft bedeutender aber nicht über 2A Stun- 


> 39 E 1723 


den anhaltender Kälte fand ich zwar die Temperatur des Waſſers 
am Morgen flets unter Null, allein fie flieg im Laufe des Tages et⸗ 
was über Null, und fo oft dieß der Fall war, kam das Eis am 
andern Tage nicht zum Vorfchein, blieb alfo nach 24 Stunden aus, 
wo es fonft immer zum Vorfcheine gelommen wäre. Hieraus ergibt 
fih, daß zum Erfcheinen des auf der Mur dahin fhwimmenden Eifes 
zwar feine fo niedrige Temperatur an fich erfordert werde, es aber 
dagegen eine Hauptbedingung zum Vorkommen desfelben fei, daß 
die an fih mäßige Kälte hinreichend lange und zwar fo anhalte, 
daß die Temperatur des Waflers während der ganzen Zeit nicht über 
Null ſteige. Man kann ald Zemperatursgrenze für die äußere Luft 
5 bis 6 Grade unter Null und als Zeitgrenze wenigſtens 24 Stun 
den annehmen, wodurd die früher genannte Bedingung erfüllt wird. 
Wenigftens if mir in den zwei Wintern, 1837 und 1838, während 
welchen ich meine Aufmerkfamfeit auf dieſen Gegenfland richtete, 
niemals der Fall vorgelommen, Daß bei einer Temperatur der Luft, 
welche nicht 5 Grade unter Null erreichte, felbf wenn fie über 24 
Stunden dauerte, und eben fo wenig bei einer 5 Grade unter Null 
weit Überfteigenden Lufttemperatur, wenn fie weniger als 24 Stun⸗ 
den anhielt, die Mur an ihrer Oberfläche Eis getrieben hätte, 
Die Menge und Defchaffenheit des unter den angegebenen Tem⸗ 
peraturd» DVerhältniffen auf der Mur zum Borfcheine kommenden 
Eiſes richtet fich gleich anfangs nah der früher Statt gehabten 
und andauernden Kälte, und es zeigt fich hierin unter verfchiedenen 
Umftänden ein bedeutender Anterfchied. Beträgt Die vorausgegangene 
Zemperatur der Luft nicht viel über 5 Grade unter Null, etwa 6'/, 
bis 6 Grade, fo ift die Menge des nad) 24 Stunden zum Vorſcheine 
fommenden Eifes nicht bedeutend, einzelne Eeine die Form von 
dünnen Scholfen habende Eisklümpchen kommen an der Oberfläche 
des Waffers in großen Zwifchenräumen von einander abfichend da= 
ber gefhwommen, und man flieht ihnen ſchon ihre Toderes Gefüge 
son weitem an, da fie vom Waller ganz durchzogen, eine ſchmutzig 
grüne Warbe Haben, und wenn fie vom Strome an ſolche Stel- 
len geführt werden, wo dad Waſſer Wellen wirft, fie durch die hef⸗ 


„> AU + 


tige Bewegung In ihre kleinſten Theile zerftäuben. Betrachtet man diefes 
Eis, fo lange es noch im Waffer, aber an einer ruhigen Stelle in der 
Nähe des Ufers ſchwimmt, fo erblidt man es als eine faferige gal- 
lertartig ausfehende Maffe, welche, wenn fie herausgefifcht wird, fich 
aus feinen und kurzen Giönadeln von hellglänzender Farbe, welche 
loder zufammenhängen, gebildet zeigt. Nicht felten habe ich an feich- 
ten Uferftellen folche feine Eisfafern vom Boden auffteigen gefehen, 
bei denen es den Anfchein hatte, als wären fie kurz zuvor dort ent- 
fanden, da in der Nähe Fein anderes Eis vorüber ſchwamm. Doc 
will ich ed nicht mit Gewißheit behaupten, da es wir nicht möglich 
war, mein Auge dem Orte, woher fie aufftiegen, fo nahe zu bringen, 
um ihre Entfiehen dort genau zu fehen. 

Bleiben die Temperaturs-Verhältniſſe längere Zeit diefelben, 
fo verwehrt fih zwar Die Menge des vorkommenden Eifes, aber feine 
fonftige Befchaffenheit ändert fih kaum merflih und nur darin, daß 
die Eisnadeln nicht mehr fo fein, — etwas ſtärker, und zwar 
breiter geworden ſind. 

Nah vorausgegangener ſtarker und anhaltender Temperaturs⸗ 
Erniedrigung der Luft, etwa auf 10 bis 12 Grade unter Null, er⸗ 
ſcheint nad) Verlauf von 24 Stunden gleich anfänglich eine bedeus 
tende Eismenge, welche in größeren Maſſen zufammengefchoben das 
Ausfehen von großen Eisfchollen hat, die nur durch Feine Zwifchen- 
räume von einander getrennt, auf der Oberfläche des Waſſers daher 
ſchwimmen, und Ddiefelbe faſt ganz bededen. Sie ſcheinen wol, fo 
lange fie an ruhigen Stellen des Fluſſes ſchwimmen, mehr Confi- 
ftenz zu haben, allein fo wie fie an Stellen kommen, wo das Waſſer 
in heftiger Bewegung it und Wellen fchlägt, da fieht man aus ih- 
vom leichten Zertheilen in eine Menge kleiner Beſtandtheile, daß auch 
fie noch ein fehr Locderes Gefüge haben. Ihre außerhalb des Waf- 
ferö befindliche Oberfläche ähnelt fchon mehr dem feften Eife, und 
fieht aus, als wäre fie mit einer dünnen Lage Schnee's bededt, wos 
duch fie ein rauhes unebenes Aeußeres befünimt. Lnterfucht man 
die Maffe einer ſolchen fcheinbaren Eisfholle näher, fo findet man, 
daß fie eine bedeutende Dice hat, umd tief im Waſſer geht, daß aber 


> Al ee 


die Maffe von den Rändern nach abwärts conifch zuläuft und nicht 
eine Art von Platte, fondern mehr einen Klumpen bildet. Uebrigens 
befteht fie aus einem lofen Songlommerate von Kleinen, etwa Linfen 
großen dünnen Eisplättchen, welche aber mehr länglich als rund find, 
und durch Gapillarattraction zufammen zu hängen fcheinen., ©o 
lange fie im Waffer in großer Menge beifammen find, bilden fie 
eine ſchwammige, zufammengeballtem und in Waffer getauchtem Schnee 
ähnliche Maffe, welche aber außerhalb des Waffers in lauter hell: 
glänzende und ducchfichtige Längliche Eisblättchen zerfällt. Diefe find 
offenbar nichts anders, als die der Länge und Breite nach vergrös 
Beten Gisnadeln der früher befprochenen Art gelatinöfen und faferig 
ausfehenden Eifes. Daraus wird erfichtlih, daß fich die letztere Art 
von Eis von der erftern feineswegs dem Wefen, fondern nur der Form 
nad unterfcheidet. Bei den erfieren find die dasfelbe conftituirenden 
Theile fehr dünne und der Zahl nach noch wenige, der Art nach leicht 
infammenhängende Eisnadeln, daher die geringe Maffe, ihr gallert- 
artiges, faferiges, flocdiges Ausfehen; bei leßteren find Dagegen der 
Theile ſchon mehrere, Die einzelnen haben fchon eine größere Maffe, 
und es ift die Nadelform bereits in die von DBlättchen übergegan- 
gen, welche zwar ebenfalls noch lofe, aber doch ſchon ftärker zu: 
fammen hängen, und daher die größere Maffe der vorfommenden 
Schollen, ihre fcheinbar größere Gonfiftenz, ihr dem Eife mehr 
ähnliches Aeußere, ihr ſchwammiges innere Gefüge. Erfterem fieht 
man es noch ganz deutlich an, daß es eben erſt entftanden, und in 
der Ausbildung begriffen, leßteres aber ſchon darin bedeutend vor: 
gefchritten fei. Offenbar liegt der Grund davon für das erftere in 
der vorausgegangenen mäßigen, für das leßtere aber in der ftärkes 
ven Kälte fowol der Luft als des Waffers. 

Dauert die Kälte längere Zeit in gleichem Grade fort, oder 
nimmt fie ſogar an Stärke zu, fo vermehrt fih die Anzahl und 
Größe der daher kommenden Schollen; fie nehmen an Dide und 
Gonfiftenz merklich zu, indem fih an der Oberfläche duch Zufanıs 
menfrieren der Gisblättchen eine feſte Eisſchichte bilder, unterhalb 
welcher aber die Übrige im Waſſer gehende Maffe noch immer ſchwam— 


„> AD u 


mig und loder zufammenhängend if. Wenn man gegen eine ſolche 
Scholle mit dem Stode ſtößt, fo findet man von Geite der ober» 
flächlichen Eisrinde einen ſchwachen Widerftand , fo wie aber dieſe 
durchbohrt ift, fo fährt der Stock dur die unterhalb befindliche 
Maffe ungehindert Durch. Ohne allen Zweifel ift dieſe oberflächliche 
fefte Eisfchichte erft fpäter und zwar durch Die längere Zeit Statt ge- 
babte Berührung der Maffe an ihrer Oberfläche mit der äußern fehr 
kalten Luft entftanden. Sobald diefe eben befprochenen Schollen an 
ſolche Stellen gerathen, wo das Waffer ruhig fließt oder gar flag 
niet — und dieß ift meiftens im der Nähe derjenigen Ufer der Ball, 
von welchen der Stromſtrich abgewendet, und wo das Waffer feicht 
ift oder das Ufer eine Art von Bucht bilder — fo fchieben ſich meh— 
sere derfelben dort zufammen, und indem fie an einander frieren, bil: 
den fie eine fee aber bolperige und unebene Eisdecke, welche in 
das Waffer mehrere Schuhe hinausragt und unter dem Namen des 
Ufereifes bekannt if. Mit der Zeit wird Diefe Eisdecke durch das 
Anfrieren der unterhalb befindlichen ſchwammigen Eismaffe fo did 
und feft, daß man fie ohne Gefahr betreten, und auf ihr herum 
gehen kann, Das eine folche Dede bildende Eis unterfcheidet ſich 
aber wefentlich von jenem, welches die Eisdecke auf ruhig ftehendem 
Waſſer, z. B. in einem Teiche bildet. Letzteres ift heil, durchſichtig 
und hat in dicken Schichten eine bläufich grüne Farbe, erſteres da⸗ 
gegen iſt undurchfichtig und zeigt eine weißliche, an zufammengefror- 
renen Schnee mahnende Farbe. Das eine hat eine ebene glatte Ober» 
fläche, das andere ift rauh, Holperig und trägt recht deutlich Die Spu⸗ 
en, wo die aneinander gefchobenen Schollen zufammengefroren find. 

Denn man nun alles Das, was ich über die Beſchaffenheit und 
das Verhalten des auf der Mur vorkommenden, von mir in. den 
serfchiedenen Stadien beobachteten Eifes angeführt Habe, mit dem zus 
fammen hält, was die früher aufgezäplten Beobachtungen und Gr: 
fahrungen Anderer über das Grundeis an andern Orten und Flüffen 
gelehrt haben, fo läßt es fich nicht läugnen, daß es alle Eigenfchaften 
und Erfheinungen des fogenannten Grundeifes zeigt, und daher ſchon 
deßhalb in einerlei Kategorie mit ihm gefegt zu werden verdient, 


> AZ * &«* 


uns diefes um fo mehr, ald man fich recht Leicht und deutlich übers 
zeugen kann, daß das auf der Mur vorfommende Eid am Grunde 
des Wafjers entftehe, und von da zur Oberfläche fleige. Denn abe 
gefehen von dem von mir fehr oft beobachteten und fchon früher ans 
gebenen Factum, daß ich an feichten, dem Ufer nahe gelegenen Stels 
fen folches: Eis in die Höhe kommen fah, kann man befonderd nach 
ſehr kalten Tagen an folhen Stellen, wo das Waſſer ſeicht, nicht 
zu raſch bewegt, und der Grund mit Flußgerölle bededt if, alle 
Steine mit einer ziemlich dicken Schichte Eis überzogen finden, wel⸗ 
ches von derfelben Beihaffenheit, wie das an der Oberfläche einhers 
ſchwimmende Eis if. Von Zeit zu Zeit Löfen fih größere Stücke 
diefer ſchwammigen Eismaſſe von dem Gefteine los, fleigen in die 
Höhe und fhwimmen an der Oberfläche zuerft vereinzelnt, dann 
aber, wenn ihrer. mehrere zufammentreffen, wegen ihres loderen Ge⸗ 
füges zu einer größeren und ausgedehnteren Maffe vereinigt. Bedenkt 
man'nun, Daß die Mur bis Scheifling herab in der Negel fo ſeicht 
iſt, daß man fie überall durchwaten kann, Daß Diefes bei fehr nies 
drigem Waſſerſtande, wie diefes im Winten faſt durchgehende der Fall 
if, auch noch: weiter abwärts bis Ehrenhaufen an fehr visfen Stellen 
moͤglich iſt, Daß ferner die Mur in ihrem Laufe bis Gräg eine fehr 
größe Menge Feiner Bäche mit ſehr vafchem Laufe und feichtem Bette 
aufnimmt z: fo wird man es begreiflich finden, Daß in der ganzen 
Sirecke bis Grätz auf’ dem fat gleich befchaffenen mit Gerölle bes 
deckten Grunde des Fluſſes und der fih einmündendon Bäche überall 
ſolches Eis, wie man 05 hier an mehreren Orten finden ann, in 
ſehr großer Menge entfliehen, nach und nach an der Oberfläche zum 
Vorſcheine kommen, und in feinem Laufe zu größeren Maffen vereinigt, 
in Form von ausgedehnten Schollen dahergeſchwommen kommen müffe. 

Hören die das Erſcheinen des Grundeifes begleitenden Tempos 
raturs + Verhältniffe, ſowol in der Luft als Im Waffer nach und nach 
anf) fo vermindert fh auch nad) und nach die Menge des vorkom⸗ 
menden Eiſes, und verſchwindet endlich nach einem oder hoͤchſtens 
zwei Tagen; tritt jedoch plößliches Thanwetter ein, fo ift auch ſchon 
nach wenigen Stunden feine Spur vom Örundeife vorhanden. 


„> AA re 


Obwol es ſchon aus den von Mohr in Goblenz bereits mit⸗ 
getheilten Beobachtungen über die Grundeisbildtung am Rheine her⸗ 
vorgeht, Daß unter den verfchiedenen bisher üblichen Erklärungsarten 
des Phänomens die von Arago gegebene unftreitig die befte, dem 
Gange der Natur angemeffenfte und allen das Phänomen begleiten- 
den Umſtänden die am meiften gemügende iſt; fo zeigt überdieß eine 
genaue. Erwägung aller Durch meine Beobachtungen beim Erſcheinen 
des. Grundeiles. an der Mur conflatirter Temperaturs-Verhältniſſe, 
und der übrigen Damit verbundenen Almftände, daß fih das: Phä— 
nomen nach der von Arago aufgeftellten Anficht in feinem: ganzen 
Umfange volltändig erflären, und daher nichts mehr zu wünſchen 
übrig laffe, als daß man die Entftehung des Eifes am Grunde des 
Waſſers felbft mit eigenen Augen zu fehen befüme, um auf Diele 
Weiſe dem einzigen nod möglichen Einwurfe begegnen zu können, 
als fei dieſes am Grunde des Waflers factifch nachgewiefene. Eis 
nicht etwa Durch was immer für eine Urſache von oben herunter 
gebracht worden, fondern daſelbſt unmittelbar entflanden. Da diejes 
jedoch im offenen Fluſſe nicht fo leicht ansführbar it, fo beſchloß 
ich in dieſer Hinficht ein experimentum crucis zu maden, und 
Grundeis ſelbſt unter meinen Augen zu erzeugen. Zw dieſem Be— 
hufe fuchte ich nämlich in einem hiezu geeigneten Wafferbehälter alle 
jene Umftände möglichft genau Herbei zu führen, wie fie an jenen 
Stellen im Fluſſe Statt finden, wo ich das Eis am Grunde wahr: 
genommen hatte, Sollte es mir nun, fo ſchloß ich, bei diefen Ver⸗ 
fuchen gelingen, Das, Eis am Grunde des dazu-gewählten Wafjerbes 
hälters zuerſt entſtehen zu fehen, fo glaube ich mit Recht behaupten 
zu können, daß das am Grunde des Gluffes wahrgenommene Eis 
auch dafeloft zuerft entflanden fein müſſe. Die dahin zielenden Vers - 
fuche Habe ich in folgender Weife angeftellt. Sch nahm eine ovale 
7 Zoll Hohe, 8 Zoll breite und 15 Zoll lange etwa acht Maß/Waffer 
baltende gläferne Warme, damit ich nicht blos von oben, fondern 
auch durch die Wände derfelben hindurch fehen, und fo den innern 
Verlauf der Sache genau bemerken konnte. Diefe Wanne ſiellte ich 
unter freiem Himmel, vor dem Einfluffe der Sonnenftraplen gefchügt, 


> Ah 266 


auf, und füllte fie mit Murwaffer voll an. In das Waffer tauchte 
ich zwei Thermometer mit auf Glas getheilter Skala, und zwar 
reichte die Kugel des einen bis auf den Boden der Wanne, die des 
andern aber nur in die oberfte Schichte des Waſſers, um dadurch die 
Temperatur des Waffers oben umd unten zu erfahren. Den Boden 
der Wanne belegte ich mit Fleinem aus der Mur genommenen Gerölle, 
um ihn dem Flußbette möglichft gleich zu machen. Bei einem ganz 
beiteren Himmel, an einem Tage, wo die äußere Lufttemperatur 9° R 
unter Null war, und die Mur fehr reichliches Grundeis trieb, begann 
ich des Morgens um 9 Ahr mit einem Vorverfuche, indem ich das 
Waſſer ruhig ftehen, und der Ginwirfung der Kälte überließ. Das 
Waſſer Hatte anfänglich eine Temperatur von 5° R über Null, da 
ed abfichtlich früher in der Sonne etwas erwärmt wurde, Nach et 
wa zwei Stunden zeigte das Thermometer im der obern Wafferfchichte 
eine Temperatur von + 1%5 R, während das Thermometer am Bo: 
den eine Temperatur von — 38 R angab. Nach Verlauf von einer 
balden Stunde zeigte das obere Thermometer auf 0 Grad, während 
das untere auf + 3% R ftand. Dabei waren fchon die erften feis 
nen Eisnadeln an der Oberfläche fihtbar, zum Zeichen, daß das Ger 
frieren Dafelbft eintrat. Nach kurzer Zeit war die Oberfläche mit 
einer dünnen Eisfhichte überzogen, während die Temperatur des 
Baffers am Boden unverändert bei — 30 R ftehen blieb. Die 
Dide der Eisfhichte an der Oberfläche nahm fortwährend zu, ohne 
daß fih Die Temperatur am Boden merklich änderte ; auch zeigte ſich 
am Boden nirgend eine Spur von Eisbildung. Cs verhielt ſich 
demnach bei diefem Verſuche die Sache gerade fo, wie fie der Theo: 
vie nach auch Statt finden follte. Ganz anders aber zeigte ſich der 
Derlauf der Sache bei dem am folgenden Tage wieder angeftellten 
etwas abgeänderten Verſuche. Es wurde am andern Morgen um 
9 Uhr bei einer Temperatur von 8° unter Null wieder damit be: 
gennen, frifches und ganz eiöfreies Murwaffer in die Wanne einzu⸗ 
füllen, und den Boden derſelben mit Gerölfe auf gleiche Weiſe, wie 
Tags zuvor, zu bededen. Die beiden eben fo wie früher angebracdhs 
ten Thermometer zeigten anfänglich eine Temperatur von + 5 1/,0 


> Ab «ur 


R an. Hierauf wurde die Oberfläche durch fortwährendes Plätſchern 
in Bewegung erhalten, und von Zeit zu Zeit mit einem Stabe durch 
einander gerührt. Diefes geſchah fo oft, als das obere Thermome⸗ 
ter eine niedrigere Temperatur gegen das untere zeigte, und wurde 
fo lange fortgefegt, bis beide auf einerlei Temperatur gebracht wur⸗ 
den. Dadurch fank die Temperatur der ganzen Waffermaffe gleich 
mäßig auf 5, A, 3, 2 Grade, und fo weiter bis auf O Grad her⸗ 
unter, worauf die Eisbildung eintrat; war aber bei dem am verflofs 
fenen Zage angeftellten Worverfuche eine Zeit von drei Stunden 
dazu ſchon hinreichend gewefen, fo betrug Die bei diefem Verfuche da- 
zu nöthige Zeit nahe das Dreifache der früheren, und die Eisbils 
dung begann dabei nicht an der Oberfläche, fondern am Boden. In: 
Dem ich durch die Seitenwände der gläfernen Wanne nahe am Bos 
den hinblickte, gewahrte ich an einzelnen daſelbſt liegenden Geröll« 
fteinchen ſehr feine Eisnadeln büfchelförmig nach allen Richtungen 
bin anfchießen, welche fih allmählig vergrößerten, und zu Dünnen 
Blättchen heranwuchſen; an dieſe feßten fi nach einiger Zeit im 
Gorm von Heinen Aeftchen neuerdings feine Gisnadeln an, und fo 
fah ich deutlich jenes Gebilde entftehen, welches ich ſchon früher 
mehrmals in der Mur fhwimmend beobachtet Hatte. Während Dies 
fes am Boden vor fi ging, war weder an der Oberfläche, noch fonft 
wo in der übrigen Waflermaffe eine Spur von Eisbildung zu be= 
merken. Wurde das Gefäß nur leicht erfchüttert, fo Löften ſich die 
gebildeten Eisfloden von dem Gefteine los, und fliegen in die Höhe. 

Klar ift ee, Daß das, was bier im Meinen Mafftabe vor fich 
ging, wol auch in der Natur im Großen vor fih gehen werde, und 
fomit glaube ich nicht Unrecht zu haben, wenn ich den Beweis für 
die Bildung des Eifes am Grunde des Waſſers als Hergeftellt, und 
die bisher für problematifch angefehene Theorie der Orundeisbildung 
für erledigt und abgethan halte, 


— — — — 


„> 47 a 7777 


£uttenberg und Die Kolles 


nebſt einigen Bemerkungen 
über 


Steiermarfs Weinbau. 


Bon Georg Mally 


Pan der in der Gefchichte Steiermark's feit den älteſten Zeis 
ten befannten Stadt Pettau führt gegen Süden eine breite Strafe 
über Die weit ausgedehnte Ebene des obern Pettauerfeldes hin. Links 
erhebt fich nahe an derfelben das fhöne Schloß Thurniſch mit feis 
nen weitläufigen Gartenanlagen; kaum hat man dasſelbe zurückge⸗ 
legt, fo ſtellt fih dem Auge in der Entfernung eine mäßige, von 
Eüdwe nah Nordoft laufende Anhöhe dar, auf welcher rechts die 
fehöne Pfarrkirche Maria Neufift, und links freundliche Landhäufer 
fihtbar werden. Bevor man jedoch) die Anhöhe ſelbſt erreicht, theilt 
fih die Straße in zwei Züge. Der eine läuft rechts gerade durch 
Die Ebene, der andere aber links duch das Pfarrdorf St. Veit in 
ein durch mehrere Meilen fi ausdehnendes Hügelland, welches bes 
fonders durch fein Weinerträgniß wichtig, und unter dem altrömis 
fhen Namen „die Kolles“ in unferem Vaterlande bekannt iſt ). 





4) Der urfprünglie Ausdruck ift Rolles; Die Benennungen Kalles und Kallos 
find nur dur die Zeit veränderte Schreibarten. 


> AB x 


Diefe Benennung wurde nach der Eroberung Pannoniens durch 
die Römer höchſt wahrfcheinlich dem ganzen Landftriche beigelegt, 
den wir jeßt unter dem Namen des Saufals, der windifchen Bühel, 
des Luttenbergergebirgd und der Kolles Eennen, bat fich aber durch 
die Länge der Jahrhunderte während der verfchiedenen Schickſale, 
die diefe Gegenden erlitten haben, nur in der leßtern noch erhalten. 
Beinahe eine und diefelbe Gormation, eine mehr oder weniger ab- 
gerundete Hügelforın aus mehr oder weniger mächtigen Thonlagern, 
die meiftens auf Mergel= und Sandfchiefer, feltner auf Kalk Liegen, 
beftehend, zieht fich von der Kette des Remſchinks über die Gegen- 
den von Leutſchach, Kranach, Fahrenbach, Weisheim an das Sau: 
falgebirg, dann an der Lasnig, Sulm und Mur bis Ehrenhaufen, 
Murek, Radkersburg, Luttenberg, St. Wolfgang am Kaagberg, 
Sriedau, Großfonntag, Sauritſch, Lesfove und Maria Neuftift Hin, 
und faßt in einem Wlächenraume von wenigfiend 35 Quadratmeilen 
jene Gegenden in fih, die in Steiermarf den meiften Wein, und 
zwar fowol den von geringer Qualität, als auch Ten von der aus- 
gezeichnetften Art liefern. Darunter ift die Kolles ein Landftrich, 
welcher der Eigenthümlichkeit und Abgefchloffenheit feiner Lage wegen 
vielen Steiermärkern weniger als andere Gegenden ihres Vaterlan- 
des befannt iſt. Denn, indem er fih gegen Süden und Often an 
Das gebirgige Groatien lehnt, gegen Norden aber eine bedeutende 
Strede hindurch von der Drau begrenzt ift, fo wird er durch die 
leßtere von dem unten Pettauerfelde, durch welches die Straße 
nah Alngarn führt, gänzlich abgefhnitten. Selbſt Die Poftftraße 
nah Warasdin, Die fi) unter Pettau von jener trennt, berührt die 
Kolles nur am äußerſten Punkte bei Sauritſch. Blos Die Straße 
von Pettau nach den Heilquellen von Krapina zieht fich durch eine 
Thalſchlucht der obern Kolles Hin. Auf diefe Art gefchieht ea, daß 
diefe Gegenden nicht fo häufig ald andere Abtheilungen unferer 
Steiermark von durchreifenden Fremden befucht werden. 

Man pflegt die Kolles in der Richtung von Weſten nach Often 
in die obere, mittlere und untere einzutheilen. Zur untern Kolles 
gehören die ihres ausgezeichneten Weines wegen befannten Saurit⸗ 


„> 49 2* 


fherberge. Die obere Kolles beginnt unfern von Neuftift, dann fols 
gen die Pfarrsbezirke Heil, Dreifaltigkeit, St. Andreas in Leskovetz, 
Et. Barbara bei Anfenftein und St. Nikolaus in Sauritfh. Im 
politifcher Beziehung fteht die Kolles unter den Bezirksherrſchaften 
Anfenftein und Sauritſch. 

Die ganze Gegend ift ein fortlaufende: Hügelland, enge Thäler 
Heben fich in verfhiedenen Krümmungen durch dasſelbe, nur eines 
davon gewinnt von St. Barbara bis Ankenftein eine ziemliche Breite. 
Die Hügel felbft find blos in der Gegend von St. Veit bis Lesko« 
vetz noch abgerundet und den freundlichen windifchen Büheln ähn- 
lich, weiter hin nehmen fie eine fpigige Form an, und fallen fteil 
ab, Die Rüden der Höhenzüge find durchaus fehr fhmal. Merk⸗ 
würdig ift es im geologifcher Beziehung, daß, während man hier die 
nämlichen Beftandtheile des Bodens wie in den windifchen Büheln, 
nämlich durchaus Thonlager auf Mergels oder Sandfchiefer findet, 
doch die Form der Berge fchon eine andere wird. Diefes erklärt 
ſich wahrfheinlih auf folgende Art, Im Süden der obern Kolles 
zieht ſich das Ende der langen, fchroffen Kalkkette hin, aus welcher 
der fpißige Donati wie ein Zucerhut hervorſchaut. Je mehr fich die 
Kolles dieſem Gebirge nähert, deſto fteiler und fpißiger werden ihre 
Hügel, bis fie fi zur Höhe des Donati und der ſchon in Eroatien 
liegenden waldigen Jvanſchitza erheben, jenfeitd welcher fie wieder 
abfallen, und in die niedern Erhöhungen Sagoriens verlaufen. Der 
größte Theil der Kolles gehört daher unftreitig einer viel ältern Bils 
dung an, als die windifchen Bühel i), indem es fih im erften 
Augenblide zeigt, daß bei der Gormation diefer Höhen noch mehr 
„der weniger das nämliche Gefeß, wie in der ſchrofen, füdlicheren 
Kalkkette wirffam war. | 

Freundlich nehmen fih in der Kolles die verfchiedenen, auf 
den Spitzen der Berge einzeln fiehenden Kirchlein aus. Sie find 


4) Diefes timmt audy mit der Beobachtung Mberein, daß im ganzen Lande der 
windiſchen Bühel das Gtreihen der Erdſchichten eine theils nords theils füds 
öfttiche Neigung bat, dafi mithin die Hügelbildung durch Anſchwemmung von 
Dften nach Weſten vor fid ging. 


5. Jahrg, 11. Heft. A 


„> 50 «# 


fammtlih Silialen, die zu den oben genannten Pfarren gehören. 
St. Auguftin, eine Filiale von Leskovetz, Liegt am hoͤchſten, und ges 
währt einen herrlichen Ueberblid des ganzen Hügellandes; ein ans 
derer wunderfhöner Punkt if der Humkogel (1348 Fuß über der 
Meeresfläche), die höchſte Spige des Gradifcherweingebirgs. 

Unter den Gebäuden in diefer Gegend ift vor Allen das Schloß 
Ankenftein ſehenswerth, welches auf einem nördlich von der Kolles 
auslaufenden und ſenkrecht gegen das rechte Drauufer abfallenden 
Vorgebirge erbaut if. Es ift ein zwar unregelmäßiges, aber ume« 
fangreiches Gebäude, indem es aus drei Höfen befteht, die in vers 
fchiedenen Zeiten an einander gefügt worden find. Bon befonderer 
Größe ift die Kapelle, Nicht umfonft rühmt Jeder, der in Anken⸗ 
ftein gewefen ift, die fchöne Lage des Schloffes, und den herrlichen 
Proſpect von der an der weflnördlichen Seite des Gebäudes befinds 
lichen, hochliegenden Zerraffe. Steiermark hat viele fchöne Punkte, 
deren jeder in feiner Art ausgezeichnet ift, aber Feiner ift vieleicht 
in dem Maße geeignet, und ein annäherndes Bild von mancher der 
gefeierten Rheingegenden Darzuftellen als eben dieſer. Man dene 
fih links das freundliche, grüne, bis gegen St. Barbara offene Thal 
der Kolles, beiderfeits von hohen Weinbergen umfchloffen; gerade 
unter fich den breiten, aus weiter Werne ſchon fichtbaren, ruhig da= 
her fließenden Drauſtrom; rechts, fo weit Das Auge reicht, Die mit 
Reben bepflanzten Hügelreihen der windifchen Bühel; gerade vor 
fih die über eine fanfte Anhöhe ſich ausbreitende alte Nömerftadt 
Pettau mit der großen Ehene des untern und obern Pettauerfeldes, 
die weiten Gefilde befeßt mit zahlreichen Dörfern, zwifchen denen 
größere und kleinere Kirchen und mehrere ftattliche Schlöffer ſich er- 
heben; ganz im Weften aber ald dunkle Umkränzung des Horizonte 
die waldige Hochebene des Bachergebirges, — und man hat das große 
artige Bild des Profpectes von der Ankenfleiner » Zerrafie. 

Die Nachrichten über Ankenſtein zeichen bis in das dreisehnte 
Sahrhundert zurüd. Friedrich v. Pettau nahm im Jahre 1205 un⸗ 
ter der Regierung Leopold's des ©lorreichen, Herzogs von Steiermark, 
den Ungarn die Gegend von Großfonntag ab, und vereinigte fie mit 


> 51 u 


Steiermark. Dieß gab Veranlaſſung zur Erbauung des feſten Schloſ⸗ 
ſes Ankenſtein gegen die Einfälle der Ungarn. Im Jahre 1481 
wurde es von dem König Mathias Corvinus durch Waffengewalt 
eingehommen und zerftört. Gegenwärtig ift jedoch diefe einft den 
Feinden troßende Burg den Beſchaͤftigungen des Friedens gewidmet ; 
die tiefen Verließe find im Hohe, fehenswerthe Keller umgeftaltet; ein 
Paupterforderniß bei diefer Herrſchaft, da das sorzüglichfte Erträg⸗ 
niß derfelben im Weine befteht. 

Dur die Abfchüffigkeit des Bodens eignet fich die Kolles vor« 
züglih zum Weinbaue, Defwegen ift auch der bei weitem größere 
Theil ihres Flächenraumes mit Reben befegt , die nördlichen Abhäns 
ge eignen fih für die Waldeultur, und die engen, tiefliegenden Thäs 
let find größtentheils Wieſengrund. Für den Aderbau bleibt dems 
nah wenig Raum übrig. Das auf fleilen Unhöhen gebaute Ger 
treide Teidet gewöhnlich durch die Dürre oder durch das Abſchwem⸗ 
men bei heftigen Regengüffen; der Bewohner der Kolles ift dadurch 
in die Lage verfeßt, feinen Bedarf an Getreide geößtentheils aus 
andern Gegenden beziehen zu müflen, was um fo drüdender if, 
wenn der Wein mißräth, und die Leute fonft nichts befigen, was 
fie ins Geld bringen können. 

Zum Glüde für die Gegend find die Beingärten hier mehr 
als irgendwo im Steiermark ergiebig. Der Wein ſelbſt if, wie man 
es in einem fo ausgedehnten Gebirge wol nicht anders erwarten 
kann, von verfchiedener Qualität; der befte wächft in den oftwärts 
gelegenen Sauritfcherbergen und auf den an diefelben gränjenden 
Hügeln. Ueberhaupt find die Weine aus der Kolles vortheilhaft 
befannt, werden häufig gefuht und vorzüglich nah Kärnten, feit 
einigen Jahren auch nach) Laibach verführt, 

Der durchgängig Hügelige Boden der Kolles mag auch die Ur⸗ 
fahe fein, warum in der ganzen Gegend Fein Dorf und Feine ges 
ſchloſſene Ortfchaft vorfömmt. Die Decanatspfarre Sauritfh fammt 
dem anfehnlihen Echloffe gleiches Namens liegen am äußerſten 
Ende, der Markt Marin Neuftift und das Pfarrdorf St. Veit aber 
ſchon aufer der Kolles; nur Theile der letztern find dahin einge, 

4 * 


„> 52 «re 


yfarrt. Die Pfarrkirchen Heil. Dreifaltigkeit, St. Andreas in Les— 
foveß und St. Barbara bei Ankenftein, von denen die mittlere Durch 
ihre ſchöne Bauart, und die leßtere durch ihren herrlichen Thurm 
fih auszeichnet, find außer den Pfarrhöfen und Schulgebäuden nur 
von wenigen Häufern umgeben, Die übrigen Wohngebäude liegen 
überall bei den Befißungen zerftreut, meiftens auf Anhöhen, mes 
nig im Thale. Die Realitäten theilen fih in Berg» und Hub« 
gründe. Die erſteren find die eigentlichen Weingart-Realitäten, deren 
Beſitzer vielfältig abwefend find, nur zur Zeit der Weinlefe in die 
Kolles kommen, die übrigen Arbeiten aber das Jahr hindurch durch 
die Winzer verrichten laffen, worüber, fo wie über den Meinfeller 
ein bevollmächtigter Lohner Die Aufficht führt. Unter diefen Wein: 
gärten gibt es viele ganz Fleine Parzellen, daher bilden die vielen, 
reihenweife auf der Höhe der fchmalen Bergrüden liegenden Berg: 
holden= und Winzerwohnungen einen eigenthümlichen Anblid. Die 
Hubgründe, zu denen vielfältig auch bedeutende Weingärten gehö- 
ren, find aufer den gewöhnlichen Zehnten und Iandesfürflichen Abs 
gaben noch ſtark mit Herrfchaftlichen Robothen belaftet. 

Schr zu wünfchen ift In der Kolles des hierzu geeigneten Bo- 
dens wegen eine größere Verbreitung der Obftbaumzucht ; Doch gehen 
auch Hier manche Grundbefiger in diefer Beziehung mit ermunterns 
dem Beifpiele vor, Die Vortheile, die für das Hauswefen aus einer 
vermehrten Obfterzeugung entftehen, find zu groß, als daß fie ſelbſt 
dem beſchränkteſten Landmanne nicht einleuchten ſollten; nur der 
Umftand, daß man bei dem Anpflanzen nicht auch fchon die Früchte 
abpflücen kann, ift der Hauptgrund der hier, fo wie überall noch 
fo vielfältig in dieſer Hinficht beftehenden Gleichgiltigkeit. 

Ungeachtet der befhränften Verhältniffe ihres Bodens find die 
Bewohner der Kolles doch ein fröhlicher, an die Entbehrungen aller 
Art gewohnter Menſchenſchlag. Sie ſprechen die flasifche Sprache 
nach dem croatifchen Dialecte mit einem ganz eigenthümlich fingen» 
den Accente. 

Ueberraſchend und neu für Viele iſt das in der Kolle auf den 
Kichtpärmen übliche Glockenſpiel. Die Glocken werden nämlich nicht 


„> 53 «re * 
auf Die gewöhnliche Art geläutet, ſondern die Schwengel in denſel⸗ 
ben Durch eine eigene Vorrichtung "fo in Bewegung gefeßt, daß fie 
barmonifh an die Gloden fchlagen. Im Eillier » Kreife ift dieſes 
in den Pfarren auf dem Lande nur bei gewiffen Verrichtungen an 
hohen Feſttagen, in der Kolles aber an allen Sonn» und Sefttagen 
und felbft bei Leihenbegängniffen gewöhnlich, 

Die Bewohner der Kolles haben bei der eigenthümlichen Lage 
ihrer Gegend, wie dieſes in einer foldhen Abgefchloffenheit wol über: 
all der Ball fein muß, noch Manches von ihren alten Gitten bei⸗— 
behalten. Dahin gehören befonders ihre Ginfachheit in der Kleidung 
und ihre Genügfamfeit zur Zeit der Noth, wodurch fle vielmals ihre 
drüdenden Umftände leichter ertragen. Beide Gefchlechter Heiden fich 
wie in dem benachbarten Groatien im Sommer durchaus in Leins 
wand, die fie felbft erzeugen. 

Dad zweite Heft der älteren Serie der fleiermärkifchen Zeit 
ſchrift enthält von Seite 100 — 102 eine Befchreibung der Kolles, 
vorzüglich aber eine Charakteriſtik der Ginwohner diefer Gegend. 
Der ungenannte Herr DVerfaffer mag fein Gemälde für die damalige 
Zeit fharf und richtig gezeichnet haben; feit den Langen Friedens⸗ 
jahren aber find hier, wenn auch gerade der äußere Wohlftand nicht 
erhöht erfcheint, Doch in andern Verhältniffen des Lebens bedeutende 
Beränderungen, und zwar zum Beffern eingetreten. Durch die Her- 
ftellung der fo nothwendigen Bezirks» und Gemeindeftraßen wurde 
die Verbindung fowol zwiſchen den Bewohnern der Kolles felbft, als 
auch mit Den benachbarten Gegenden erleichtert und vermehrt; die 
Berbefferung des Adler» und Weinbaues geht, feitdem fih Immer 
mehr rationelle Landwirthe dort Weingärten anfaufen, und bei der 
Bearbeitung durch ihr Beispiel auf die Vebrigen wirken, im Gans 
zen fichtbar vorwärts; Die erlebten traurigen Mißjahre Haben den 
Einn für Sparfamkeit unter dem größten Theile des Volkes gewedt, 
und die ſchroffen Sitten der Bergbewohner werden allmälig theils 
durch den gefellichaftlichen Verkehr, vorzüglich aber durch den häufi— 
geren Beſuch der Schulen, fo wie der eingeführten Sonntagsfchulen 
füt Erwachfene, und duch die Bemühungen der wilrdigen Geiſtlich— 


„> 5A «re 


kelt bedeutend gemildert. Der gefunde, fortfchreitende Sinn ded Vol⸗ 
Bes gibt fich Durch eine lobenswerthe Neinlichfeit fund, die fih an 
Eonntagen fowol in ihrer Kleidung zeigt, als auch im Innern und 
Aeußern ihrer Wohnungen herrfcht, wodurch fie fich den Bewohnern 
des untern Pettauerfeldes und der Luttenbergergegenden auf eine 
rühmliche Weife anzunähern ſtreben. 


Von den Höhen bei Anfenftein und Sauritſch erblidt man 
fhon mit freiem Auge die Kirche Jerufalem und die fhönen Land» 
bäufer auf den Rebenhügeln von Luttenberg. Der nächfte, jenfeits 
der Drau gelegene Ort aber ift die Commende des deutfchen Ordens, 
Großfonntag. Das anfehnlihe Schloß und die Decanatöpfarre dies 
ſes Namens liegen in unbedeutender Entfernung vom linfen Draus 
ufer. Friedrich v. Pettau übergab im Sabre 1222 diefe Gegend 
den deutfchen Rittern zur Befchügung gegen Die Ungarn, und Diefer 
Drden ift fett jener Zeit tm unveränderten Befige derfelben geblie= 
ben. Beide Drauufer werden bei Sauritfch durch eine Setlüberfuhr in 
Verbindung gefeßt, über welche die Poſtſtraße nad) Warasdin führt. 

Am rechten Ufer der Drau beginnt fogleih außer Sauritfch 
das Königreich Croatien, am linken Ufer diefes Stromes aber zieht 
fih das Herzogthum Steiermark noch über Friedau bis Polfterau 
hinab. Das kleine Städtchen Friedau mit fehönen Gebäuden und 
dem gleihnamigen Schloffe Liegt hoch am linken Ufer der Drau. 
Seine Gründung duch Friedrich v. Pettau fällt in die erſte Hälfte 
des dreisehnten Jahrhunderts. Ungemein fhön find die Umgebun⸗ 
gen desfelben, befonders gegen Norden und Often. Rechts ftreift 
der Blick Durch das tiefer Legende Sroatien weit über die Almgebun- 
gen von Warasdin, und der finnige Beobachter hat hier an der Gren- 
je Steiermark's Gelegenheit, Vergleichungen über die Cultur des Bo- 
dens zwifchen beiden Ländern anzuftelen. Links fleigt das Terrain 
mit fanfter, beinahe unmerklicher Erhebung bis an die Weinhügel 
von Luttenberg. 

Etwas ganz anderes ift ed, dieſes große, gleichſam einen eins 
jigen Garten darſtellende Weingebirg Steiermark's von Hier, als von 


> 55 «re 


dem Markte Luttenberg aus zu befuchen. Dort erheben fich die Hü- 
gel fleiler, und es tritt dem Beobachter nur die waldbewachiene Nord⸗ 
feite der Höhenzüge entgegen ; bier aber tauchen, nachdem man faum 
eine Stunde Weges nordoftwärts von Friedau zwiſchen fruchtbaren 
Geldern und lieblihen Auen zurückgelegt, und den herrlichen Kulms 
berg mit feinem Kirchlein vechts gelaffen hat, die mit Neben be: 
pflanzten Hügel fanft und fo unbemerfbar aus ihrer Umgebung auf, 
daß man faum feinen Augen traut, wenn man die ſchon im. Dem 
Bereich Des Luttenbergergebirges gehörigen Kirchen Allerheiligen und 
Et. Wolfgang am Kaagberg fo nahe vor fich fieht. Allenthalben 
blicken von den Höhen freundliche Landhänfer herab, und durch die 
Gegenden Kaifersberg und Weinberg, wo im Thale die Pfarrfirche 
St. Nikolai ſteht, oder auch links über Allerheiligen führen die Wege 
zwiſchen Wein: und Obfigärten durch Die fchön cultivirte Gegend 
ganz unmerklich aufwärts, bis die Ausficht weftwärts über St. Thor 
mas gegen Wurmberg in das weite Land der windifchen Bühel ſich 
öffnet, und auf dem Höhenzuge, eines der fchönften Hügel, ringsum 
son Rebenpflanzungen umgeben, die Kirche Jeruſalem, Der veizende 
Mittelpunft Luttenbergs, fihtbar wird. 

Das Luttenbergerweingebivg iſt von fehr ausgedehnten Um— 
fange, Es beſteht aus folgenden Gegenden, Die in den Bezirken 
Friedau und Malle yertheilt Liegen: Altenberg, Altluttenberg, Eifen- 
thür, Gomilla, Grünau, Hermaneh, Hochſtermetz, Ierufalem, Illo⸗ 
vetz, Joankofzen, Kaagberg, Kaiſersberg, Kriſainſchack, Kulmberg, 
Kummersberg, Littenberg, Löſchnitzberg, Michalofzen, Nachtigall, 
Neuſiedl, Paulusberg, Plavtſchack, Pleſchivetz, Saſtavetz, Scherovin⸗ 
zen, Schüßengraben, Stanaluga, Streſetin, Tettenhengſt, Velitſchan, 
Weinberg; St. Wolfgang, Wolnerſchack, Wrebrovnig und Zerovetz. 
Es wird oſtwärts vom Salader » Comitate des Königreiches Ungarn, 
füdwärta.nem Drauthale bei Sriedan, weſtwärts von den windifchen 
Buͤheln und ıgegen Norden vom Stainz» und Murthale begrenzt, 
und befteht ans lauter unregelmäßig durch einander laufenden Hüs 
gelreihen, die aus der Ebene des Drauthales fih ungemein fanft 
erheben, und gegen die Mur hin etwas fteiler abfallen. 


> 56 «re 


In: der Gegend Ultluttenberg liegen auf einer Anhöhe die Nui⸗ 
nen des Schloſſes Oberluttenberg, einft ein Beſitzthum des Ritters 
gefchlechtes der Euttenberger, welches im dreizehnten und vierzehnten 
Jahrhunderte blühte. Gegenwärtig iſt der Sitz diefer Herrfchaft zu 
Mallek, einem anfehnlichen Schloffe, welches ganz am nördlichen 
Abhange des Weingebirges auf einer fanften Anhöhe liegt. Oftwärts 
davon, und gleichfalls fhon außer dem Weingebirge findet man den 
großen, fchöngebauten Markt Luttenberg. 

Diefe Gegenden bilden die öftlichfte Spike von Steiermark, 
und liefern die ausgezeichnetftien Weine diefes Landes, welche, wie 
ſchon Kindermann fih ausdrückt '), zu den ftärfften und beften von 
Europa gehören. 

Die trefflichften Gewächfe find von Altenberg, Grünau, Eiſen⸗ 
thür, Serufalem, Rummersberg, Nachtigall, Zettenhengft und Wres 
brovnig. Sie find hier alphabetifch geordnet, weil das Urtheil über 
ihre Güte nach dem Gefchmade der Kenner verfchieden ausfällt, ins 
dem einige Durch eine befondere Weinheit, einige durch eine vorzüge 
liche Stärfe, und andere durch ein Liebliches Aroma fich auszeichnen. 

Der Grund Ddiefer ausgezeichneten Qualität liegt vorzüglich in 
der Befchaffenheit des Bodens. Betrachtet man das windifche Hü—⸗ 
gelland nach der ganzen Ausdehnung, wie es oben bezeichnet wurde, 
mit Einfluß des Luttenbergergebirges und der Kolles, fo find es. 
gerade die öftlichften Gegenden, die Euttenberger- und Sauritſcher⸗ 
bügel, die den vorzüglichften Wein liefern. Als Grundlage des 
Bodens ift in beiden der feinfandige Thon vorherrſchend; in Lutten⸗ 
berg iſt er gelblich und mit wenigem Schotter, in Sauritſch aber 
weißlich und mit Mergelſchiefer gemiſcht. Dann trägt dazu noch der 
Umftand bei, daß die hieſigen Weinhügel faſt ausſchließlich nur mit 
einer einzigen vorzüglichen Rebenforte, der weißen Moslertraube (Jo- 
hannia princeps Vest), bepflanzt find. Diefes ift in Steiermark 
außer Euttenberg nur noch im Radferöburger: und Picderergebirge, 





“) Hiſtoriſch⸗ geographifcher Abrif des Herpogthums Gteiermarf. 1. Auflage, 
Cratz rar. 


„> 57 «we 


und größtentheils In Sauritſch der Fall, In den übrigen Wein« 
gegenden reifen die. verfchiedenften Zraubengattungen unter einander. 
Das Sortiven der weißen Trauben zur Lefezeit ift in Steiermark noch 
nicht gewöhnlich; Doch Haben einige Weinbergbefiger damit einen 
jur Emporbringung der Weincultur fehr empfehlungswerthen An⸗ 
fang gemacht. 

Erfreulich ift für den Vaterlandöfreund der Auffhwung, wel 
hen der Weinbau im Luttenbergergebirge feit einem Jahrzehnte ges 
nommen bat 1). Die ergiebigen Weinjahre von 1834 — 1836 





4) Hier, wo von dem Weinbaue in Luttenberg die Rede iſt, dürfte ed auch erlaubt 
fein, auf die Weinproduction der ganzen Provinz überhaupt einen Blick zu 
werfen. Am zwedmäßigften zu dieſem Behufe ift vieleicht die gewöhnliche 
Gintheilung des Landes in Kreife. 

Den erften Pla behauptet in diefer Beziehung ſowol in Hinficht der 
Quantität als Qualität unftreitig der Marburgerfreis. Seine vorzüglichen 
Weingewäcfe find in folgenden, alphabetifch geordneten Gedirgen: Bader, 
Kolles, Luttenberg, Marburg, Pettau, Radkersburg, Sauritſch, Saufal, 
Wilddah und Windifhbüheln. Zede diefer Hauptgegenden hat verſchiedene 
Unterabtbheilungen , die oft fehr ausgedehnt, und deren Erzeugniffe demnach 
Wegen ber mwechfelnden Beichaffenheit des Bodens von einander bedeutend 
verfhieden find. Will man die Luttenbergerweine, die entfchieden die vor⸗ 
trefflihften find, ausnehmen, fo mag es felbft für Kenner ſchwer fein, die 
befferen Bacherers, Radkersburger- und Sauritſchergewächſe im Einzelnen 
allzeit gehörig au claffifieiren; deßwegen wurde bier die alpbabetifche Ordnung 
gewählt, indem ein beflimmtes Abfprehen immer nur eine indivıduelle Meis 
nung bleibt. Ein Urtheil jedoch, welches in neuefter Beit über die Piderers 
weine am Bacher öffentlich befannt geworden ift (M. |. Berhandlungen und 
Auffäße der k. £. Landwirthſchafts-Geſellſchaft in Steierm, 35. Heft. ©. 63), 
if für Steiermark zu wichtig, als das es nicht in diefen Blättern berührt werden 
follte. Se. Faif. Hoheit der Erzherzog Johann gerubten nämlich in der am 16. 
und 17. März 1336 zu Grätz abgebaltenen allgemeinen Sitzung der F, f. fleiers 
märf, Landwirthſchafts⸗Geſellſchaft folgenden Aussug aus einem vom k. fi, 
Herren Hoffeeretär Johann v. Dercfeny erhaltenem Berichte zur allgemeinen 
Kenntniß zu bringen: »Herr Hoffecretär u. Dercſeny, welcher zu Anfang des 
Jahres 1235 von Gr. Naieſtät dem höchſtſeligen Kaiſer Franz zur Negociation 
eines niedrigeren Zolltariffs für die aus Oeſterreich und Ungarn nach Ruß⸗ 
Ian» eingeführten Weine an den ruſſiſchen Hof gefendet worden war, nahm 
von mehreren fteierifhen Beinen Mufter nah Petersburg mit. Diefe Weis 
ne fhmedten allen, die davon Fofleten, wie Herr v. Dercfeny verficherte, 
recht gut; Der fleieriihe Johannisberger fand aber fo allgemeinen und fo 
sroßen Beifall, daß ihm der Vorzug vor dem beften Rheinwein eingeräumt 
wurde, Herr Schütt, einer der erfien und reihften Weinhändler in Peters: 
burg, erflärte fi gegen Herrn v. Dercſeny, für den Drhboit folhen Johan⸗ 
nisbergeriweines loes Petersburg germe 1000 Papıerrubel zu bezahlen, was 


„> 58 er 


gaben vielen Weinbergbefitern die Mittel an die Hand, ihre Reali⸗ 
täten, deren Bearbeitung bier mehr als fonft irgendwo in Unterſteier 
Foftfpielig ift, fo zu vecheffern, daß fie bei wieder eintretenden beffes 
ven Weinjahren auch einen höheren Ertrag hoffen können. Der Um: 
fand, daß hier des vortrefflihen Weines wegen der größte Theil des 
hierzu tauglichen Bodens mit Neben bepflanzt ift, es mithin an den 
zur erforderlichen Düngererzeugung nöthigen Nebengrundftüden ge- 
bricht, erhöht die Koften der Bearbeitung ungemein; hierzu kommt 
noch ein mehr als in andern Weingebirgsgegenden Hoch flehender 
Arbeitspreis. 





für den Eimer 110 fl, M. M. beträgt, wovon für Zoll und Fracht Aber Trieſt 
und die Dftfee wol nicht über 20 fl. C. M. vom Eimer adjufchlagen famen. 
Der weiße Pidererwein vom Jahre 1330 wurde, wie Hr. v. Dercfeny berich⸗ 
tet, dem Bordeaux Praignao gleichgefeßt.« 

Im Ganzen enthält der Mardurgerfreis 28,100 Joh Rebengrund, die 
im Durchfchnitte ein Erträaniß von 385,800 öfterr. Eimer Wein liefern. 

Im Cillierkreiſe werden viele Weine und von ſehr verſchiedener Qua: 

Nlität erzeugt, unter denen die Bacherer, Gonowitzer und ZBifeller ausgezeich« 
net find. Zu den Bachererweinen im Eillierfreife gehören die weitbefannten 
Ritteröderger und unter diefen der Brandner. Unter den Gonowitzerweinen 
ift der rothe Vinarier der beſte. Im Ganzen liefert der Eillierfreis von 15700 
Jochen Rebengund 226,700 Eimer Wein, 

Der Grätzerkreis hat feine vorzüglihen Weingewächſe auf den vulfas 
nifhen Hügeln bei Hochs und Niederflödh an der ungarifchen Grenze, und ers 
geugt auf 11,000 Jochen Rebengrund 217,800 Eimer Wein. Das Weinerträanif 
yon ganz Steiermarf beläuft ſich demnach auf 830,300 Eimer. — Dei der Bers 
gleichung der einzelnen Kreife muß befonders das bedeutend höhere Erträgniß des 
®räperfreifes in Die Augen fallen. Der Grund hievon liegt: 1. in der Kleinheit 
der Weindergparcellen, die Teichter gedüngt und aut bearbeitet werden können; 
8. in dem für gewiſſe Traubenforten mehr geeigneten Boden; 3. in Diefen Traus 
benforten felbft. &o wird z. B. hier, fo wie in den obern Gegenden des Mars 
burgerfreifes häufig die im ganzen Lande unter dem Namen der Rechtweifien 
(Jsidora nobilis Vest) bekannte Traubenforte (windifch Belina) gepflanzt, twels 
che vielen aber geringeren Bein gibt. Jedem Weinbergbeſitzer Ift es befannt, 
daß gerade die edleren Sorten wenige und Fleinere Trauben anfeßen. Die Rechte 
weiße ift Daher für Gegenden, welche ihrer Lage nad) fein ausgezeichnetes Pros 
duct erwarten laffen, ſehr geeignet; in Luttenberg, Gauritfc, Radfersburg, 
in der Kolles und in Pidern hingegen kommt fie wenig oder gar nicht vor, 

Der bei weitem größere Theil der fleierifhen Weine gehört zu denen 
von weißer Farbe. Ausſchließlich rothe Weine werden nur gewonnen in dem 
Gebirge Binarie bei Gonomwik, in den deutſchen Gegenden des Marburger: 
Freifes bei Wildbah, Deutſchlandsberg, Schwamberg, Arnfels, in Gichberg 
und in den weſtlichen Abtheilungen des Sauſals. Sonſt werden überall jur 
Gewinnung des rothen Weines die blauen Trauben fortirt. 


> 59 2t 


Zu welder Zeit In diefen, für den Weinbau fo günftigen Ges 
genden diefe Beſchäftigung zuerft begonnen habe, darüber feblen in 
der Gefhichte Stelermark's alle näheren und beftimmten Daten. 
Wahrſcheinlich waren die Euttenbergerhügel der Boden, auf welchen 
die erften Weinpflanzungen in unferem Vaterlande Gtatt fanden, 
als der römische Kaifer Probus im dritten Jahrhunderte diefen Eul: 
turszweig aus Syrmien nach Pannonien zu verbreiten ſuchte. 

Ungemein fhön iſt von der Kirche Jeruſalem aus der Anblick 
des Euttendergergebirges, welches, wie ein einziger, nur durch Grenze 
raine und ſchmale dazwifchen liegende Zhalgründe unterbrochener 
Weingarten erfcheint. Auf einer Seite erblidt man am fanften Ab⸗ 
hange Die Kirche Allerheiligen, auf der andern in der Thalfchlucht 
die Pfarre St. Nikolai, über diefe hinaus von Weingärten umgeben 
Et. Wolfgang mit dem freundlichen Profpecte über die nahe Liegende 
Stadt Warasdin, umd in das benachbarte, mur durch eine einzige 
Hügelreihe gefchiedene Ungarn, 

Don dem Thurme der Kirsche Serufalem aus wird der Anblick 
der zeizenden Landfchaft noch erhöht durch das Gichtbarwerden der 
Mur und Drau, die ald Hauptflüffe von Steiermark das Quttenber- 
gerweingebirg von der rechten und Linken Seite umfchließen. Beide 
Ströme neigen fih von bier aus immer näher gegen einander, und 
bilden von der fteierifchen Grenze bis zu ihrem Zufammenfluffe eine 
Halbinfel, die in Steiermark gewöhnlich unter dem Namen der Ins 
fel bekannt, und durch ihre trefflichen Weine ausgezeichnet if. 

Die einzige Schattenfeite der fonft fo lieblichen Gegend bilden 
die unbequemen, zwifchen den Weingärten ſich Hinziehenden Hohlwe⸗ 
ge, welche an vielen Stellen fehr tief, und defwegen der Näffe hal 
ber ſchwer mit Wägen zu paffiren find. 

Uebrigens fpricht die ganze Landfchaft das Gemüth jedes Frem⸗ 
den nicht nur durch ihre natürlich fchöne Lage, fondern auch durch 
ihre ausgebreitete Cultur an. Jedes höher gelegene Plägchen ift an 
der Südſeite mit der Lieblichen Rebe bepflanzt; an den nördlichen 
Abhängen findet man dunfle Buchwälder, ausgedehnte Obfipflanzun= . 
gen, und in den Niederungen Gaatfelder und Wieſen. Die Ans 


> 60 + 


nehmlichteit des Anblickes der vielen, gut beftellten Redenpflanzuns 
gen wird fehe erhöht durch die Reinlichkeit der Winzerwohnungen, 
und durch die fehnurgeraden an den Wegen zierlih hingezogenen 
Zraubengelände; die wahre Vollendung aber erhält das reizende Land» 
ſchaftsbild erft durch die zahlreichen, auf den Anhoͤhen zwiſchen den 
dunkelgrünen Weingärten bingebauten fchönen Landhäufer. 

Nicht minder anjiehend ald der Anblik der nahen Umgebung 
ift zugleich die Fernſicht von Jeruſalem. Sie gehört zu den vorzüg⸗ 
licheren im Lande, breitet ſich beſonders gegen Weſten über die culs 
tlvirteſten Gegenden Steiermark's aus, und gewährt den ſchoͤnſten 
Hochgenuß in den heiteren Stunden des Vormittags. Beſonderes 
Intereſſe hat fie auch für den Geognoften, weil er von hier wie von 
einem Mittelpunfte aus den weiten weftlichen Halbkreis der unter- 
fteierifchen Urgebirge überfchaut, an welche fich rückwärts Die kraineri— 
ſchen, kärntneriſchen und oberfteierifchen Hochgebirge in immer ſtei⸗ 
gender Höhe anfchließen. Als ihre jegt kahlen oder vom immerwäh- 
renden Schnee glänzenden Gipfel einft ſchon aus den Fluten ber: 
vorragten und mit einer nur dürftigen Vegetation bededt waren, 
lag das weite, nun in einen Garten umgeftaltete Land der unter⸗ 
fteierifchen Niederungen noch Hoc vom Waſſer bededt. Nur Fiſche 
und niedere Schalthiere bewegten fih auf dem Boden, der fih ſpä⸗ 
ter zu den fanft abgerundeten Hügeln geftaltete, auf denen dann 
‚ der Menfch auftrat, und auf welchen nach fo vielen durch ihn bewirk⸗ 
ten Veränderungen jest im Frieden die Früchte des Geldes gedeihen 
und die herzerfreuende Traube reift. 


„> 61 


Beitrag 
| zur 
nähern Kenntniß der hemifchen Zufammenfegung 
von 


Friſchſchlacken. 


Von Peter Tunner, 
Profeſſor der Hüttenfunde am Joanneum zu Grab. 


Wohrend eines längeren Aufenthaltes in Schweden war ich fo 
glüctich, viel im der Iehrreichen Gefellichaft des Herrn Dr. Sefitröm, 
Profeſſor und Director der Bergſchule zu Sahlun, fein zu können. 
Nebſt mehren intereffanten Mittpeilungen erzählte mir Herr Sefſtroͤm 
auch von feinen Verſuchen, die er bei Gelegenheit der Puddlverfuche 
in Stebo, über den Einfluß der verſchiedenen Friſchſchlacken auf die 
Verfrifhung des Roheiſens anftellte. Herr Sefftröm machte nämlich 
in den nad) der damaligen Methode aus Quarzfand beftehenden Herd 
des Puddlofens drei Feine Vertiefungen, gab in jede diefer Vertie⸗ 
fungen ein Stücchen Roheifen von ein und demfelben Roheifenftüd, 
und bedete dann ein Stückchen mit einer Puddlfrifhichlade, das 
andere mit einer Friſchſchlacke der gewöhnlichen Herdfrifcherei mit 
Holzkohlen, und das dritte mit Hammerfhlag. Nach Verlauf einer 
gewiffen Zeit, als alle drei Proben gefehmolzen erfhienen, wurden 
ſelbe aus dem Ofen gefchafft, und Hierauf das Product von den eins 
gelegten Noheiſenſtückchen näher auf feine Eigenfhaften unterfucht. 
Bei diefen Unterſuchungen bewährte fih das Product aus dem Rohr 


„> 062 «re 


eifen und der Puddlfrifchfchlade ala weiches Eifen, jened aus dem 
Roheifen und der Herdfrifchichlade ald hartes Stabeifen, und end« 
lid) das aus dem Roheifen und dem Hammerfchlage, als harter Stahl. 
Da nun durch chemiſche Analyfen dargethan wurde, daß die Puddl⸗ 
friſchſchlacke gewöhnlich nahe ein einfaches Silicat fei, während die 
gewöhnlichen Herdfriihfchladen ein einfaches Silicat mit vielen aufs 
gelöften Bafen (hauptſächlich Eifenorydul) find, ja ganz zum Subſi⸗ 
licate werden, und felbft darunter mit ihrem Kiefelerdegehalt kommen, 
und endlich der Hammerfchlag beinahe Feine Kiefelerde enthält (nur 
aus Eifenoryd und Eifenorydul beftehet), fo machte Herr Sefitröm 
mit Bezug auf die obigen Nefultate feiner Unterfuchungen den Schluß, 
daß das Product eines Frifchprogeffes um fo härter, flahlartiger, auss 
falle, je bafifcher die Srifchichlade fei, und umgefehrt um fo weicher, 
je reicher die Friſchſchlacke an Kiefelerde ift. Ich bemerkte Herrn 
Sefftröm ſchon damals, daß diefe feine Erfahrung geradezu im Ges 
genfage mit den Erfahrungen flehe, Die ih mehr als Einmal bei 
unferen fteiermärkifchen und kärntneriſchen Friſchmethoden bei der 
Gifen» und Stahlerzeugung gemacht habe; mußte aber zugeftehen, 
daß mir feine chemifchen Analyfen unferer Friſchſchlacken bekannt feien, 
und daß ich mich daher, wie wol auf eine mir unbegreifliche Weiſe, 
vielleicht in der Beurtheilung der chemiſchen Zufammenfegung unferer 
Friſchſchlacken bei der Eifen- und bei der Stahlfrifcherei geirrt habe. 
Bei der gewohnten Gründlichkeit, mit welcher Herr Sefftröm feine Beo⸗ 
bachtungen und Verſuche anzuftellen pfleget, kann ich an der Richtig» 
keit der erwähnten Refultate, fo fonderbar mir felbe auch fcheinen, nicht 
zweifeln, halte mich aber für überzeugt, daß irgend ein Nebenums 
fand, oder mehre derfelben vereint die Veranlaffung zu Diefen, meis 
ned Erachtens verkehrten Ergebniffen waren; ja blos die verfchiedene 
Leichtflüffigkeit diefer Drei Srifhungsmitteln allein kann die Urfache 
fein. Denn war die Temperatur im Herde des Puddlofens zu gering, 
und die Zeit, durch welche Diefe Proben im Ofen waren, zu kurz, 
fo konnte das ſtrengflüſſigſte Grifhungsmittel unter den dreien, der 
Hammerſchlag, erft gegen Ende der Periode feine Einwirkung äußern, 


„> 03 € 


folglich am wenigften frifchen, während das leichtflüſſigſte Friſchungs⸗ 
mittel, die Puddlfchlade, gleich zu Anfange der Periode ſchmolz, und 
fo durch eine längere Zeit feine frifchende Wirkung ausüben Eonnte; 
die Herdfriſchſchlacke ſtehet mit ihrer Schmelzbarkeit, und fomit unter 
obiger Annahme auch mit der Dauer ihrer frifchenden Wirkung, in 
der Mitte zwifchen den beiden übrigen. 

Herr Sefftreöm hat feine diesfälligen Erfahrungen in den Jern- 
eontors Annaler befannt gemacht, und feine daraus gezogenen Schlüſ⸗ 
fe beigefügt, aber wie ich glaube, ohne felben allgemeine Giltigkeit ges 
benzu wollen, Aus den Jerncontors Annaler hat Hr. Affeffor 8. A. 
Winfer in Freiberg bei Zufammenftellung feiner ſehr werthvollen Schrift, 
betitelt: „Erfahrungsfäge über die Bildung der Schlacken“ diefe An- 
fiht über den Einfluß der mehr oder weniger bafifchen Friſchſchlacken 
auf die Bildung von mehr oder minder hartem Stahl und Eifen ent» 
lehnt, bat aber am Ende jehr pafjend die Bemerkung hinzu gefügt: 
Indeſſen bleibt hierbei Manches für künftige Forſchungen.“ 

Im verfloffenen Jahre kam mir das Buch: „Leber das Frifchen 
des Robeifens, nebft Anweifung, Stabeifen und Stahl von befter Qua⸗ 
lität aus den verfchiedenartigften Erzen zu erjeugen, und auf die 
wohlfeilfte Art zu gewinnen, von Sr, Overmann, practifchem Hüt⸗ 
tenmann, Brünn, 1838, Seidel et Comp.“ in die Hände, worin ich 
dieſen fraglichen Gegenftand als eine völlig erwiefene Sache ange⸗ 
führt, und darauf Theorien und Vorfchläge zu practifchen Ausfüh- 
rungen mit vieler Zuverficht gegründet fand, Durch diefen Umftand 
fühlte ich mich aufgefordert, genannten Gegenftand näher zu unter: 
ſuchen, d. h. duch hemifche Analyſen unferer Stahl» und Eifen- 
friſchſchlacken mich zu überzeugen, ob mein aus der Praris gefolgers 
ter Widerfpruch obiger Anficht unrichtig oder richtig ſei, um in letz⸗ 
terem Walle unfere Herren Gewerken gegen die lodenden Vorſchläge 
des Heren Dvermann, in fo ferne felbe auf diefe Unrichtigkeit gefußt 
find, meinem Berufe gemäß, zu warnen, 

Bevor ih das Ergebniß der chemiſchen Unterfuchungen unferer 
Friſchſchlacken vorlege, fei es mir erlaubt, mit wenigen Worten meine 


> 64 «u 


Anficht aussufprechen, welche Schladen man unterfuchen müſſe, um 
Aufihluß über den fraglichen Gegenftand zu erhalten. Bekanntlich 
find die Friſchſchlacken von ein und derfelben Friſchmethode, bei einer⸗ 
lei Gattung Roheifen oft ſehr verfchieden. Diefe Verfchiedenheiten 
gründen ſich theild auf die verfchiedenen Perioden des Friſchprozeſſes, 
theild auf den verfchiedenen Gang desfelben, und die dadurch eins 
getretenen verfchiedenen Störungen des ordentlichen Ganges, und dem⸗ 
nach nothwendig gewordenen Abhülfsmitteln, welche gewöhnlich in 
rohen oder gaarenden Zufchlägen beftehen. Bei verfchiedenen Rohr 
eifen und bei verfchledenen Friſchmethoden werden die Verfchtedens 
heiten der Friſchſchlacken unter einander noch größer, bei den Stahl⸗ 
frifchprogeffen fowol, als bei den Stabeifenfrifchereien. Wenn man 
eine Sammlung von Stahlfrifchichladen aller vorfommenden Varietä⸗ 
ten machen möchte, fo würde man den Kiefelerdengehalt von vielleicht 
6 bis 50 Procent variiren finden; ganz dasfelbe würde man aud in 
einer vollftändigen Neihe der verfchiedenen Eifenfrifchichladen beftätiget 
erhalten. Daraus ift fogleich erfichtlih, daß eine Analyfe von irgend 
einer Stahlfrifchichlade, und eine zweite von irgend einer Stabeifens 
frifchfchlacde zur gegenfeitigen Vergleichung der hemifhen Zufammens 
fegung für den vorliegenden Zwed nicht die geringfte Brauchbarfeit 
hat; es folgt hieraus auch, daß Die Angaben übrigens fehr genauer 
Analyfen von Stahlichladen, und wieder andere von Gifenfchladen, 
wovon aber die Schladen nicht volltändig erkannt und beftimmt, 
und beide Gattungen nicht unter möglichit gleichen Umſtände gefallen 
find, zur Grörterung der gegenwärtigen Frage nicht angewandt wers 
den fönnen. Gehet man al’ die verfchiedenen Friſchmethoden und 
Ortlichkeiten durch, fo wird es nicht ſchwer, zu erfennen, welche Stahl: 
und Eifenfrifhmethode und welchen Ort man am paffendften zu die 
fer Unterfuhung wählen fol, man wird bei einiger Ueberlegung zu⸗ 
geben müffen, daß die Tiroler⸗Friſchmethode, wie felbe auf dem E. k. 
Eifenwerfe zu Pillerfee und auf einigen andern Hammerwerten Zi- 
rol's üblich iſt, oder die fteiermärkifche Friſcharbeit, wie felde mit dem 
Roheifen von Vordernderg und Eiſenerz bei dem Friſchen auf dem 


> 065 +e 


Loͤſchboden geführt wird, unftreitig die zweckmäßigſten find. Denn 
diefe Friſchmethoden verarbeiten zur Erzeugung von Stahl ein NRohs 
eifen, ganz aus denfelben Erzen und derfelben Beſchickung oder Gate 
tirung erblafen, wie das zur Producirung des Stabrifens verwendete 
Noheiſen iſt. Sie verfrifchen dieſes Roheiſen zu Stahl nach einer 
Srifchmethode, die von derjenigen, bei welcher Stabeifen erhalten wird, 
febr wenig verfchieden iſt; und fie find der Art, daß Die dabei vor« 
handene Brifchichlade während des ganzen. Friſchprozeſſes fehr nahe 
von: gleicher Defchaffenheit bleibet, bei der Erzeugung vom Stahle 
fowol, als vom Stabelfen, vorausgefeht, daß nicht Manipulations» 
gebrechen im ein oder der andern Periode des’ Friſchprozeſſes eine 
treten. Die Gfleichförmigkeit der Friſchſchlacken bei dieſen  Frifche 
merhoden iſt ſo groß, daß ein geſchickter Friſcher oft mehre Tage 
hindurch fortwährend eine völlig gleiche Friſchſchlacke hat, ohne ver 
anlaßt zu werden, felbe zu verändern, oder ohne daß er felbe durch 
Unachtfamkeit: oder Unkenntniß fich andern läßt, nur daß er den 
Ueberſchuß derſelben fortfchaffet. Man erkennt bei einiger Uebung 
dieſe regelrechten Schladen fogleih aus dem Anſehen im gefloffeneis 
AZuftande, wie im erfalteten, und unterfcheidet Leicht, ob fie im der 
Stahl ⸗oder bei der Eifenergeugung gefallen find. Nur eine ver- 
gleichende Uinterfuchung zweier. folcher regelrechter Friſchſchlacken, von 
derſelben NRoheifengattung (obihen im Grade der Gaare etwas ver⸗ 
fchieden)y von derfelben Friſchmethode (wenigftens fo nahe diefelbe, 
als es dio Natur der Sache zuläßt, und auf feinen Fall wefentlich 
serfihieden) „von derfelben Yrifchungsperiode (oder-beffer von der 
ganzer Friſchungsperiode), — nur die Unterfuchung von. zwei fol 
chen Friſchſchlacken, fage ich, kann zur Vergleichung für die genannte 
Bragendienen, und vielleicht. zur Beantwortung berfelben Führen. 

Zwei ſolche Friſchſchlacken, die ich durch die Gefälligkeit des 
Herrn Bergserwalterd Dulnig vom communitätlihen Friſchhammer 
in Bordernberg verhielt, „waren es, die ich der Analyſe unterwarf, 
Deren Refultat Yolgendes war: 


s. Jahrg. 11. Heft. 5 


> 60 + 


Die Stahl-Friſchſchlacke enthielt, 
erftoff. 


in 100 Theilen. Bau 
Kieſelerde . » + 0,4840 oder 24,6 darin ift 12,57 
Ehonerde +... 0,0880 " 4,5 " M 2,05 
Eifenorydul .. 1,0195 „ 51,8 19,13 
Manganosydul „ 0,1055 „ BA 
Zalterde .... 0,1120 „ 5,75" 
Kalkerde .... 0,1505 M) 7,6 

Berluf u. Spuren v. Kali 0,0305 


Die a A enthielt, 
100 Theilen. Sauerſtoff. 
Kieſelerde . ... 0,3450 oder 18,1 darin ift 9,35 
Thonerde » ..e 0,0770 ” 4, 1 ” ” 7 
Eifenorydul ». 1,2195 „ 64,0 


„ 17,08 


19,35 


2] 


Manganorydul „ 0,0498 „ 2, 
Zallerde ... 0,0622 " 3,2 
Rallerve 2.» 0,1448 
Verluft u. Spuren v. Kali 0,0079 


217] 
[77 7,6 


Aus diefen Refultaten, welche für die gegenwärtige Betrachtung 
von Hinlänglicher Genauigkeit find, iſt erfichtlich, daß (die Thonerde 
als bafifch betrachtet) die Stahlfchlade nahe in der Mitte zwifchen 
einem Subfilifate und einem Singulofifate liegt, während die Eifen- 
fehlade fogar etwas unter einem Gubfilifate, oder doch fehr nahe 
diefem ftehet. Die chemifche Zufammenfegung diefer Friſchſchlacken 
beftätiget folglich meine aus der Praxis gefolgerte Anfiht, daß die 
Stahlfriſchſchlacken ſich in einem hoͤhern Verkiefelungsjuftande befin« 
den, oder weniger freies orydirtes Eifen enthalten, als die Eifen- 
friſchſchlacken, — und beweiſt fomit die Unhaltbarkeit der vom Herrn 
Dr. Sefftröm aufgeftellten, und vom Herrn Overmann bei feinen Ars 
beiten als zichtig angenommenen Anfiht, daß die Stahlfriſchſchlacken 
eine mehr bafifche Natur Haben müßten, als die Eiſenfriſchſchlacken. 

Da ich nicht vorausfegen kann, daß die practifchen Gründe, 
von welchen ich meine Golgerungen machte, jedem Hüttenmanne be⸗ 
kannt find, fo dürfte es nicht überflüffig fein, wenigſtens die vorzüge 
lichſten derfelben bier anzuführen. Wenn bei der fleiermärkifchen, 
und eben fo auch bei der Färntnerifchen Stahlmantpulation im Friſch⸗ 
erde Gifen entſtehen (ein zu gaarer Gang eintreten) will, fo find 


„> 067 + 


zwei der wirkfamften Gegenwittel das Aufgeben von dünnen Roh— 
eiſenſtückchen (Blatteln) oder von reinem Quarzſande. Die Art und 
Weiſe der Wirkung des ſchnell gefchmolzenen Roheiſens ift Leicht zu 
verfolgen; nicht fo ganz klar aber ift der Vorgang bei Anwendung 
des reinen Quarzes, obfchon beide diefe Hülfsmittel die Frifchichlade 
auf gleiche Weife ändern, die dadurch viel flüffiger wird, Das ge- 
ſchmolzene Roheifen, welches viel intenfiver einwirket, theilet einen 
Theil feines Kohlengehaltes den zunächft gelegenen Theilen des zu 
weich (gaar) gewordenen Stahlgutes mit, wodurch dieſes wieder här- 
ter (roher) wird; zugleich wirkt deffen Kohlengehalt aber auch auf 
die umgebende Frifchichlade dergeftalt ein, daß ein Theil des unge: 
bundenen orydirten Eifens aus der Frifchichlade redueirt, und diefe 
dadurd) an Eifen ärmer, oder was auf Eines hinausfommt, an Kies 
felerde reicher wird. Der hinzugefeßte Quarz Hingegen kann unmittel« 
bar auf das im Frifchherde befindliche Stahlgut nicht einwirken, fons 
dern er verbindet fi) unverändert mit der Friſchſchlacke, die dadurch 
directe an Kiefelerde reicher, und, wie die Erfahrung zeigt, viel flüſſi— 
ger wird. Der weitere Erfolg im Gange des Friſchens ift nicht nur 
im erften, fondern auch im zweiten alle, daß fich derfelbe roher ges 
faltet, nicht mehr Eifen, fondern Stahl gebildet wird, welche Wir⸗ 
fung man nothwendig der an Kiefelerde reicher gewordenen Friſchſchla⸗ 
de zufchreiben muß. Ganz zu demfelben Refultate gelangt man eben⸗ 
falls, wenn man die hauptfählihften Hülfsmittel gegen einen zu 
rohen Gang verfolgt, welche in gaarenden Zufchlägen als Abfalleifen, 
eifenreichen Friſchſchlacken, Hammerfchlag u. dgl. beftehen. Herr 
Overmann gibt in feinem angeführten Buche diefen Einfluß der gaas 
renden Zufchläge und der Gaarfchlade auf der einen, fo wie der 
Nohſchlacke und des Quarzzufchlages auf der andern Seite auch zu, 
fagt feldit, daß dadurd) der Gang des Friſchprozeſſes gaarer oder roher 
gemacht würde; aber er fcheint mit dem Nohftahlprogeffe überhaupt 
nicht fehr, und am wenigften mit dem fleiermärkifchen und färntneris 
ſchen befannt zu fein. Im Diefer Vermuthung muß man um fo mehr 
beftärft werden, wenn man Herrn Overmann eine zweite AUnrichtige 
keit behaupten fieht, daß nämlich zur Erzeugung des Stahles eine 
5 “ 


> 068 + 


viel höhere Temperatur erforderlich fei, als zur Darftellung des Stab: 
eifens nöthig iſt; Denn in der Praris würde fi Herr Dvermann 
fehr bald vom Gegentheile überzeugt haben, wie bei uns jeder Stahl: 
und Eifenfrifcher weiß. Herm Overmann's Mangel an hinlänglicher 
Kenntniß der Stahlfrifcherei fchreibe ich es auch zu, Daß er über die 
Stahlnatur eine Anficht aufftellet, der gewiß wenig practifche Hütten: 
männer huldigen werden; fo wie auch, daß er glauben kann, dur) 
feinen vorgefchlagenen Tiegelſchmelzprozeß einen wohlfeilern Stahl zu 
erzeugen, als bei unferm Rohſtahlprozeß in Friſchherden. | 
Betrachtet man die vorfichenden Analyfen in Beziehung der ein⸗ 
zelnen Beftandtheile und ihrer quantitativen Mengen näher, fo fin- 
det man, daß in beiden Schladen diefelben Beftandtheile vorhanden 
find, wie zu erwarten flehet, da beide von denſelben Eifenerzen ab: 
ftammen; aber die Stahlfchlade enthalt mehr Manganoryoul und 
mehr Talkerde, ald die Eifenfchlade, welches gerade die zwei Beftands 
theile find, Die man aus der Erfahrung als der Staplbildung förder- 
lich kennt. Die größere Menge diefer zwei Beflandtheile muß von 
einem größern Gehalte des Stahlroheifens an Mangan und Magnes 
ſium herrühren, welcher eine Folge der höhern Temperatur im Hoch⸗ 
ofen iſt, bei welcher das Stahlroheiſen (ſpere Floßen) Dargeftellt 
wurde, im Dergleiche mit der Temperatur des Hochofens, bei der Das 
weiche Roheiſen erfolgt. Daß übrigens auch bei dem geringern Ge⸗ 
halte diefer beiden Beftandtheile, wie wir felben in der Eiſenſchlacke 
finden, Stahl dargeftellt werden kann, Iehrt die Erfahrung, fie lehrt 
aber auch, daß es ungleich fchwieriger iſt, und ein großer Theil 
des Stahles eifenartig wird. Diefe Erſcheinung hat hoͤchſt wahr« 
ſcheinlich darin ihren Grund, daß bei einem größern Gehalte an 
Manganorydul, und vielleicht eben fo auch bei einem größern Ges 
halte an Zalferde, unter den bafiichen BeftandtHeilen der Friſchſchla⸗ 
de diefe dadurch Leicht: und dünnflüffiger wird, und ſich deshalb von 
dem Gtahlgute reiner trennet, welches durchaus nöthig iſt; denn 
bleibt Friſchſchlacke in der Stahlmaſſe eingemengt, fo wird erflere bei 
jeder folgenden Erhikung auf die Kohle des Stahles einwirken, und 
diefe immer mehr zerſtoͤren, wodurch der Stahl dann zu Stabeifen 


> 09 «er 


wird. Man Eanın daher auch aus den meiſten Rohelfengattungen 
(Die außer dev Kohle nicht fo viele fremde Beftandtheile haben, daß 
bis zur hinlänglichen Abſcheidung diefer, jene ebenfalls völlig zerftört 
worden if) einen Rohſtahl erzeugen, wenn man den Friſchprozeß dar- 
nach leitet; aber wenn der erhaltene Rohftahl nicht rein von einge: 
mengter Srifchichlade ift, fo wird er als Rohſtahl fehr fpröde fein, 
und bei. den nachfolgenden Erhigungen wird feine Stahlnatur wie: 
ber zerſtoͤrt, fo zwar, Daß man oft durch ein» oder zweimalige Ger: 
bung ſchon wieder nur hartes Eifen ftatt Gerbftahl erhalten würde. 
Es deutet; Diefer größere Gehalt an Manganoxydul und Tallerde für 
‚ den Hochofenbetrieb bei der Stahlflofenerzeugung darauf Fin, daß 
man zu Stahlfloßen eine folche Erzgattirung führen fol, die die Ne— 
duetion von orydirtem Mangan und Magnefium befördert; aber wel 
ches Die: Grenze ift, über die hinaus eine Zunahme an Mangan und 
Magneſium der, Stahlerzeugung nicht mehr förderlich wird, darüber 
mängeln Die Erfahrungen, 

Die Stahlfchlade enthält ferner viel weniger Eifenorsdul, wel- 
ches meines Erachtens nicht fo ſehr von einem größeren Gehalte an 
Silicium in dem Stahlroheiſen gegen Das weiche Roheiſen herrühret, 
fonderıw vielmehr durch die Frifcharbeit und die dabei obwaltenden 
Amftände ‚bedingt wird. Ich halte mich für überzeugt, daß Liefer 
Unterſchied an Kiefelerdegehalt zwifchen der Stahl» und Eiſenſchlacke 
für, das gute Gelingen der beiden Frifharbeiten weſentlich ift, wenn 
auch, nicht genau in der aufgefundenen Größe. Der Schalt an Mans 
ganoxydul und Zalferde- ift für Das gute Gelingen der Stahlarbeit 
ebenfalls.nöthig; ich Halte ihn aber auch zur Darftellung eines gu⸗ 
ten, zeinen, Stabeifens (als. Drabteifen, Pfanneneifen sc.) für fehr 
gut, nicht daß dadurch die Arbeit befchleuniget würde, aber das erhal⸗ 
tene, Stabeifen: fällt: viel veiner aus, weil Die Dünnflüffigere Schlade 
leichter, abgefchieden wird, und die Erfahrung beweifet, .daf man aus 
allenıguten Stahlfloßen auch ein ſehr gutes Stabeifen darftellen kann. 

Eine,„andere. Frage: von der größten Wichtigkeit ſchließt ſich 
ber Betrachtung, dieſes Unterjchiedes zwifchen der Stahl⸗ und Eifen- 
friſchſchlacke unmittelbat an; Kann man durch einen Zufag der nös 


> 70 266 


thigen Beftandtheile im Friſchherde oder im Puddlofen nicht eine ges 
wünfchte Stahlſchlacke, oder irgend eine beliebige Friſchſchlacke erhal 
ten? und hat man diefe erhalten, fol oder muß dann nicht auch der ges 
wünfchte Stahl, oder irgend eine andere gefuchte Eifengattung erfolgen ? 

Daß man durch die nöthigen Zufäße im Friſchherde eine Stahl⸗ 
ſchlacke, oder überhaupt eine beftimmte Friſchſchlacke erhalten kann, 
ift nicht zu bezweifeln, in fo ferne nicht etwa andere fremdartige und 
fhädliche Beftandtheile im Roheiſen bereits enthalten find, ich glaus 
be auch, daß man dem gewünfchten Ziele dadurch um einen Schritt 
näher fommt, aber ich kann mir nicht denfen, daß man auf dieſem 
Weg das Ziel je ganz erreichen wird. Noch um etliche Schritte nä- 
her rückt man der Sache, wenn man mit den nöthigen Zufägen ſchon 
beim Hochofen anfängt, und zugleich auch die etwa vorhandenen 
fremdartigen und fchadlichen BeftandtHeile der Erze durch eine ent- 
fprechende Aufbereitung der Erze entfernen kann; aber ſelbſt dann 
noch dürfte es zweifelhaft fein, ob man der Bildung einer gewiffen 
Stahl- oder Eifenforte ganz Meifter wird, So z. B. liegen die Er- 
fahrungen vor, daß man bei nicht manganhältigen Eifenerzen die 
weitere Verarbeitung auf Stahl fehr erleichtert, wenn man beim Hoch⸗ 
ofen reine Manganerze mit in Die Beihidung nimmt; man hat dies 
fes in England und bei und mit einigem Erfolge verfucht, ohne jes 
doch das gehoffte Ziel ganz zu erreichen. In Siegen und der Mark 
gibt man fih, von der k. preuß. Regierung unterftüßt, in der neues 
ten Zeit viele Mühe unfern Innerberger Stahl nachzumachen; denn 
der dortige Stahl, obgleich fehr hart, ftehet dem unferigen an Feſtig⸗ 
keit oder Zähigkeit fehr nach, weshalb erfterer befonders zu der Senfen- 
fabrifatton viel weniger gefchäßt if, ald der leßtere. Da man in Sie⸗ 
gen ebenfalls Spatheifenfteine hat, die mitunter recht ſchön ausfehen, 
fo glaubte der k. geheime Oberbergrath Herr Karften, durch chemiſche 
Unterfuchungen geleitet, Lange Zeit hindurch, daß es nur an der 
Friſchmethode liege, warum man in Siegen nicht einen eben fo gu⸗ 
ten Stahl erhalte als in Steiermark; fpätere Erfahrungen brachten 
Herrn Karften aber von Diefer Idee zurüd, In der neueften Zeit 
weint der k. Hütteninfpestor Herr Stengel Dusch genaue Beobachtun⸗ 


„> 71 «er 


gen und gründliche Unterfuchungen gefunden zu haben, daß die groͤ⸗ 
ßere Sprödigfeit des Siegner » Stahles ausfchließend in einem Kleinen 
Kupfergehalte begründet ſei. Es ift eine lang erprobte Sache, daß 
ein Fleiner Kupfergehalt im Eifen wie im Stahl einen Rothbruch 
und eine geringere Schweißbarkeit veranlaßt, man findet Diefe Meis 
nung unter dem älteften Stahl» und Senſenſchmieden; es iſt daher 
nicht zu bezweifeln, daß Herr Stengel, im Falle es ihm durch eine 
entfprechende Aufbereitung gelingt, den Kupfergehalt der Erze (der 
vom eingemengten Rupferfies herrührt) ganz zu befeitigen, dem dorti⸗ 
gen Stahl fehr verbeffern wird; aber ich bin der Meinung, daß die 
bei vieler Härte fo gefchägte Feſtigkeit, und die vielen Schweißhigen 
widerftehende Stahlnatur unferer befjern Stahlgattungen nicht nur in 
der Reinheit von allen Kupferkiefen, fondern zugleich in der Gattung 
der die Erze begleitenden Bergarten, und in der Art und Weife, wie 
diefe Bergarten mit den Erzen gemengt find, fo wie endlich auch völlig 
außer Zweifel in unferen Frifcharbeiten begründet find, 

Mit einer Iehrreichen Erfahrung der Art machte mich Herr Dr, 
Gefftröm bekannt, Die er bei dem wegen feiner Weftigkeit fo berühmt 
gewordenen Kanonengußeiſen in Finspong machte, Herr Sefſtroͤm 
analyfirte die Hochofenfchlade, die bei Erzeugung diefes feften Kano⸗ 
nengußeiſens fällt; er verfuchte dann anftatt derjenigen” Gifenerze 
ehr grobloͤrnige Magneteifenfteine) , welche diefes fo feſte Gußeiſen 
geben, eirie folche Gattirung von andern Eiſenerzen (ebenfalls im we: 
fentlihen Magneteifenfteine) zu machen, bei der dieſelbe Hochofen⸗ 
ſchlacke gebildet wird; die gewünſchte Schlacke erfolgte bei dieſer Etz— 
gattirung allerdings, aber fie war nicht von dem feſten Gußeiſen be— 
gleitet, welches fonft bei Verblafung der eigentlichen Erzgattirung für 
diefes fefte Gußeiſen der Gefährte dieſer Hochofenfchlade war, Diefer 
Erfolg, deſſen Richtigkeit zu bezweifeln ich nicht Urſache Habe, beweift 
deutlich, daß die Endbildung der Schladen zwar von den qualitativen 
und quantitativen entfernten Beftandtheilen des verfchmolzenen Gutes 
abhängt, daß aber die Zwifchenbildungen derfeiben, welche auf die 
mirfolgende Bildung des Roheiſens nothwendig Einfluß Haben mül- 


> 72 € 


fen, von.den nähern Beftandtheilen und der Urt und Weiſe, wie diefe 
nähern Beftandtheile vertheilt find, abhängig fein müſſen. 

Aus Diefen und andern Gründen kann ich den zuverſichtlichen 
Verheißungen des Herrn Overmann, aus jeder Gattung Roheiſen, 
guter oder fchlechter Art, gleich viel, jede gewünfchte Sorte Stab» 
eifen durch die jedesmal entfprechenden Schladenzufäße darfiellen zu 
können, nicht vollen Glauben zollen. Ohne Zweifel Haben Die geeig- 
neten Schladenzufäße einen guten Ginfluß auf das darzuftellende 
Gut, und unftreitig können diefe nur im Herde des Puddlofend ihre 
volle Wirkung äußern, wenn fie dergeftalt angewandt werden, wie. es 
Herr Overmann gründlich angibt; fo z. B. habe ich ſchon an einem 
andern Orte erwähnt, daß das Schafpäutl’fche Patentpulver ein kalt⸗ 
brüchiges Stabeifen wirklich verbefjern foll, und durch die der Schla⸗ 
de ertheilte größere Flüſſigkeit ift es auch möglich, das Stabeifen beffer 
von der Schlade zu befreien, was namentlich bei den meiften Puddl⸗ 
eifen Schwierigkeiten hat; aber duch bloße Schladenzufäge das zu 
erreichen, was Herr Overmann verfpricht, wäre allerdings von hoͤch⸗ 
fter Wichtigkeit, nur kann ich unmöglid daran glauben. Höchft wahre 
fheinlich werben Die Engländer ducch diefe Mittel dahin kommen, aus 
ihren beffern Roheifengattungen ein Stabeifen zu bereiten, welches zur 
Bereitung von Sementftahl für ordinäre Zwede tauglich wird, aber 
zur Erzeugung ihres vorzüglichen Gußftahles werden fie des vortreff⸗ 
lichen ſchwediſchen Eifens, oder eines andern diefem ähnlichen Stab⸗ 
eiſens Doch nicht enthoben fein. 

‚ Meberhaupt legt Herr Overmann der Befchaffenheit der Friſch⸗ 
fchladen einen zu großen Einfluß bei, indem er Dusch dieſe allein 
Alles zu erreichen glaubt, ohne die Roheifengattung in einer andern 
Beziehung zu berüdfichtigen, ald daß man die Beftandtheile Der Schla⸗ 
Aenzufäße darnach richten müſſe; denn, wenn ich auch zugeben woll⸗ 
te, Daß man es Durch geeignete Schladenzufäße in der Gewalt hätte, 
alle fremden Beftandtheile vom Eifen zu trennen, und fo diefes rein 
darftellen könnte, fo bliebe es Doch noch immer fehr fraglich,. ob man 
dadurch auch im Stande fei, beliebige Verbindungen anderer Körper, 
als des Kohlenfloffes, Mangans u. dgl, mit dem Eiſen einzuleiten, 


® 


„> 73 + 


oder urfprünglich beim Friſchen tm Eiſen zurück zu laſſen; ich glaus 
be, daß eines wie das andere ſehr unmwahrfcheinlich ift. Nach meinem 
Dafürhalten ift und bleibt die Roheifengattung in den meiften Fäl⸗ 
len von entfchiedenem Einfluffe auf das zu erhaltende Stabeifen oder 
ben Stahl; das frifchende Mittel, die Friſchſchlacke, tft nothwendig 
ebenfalls vom groͤßten Einfluffe, und es muß diefe, fo wie die Tem: 
peratur, durch welche die chemifchen Kräfte mehr oder weniger bedingt 
find; won entfprechender Befchaffenheit und Menge vorhanden fein. 
Man kann daher wol durch Aenderurngen der Friſchſchlackenbeſtand⸗ 
theile und der Temperatursgröße viel auf die Eigenfchaften des End: 
produetes einwirlen; um aber mit diefen beiden Mitteln Alles erreis 
chen zu koͤnnen, iſt unſer chemifches Wiffen überhaupt noch viel zu 
ſehr in der Kindheit, und insbeſondere unſere chemiſche Kenntniß 
der verſchiedenen Eiſen⸗ und Stahlgattungen noch viel zu unvollkom⸗ 
mens" Vielleicht gelingt es früher noch die künſtlichen Mineralwäſſer 
durch geeignete Zufätze ſo darzuſtellen, daß fie den natürlichen gleich 
kommen, als durch Fünftliche Zufäge die natürlichen Verbindungen 
ber verjchiedenen Erze in ihren Eigenſchaften und Wirkungen zu er 
reichen, . Indeffen bleibt es immerhin fehr wünfchenswerth, daß meh: 
te der Borfchläge Heren Overmann's ausgeführt würden, weil fie 
wirklich viel verfprechend find, und es fcheint Dabei um fo weniger ges 
wagt zu fein, da Herr Dvermann fich erbietet, Die verfprochenen Er⸗ 
folge nöthigen Falls auf feine Unkoſten zu erweifen (?). 

Dar ich im Verlaufe meiner Betrachtungen genöthiget, einiges 
zum Zadel über Das „Friſchen des Roheifens“ vom Herrn Overmann 
zu jagen, - fo ift ed micht mehr als billig, auch zu deſſen Lob etwas 
anzuführen, wie es Diefes Buch wirklich verdient s 

Diefes Buch iſt durchaus originell gefchrieben, nicht wie fo viele 
andere Bücher unferer Zeit: ein bloßes Stückwerk von andern längſt 
befannten: Abhandlungen. Here Overmann fchreibt originell, und 
zwar mit ‚einer ſehr deutlichen, leichten Schreibart ; er gibt uns nicht 
nur das Delannte in einer angenehmen Form, fondern theilt uns 
auch Befhreibungen und Zeichnungen mit, die einem großen Theile 
des Hüttenmännifchen Publilums noch nicht befannt waren, und eini- 


> 74 «er 


ge darunter find wirflich ganz neu. Es wäre fehr zu wünfchen, daß 
diefes Buch von unfern Hüttenmännern allgemein gelefen und ver⸗ 
Randen würde; denn in dem, was Herr Overmann über den Eifen- 
frifchprogeß angibt, iſt recht viel Brauchbares enthalten. Der angeges 
bene gededte Friſchherd mit warmem Winde, der Pudblofen mit den 
eifernen Wandungen, die Benügung der Hitze des Roheiſens unmits 
telbar vom Hocdofen, die Schilderung des Puddlfrifchprogeffes und 
deſſen Vergleihung wit der Handfrifcherei, find meines Erachtens 
größten Theils richtig. Ehen fo richtig dürfte Die Art der Anwendung 
des Holzes ald Brennmaterial zur Erzielung höherer Temperaturs⸗ 
‚ grade fein. Endlich die tabellarifchen Zufammenftellungen der bis⸗ 
berigen Refultate bei dem Sochofenbetriebe wie bei den Frifchhütten, 
find meines Wiſſens ebenfalls noch das Richtigfte, was bisher der Art 
publicirt worden ift, obfchon auch darin wieder einige Fehler ent= 
halten find, und insbefondere der Schluß, daß man bei der Roheiſen⸗ 
erzeugung um fo weniger Kohlen bedürfe, je ärmer die Erze find, 
fehr fonderbar if. 


> 75 + 


Reisenotizen vom Iahre 
195338. 


Bon 
Dre Franz Unger, 
Drofefior ber Botanik und Zoologie am Joanneum. 


Rohitsch 


iesmal Hatte ich nicht wie weiland Seume meinen Bündel 
geſchnürt, um nach frifcher Luft zu fchmappen, und der Welt ins Ges 
fit zu laden; Sigen und Schwigen hatte mir zum Wandern Kraft 
und Luſt benommen, und um wieder zum Frohſinne zu kommen, 
war fein andered Mittel übrig geblieben, als mich in eine Kutfche zu 
werfen, und nach einem Badeorte zu fahren. Rohitſch, fo heißt die 
Quelle, die mir Alles zu verfprechen ſchien, was mir eben fehlte, da= 
Hin ließ ich alfo meinen Wagen lenken. Die fhönften Tage des Jah⸗ 
res waren eben herangekommen, und es fonnte daher nicht fehlen, 
daß dies, fo wie der Gedanke, Katheder, Hörfaal und Schreibpult 
Hinter mir zu haben, wie die Morgenfonne, die mich empfing, erqui⸗ 
dend auf mich einwirkten. 

Don Grätz führt der Weg über Marburg und Windifch - Feiftrig 
dahin, an diefem Orte aber verläßt man die Chauffee, und nimmt 
feine Richtung gerade nach der Gebirgskette, die den füdlichen Hori- 
zont fo maleriſch begrenzt. Die nächſte Station iſt Pöltfchach, Hier muß 
nolens volens gefüttert werden. Ein Leckermaul würde auch Bier 
einigen Zeitvertreib an den hochgerühmten Drankrebfen finden, allein, 
da ich nach allen dergleichen Dingen wenig frage, noch weniger aber 


> 75 + 


die Vortrefflichkeit eines Gafthaufes nach folhen Zufälligkeiten fchäge, 
fo blieb mir nichts übrig, als sin Paar Schluck fauern Weines zu 
nehmen, und mit verfchränkten Armen am Thore fehnfuchtövoll der 
Zeit der Abfahrt entgegen zu fehen. Hier war es, wo mich, wie es 
fhien, ein gleichfalls nach Rohitſch trachtender Leidensgefährte, aber 
anderer Art, und von feltener Prosperität, nachdem er erfuhr, wel: 
hen Weg ich nehme, fragte, ob ich im Bade Gaftrollen zu fpielen 
denke. Da mein Aeußeres, ich geftehe es, allerdings etwas tragifch- 
komiſches verrieth, fo war es natürlich, die Grage für bare Münze zu 
nehmen, und ich zweifelte nicht, Daß mich der Herr für einen herum 
ziehenden Komödianten hielt. Uber eben, als ich im Begriffe ftand, 
ein „Sie irren fich,“ zu erwiedern, erfah ich, Daß der Spaßvogel, nach 
meinem gefunden Erterieur urtheilend, mich eben für einen ſolchen 
Eurgaft nahm, wie dergleichen Hunderte nach Rohitfch gehen, näm— 
lich, um ihren von Wohlleben und Schlemmen übermäßig angeftreng- 
ten Verdauungss und Affinilationsorganen durch allenfalls vierzehn 
Tage daueındes Waften bei vollem Zijche etwas Ruhe zu gönnen. 

Ohne vom Wirthe Abſchied zu nehmen, denn er faß beim Spiel- 
tifche, und konnte füglich nicht geflört werden, fliegen wir in unfere 
mit der doppelten Anzahl von Pferden befpannten Wagen, und fub- 
gen weiter. Das Thal nach) dem Gabernif zu ift wunderſchoͤn. Do⸗ 
lomitfelſen mit Buchen und Kiefern bewachlen, und durch. eine große 
Anzahl eben fo feltener ald Hübfcher kraut⸗ und flrauchartiger Pflan- 
zen verziert, reihen fich zu beiden Seiten des Engthales an einander, 
fo, daß nur die Straße und ein Erpftalipeller Bach ſich durch die Nie⸗ 
derung ducchwinden, aber weder zu Wohngebäuden noch Hütten hin⸗ 
länglih Raum laffen. Leider erſtreckt fich dies fchöne einfame Thal 
nicht weit, bald ſteht man vor einem Gebirgsrüden, über welchen 
die Straße fehr feil anfleigt. Hat man deffen. Höhe erreicht, fo führt 
der Weg eben fo fteil wieder abwärts, aber die Landichaft hat ſich ge⸗ 
ändert, und man iſt num mitten in einer Hügelgegend, welche bie 
Rohitſch anhält, und dem Auge viele Abwechslung gewährt. 

Der Sauerbrunnen von Rohitſch, bei weitem der befuchtefte von 
allen Trink⸗ und Badequellen in Steiermark, Kärnten, Rrain und 


»»> 77 + 


Kroatien 1), liegt nahe der Grenze des letztern Landes in demjenigen 
Theile von Steiermark, den Die Wenden inne haben. Bon dem Mark 
te Rohitſch eine Stunde entfernt, und von demfelden den Namen 
führend, Liegt er zwifchen Hügeln und Bergen verborgen, von Wäls 
dern befchattet, in der Einſackung eines Eleinen von WV nad) O hin⸗ 
ziehenden Engthales, im Winter beinahe leer, aber defto überfüllter 
im Sommer. Bon. weiter Gerne frömt Alt und Yung herbei, um 
Linderung und Heilung von Leiden zu fuchen, oder ſich an der herr⸗ 
lichten aller Quellen in den heißen Sommermonaten Erfriſchung zu 
hohlen *), oder, wenn auch dies nicht, um wenigſtens den Vergnü- 
gungen und fonftigen Intereffen nachjujagen. 

Da ich meinen Leſern nicht etwa ein Tagebuch eines mehrwö- 
chentlichen Aufenthaltes Dafelbft zum Beſten geben will, welches bei 
allem Reichthume an Stoff fich Doch nicht über viele Gemeinpläge 
erbeben-könnte, auch das, was ich vorzubringen im Stande wäre, im 
Grunde Doc nichts. anders als eine Gefchichte aller Badeorte wäre, 
welcher Andere bereits. viel beſſer commentirten,, fo befcheide ich mich, 
nur das üuber Nohitſch anzuführen, was für den Naturhiftoriter und 
Phyoſiler von Intereffe fein: kann. Sch werde alfo zuerft von den 
Quellen ſprechen, dann zu geognoſtiſchen Betrachtungen übergehen, 
und endlich einige Andeutungen über den Charakter der Flora diefer 
Gegend geben, und dabei, um nicht eintönig zu werden, einige Aus⸗ 
flüge beſchreiben, ‚die ich vom Badeorte aus unternahm. 

Bünf Quellen, mehr oder weniger ergiebig, in ihren Qualitäten 
aber wenig von ‚einander, abweichend, entipringen in. Heiner Entfer⸗ 
nung von einander, Da über die phyſilaliſche Beſchaffenheit derſel⸗ 


1) Im Jahre 1337 waren Dei 000 Fremde anweſend (&. »die Eurfaifon am fländ, 
Sauerbrunnen im Jahre 1837 v. Dr. Sod, Drunnenarzt u, f. w., Med, Jahrb., 
n. Folge, XVI. Stch., IU.«). Im Jahre 1833 war die Zahl noch um ein Be> 
Deutendes größer, und der Andrang wirklich fo, daß in den Monaten Zuti 
und Auguft ein Theil der Ankommenden nicht mehr Plaß fand. 

2) Auch als Lurusgetränfe ift der Sauerbrunnen, mit Wein vermiſcht, flarf im 
Gebrauche. Im Jahre 1837 wurden 274669 Blafchen, jede zu 1 1{a öfterr. Maß 
verfendet, und dies ift nicht die größte Zahl, Die ſich feit einigen Jahren er» 
gab. E. c. p. 408. Er geht bis nach dem Orient, und namentlich viel nad 
Aegopten. 


„> 78 «+ 


ben ſelbſt in den neueften Monographien noch manches Unwahre vor⸗ 
gebracht wid, fo will ich meine Beobachtungen hier mittheilen. — Die 
vorzüglichte der dortigen Quellen, auch die reichfte an freier ſowol als 
gebundener Kohlenfäure ift die fogenannte Trinkquelle. Ein fehönes 
Zempelgebäude im jonifchen Style bedeckt fie. Diefe Quelle kommt 
aus grauem Uebergangskalkſtein Hervor, welcher in geringer Tiefe im 
nebenfließenden Bächlein ebenfalls zu Zage geht. Die Faſſung der 
Quelle bis zu dem Felſen, woraus das Waffer wallend hervor quillt, 
beträgt 141 Fuß. Der Urfprung der Quelle ift daher beiläufig 8 '/, 
Fuß unter der Thalſohle. Es ift natürlich, daß diefelbe vor der Abs 
fperrung von den Zagwäffern ſich größtentheils im aufgeſchwemmten 
Gebirgsſchutte verlor, und zur Bildung einer Sumpfwiefe Veranlafs 
fung gab. 

Ueberall wird die Temperatur der Quelle 99 R angegeben, fie 
hält aber nach den -genaueften, wiederholt angeftellten Meffungen ") 
nicht mehr als 7,6° R, und varlirt nach dem Zeugniffe des Bruns 
nenarzted Herrn Dr. Sod felbft nach den Jahreszeiten nur ganz uns 
bedeutend. Einflufreih auf Quantität des Quellwaffers fowol, als 
auf feine Qualität ift anhaltendes NRegenwetter durch Zufißen von 
Zagewäflern, was auf eine Zerflüftung „des Kalffteines hinweiſet, 
durch den die Sauerquelle ihren Lauf nimmt. Gewitter bringen eine 
Vergrößerung der über der Quelle befindlichen Gasſchichte hervor. 
Allerdings würden fortgefeßte Beobachtungen über das periodifche Stei⸗ 
gen und Fallen der Gasfchichte von großer Wichtigkeit fein. 

Drei andere Quellen neben der Trinkquelle, nämlich die Ferdi⸗ 
nands-, Gotthardöquelle und der Plagbrunnen find ebenfalls reich⸗ 
haltig an Kohlenfäure, werden aber in der Regel nur zum Baden 
verwendet. Ihre Temperatur if um einen Grad höher als die der 
erfieren. 

Die Quellen, die aus dem oberwähnten Kalke im Bette des Bas 
ches entfpringen, werden nicht benußt; vielleicht wird man aber auch 


4) Ich bediente mich zweier von Efhard in Wien verfertigten Thermometer mit 
Celſius'ſcher Sala, deren einzelne Grade noch in 5 Theile getheile find. 


„> 79 «ur 


diefe noch zu gewinnen trachten, wenn das Bedürfniß des Badewaf- 
fers zunimmt, wie dieß-fchon gegenwärtig der Fall zu fein fcheint. 

Die ältefte Quelle it am Fuße des Janinaberges, eines Berge 
rüdens, der fich von den äußerſten Gebäuden des Badeortes oſtwärts 
erhebt, und. entfpringt aus glimmerreichem, den ganzen Berg conftituis 
vendem Sandfteine. Die Temperatur des auf 5 Buß Höhe angeſam⸗ 
melten Waffers betrug genau 8,6° R. 

Die bier angeführten Säuerlinge von Rohitſch find nicht Die 
einzigen in dieſer Gegend, fondern es gibt deren eine eben fo große 
Zahl, welche zum Theil auch als Trinkwaſſer benugt und verfendet 
werden. ı Betrachtet man fie in ihren räumlichen Beziehungen zu eins 
ander, fo bemerkt man deutlich, Daß fie in der Richtung von VWV nach 
O dem von Gonowitz nach Kroatiens Grenze laufenden Gebirgsjuge 
parallel find. Die weitlichiten in Heiner Entfernung von Pöltfehach 
befinden fih am füdlichen Buße des Wotſch (Bozh), eines Berggi- 
piels „der fi) 3013 Par. Fuß über die Meeresfläche erhebt. Der 
SHauptmaffe mad befteht er aus Dolomit, welche Gebirgsart fich wei⸗ 
ter mach. VV fortfeßt, und von herrlichen pittoresten Thälern durch» 
ſchnitten wird. Die anfehnlichfte Quelle diefes Reviers ift der Säuer⸗ 
ling von Gabornif, der gegenwärtig ein Eigenthum des Hrn. Grafen 
Anton Attems iſt, und wenige Schritte von der Straße entfernt Liegt. 
Er iſt in grauem Marmor gefaßt, einige Rlafter tief, und ziemlich 
reichhaltig. Seine Temperatur iſt 8,4% R, der Geſchmack etwas tho⸗ 
nig, wahrscheinlich daher, weil der glimmerige, feinförnige Sandmer⸗ 
gel (Laper) beim Faſſen der Quelle nicht bis auf den Dolomit 
Durchdrungen wurde, 

In geringer Entfernung von diefer ift eine zweite, auf der Wiefe 
Aupareinerdritte, und nächft dem Dorfe Gabrovez find noch zwei andere 
Sauerquellen; alle diefe gehören den Herren Ständen Steiermarks, 
werden aber wenig benützt. Zwiſchen diefem Quellenrevier und den 
Säuerlingen von RNohitſch befindet ſich in gleicher Entfernung von beis 
den ein drittes Quellenrevier nächſt dem fehr lieblich gelegenen. Dorfe 
Koſtreinitz. Die Säuerlinge befinden ſich etwas abfeits an der Müns 
dung einer von des Wotſchkette herablaufenden Bergſchlucht, und ents 


„> 80 «re 


fpringen aus Grauwacke. Der eine weiter nad außen ift bis jegt 
nur halb gefaßt, und ift, da man die Tagwäſſer noch nicht gehörig 
abzufchließen vermochte, ſchwach, daher unbenutzt. Das ftehende, der 
Sonne ausgefebte Waffer hatte 10,8° R, Die zweite Quelle weiter 
nad) Innen, ebenfalls hart am Rande des vorbeiftrömenden Gebirgs⸗ 
bächleins: gelegen, ift viel beffer, an Kohlenſäure reicher, aber zugleich 
etwas bitter von Geſchmack. Die Steinfaffung geht über 2 Klafter 
tief, und hat einen 4 Fuß hoben Wafferftand, der nie ganz ausge⸗ 
fchöpft werden darf, wenn man das Waffer durch das abgeſetzte ©es 
diment nicht trüben will. Die Temperatur betrug 9,30 R. Beide Quel⸗ 
len brechen aus einer graulichweißen oder fhwärzlichen, ſehr feinförs 
nigen Grauwacke hervor. Zu dieſem Reviere gehört auch die Quelle 
von Tſchatſchendorf, welche nicht gefaßt, nur zum diätetifchen Gebrau⸗ 
he der Gebirgäbewohner verwendet wird. 

Aus diefer Ueberſicht der Säuerlinge am Südabhange des Wotfche 
gebirgszuges geht hervor, daß die Trinkquelle von Rohitſch, fowol an 
dem Gehalte freier Kohlenfäure und kohlenſaurem Sale, als an 
nlederer Temperatur bei weitem die ausgezeichnetſte ift, und daf fie 
vor Allen über die zur Erzeugung derfelben in den Erdtiefen vorge⸗ 
henden Prozeffe einiges Licht geben kann. 

Vor Allem fällt Hier die niedere Temperatur ſämmtlicher Mines 
ralquellen auf, eine Temperatur, die jene der mittleren Lufts und 
Bodentemperatur des Jahres nur Weniges überfchreitet, in einem 
Falle fogar unter derfelben zu fein fcheint. Froͤhlich ) gibt zwar 
für die Lufttemperatur im Mittel fünfjähriger Beobachtungen 8,67° 
R an, doch dürfte dies bezüglich auf das Mittel von Grätz (7,099 
MA) ficherlich zu Hoch angegeben fein. 

Sch fand die einzige gute Süßwafferquelle auf 3/, der Höhe des 
Saninaberges, die durch eine Leitung nach dem Badeorte geführt wird, 
8,2° R. Hieraus läßt fich entnehmen, daß die mittlere Jahrestems 
peratur von Rohitſch wol nahe an 8° A kommt, aber diefe Zahl ges 
wiß nicht überfchreitet. 





1) Die Sauerdrunnen dei Robitfh u. f. m. Wien 1asa. p. 5. 


> Bl 2e* 


Hiermit ſtimmt die größere Anzahl der Sauerquellen von Nor 
hitſch ziemlich überein, und vergleicht man insbefondere die Trinkquelle, 
fo ergibt es fih um fo gewiffer, daß alle diefe Quellen von dem at« 
mofphärifhen Einfluffe ficherlich nicht unabhängig, ja vielmehr einen 
ſehr oberflächlichen Verlauf in den Erdfchichten haben müſſen. Dass 
felbe gilt gleichfalls von dem Säuerlinge von Gabornif, und es ift 
ſeht wahrfheintih, daß auch die Koftreinigerquelle bei genauer Prü- 
fung des dem Felsboden unmittelbar entftrömenden Waffers von dies 
fer Regel keine Ausnahme machen wird. Stellet man diefes Factum 
mit Ähnlichen, wenn gleich minder häufigen Erfcheinungen zufammen, 
fo wird man nothwendig auf den Schluß geführt, den bereits ©, Bis 
ſchof in feiner „Wärmelehre des Innern unfers Erdkörpers“ ausges 
ſprochen hat, daß in dieſem Walle die Waſſer- und Kohlenfäurrgas- 
Ströme von einander getrennt find, und daß erftere durchaus einen 
fehr oberflächlichen Verlauf Haben, und hier erſt mit letzteren zur Bil⸗ 
dung des Säuerlings zufammentreffen. 

Uebrigens verfteht es fich von felbft, daß die Kohlenſauregas⸗ 
Ströme chemiſchen Prozeſſen in einer weit größeren Erdtiefe ihren 
Vrfprung verdanken. Daß aber aus derfelben Werkftätte nicht, nur 
die erwähnten Gasftröme, fondern felbft Waffer entfpringen, dafür 
fprechen nicht nur einige in der Nähe von Rohitſch vorfommende laue 
Mineralquellen, wie z. B. die anderthalb Stunden von diefem Orte 
entfernte Quelle von Marein, ferner die laue Mineralquelle bei dem 
Dorfe Priftova nächſt Windifch » Landsberg, fondern felbft einige der 
wichtigeren Thermen Steiermarf’s und Kroatien’s, welche Höhft wahre 
ſcheinlich aus demfelben Herde ihren Urſprung nehmen. Beachtends 
werth iſt es indeß für die Theorie der Mineralquellen dieſes Landes 
immerhin, daß die Gas» und Wafferftröme aus den tieferen Punks 
ten der Erdrinde hier. durchaus einen gefonderten Verlauf zu neh⸗ 
men fcheinen. 

Um und über die Bildung und Leitung diefer heilbringenden 
Quellen eine genauere Einficht zu verfchaffen, dürfte es nicht überflüßig 
fein, einen Blick auf nachftehende geognoftifche Skizzen, die Frucht meie 
ner durch mehrerer Wochen fortgefegten Forſchungen zu werfen. 

5. Jabra, 11. Heft. 6 


> 82% + 


Der Charakter der Gegend von Nohitſch wird. vorzugdweife durch 
zwei Gebirgszüge beſtimmt, welche von VV nad) O verlaufend, aus 
der Gentralkette der Alpen ihren Urſprung nehmen, und in ihrer Er- 
ftrefung nach Often immer weiter von einander divergiren. Die eine 
dieſer Ketten beginnt an der Grenze Steiermark's und Kärnten’s mit 
dem Urſulaberge (5224 Par. Fuß), ſetzt fih in den Gebirgen von 
Weitenſtein fort, und erfcheint endlich als gefonderter Gebirgsrücken 
im den Bergen von Gonowiß, deffen Kamm fich Aber den Wotſch, 
Donatiberg bis an die Ivanſchiza u. ſ. w. in Kroatien erſtreckt. Die 
zweite Kette nimmt gleichfalls aus den Gentralalpen ihren Urſprung, 
allein etwas ſüdlicher an den Grenzen von. Kärnten, Krain und 
Steiermark, bildet, bis fie Die Save erreicht, Die Grenze: beider letztern 
Cänder, und erſtreckt fich felbft über die San, wo fie den: gebirgigen 
Theil der- füdlichften Steiermark ausmacht, und fich ebenfalls nad 
Kroatien verliert. Die Hauptmaſſe beider dieſer Gebivgöfetten: find 
Alebergangsfelsarten, namentlich Grauwacke, Grauwackenſchiefer, Horn⸗ 
blende, Porphyr, Grünſtein, Grünſteinſchiefer, Thonſchiefer und Ueber⸗ 
gangskalk (der zuweilen dolomitiſch wird), welche ſaͤmmtlich mitein⸗ 
ander in Wechſellagerung erſcheinen, jedoch: fo, daß bald eine, bald 
die andere derſelben an Ausdehnung gewinnt, und vor den übrigen 
vorherrſchend wird. Zwiſchen dieſen beiden Gebirgszügen haben ſich 
mehrere Glieder der tertiären Formation in verſchiedenen Sand» und 
Kaitjteinen, Mergeln u. ſ. w. eingelagert, und bilden ein hügeliges, 
meiſt nur von engen Thälern durchſchnittenes Land, 

Verfolgen wir die nördliche Gebirgskette in der: Nähe von No⸗ 
hitſch, fo finden wir von Poͤltſchach bis auf die Höhe des Gabernif 
(son gaber oder gabor — Carpinus betulus) und über einen Theil 
des Wotfchberges, Dolomit, welcher in feiner Fortſetzung nad O von 
Graumwade und Uebergangskalk vertreten wird. Gerade nördlich vom 
Sauerbrunnen ift die Gebirgsart des Wotfchjuges durchaus Graumade 
in mehreren Formen. Diefe Graumwade erhebt fih kaum über 2000, 
und wird Hier an den höheren Punkten von einem Sandſteine be- 
deckt, der, obgleich er in feinem grobförnigen Gefüge und der zöthlichen 


„> 83 +#re 


Barbe einen Unterſchied von den Sandfteinen der tertiären Forma⸗ 
tion zeigt, dennoch als ein Glied derfelben betrachtet werden muß. 





— Thal Sauerbrunnen 


In der weiteren Grftredung des Wotfchgebirges im Biken 
und Donatiberg verfchwindet die unterliegende Grauwade gänzlich, 
und nur Sandfteine und Songlomerate find allein vorherrfchend, und 
bilden die Rüden und Gipfel der Berge. Dahin gehört unter Andern 
der impofante Donatiberg, der fi auf 2720 Par. Fuß Seehöhe er: 
hebt. Diefe Gebirgsmaffe bildet ein Conglomerat aus Kalfgefchieben 
mit kalligem Bindemittel, deffen Schichtung fehr deutlich zu erfennen 
ift. Die Lager ftreichen regelmäßig durch die ganze Ausdehnung des 
Gebirges, Stunde 7 — 8, und verflächen unter einem Winkel von 
30° — 40% nad) SSW. Erſt auf Y/, der Berghöhe fteht dieſes Con⸗ 
glomerat zu Tage, und erfcheint hier in ofen, abgeftürzten Blöden, . 
während den Fuß Mergelfchiefer und Sandftein in nicht conformer Las 
gerung bedecken. Auf diefer Höhe (17009 entfpringt an der Südfeite 
des Berges unter Felstrümmern etwas über der Kapelle des h. Dona⸗ 
tus eine ergiebige Quelle, deren Temperatur am 12. Juli 8,2 R betrug. 

Fälſchlich wurde daher der Donatiberg bisher als ein Kalkge⸗ 
birg angegeben. 





N. Pettau (Petovium) Donati- berg Olons Claudii) 8. 
915° 


Die füdliche Gebirgskette iſt von Rohitſch entfernter. Der näch: 
fe Punkt iſt Windifch» Landsberg, deffen Gebirgsarten eBerffalls aus 
den Mergeln und Sandfleinen der tertiären Formation auftauchen. 
Intereffant ift Hier der Wechfel von Thonfchiefer, Grauwacke, Horn» 
blende und porphyrartigem Geftein mit gomegeen und Kalkbreccien, 

6 * 


„> 84 +“ 


um fo mehr, da auch das Streichen und Verflächen viele Unregel⸗ 
mäßigfeiten zeigt. Diefe Gebirgsarten reichen bis an die Ufer der 
Save, feßen im dem weftlichen Gebirgszuge fort, und erſtrecken fich 
gleichfalls über die Grenze Steiermark's nach Kroatien. 





„® 
Ze 


AM 1m 

7 Pe 

N. Wotsch-B, A Aud Wind.-Feistrita 8. 
3013’ 


Die tertiäre Formation zerfällt Hier, wie überall im pannonis 
fchen Beten, in zwei Ubtheilungen durch Altersverhältniffe von einans 
der unterfehieden. Die untere tertiäre Formation befteht aus feinkoͤrni⸗ 
gen Sandſteinen, Conglomeraten, Mergeln u. ſ. w. in Begleitung von 
Braunkohlen, ferner aus Grobkalk, der bald mehr bald weniger Vers 
fteinerungen führt. Die obere tertiäre Formation befteht vorzüglich aus 
glimmerceichen fandfeinartigen Mergeln, aus Songlomeraten und Kalk⸗ 
feinen. Bon diefen Gliedern find faft Die-meiften in der Nähe von Ro⸗ 
hitſch entwickelt, insbefondere der Kohlenfandftein bei dem Markte Ros 
hitſch, der zu technifhen Zwecken benugt wird, Braunkohle bei Radein, 
ferner ein Dichter, verfteinerungsarımer, Deutlich gefchichteter Grobkalk bei 
St. Benedicten u. ſ. w. Es ift ſchwer zu entfcheiden, ob diefer Grobkalk 
dem Sandgebilde untergeordnet, oder ob ex der dasſelbe bedeckende Ley⸗ 
thatalt if; auf jeden Ball aber zeigen feine beinahe fentrecht ftehenden 
Schichten, daß auf ihm eben fo wie auf dad Gonglomerat des Donatis 
berges dislocirende Kräfte. feit ihrer Bildung eingewirkt Haben mögen. 

Die Hauptmaffe der tertiären Gebilde ift aber unftreitig ein 
glimmerweicher Sandmergel (Lapor Opok), welcher den größten Ans 
theil an der Hügelbildung nimmt, und fowol in feinem Streichen 
als Verflächen die auffallendfien Unregelmäßigkeiten zeigt. Von orgas 
nifchen in diefen Gebilden eingefchloffenen Reften find mir nur Ceri- 
tium plicatum und ein unbeflimmbared Cardium vorgekommen, 
Kalktuffe bei Windifch » Landsberg zeigen Abdrücke von Alnushlättern 
u. ſ. w. Der Stinfmergel an der. Bergkuppe von h. Dreifaltigkeit Hatte 


„> 85 “. 


keine orgayifchen Reſte. Die ift alles, was ich In petrographifcher 
und geognoftifcher Beziehung, ohme in ein Detail einzugehen, von den 
Umgebungen von Rohitfh fagen ann. 

Dir wollen nun einen Blick auf die Vegetation dieſer Gegend 
werfen, ebenfalls nur in fo weit, als ed dem Pflansengeographen von 
DIntereffe fein kann. 

Im Allgemeinen hat mit der Ueberfteigung des mehrmals ge- 
nannten, durch Die füdliche Steiermark von Weitenftein her nad 
der Grenze Kroatiens ftreichenden Gebirgszuges Die Vegetation in ih» 
ven Hauptzügen zwar feine merkliche Aenderung erlitten; allein dem 
genauen Forſcher fann es unmöglich entgehen, daß fih In dem Cha⸗ 
after derſelben Einzelnheiten zeigen, welche nur zu deutlich ahnen laſ⸗ 
fen, wie fi) der Einfluß eines fremden Florengebietes geltend zu ma⸗ 
hen fuche. Ich zähle dahin das Seltnerwerden und allmäpliche Vers 
ſchwinden von Nadelhölzern und Insbefondere von Pinus silvestris, 
der den niedern flachhügeligen Theil der öftlichen und füdlichen. Steis 
ermarf beherrfcht, Dagegen das Ueberhandnehmen von Laubhöhern, 
worunter nicht nur die Rothbuche, fondern au) Carpinus Be- 
talus und Ostrya anzuführen. Während erftere in größerer Zahl 
am Wotſchgebirgszuge erfcheint, bildet letztere, nichts weniger als vers 
Früppelt, die hochſtämmigſten Wälder, und wetteifert in der Schön- 
heit des Stammes und in der Ausdehnung des Schirmes ihrer Krone 
mit der Buche, Die Hainbuche iſt es auch, welche größtentheils die 
Caubgänge des Ianinaberges bildet, in deren Schatten das großartige 
Lamium Orvala, die befcheidene Astrantia Epipactis einem wie 
Fremdlinge entgegentreten. Von den Laubhölzern iſt noch die Stiels 
und EerrsEiche nicht fparfam zu nennen, und eben fo Fraxinus Or- 
nus, HLex aquifolium, ja, die eßbare Kaftanie bildet fogar an der 
Südoftfeite des Donatiberges ganze Waldbeftände, Als dem füdlichen 
Blorengebiete angehörig müffen überdieß noch) Tamus communis, 
Galega offieinalis, Aspidium Adiantum nigrum, Ononis hircina 
Jaeg., Ruscus hypoglossum nebft den weiter unten mit Curſiv⸗ 
ſchrift bezeichneten, aus Froͤhlich's Verzeihniß entnommenen Pflanzen 
angeführt werden, welche größtentheils in folcher Menge auftreten, 


„> 86 + 


daß man fie Hier eher im Mittelpunfte ihres Verbreitungsbezirkes 

als an der Grenze deöfelben glauben möchte. 

Auf den vielfältigen Excurſionen, die ich, durch das Herrliche 
Wetter begünftiget, faft täglich in größerer oder kleinerer Entfernung 
unternahm, konnte es nicht anders kommen, als daß ich auch einige 
innerhalb der Grenzen von Steiermark bisher nicht aufgefundent 
Pflanzen zu entdecken das Vergnügen hatte. Dahin gehören 
1. die mir noch nie vorgelommene, in den nächſten Umgebungen des 

Bades am Rande der Wälder wachfende Orobanche Picridis 
Schulz, eine Schmargzerpflanze auf Picris hieracioides. 

2. Conioselinum Fischeri Koch, eine der fehönften Umbelliferen, 
mit der Pflanze der Sudetten, wie fie mir vom Herrn Grabobsky 
mitgetheilt wurde, volllommen identiſch. Sie wählt ganz nahe am 
Wege, der zum Schloffe Windifch-Landäberg führt, in geringer Ent⸗ 
fernung von demfelben, und kann wegen der mannshohen Größe 
wol nicht Leicht überfehen werden. Mit ihr kommt eine ebenfalls 
ganz ftattliche Timbellifere, Die Pimpinella magna vor. 

3. Sf für Die Flora von Steiermark als nen zu nennen Semper- 
vivum Wulfeni Hoppe. Diefe Gettpflanze überzieht in großen Ra: 
fen die äußerſten Felsſpitzen des öftlichen Gipfel vom Donatiberg, 
und wurde bisher ohne Zweifel mit Sempervivum tectorum ver: 
wechſelt, dem fie auch in den. Blättern fehr Ähnlich fieht. Da ich 
fie aber in der Blüthe traf, fo war Die Unterſcheidung nicht ſchwie⸗ 
tig, und die Vergleihung mit Jacquin's Abbildung (Aust App. t. 
40) beftätigte die Diagnoſe. Diefe Pflanze wurde nach Koch's Ans 
gabe bisher nur auf den Felſen der Kärntner und Ziroleralpen; 
namentlich auf dem Wurmferjoche gefunden; fie kommt aber auch 
auf den Alpen von Turrach in Steiermark vor, und obiger Stand- 
ort dürfte wahrfcheinlich ihre öftlichfte Abweichung fein ?). 

4. Fragaria collina Ehrh. vom Donatiberg hat Dr. Maly (Flora 
stiriaca) nur aufzunehmen überfehen, da felbe fehon früher durch 


— ———— 
ı) Unmerkung, Als ein eben fo ſonderdares Ergebniß läßt ſich die von mir 
kürzlich gemachte Entdedung des Standortes von Primula villosa Jaeg. (Rcehb. 
ic. 5. 855) an den Felſen des Schloſſes Herberftein in den öflihen Umgebun: 

gen von Grab anfehen. 


„> 87 +“ 


v. Ver ald Antochtone Stelermark's befannt war. (Vergl. Reich. 
u Flor. excurs II. p. 597). 

Don Fröplih (I. c. p. A) werden für die Umgebungen von 
Rohitſch als feltene Pflanzen und zwar des Wotſchberges Astrantig 
carniolica, Cytisus purpureus Scop. Daphne striata Tratt, 
Lilium carniolicum Bernh. Doronicum austriacum, Lonicera 
alpigena und Calamintha grandiflora; — als Pflanzen des Do: 
natiberges Hedleborus odorus Kit, Scopolina atropoides, Euphor- 
bia carniolica, Dianthus barbatus, Genista sagittalis und pro- 
cumbens angegeben, welche mir aber nicht zu Gefichte kamen. Eben 
fo blieben mir Cytisus austriacus Jaey., Leonurus Marubiastrum, 
Laserpitium aquilegifolium, $crophularia verna, Epilobium 
angustissimum, Euphorbia angulata, villosa und Epithymoides, 
Corydalıs Halleri, Leucojum vernum, Ophris spiralis (wahr⸗ 
fcheinlich Spirantes autumnalis Rchd., denn diefer kommt in Steier⸗ 
mart auch an andern Orten vor), Orobanche ramosa, Spartium 
scoparium , Verbascum Phlomoides, Viola ambigua, Rupii 
und persicifolia verborgen. 

Ich gebe Hier die Nefultate meiner gemachten Einſammlung 
während der 14 Tage, als ich im Bade war, welche allerdings nur 
ald Material für den künftigen Pflanzengeographen diefer Gegenden 
einen Werth haben, von andern Lefern aber billiger Weife übergan: 
gen werden können. 

Die Pflanzen find Hier in Rubriken zufammengeftellt, nicht als 0b 
fie nur der einen oder der andern ausfchließlih angehörten, fondern 
um diefelben beffer überblicken, und darans den Charakter der Vege: 
tation leichter entnehmen zu koͤnnen. 


Waldpartien. 


Eharakter. Buchenwälder rein, ſonſt nur gemiſchte Waldungen in den 
Bergketten. 
Waldpklanzjen. 
Fagus silvatica, gemein, bekleidet bie Carpiaus Betulus, gemein, bilbet meiſt 
Gipfel der Berge ohne Unterſchied gemifchte Wälder. 
der Unterlage. 


„> BB em 


Betula alba, gerfireut und Wälder 
bildend. 

Pinus abies, 2. ſelten. 

— »ilvestris, ſelten. 

Salix alba, in Auen. 

— capræa, in Auen. 

— acuminata, Hoffm. auf der Spis 
ge bed Donatibergs. 

Tilia parvifolia, verfrüppelt an der 
Spige des Donatibergs, 

Fraxinus Orous, Donatiberg. 

excelsior, zerftreut., 

Castanea vesca, meift zerftreut. 
Pyrus Aria, auf bem Kalkconglomes 
rat bed Donatibergs, 

—  torminalis, 

— commanis, 

Quercus pedunculata, häufig, doch 
zerſtreut. 

— Cerris, häuflg, doch zerſtreut. 

Alnus glutinosa, gemein, meiſt vers 
ſtümmelt. 

Acer Pseudoplatanus, klein, am Dos 

natiberg. 

Corylus Avellana, 

Cratzgus oxyacantha, 

Rhamnus frangula, 

—  catarlica, 

Prunus spinosa. 

Berberis vulgaris, 

Mespilus germanica, 

Juniperus communis, 

Vaccinium Myrtillus, 

Erica vulgaris, 

Rosa arvensis, Donatiberg. 

Rubus Idzus, Donatiberg, 

Daphne Mezereum, Donatiberg, 

Ligustrum vulgare, 

Cytisus nigricans, 


Cytisus supinus, 

Genista germanica, 

tinctoria, 

Hepatica triloba, Donatiberg. 

Clematis Vitalba, Donatiberg. 

Thalietrum minus, Donatiberg. 

Ranunculus lanuginosus, 

Helleborus dumetorum Kit. 

Spirea Aruncus. 

Serratula tinctoria. 

Picris hieracioides, 

Hieracium murorum ß silvaticum. 

—  pillgsella, 

Buphthalmum salicifolium, Donatib. 

Antliemis corymbosa, Donatiberg. 

Senecio Fuchsii, 

— Jacobza., 

Hyoseris foetida, auf Kallmergel, 

Achillea tanacetifolia, All. 

v. Veſt's Achillea seneciofolia, von 
Unterfteier, ift nad) bem im Jo⸗ 
anneums « Herbarlum vorfinblis 
chen Eremplare Achillea tana- 
cerifolia P purpurea Koch; bie 
mit A. magna ?% bezeichnete if 
diefelbe Warietät, nur Boribus 
albidis, 

Centaurea montana, Donatiberg. 

Scabiosa silvatica (flore albo) vom 
Donatiberg. 

Asperula odorata, 

Galium silvestre Pollch. & glabrum, 

Wotfh und Donatiberg. 

—  silvaticum, 


— verum, 

Melampyrum silvaticum. 

Origanum vulgare, ſehr Eräftig vom 
Donatiberg. 

Salvia glutinosa, Donatiberg. 


> 809 + 


Stachys alpina, Donätiberg, 

Lamium Orvala. 

Digitalis ambigua, 

Orobanche Pircridis Schniz. 

— cruenta Bert. 

— galii, auf Galium ’silvestre, am 

Donatiberg. 

Cynanchum rincetoxicum, Donatis 
berg, üppig im Schatten unter 
hohen Kräutern, zeigt Neigung 
fi zu winden. 


Lysimachia vulgaris, Donatib. (groß). 


Cyclamen europzum, auf Kallmers 
gel und Kalkconglomerat des Dos 
natibergs. 

Gentiana asclepiadea, wie oben. 

Campanula cervicaria, Saninaberg. 

Circza lutetiana, Donatiberg. 


Silene nutans, 

Stellaria nemorum. 

Hypericum montanum, 

—  hirsutum. 

Arabis Turrita, Wotſch. 

Torilis Anthriscus, Donatiberg. 

Sanicula europza. 

Convallaria polygonatum, Donatib. 

Tamus communis, Wotſchzug. 

Ophris Nidus avis, Donatiberg. 

Epipactis atrorubens, Donatiberg. 

Luzula albida, 

Carex mucronata, Donatiberg. 

Carex drymeja, 

Aspidium filix mas, gigantiſch, Do« 
natiberg. 

Parmelia: ciliata, überzieht alle Bäus 
me am Gipfel des Donatibergs, 


Gelögruppen 
Sharalter, Belfen von verfchiedener Natur, 


Selspflangen. 
Sparfam wegen Mangel nadter Felſen. 


Lecidea candida, Donatiberg, 
Endocarpon miniatum ”Y monstro- 
sum Schar, Donatiberg, 

Aspidium fragile, Donatiberg. 

Asplenium Adiantum nigrum, Dos 
natiberg. 

— Trichomanes, Donatiberg. 

Seslerria coerulea, Donatiberg. 

Festuca glauca, Donatiberg. 

Primula Auricula, Donatiberg, 

Campanula pusilla, Donatiberg. 

Theuricum Botrys, 

—  Chamzdrys, beibe auf Kalffelfen 
nächft ber Glashütte am Wotfch, 
legtere auch auf fonnig. Hügeln, 


Sedum album, Donatiberg. 

—  acre, 

— Thelephium. 

Sempervivum Wulfeni Hoppe, Dos 
natiberg. 

Draba aizoides, Donatiberg, 

— aizoon, Donatiberg. 

Moehringia muscosa, Donatiberg. 

Gypsophila saxifraga, Donatiberg. 

Arabis arenosa, Donatiberg. 

Dianthus silvestris Wulf, 


> 00 «ee 


Sumpfgegenden. 
Kiscelies, Keine Bümpfe, nus Moorwieſen. 


Sumpfpflangen. 


Carex remota, 

— vulpina, 

Typha latifolia. 
Scirpus silvaticus, 
Scrophularia aquatica, 
—  nodosa, 

Stachys palustris. 


Parnassia palustris, 
Cnicus oleraceus, 
Chironia Centaurium, 
Galium uliginosum, 
Hypericum quadrangulare, 
Lythrum Salicaria, 
Spirza Ulmaria, 


Matten. 


Charakter, 
kaum an Maffe Überwiegend, 


Natürliche und künſtliche Wieſen mit vielem Gemiſche. 


Wiesenpflangem; 


Aira vulgaris, 

Dactylis glomerata, dieſe beiden Gräs 
fer vorherrfchend vor andern. 

Anthericum ramosum, Bonatiberg. 

Ornithogalum pyrenaicum, 

Epipactis palustris, auf trocknen Hüs 
geln nähft H. Dreifaltigkeit, 

Galium Mollugo, 

—  verum. 

—  cruciatum, 

Plantago lanceolata, 

— media. 

Scabiosa columbaria, 

Campanula rapunculoides, 

—  persicaria, Donatiberg. 

— glomerata, 

Cerinthe minor, 

Primula elatior, Donatiberg, 

Echium vulgare, 

Gentiana cruciata, 

Thymus alpinus, Donatiberg. 


Thymus Serpyllum, 

Betonica officinalis, 

Prunella vulgaris, 

— grandiflora, 

—  laciniata, 

Veronica Teucrium, 

Euphorbia fragifera, 

Cichorium Intybus, 

Cnicus canus, auf trodinen Bergwieſ. 

Buphthalmum salicifolium, auf Kalt; 
mergel, 

Achillea Millefolium, 

Chzrophylium bulbosum, 

Aıhamanta cervaria, auf Kalkmergel. 

Trifolium ochroleucum, 

—  rubens, 

—  alpestre. 

Doryenium herbaceum, 

Ononis spinosa, 

Latlıyrus silvestris, 

Medicago minima. 


„> 01 u 


Medicago falcata. Linum tenuifolium. 

Mililotus offcinalis, Dianıhus carthusianorum, gem., Dos 

Helleborus viridis. natiberg. 

Pulsatilla pratensis, auf Matten des — armeria, felten, Donatiberg. 
Donatibergs. Lychnis diurna, in Maffen am Dos 

Geranium columbinum, natiberg. 

— sanguineum, Agrimonia Eupathorium, 

— Phzum, Potentilla argentea, Donatiberg. 


Thalietram minus, Donafiberg. Fragaria collina Ehrh,, Donatiberg. 
Helianihemum vulgare, Donatiberg, 
Feldern 
Char. Getreibearten: die gewöhnlichen in Unterfteiermark, dazu noch Laty- 
rus sativus und Cicer arietinum angebaut am Fuße des Wotſch. Die 
Acker unrein von mannigfaltigem Unkraute, 


Seldpflangen. 
Equisetum arvense,- Centaurea Cyanus, 
Bromus secalinus, Anthemis arvensis, 
Triicum repens. Bupleurum rotundifolium. 
Lolium perenne, Daucus Carota, 
— temulentum, Trifolium agrarium. 
Galium Aparine, — badium. 
Campanala Speculum, Orobus tuberosus, In Feldern und 
Cuscuta europæa. Weingärten, 
Convolvulus arvensis, Vicia villosa Roth. 
Galeopsis Tetrahit, — polyphylla W, Kit. 
Rhinanthus villosus, Ervum hirsutum, 
Euphrasia Odontites, . —  Ervilia. 
Melampyrum arvense, Spergula arvensis. 
Fedia olitoria, Agrostema Gitago. 
Anagallis arvensis, Silene gallica, häufig. 
Euphorbia helioseopia, Papaver Rhocas, 
Scleranthus annuus. Ranuaculus arvensis, 


Serratula arvensis. 

Bereich der Straßen. 
Charakter. Nicht viel Mannigfaltigkeit. 
Poa trivialis, - Dipsacus laciniatus, 
Dipsacus silvestris, Carduus lanceolatus. 


„> 092 4⸗6 


Inula britannica, | | Erysimum ofßcinale, 

—  dysenterica, Galega officinalis, 

Senecio Jakobza. Ononis hircina, bis zum Zuße bes 
‘ Lithospermum offcinale, Wotſch. 

Euphorbia Esula, Alcea rosea, 

Rumex obtusifolius, Malva rotundifolia, 

—  conglomeratus, —  silvestris, 

Verbena officinalis, Banunculus acris, 

Mentha silvestris. Potentilla anserina, 


Obwol diefes Verzeihniß nichts weniger als auf Vollſtändigkeit 
Anſpruch macht, fo dürfte es Doch ein Bild von der Neichhaltigfeit der 
Flora geben, auf der andern Seite aber auch zeigen, daß ich meinem 
Vorſatze, fleißig Bewegung zu machen, treulichſt nachgefommen bin. 

Bevor ich indeß diefen Gegenftand verlaffe, kann ich nicht ums 
bin, ein Paar Worte über dem oft beftiegenen und viel befprochenen 
Donatiberg zu fagen, der, fo reizend er auch gefchildert wird 1), Mans 
chem nichts weniger als der Befteigung werth erfcheint. Da die 
Ereurfion dahin, namentlich vom Bade aus, nicht mehr als einen 
halben Tag Zeit raubt, fo war diefelbe leicht auszuführen. 

Ich hatte in zahlreicher und noch dazu fehr fröhlicher Geſell⸗ 
ſchaft das Bad mit dem früheften Morgen verlaffen. Am Fuße des 
Berges angelommen, mußten wir erſt die Leute weden, um das mit 
genommene Frühſtück wärmen zu fünnen, was indeß ungeachtet der 
ſchmutzigen und mangelhaften Gefchirre dennoch gelang. Der Weg 
führt an der Südfeite des Berges in ziemlich fanfter Steigung binan, 
anfänglich durch Obfigärten und Rebengelände, dann über Matten, 
die mit einer Menge lofer, und wie es erfichtlich war, von oben herab⸗ 
geſtürzter Felsbloͤckke überſäet waren. An dieſer Stelle ſammelte ich 
Endocarpon miniatum Y monstrosum Scher und mehrere ans 
dere nicht unintereffante Flechten. Bis zur Hälfte Des Berges herrſcht 
eine beſtaͤndige Abwechslung des landſchaftlichen Charakters, bier aber 
fängt ein gefchloffener Buchenwald an, deffen dichte Schatten dem Wan- 
derer die angenehmfte Erquidung gewähren. Mehr als 200jährige, noch 


4) Steiermärf, Zeitſch. neue Zolge, Jahrg. TIL, Hft. ır. 


„> 093 «ut 


im kräftigſten Wuchfe befindliche Bäume neben vom Bliße zerfchmetter: 
ten oder vom Sturme niedergeriffenen, halb vermoderten Stämmen 
desſelben Alters, und eine riefenhafte Vegetation von ſtrauch⸗ und 
frautartigen Gewächfen geben dem Walde das Anfehen einer unan- 
getafteten Primitiv-Bildung, die jedem wahren Pflanzenfreund einen 
Hochgenuß gewähren muß. 

Die Pflanzenwelt hat Hier einen gemifchten Charafter, Feine 
Alpenpflanzen und nur wenige fubalpine Pflanzen treten hier auf. 
So wie in dem Gonglomerat der Heinfte Theil, nämlich das Cement 
Kalk ift, fo gewahrt man zwar auch viele kalkſtete Pflanzen , jedoch 
ift die Individuenzahl derfelben fehr befchränft. Auch der Gipfel des 
Berges ift bewachfen, Doch find die Buche, Hainbuche, Eiche und Finde 
fchon fo früppelhaft geworden, daß fie mehr Sträuchern ähnlich fehen. 
Ihre kurzen, knorrigen Stämme find dicht mit Flechten (befonders 
Parmelia ciliata) bewachien. Auf der weftlichen Spike, die man 
auf einem Heinen Fußpfade zuerſt erreicht, gewahrt man noch die un- 
bedeutenden Refte eines ehemals hier geftandenen Tempels, Diefes ift 
auch der Punkt, wo die Fernſicht Durch die Wipfel der Bäume nicht 
gehindert it. Was über dieſelbe zu fagen, laſſe ich einer beredtes 
ren Zunge über, und bemerfe nur, daß die Ausficht von einer ſtark 
hervorragenden Kuppe eines ſchmalen Gebirgsjuges, die ein weites 
Hügelland und große Flächen durchfchneidet, vom Hochgebirge aber 
hinlänglic entfernt ift, wie eben hier der Fall, gewiß fehr loh— 
nend fein muß. Die Ausfiht ift Daher ſehr überrafchend zu nene 
nen; man hat ein Panorama vor fih, wie es in Bezug auf die 
geringe Höhe des Berges (2720) nicht Leicht irgendwo in Steier⸗ 
mark ein Zweites gibt, Der öftliche Gipfel, mit dem weftlichen durch 
eine fcharfe Kante verbunden, ift faft eben fo hoch als der erfie- 
re, und zeichnet fich durch fchöne Felspartien aus. Hier fteht das oben» 
erwähnte Sempervivum Wulfeni Hoppe mit andern Felſenpflan⸗ 
zen, An der fteilen Nordfeite fand ich noch Draba aizoides. Nächſt 
der erfigenannten Spige des Berges ift eine dickſtämmige Buche, die 
in Bezug auf die Thallusbildung der Rindenflechten meine Aufmerk⸗ 
ſamleit im Anſpruch nahm, Man ficht hier mehrere Namen, und 


„> 094 «ee 


dabei verfchiedene Jahreszahlen eingefchnitten, wahrfcheintich von frem- 
den Befuchern des Berges. Die ältefte derfelben ift vom Jahre 1812, die 
zweite von 1830 und die jüngfte von 1835. Die Wundflächen der er- 
fteren Jahreszahl find vernarbt, und von Variolaria communis ganz 
überzogen, die der zweiten find zwar ebenfalls vernarbt, allein der Thals 
Ius von Variolaria und Lecanora fusca breitete fih nur zum Zheil 
darüber aus. Bei der Zahl 1835 ift erfklich Die Vernarbung noch un⸗ 
volllommen, und was die Flechten betrifft, fo konnte man nur einen 
fehr zarten Ueberzug, und diefen nur theilweife wahrnehmen. 


Agygram. 


Sch war erſt einige Zage im Bade, und hatte mich kaum ein 
bischen orientiert, ald mir der Zufall Gelegenheit verſchaffte, in aller 
Schnelle die Hauptfladt Kroatiens zu befuchen. Herm H. ans Agram 
hatte ald Badegaft ein Unfall getroffen, der es räthlich machte, 
die Eur abzubrechen, und wo möglich fchleunig nah Haufe zu kehren. 
Da dieß aber füglich nicht anders gefchehen fonnte, als in Beglei- 
tung eines Arztes, Diefer aber anderwärtd nicht zu finden war, fo 
wurde ich erfucht, für eine Zeit. die Rolle eines Curgaſtes mit der 
eines Asllepiaden zu vertaufchen, was ich auch gerne that. 

Dir reiften um Mittag von Rohitſch ab, und waren Tags dar⸗ 
auf um 9 Uhr nah Agram gefommen. Der Weg führte über Kras 
ping, Oroslavie, Poszußet u. ſ. w., und war wenigftens zu jener Zeit 
in gutem Zuſtande. 

SH will nun verfuchen, fowol von den durchflogenen Gegenden 
als von Agram und feinen Umgebungen ein ſtizzirtes Bild zu geben, 

Der Weg bis Krapina iſt fehr anmuthig zu nennen, führt ans 
fänglich durch das Thal der Sotla, eines Heinen Flüßchens, welches 
bier die Grenze zwifchen Steiermarf und Kroatien bildet, tritt Dann 
in eine Schlucht ein, welche fih vor Krapina in die fehr malerifchen 
Gebirgsmaſſen des Welfi- Schleb auflöfet. Der Geognoſt ſtößt auf 
Graumade, welche von tertiären Mergeln meift überlagert if, erkennt 
in der Gebirgsmaſſe des Welki⸗ Schleb Usdergangstalt, und wird bei 


> 05 0 


der Sägemühle von Krapina nicht Leicht das Pager von Grünſtein 
überfehen. Krapina felbft ſteht auf groblörnigem Sandflein, der an 
der Deffnung der vorerwähnten Gebirge in ziemlich mächtigen Lagern 
in einem Neigungswinfel von 40° nad) S erfcheint, 

Ob man Krapina zu den Städten oder zu den Märkten zählt, 
weiß ich wahrlich nicht, jedenfalls gereichen ihm die ſchmutzigen Gar: 
fen und die Fleinen und fchlechten Häufer nicht zur Zierde. Eben, als 
wir durchfuhren, hatte Die geoße, an diefem Zage abgehaltene Vieh— 
meſſe bereits ihr Ende erreicht. Ich hatte daher Gelegenheit, den 
Kroaten; in, feiner Nationaltracht zu fehen, und mich: zugleich, über: 
blicklich von dem Zuftande der Viehzucht zu Überzeugen, : was Beides 
feinen: günftigen Eindruck machte, Die Straße nach Heil. Kreuz, und 
von da nach Oroslavie bietet wenig Bemerfenswerthes dar: Der gröf- 
te ‚Theil Diefes ‚flachen. Hügellandes ift zu Feldbau benutzt, Waldım- 
gen find Daher felten, auf Nadelholz ſtößt man gar nicht. Vorher: 
ſchend if Mergelboden mit untergeordnietem Grobfalf und Sandftein- 
lager; Ddieſer wäre fo fehlecht nicht, aber die: Beftellung ders Felder iſt 
unter aller Rritif. 

Mit Oroslavie beginnt eine paradirfifche Gegend, die bis in die 
Nähe won Agram anhält. Es ift Unter» Sagorien: (Sagorje,’ds is 
das Land hinter den Bergen), befannt als eine der fchönften und frucht⸗ 
barſten Landſchaften Kroatiens. Den Hauptſchmuck verleiht: ihr ums 
fireitig Die Stieleiche, welche in wunderfchönen Gruppirungen "Wiefen 
und Auen beſchattet und ſich gaflich den Heinen Strohhütten zuge⸗ 
ſellt, unter deren mächtigem Schirme ſie beinahe verſchwinden. Mit 
breiten» Loranthusbüſchen bewachſen, ſteht dieſer 200 — 300jährige 
Konig der Bäume da, würdig als Thron einer Gottheit. Ich habe 
in Deutſchland nirgends fo fhöne Eichen geſehen, ſelbſt die beſunge⸗ 
nen Eichen von Dalwitz nicht ausgenommen. 

Noch ‚waren die Wieſen nicht durchaus abgemäht, die übrig ge⸗ 
bliebenen prangten im ſchoͤnſten Farbenglanze der Blumen, von denen 
ich nur Ononis hircina Jaegis Cichorium Intyhus, Chrysanthe- 
mum Leucanthemum, Agrostis vulgaris (in Menge) Pastinaca 


„> 00 «u 


“_ 


sativa, und mehrere andere Timbelliferen aus der ——— zu un⸗ 
terſcheiden vermochte. 

Auch der Saum der Straße kam mir hier — 
als irgendwo vor. Ich verzeichnete in mein Schreibbuch Galega of- 
ficinalis, Sambucus Ebulus, nigra, Dipsacus laciniatus, Verbas- 
cum Thapsus und nigrum, Euphorbia esula, Cyparissias, fragi- 
fera, Mentha silvestris, Carduus lanceolatus, atanthoides, 
Hosa canina, Ligustrum vulgare, Prunus spinosa, Evonymus 
europaeus, Humulus Lupulus und Vitis vinifera, beide leßteren 
verfirichen die niederen Gefträucher aufs engfte und bilden die zier- 
lichten Guirlanden, an denen das Auge fortwährend Abwechslung 
findet. Die Rebe wächſt durch ganz Kroatien wild an Heden und 
Zäunen, und iſt wahrfcheinlich der aus dem Samen der cultinirten 
Rebe entſtandene, zur urfprünglichen Form zurückgekehrte Sämling, 
ausgezeichnet durch ſparſame, Feine und ſtets rothe Beeren der Traube, 

Mit dem Einteitte in (Ober) Sagorien bei Krapina hat man 
im Südoften einen ausgedehnten, mäßig hohen, bewaldeten Gebirge: 
rücen vor fih, dem man fich immer mehr nähert ,. bis man an die 
Save gekommen, feine weftliche Abdahung überfchreite. Cs ift dieß 
das Agramer-Gebirge, an deſſen füdlichem Fuße die Hauptfladt Croa⸗ 
tien’s liegt. Die felfige Gegend, über welche die Straße führt, bil: 
det: jenen Strich Landes, den man Poszußet nennt, und dee für den 
Botaniker nicht ohne Intereffe if. Neben dem Wagen gehend, ſam⸗ 
melte ich Hesperis inodora, Helleborus viridis L. und mehrere 
andere hübfche Pflanzen. 

Hat man diefe Gegend verlaffen, fo erblidt man auf Einmal 
eine Ebene, welche fih im Süden und Südweſten in unermeßliche 
Gerne auszudehnen ſcheint. Agram, die Hügelftadt, beherrſcht fie in 
mehr als einer Beziehung. Die Stadt übertraf meine Erwartung im 
Bezug auf Größe, Regelmäßigkeit und Bauart der Häufer, doch übers 
zafchte mich die Menfchenleere. Man theilt die Stadt ein in die 
obere und untere Stadt, in die Kapitelftadt und in die bifchöfliche. 
Eine rühmliche Erwähnung verdient die Hirfchfeld’fche Buchhandlung, 
fowol was die Reichhaltigkeit des Lagers betrifft, als in Bezug auf 


> 07 + 


äußere Eleganz. Auf das Angenehmfte wird den Fremden auch der 
Garten des Grafen Stephan Draskovich berühren. Ich mwunderte 
mich, bier eine Menge der neueften Neuholländer » und Cap - Pflan- 
zen zu finden. 

Die bifchöfliche Refidenz imponirt weniger durch Ihr Aeußeres als 
durch ihre prachtvolle innere Einrichtung. Einf von einer ſcheußli⸗ 
hen Wildnif umgeben, verfchönt fie jetzt der zierlichite Park, ein Werk 
des naturliebenden, fraftvollen Bifchofs Alerander Alagovich, der lei⸗ 
der zu früh farb, aber nichts weniger ald aus der dankbaren Er- 
innerung der Bürger Agram’s entfchwunden zu fein ſcheint. Ein 
Obelisk, der ſich mitten im dieſem Parke befindet, gibt von diefer 
Metamorphofe im nachfichenden Diſtichon Nachricht: 


Nuper eram Squalor, nunc sum Peneia tempe; 
Hoc mihi ‚praesuleo venit ab aere decus. 


Die ſchonen Anlagen in einem Eichenwalde in der Nähe von 
Agram, Maximir genannt, find gleichfalls fein Werk. 

Auch dieſer verfländige Mann hat in Agram den Verfuch der 
Bohrung eines artefifchen Brunnens gemacht, Der aber eben fo, wie 
an vielen andern Orten, ungeachtet man bis 70 Klafter vordrang, 
mißglüdte. Man zeigte mir noch das Bohrloch im obenerwähnten Par« 
fe. Nicht unwichtig für mich war es, zu erfahren, daß fich in der bir 
ſchöflichen Bibliothek noch das Herbarium des da verftorbenen Dom: 
bern Hof, eines Bruders des öfterreichifchen Botanikers und Flori⸗ 
ften, befinde, doch hat es die zufällige Abwefenheit des Bibliothekars 
unmöglich gemacht, davon nähere Einficht zu nehmen. Um ſo in 
tereffanter war es mir, einen Ausflug in das nahe Agramers Gebirge 
zus machen, da dasfelbe fowol für den Geognoften als für den Bota- 
nifer manche Ausbeute verſprach; allein da mich die Zeit drängte, 
fo wäre es dennoch unterblieben, hätten nicht Herr Stadtphyſilus Dr. 
Mraovich und Herr Dr. Rakovich, die fich überdieß noch auf die ges 
fälligfte Weife zu meinen Begleitern anboten, mich dazu beredet. 

Das Agramer » Gebirge flacht fich fehr fauft nach Süden ab. 
Den Fuß bilder eine bedeutende Mergelablagerung, welche der oberen 

5. Jahrg. 1. Deft. 7 


> 08 «u 


tertiären Formation angehört. Aber auch die Glieder der untern ter- 
tiären Formation fcheinen Hier entwidelt zu fein, wofür nahmhafte, 
in Begleitung von Sandflein erfcheinende Braunkohlenlager ai 
die ich aber nicht befuchen konnte. 

Leider trifft man jegt nur die Spuren von Kaftanienwäldern hier 
an, welche vormals große Strecken einnahmen. Campanula Ra- 
punculus und Achillea secatea waren etwas fremde Erſcheinun⸗ 
gen. Bis zur Höhe der fogenannten Bernburg ift wenig Abwechölung, 
aber hier treten Felsmaſſen von Uebergangs⸗Thonſchiefer hervor, wel- 
che mit Vebergangs » Kalkftein wechleln, und damit ändert fih ſowol 
der landſchaftliche Charakter als die Flora. Auch Hier hatte Ich Ge⸗ 
(egenheit als kallbezeichnende Pflanzen zu beobachten: Buphthal- 
mum salicifolium, Cyclamen europaeum, Helianthemum vul- 
gare, Prunella lacincata, Hyoseris foetida, Lamium Orvala, 
Astragulus glycyphyllus und Conyallaria latifolia. Ueberdieß er⸗ 
frente mich ganz befonders der Unblid von Pyretrum macrophyl- 
lum Willd und Epimedium alpinum, mit denen ic) hier das erfte 
Mal auf ihrem natürlichen Standorte Belanntfhaft machte, desglei⸗ 
hen vom Bohnenbaume (Cytisus Laburnum), defjen niedliche 
Stämmchen fich unter Buchen und Eichen verfledten. Ausgezeichnet iſt 
aber durchaus der Pflanzenwachsthum zu nennen, denn man muß 
fh, vom Wege abweichend, oft durch einen Wald von Achillea 
tanacetifolia All., von Senccio saracenicus, Stachys alpina, 
Garduusarten u. f. m. Drängen. 

Am Rüden des Gebirges iſt ein mächtiger bleiglanzführender 
Kalkzug, welcher gegenwärtig bebaut wird. Bei -Befahrung deö Ja- 
tobiſtollens bemerkte ich auf der Halde Lepidium ruderale. Wie 
iſt diefe Pflanze der Ebene Hieher gefommen? In geringer Entfernung 
von dieſem Bergbaue ift auch die hoöchſte Spige des Gebirges durch 
eine kleine Kapelle zum heil, Sakob bezeichnet, und beiläufig 1700 
Dar. Fuß über das Niveau des Meeres. Hier ſteht Grünfteinfchiefer 
zu Zage. Im Walde, der leider der Ausficht fehr Hinderlich ift, ber 
merkte ich Glechoma hirsutum in großer Menge, diefelbe Pflanze, 
die ich auch auf der Spike des Wotſch fehr Häufig antraf- 


> 00 «er 


Nur an der Nordfeite diefes Gebirgszuges kömmt Madelholz vor, 
darumter, wie man mir erzählte, auch die Eibe (Taxus baccata), 
Aehnlich verhält es fich ſtellenweiſe auch in den Gebirgen Ober⸗Sa⸗ 
gerien’d mit der Wichte, allein das Holz, fhön und rafch gewachſen, 
it wie überall unter Ähnlichen Verhältniffen als Bauholz nicht zu 
verwenden. 

Am nördlichen Fuße des Agramer⸗Gebirges entfpringt eine Ther⸗ 
me von 18° A, bekannt ald Mineralquelle von Stubiza. So gerne 
ich dieſelbe befucht hätte, mußte ich doch vorwärtdeilen, da ohnehin 
noch ein Punft auf meiner Rücreife mich für einige Zeit feſtzuhalten 
den Anfchein Hatte. Ich übergehe meine ferneren Schickſale als Nei- 
fender, und will unmittelbar an jenem Orte wieder beginnen, der mir 
eine neue Welt von Dingen offenbarte, diefer Ort if Radobof, in der 
Nähe von Krapina, 


Radoboi, 


Noch vor wenigen Jahren war Radoboj ein fo unmwichtiges Froati- 
ſches Dorf wie hundert andere, Der Zufall wollte ed, daß man bei dem 
Baue eined Kellergebäudes neben einem Bauernhaufe auf dem aus⸗ 
gegrabenn Erdreiche Feuer machte ; — und. fiehe da! dasfelbe fing an 
mit blauer Flamme zu brennen, wie wenn man Schwefel angezündet 
hätte. Die zufällige Entdeckung eines unwiffenden Bauers wurde bald 
befaunt, und veranlaßte die Regierung zu weiteren Nachforfchungen, 
deren Refultat fo günftig war, daß die Errichtung eines Bergbaues 
auf dieſes reiche Schwefellager in kurzer Zeit ins Werk trat, 

Der Schwefel kommt bier mit Thon gemengt in kugel⸗ oder 
nnierenförmigen Klumpen vor, die von der Größe einer Fauſt biö zu 
jener eines Kopfes ändern, und in einer Schichte des großen Mergel- 
Lagers daſelbſt angehäuft find. Diefes Schwefelflöß, welches fih fanft 
nad S verflächt, befteht eigentlich aus drei Abtheilungen. Die erſte 
und oberfte Abtheilung, 1 bis 2 Fuß mächtig, enthält die obgedach⸗ 
ten Schwefelthonkugeln, die an 90%, Schwefel enthalten. Die un⸗ 
terſte Abtheilung enthält ebenfalls Schwefel mit Mergel gemengt, aber. 

7 Lo 


„> 100 +: 


mehr unzein, und nur 1 Fuß mächtig. Zwifchen diefen beiden La⸗ 
gern findet ſich ein bituminoͤſer Kalkmergelfchiefer von 1 Fuß Mäd- 
tigkeit, bier Mittelftein genannt, und der ift es vorzüglich, welcher 
wegen feiner ungeheneren Reichhaltigfeit an Pflanzenabdrüden weine 
Aufmerkſamkeit ganz vorzüglih in Anſpruch nahm. 

2502° Welki-Schlew 
(Sstrahinaka Gora) 


> 








Otächura 





CR BE) 


N, Sand- Grau- UVeb. Kalk Grün- Stein- Grobkalk Schwofelflötz im 
stein waehe stein kohle Merge 


Meines Wiffens find unter den der Braunkohlen⸗ und der 
jüngeren tertiären Formation (miocenifhe und ältere pliocenifche Pe: 
ziode) angehörigen Lagern vorzüglich die bei Air in der Provence, die 
von Hering in Tirol, von Deningen in der Nähe des Bodenfer’s, 
und endlich von Altfattel bei Eger in Böhmen wegen ihres Reid: 
thums an Pflanzenabdrüden befannt geworden. 

Bon mehreren derfelden haben wir fchon Verzeichniffe der da 
vorkommenden foffilen Pflanzen erhalten, wie von jenen bei Air durch 
Eindley, von Hering duch Ad. Brongniart, von Deningen dur 
Alerander Braun, und nächftend haben wir auch eine genaue Elaffifi- 
cation der Blätterabdrücde von Altfattel durch Heren Prof. Roßmäß- 
ler zu erwarten. 

Wenn die Pflanzen der beiden erften Localitäten auf Pflanzen 
von Indien, der Barbarei, tropifchen und fubtropifchen Ländern hin⸗ 
weifen; fo zeigt Die foffile Slora von Deningen hingegen mehr Aehn⸗ 
lichkeit mit der Vegetation von Nord : Amerika, 

Mehr den erfieren analog ſcheint fich auch die vorweltliche Flora 
von Radoboj zu verhalten, was aus nachftehendem Verzeichniſſe er- 
ſichtlich ift, welches ich nur durch die ungemein gütigen Spendungen 
des hiezu nöthigen Material’ von Seite des Herrn Bergserwalters 
Alerander von Hell in diefer Austehnung auszuführen im Stande 
war. Obgleich die meiften Abdrüce Phylliten find, aus denen ſich 
wenig oder gar nichts für Die Stellung der. Gewächle, denen fie an- 











> 101 «u 


gehört Haben, ergibt, fo haben doch mehrere Früchte und Gamen, 
die mit jenen vorfamen, eine nähere Beftimmung derfelben, wenig: 
ſtens nad den Familien möglich gemacht, wie fie Im Nachſtehen⸗ 
den folgt. 


Fungi. 


Gin Blattpilg aus der Ordnung der Xylomaceen, ſehr ausgezeichnet durch 
feine fiederftrahlige Form, womit er in der Subſtanz eines Dicotyledo⸗ 
nenblattes wuchert. 

Alge. 

Hellia Salicornioides m, Gegliederte, verzweigte, fleifhige Gewächſe mit 
kurzen, oben erweiterten Gliedern und einem Mittelnerven, Iſt mit 
Salicornia, Halistachis u. f. w. zu vergleichen, Unter den Algen ſteht 
ihr Grifftsia corallina und ber foffile Caulerpites ocreatus Stbg. 
am nädhften. 

Hellia Rhipsaloides m, (Ebenfalls vergweigte, gegliederte Gewächſe mit 
breiten Gliedern. | 

Hellia pulchella m, Verzweigt mit in einander verfließenden Gliedern. 

Chondrites acicularis Stbg. Mit dem von Sternberg in feiner Flora ber 
Vorwelt Tab. 27. A. Fig. 4 abgebildeten, ebeufalld aus ber tertiären 
Formation flammenden Pflanze ganz übereinftimmend. Ich hielt diefe 
Alge anfänglich für Nadeln einer Conifere, bis ich mich durch mehrere 
Umftände, namentlich durch die Befchaffenheit der Subftang, fo weit 
diefelbe im Abdruu, “rkenntlid, vom Gegentheil überzeugte. 

Chondrites tenuis m, Mit Chondria tenuissima, einer Alge bes atlans 
tifchen und adriatifchen Meeres verwandt, 

Chondrites elongatus Stbg, ? Nur Eleine Bruchſtücke. 

Sphsrococcites cartilagineus m. Dem Sprerococcus cartilagineus, einer 
Alge des atlantifchen und dhinefifchen Meeres täuſchend ähnlich. 

Delesserites pinnatus m. Dem Delesserites pinnatifidus ähnlich, aber 
von biefem dadurch unterfchieden, daß bie Epalten der Frons tiefer ge⸗ 
ben. Das Stüd, weldges in meinen Händen ift, ift Übrigens nur ein 
Bruchſtück. 

Fucites dubius m. Ein dem Fucus vesiculosus ſehr nahe kommendes klei⸗ 
nes Bruchſtück. 

Laminarites zqualis m. In einzelnen nicht wmbeutlichen Bruchftüden. 

Cystoseirites communis m, Der gemöhnlichfte Abbrud in Raboboj, und 
meift auch gut erhalten. Iſt fehe verwandt mit Cystoseira barbata 


„> 102 + 


Agdh. und concatenata Agdh. Algen des adriatiſchen, mittelländiſchen 
und atlantifchen Meeres. 

Cystoseirites gracilis m, Geltnes als die vorhergehende mit Cystoseira 
Hoppii verwandt, 

Cystoseirites affinis m, (ben fo. 

Cystoseirites filiformis m, Gut erhalten, aber felten. 

Cystoseirites Hellii m, Bisher nur in einem einzigen Gremplare vorhans 
den, Bon dem Gternbergifchen in der untern Kreidenformation vorkome 
menden Cystoseirites Partschii etwas unterſchieden. Diefe Art ficht 
der Cystoseira siliquosa, einer in allen europäifhen Meeren vorhandes 
nen Alge, am nächſten. 


4 


Equisetace®. 
Nur wenige Spuren hieher gehöriger Pflanzen. 


Graminez. 

Grasartige Pflanzen feheinen nicht felten vorzulommen, body läßt fi aus 
der Mangelbaftigkeit der Eremplare vor der Hand noch nichts Näheres 
hierüber angeben. 

Najadee. 

Zosterites lineata Ad. Brongn, Eben fo häufig als Cystoseirites com- 
munis verbreitet. 

Ruppia pannonica m, Gehr Ähnlich der Ruppia maritima L,, aber bis⸗ 
ber noch ohme Früchte gefunden, 


Typhacee. 


Typhzloipum maritimum m, Einer in ber Süßmwaffers Formation von 
Rein unweit Gräg vorkommender Pflanze: dem Typhzloipum lacu- 
stre zunachſt fichend, 

Palm. 

Flabellaria ? Radoboiensis m. Sehr mangelhaft erhalten, doch wahrfcheins 
lich das Fächerblatt einer Palme, 

Flabellaria maxima m, Das größte bisher i im foffilen Buftande bekannte 
Facherblatt einer Palmez vieleicht der Gattung Sabal angehörend. 


Conifers. 


Pinus wicrosperma m. Gut erhaltene Samen, ober vielmehr Flügeln, des 
nen die Samen ſchon entfallen, 


> 103 * 


Pious macrosperma m, Flügel der Samen größer als in ber vorherges 
henden Art. Diefem entfprechend find bisher auch zweierlei Frucht⸗ 
zapfen in Radoboj gefunden worden: Nämlich Eurze, die Zapfen mit 
breiten Schuppen, und lange Zapfen, ähnlich den Zapfen von Pinus 
abies. Bon erftern findet fich ein ansgezeichnet ſchönes Gremplar in 
der Sammlung des Heren Kranz dv. Roftborn in Wolfsberg, Zweige 
mit Radeln, wie Pinus silvestris, kommen cben fo felten als obige 
3apfın vor. “ 


Myricee. 
Männliche Kätzchen und einige Blattformen fpredyen für das Vorhandenſein 
von Pflanzen aus dieſer Familie 


More. 


Höhft intereffant und bebeutungsvol für die foffile Flora von Radoboj ift 
ein fchön erhaltener Abbrud einer Frucht von Ficus, ähnlich der Frucht 
von Ficus bengalensis, leucatoma Poir, u. m. a, Gine Menge ver: 
ſchiedener lederartiger Blätter fcheinen ebenfalls diefer Gattung, bie ges 
genwärtig faft ausfchließlich innerhalb den Tropen vorkommt, angehört 
zu haben. 


Salicine=. 


Populus erenata m, Deutlid das Blatt einer Papel, von den lebenden 
jedoch hinreichend verfchicden. 


Laurinez. 
Berrenartige Früchte nebft Blättern Haben ohne Zweifel diefer tropifchen Fa⸗ 
milie angehört, 
Bubiace. 


Ein Zweig von vier In einem Wirtel geftellten ovalslangetförmigen Blättern, 
wie fie fich bei mehrern Rubiaceen finden. 


Apocinace:». 


Echitonium superstes m, Gine Balgkapfel von 2 Zoll Länge und 1), Bolt‘. 
Breite, ift ohne Zweifel die Hülle von Samen, welche ebenfalls bier 
gefunden wurden, und ſich durch einen Langen Haarfchopf auszeichnen, 
der den viermal Beineren Samen Erönt. Die Achnlichkeit mit einem 
Echites aus Brafilien, welchen Pohl dort fammelte, eben fo, wie mit 
Echites lucida Wallich, einer Pflanze Oftindiens, ift auffallend, 


„> 104 + 


Hiezu dürften noch mehrere foffile Blätter gehören, welche mit 
einigen Echitesarten Übereinflimmen, 
Echitonium microspermum m. Ebenfalls das Samenkorn einer Apoci- 
nce, um bie Hälfte Eleiner als das der vorhergehenden Art, 


Asclepiade. 


Zür das Vorhandenfein diefer Kamilie unter den Pflaugenreften von Rabos 
boj fpricht der Abdrud eines fünffpaltigen, fleifhigen Keiches und meh⸗ 
zere Blattformen, welche fonft den Asclepiadeen der Jetztwelt zukommen. 


Umbellifere. 

Pimpinellites Zizioides m. (Umbellula perfecta, radiis senis septenisve, 
Involucellum nullum. Fructus ovato globosus, stylis coronatus, 
Mericarpia quinquejuga, jugis filiformibus), Diefer feltfame Abdrud 
einer Umbelliferz, weldyer einige Aehnlichkeit mit Zizia integerrima 
DC., einer Pflanze des füdlichen Theiles von Nordamerika hat, befindet 
fih in der Sammlung des Herrn Kranz dv. Roftpom in Wolfsberg. 


Acerine. 

Acer Campylopterix m, Gine ausgezeichnet ſchon erhaltene Klügelfrucht der 
Gattung Acer, bie fi jedoch von den Früchten aller bisher bekannten 
Arten durch bie flarke Krümmung bed Flügelrüdens unterfcheidet. Fer⸗ 
ner Flügelfrüchte, wie von Prelea, und Blätter, welche Bäumen biefer 
Bamilie angehört haben mögen. 


Melastome». 
Blätter, welche offenbar nur biefer Bamilie von Pflanzen zuzukommen fcheinen. 


Bombacee. 
Gefingeste Blätter von ungeheurer Größe, deren eiförmig » zugefpiste Blätt⸗ 
en Über einen Fuß lang und 41/, Zoll breit find, dürften wol irgend 
einer Bombace» angehört haben, 


Papilionace=. 


Dolichites europzus m. Gin vortrefflicher Abdruck einer Hülfe, die ſich 
am eheften mit jener von Dolichos, einer vorzüglich im tropifchen 
Amerika lebenden Pflanzengattung vergleichen läßt, 

Desmodites radobojensis m. Cine Bliederhülfe, bie mit einem noch uns 
beftimmten Desmodium, von G. Andrieur in Mexiko gefammelt, die 
meifte Aehnlichkeit befigt. 


> 105 + 


Diefelbe befteht aus fünf runden Gliebern von derfelben Größe, 
wie bei dem angeführten Desmodium, nur find bei diefer die Verbin⸗ 
dungsinterftitta etwas ſchmäler, als bei unferer foffilen Gliederhülſe. 

3u bdiefer und andern verwandten Arten feinen auch mehrere 
Blätterabdrüde zu gehören, wie 

a. Blätter mit einem Hauptnerven und alternirenden Geitennerven, 
weiche wieder durch rechtwintelige feine Geitenzweige unter eins 
ander in Verbindung ſtehen. Sowol Phafeoleen ald Hediſareen 
zeigen diefe Form. 

Was Umriß und Größe ber Blättchen betrifft, fo ftehen 
diefe Phylliten dem Desmodium viscidum DC., einer Pflanze 
DOftindiens, am nädften, nur ift dad Terminalblatt bei diefer vers 
kehrt eiförmig, bei dem foffiten hingegen ftumpf zugefpigt. 

b. Blätter, die fih mit Blättchen von Desmodium viticinum Wallch 

Nr, 5709 vergleichen laffen. 


Dieß find die bisher aufgefundenen Pflanzenrefte von Radoboj, 
deren Zahl gewiß noch um das Dreis und Vierfache vermehrt werden 
könnte, wenn man auf die Einfammlung derfelben, die indeß keines⸗ 
wegs mit Schwierigkeiten verbunden if, mehr Fleiß und Aufmerkſam⸗ 
keit verwenden wollte. Sie deuten ohne Ausnahme auf eine Vegetation 
bin, die von der gegenwärtig in diefer Gegend herrſchenden durchaus 
verfhieden iſt, — auf eine Vegetation, die offenbar ein fubtropifches 
Klima vorausfegt, und die, nach den Analogien der gegenwärtigen 
Blora unferer Erde zu urtheilen, in der Flora Indien’s, Merico's, 
vorzüglich aber des füdlichen Theiles von Nord » Amerifa das entfpre= 
chendſte Gegenbild finden möchte. Das gemeinfchaftliche Vorkommen 
der Gattungen: Acer, Populus, Ficus, Sabal, weifet unverfenn- 
bar auf eine Flora bin, wie fie gegenwärtig etwa zwifchen dem 30 
und A0 Grad nördl, Breite erfcheint. 

Aus dem Wenigen, was oben angeführt iſt, geht zugleich auf 
das Klarfte hervor, daß diefe Grabftätte vorweltlicher Pflanzen keine 
Süßwaſſer⸗, fondern eine Meeresbildung ift, die in dem großen pan⸗ 
nonifhen Binnenmeere in einer viel jüngeren Zeit als die Londner- 
und Parifer tertiären Schichten abgefegt wurden. Der Zuftand der 
Hlätterabdrüde, Die in der Regel Spuren beginnender Fäulniß an 


> 106 «ie 


fi) tragen, laſſen vermuthen, daß dieſelben weniger durch Waſſer⸗ 
ſtrömungen als durch Stürme von einem nahen Waldboden auf: 
gerafft, und in die Bucht jenes Meeres hingeführt fein mögen. 

Eine nähere Bezeichnung der Umſtände, wie jene Anhäu- 
fungen von Begetabilien zu Stande Famen, Dürfte aber Die Be: 
trachtung der mit jenen Pflanzenreſten zugleich vorfommenden Thiere 
gefatten, die hier ebenfalls zahlreicher als irgend anderswo erfchei- 
nen. Borzüglih find es Fiſche und deren Schuppen, ferner eine 
Maffe von Infecten, welche Hier in einer fo feltfamen Vermengung 
mit Pflanzenreften angetroffen werden, daß man fih der Berwun- 
derung nicht enthalten Fann. Merkwürdig ift es, daß ich das hier 
nicht beftätiget finde, was einige Gelehrte (Marcel de Serres und 
Wagner in Kaſtners Archiv für Die gef. Nat. 1829 xvı. p. 90) 
in Bezug auf das gegenfeitig fich ausfchließende Vorkommen von foffi: 
len Juſecten und Fifchen angaben, indem hier beide Arten von Thie⸗ 
zen gar nicht felten untereinander gemifcht erfcheinen. 

SH kann gegenwärtig in eine nähere Betrachtung derfelben 
nicht eingehen, und bemerkte nur in Bezug auf die Infeeten, daß 
beinahe aus allen Ordnungen derfelben mehr oder weniger zahlreiche 
Repräfentanten gefunden werden, namentlich: Diptera und Hymen- 
optera am hbäufigften, Neuroptera, Orthoptera und Rhinchota 
feltener, Dagegen aber weder Colcoptera nod) Lepidoptera. Un— 
ter vielem Herumklopfen an Ort und Stelle gelang es mir auch 
den deutlichen Abdrud einer Spinne zu erhalten. 

So wie die Pflanzenrefte fheinen mir auch Die Inſecten nicht 
mit europäifchen Arten Identificirt werden zu koͤnnen, fondern mit 
ſolchen, die wärmere Klimate, vorzüglich Zropenländer bewohnen. 

In Anbetracht diefer reihen Sauna der Vorwelt dürfte nun 
wol die Frage entflehen, ob die Infecten, welche durchaus beflügelt 
find, ebenfalls auf diefelbe Weife wie die Pflanzenzefte in die Ge: 
fteinsfhichten begraben worden ſeien. Betrachten wir die foſſilen 
Infecten in Bezug auf ihre Integrität, ferner auf die Stellung, in 
welcher fie erfcheinen, fo geht deutlich hervor, Daß es nicht todte Lei: 
ber waren, welche, zwifchen Laub und Zweigen eines Waldbodens be- 


> 107 + 


findlich, durch irgend eine Wafferftrömung dem Meere zugeführt wurs 
den, im Gegentheile deuten vielmehr eben dieſe Umftände dahin, 
daß die fraglichen Thiere wenigftens der größern Anzahl nach leben⸗ 
dig begraben wurden. Dieß konnte aber nicht anders gefchehen, als 
auf gewaltfame Weiſe und zwar durch eine Kataſtrophe, der diefe 
Zhiere nicht zu entfliehen im Stande waren. Ich laffe es aber un— 
entfchieden, ob dieß eine im Laufe der Naturerfcheinungen gewöhn- 
Lie, wie Stürme mit gewaltigen meteorifchen Niederfchlägen, oder 
ob es eine ungewöhnliche war, welche in Begleitung von vulkanifchen 
Eruptionen, wie 3. B. Afchenfall u. f. w. Statt finden, 

Faſt möchte hier das fonderbare Erfcheinen des Schwefels und 
Die übrigen geognoftifhen Verhältniffe diefes Landes und der angren- 
zenden Erdftriche, felbft die noch) gegenwärtig fehr Häufig Hier vorlom⸗ 
anenden Erdbeben ') dafür fprechen, daß Umftände der letztern Art 
mit dee Zerftörung und dem Begraben= werden jener Thier- und 
Pflanzenwelt in nächfter urfächlicher Verbindung fanden. 

Indem ih nun diefe Betrachtungen abbreche, und das Weitere 
für fernere Mittheilungen vorbehalte, kehre ich von dem intereffanten 
NRadoboj, was mir durch die freundfchaftliche Begegnung des Herrn 
Dergverwalter Alerander v. Hell doppelt unvergeßlich bleibt, wieder 
zu meinem Babdeorte zurüd. Unter 1Atägigem Gebrauche der Bäder 
und der Zrinfquelle war ich bei den günftigften Außenverhältniffen 
fo volllommen wieder hergeftellt, daß ich unter vielfachen Segnun- 
gen die herrliche Quelle, den trefflihen Badearzt und die fröhliche 
Geſellſchaft verließ, um wieder zu meinen gewohnten DBefchäftigun: 
gen zurückzukehren. 

Für den Phyſiker füge ich Hier noch ein Bruchſtück aus mei- 
nem wmeteorotogifchen Tagebuche bei, welches vergleichungsweife den 
Gang der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit von Rohitſch und 
Gräß enthält. | 





4) Zalezda, am Abhange des Selesnisa: Gebirges iſt der Herd, von dem noch jetzt 
Die Erfhütterungen der häufig in diefen Gegenden beobadhteten Erdbeben aus: 
gehen. Das Schloß ſelbſt it dadurch ſchon beinahe ganz jerftört. 



























"1 325 | Seudtigfeit | 385 | Seuchtigfeit 
2 22 3 |Euft,inGranen] 3° 3 |Euft,inGranen 
* = Bag | ausgedrückt. | S2E ausgedrüdt. 





15. 
16. 





10,526 
11,530 









1) Die Beobahhtungszeiten in Graͤtz differiren Früh und Abends um eine Stunde. 
Statt um 7 Uhr Morgens und um 3 Uhr Abents wurde dic Beobachtung an 
dem genannten Drte um 3 Uhr und um 9 Uhr angeftellt. 





> 109 + 


Radkersburg, Klöch, 


Als fih gegen Ente des Monates September die Witterung 
für eine mehrtägige Fußteiſe günftig zu ftellen fchien, hielt ich es 
für rathſam, vor dem befannten Rufe: „veni sancte spiritus!# der 
mit dem Eindedeln der Schneden fo ziemlich in eine Zeit fallt, und 
daher auch jedem Flug ins Freie mei ein Ende macht, noch ein- 
mal mit der wandernden Schwalbe einen Heinen Zug nah Süden 
zu unternehmen. 

Zwar würde mich unter andern Umſtänden jener Zugvogel weit 
hinter ſich gelaffen haben, Doch ging es diesmal aus der Urſache 
fehneller, weil ich mich dem rafchen Strome der Mur anvertraute. 

Die fechfte Frühſtunde des fchönften Herbitmorgens war zur Abe 
fahrt beftimmt. An der Rehde angelangt, ſchien es aber, als ob ich 
mich viel zu ſehr mit dem Frühſtücke beeilt Hätte, denn wirklich fing 
man erft etwa nad) einer halben Stunde an, das zur Reife beſtimmte 
gedielte Schiff, Hier Plätte genannt, zu beladen. Das dauerte faft 
eine Stunde, denn bis fih die leeren Weinfäffer mit den Betten, 
Strohſäcken, Matragen und fonftigen Frachtſtücken in ein Ganzes vers 
einten, brauchte es Zeit. Unterdeffen war auch die Schiffemannfchaft, 
beftehend aus 6 bis 8 Floͤßern, angelangt, und nun hieß es: „Platz 
genommen“ verfteht fich, wo einer zu finden war, und damit fie 
man vom Lande. Glücklicher Weife fiel mir dabei das befte Loos 
zu, indem ich mich, ohne viel zu fragen, eines ebenfalls mit mir reis 
fenden Strohfeffels bediente, Der gerade nach vorne wie auf einer 
Hochwarte fand, und mir die befte Ausfiht verſprach. Eben 
hatte ich es mir auf meinem ſchwimmenden Obfervatorium recht be⸗ 
quem gemacht, und meine übrige Neifegefellfchaft recognoscirt, die 
gleichfalls auf Fäſſern, Kiften, Betten u. dgl. Plag genommen, und, 
mehr oder weniger mit dem Elemente vertraut, Dem wir uns nun 
einmal auf Diseretion ergeben, Sorge, Trennungsſchmerz oder freu 
tige Zuverficht in den Gefichtern leſen ließ, als fich der Heitere Strahl 
der Morgenfonne in Nebeln zu verbergen anfing» 


> 110 «re 


Died war für die Nuderer fein bonum signum, und id) flaunte 
nicht wenig, wie man nad) einer Fahrt von wenigen Minuten fchon 
wieder ans Land fließ. Der Nebel war fo ftark eingefallen, daß man 
fi, ohne Gefahr zu beforgen, nicht vorwärts wagte. Während meine 
Sompatienten in Verwünfchungen Troſt fuchten, half mir mein Hans 
mer gegen Langeweile, der ich fonft, wie Jene, auf der Sandbanf aus⸗ 
geſetzt gewefen wäre. Die Aufgabe meines °/, fründigen Herumirrens 
am Ufer war eine Anterfuchung der Gefchiebe, welche mir in mans 
her Beziehung Vehrreich war, und Die Zeit vortrefflich ausfüllte. 

Gegen 9 Uhr hob ſich der Schleier, der das Waſſer bededte, 
und nun füumte man nicht von der Stelle zu fommen, 

Bis Chrenhaufen, fechd Meilen von Gräß, ift dad Gefälle der 
Mur stark, und der Strom daher reißend. Die Folge davon ift, daß 
er fein Bett häufig wechfelt. Einbrüche in fruchtbare Aecker, Bildun: 
gen von öden Sandbänfen, Ueberfluthungen von Auen ift das, mas 
einem auf diefer Stredde begegnet, und da der Strom bis dahin durch 
das große Gräger- und das eben fo breite Leibnigerfeld fließt, alfo 
nur flache Ufer und entfernte Gebirge Hat, fo läßt es ſich wol dems 
fon, daß diefe Fahrt nicht viel Anziehendes darbietet. 

Bon Ehrenhaufen bis Murek find die Stromfchnellen viel un: 
sierflicher, auch hat der Fluß nicht mehr fo viele Neigung fich in 
Arine zu zerfplittern, wie Das bis zu Dem erſt genannten Orte: der 
Fall if, was denn auch vorzüglich beiträgt, daß er von hier an ein 
ganz ftattliches Anfehen gewinnt. | 

Die Auen, welde biöher aus Populus nigra, Salix alba, 
fragilis und Alnus glutinosa mit niedern Weidebüfchen beftanden, 
haben hier auch ihren Charakter geändert, und fo wie Tamarix ger- 
manica von nun am zurückblieb, erfchien dafür die Eiche, 

Sch hatte auf diefer Fahrt manche intereffante Gebirgsentblößune 
gen zu fehen gehofft, allein mit Ausnahme einiger wenigen Stellen 
war mis nichts Befonderes aufgefallen, indem der Fluß bis Radkers⸗ 
burg felten den Fuß der Berge befpült, 

Die erſte Stelle der Art findet fich oberhalb Weißenegg. Dan 
fieht Hier sinen gefchichteten Kalkftein (Leythakalk) beinahe horizon⸗ 


} > 111 er 


tal anf Mergel ruhen, und von felbem: bedeckt. Am Fuße des Wil 
donerberges tritt derſelbe Kalt mit ähnlichem Verflächen hervor. 

Bei Gabersdorf ift ein verhärteter Mergelfchiefer entblößt; bei 
Ehrenhaufen desgleichen ein oolitifcher Kalkſtein, der aber nicht immer 
deutliche Schichtung zeigt. Am fchönften iſt unftreitig das Gebirge» 
profil unterhalb Spielfeld. Die Sand⸗, Sandftein- und Mergellager 
wechſeln mit dünnen Kallſchichten, und diefe fallen ſämmtlich etwas 
wenig nah O, erfcheinen aber an manchen Stellen faft ‚horizontal. 

Auch für den Maler würde diefe Gegend manche Ausbeute ge- 
ben, denn die meist fchroffen Wände der durchſchnittenen Berge. mit 
den tief Hefurchten Schluchten, die fehönen Büfche und Waldpartien, 
welche jene Erönen, oder fich mach diefen hinziehen, bilden mit den 
Sluthen ‚des Stromes einen herrlichen Gontraft, dem die Zinte des 
Herbſtes ein um fo hübfcheres  Golorit verlieh. 

Eben fo fihön iſt Murek gelegen, ein Schloß auf einem ſteil 
abfallenden, bewaldeten Bergrücken rechterfeits, der Marktflecken von 
Papeln und Weiden verftedt zur Linken des: Stromes, 

Sedgwik und Murchiſon haben diefer Gegend ihre Aufmerkiams 
keit geſchenkt, und darüber fo detaillirte, geognoftifche Befchreibungen 
gegeben, daß nicht Leicht etwas: hinzuzuſetzen ift. 

An der Weitersfelders LVeberfuhe wurde das vierte Mal Halt 
gemacht. Man entledigte ſich der Weinfäffer und einiger Perjonen, 
was zu mehr als einem halbftündigen Aufenthalte Veranlaffung gab, 
während welchen ich mich nach Pflanzen und Thieren umfah. Ganz 
unerwartet fam mir an Diefem Orte eine intereffante Süßwaſſerſchnecke, 
die Melania-Holandri Frs., welche an feichten Stellen des Fluſſes 
in’ umähliger Menge vorfam, aber wie ich bemerkte, nicht tiefer als 
1 Huß- unter dem Wafferfpiegel ging. Von Vögeln wurden ſchon 
auf der ganzen Reife Wildenten, zahlreiche Fiſchreiher, Kibize u. dgl. 
bemerlt. Das Murwaffer Hatte um 10 '/, Uhr Vormittags bei Wil- 
dom im der Mitte des Stromes, und zwar in-der Sonne 7,5° R, 
bei Ehrenhaufen um 2 Uhr Nachmittags 8,96% R. 

Da es num Abend zu werden anfing, und die Zeit fo weit vor⸗ 
gerückt war, dag man kaum erwarten konnte, noch vor Einbruch der 


> 112 er 


Nacht Radkeräburg zu erreichen, fo wäre es am zweckmäßigſten ges 
wefen, in Murek zu bleiben, was mir überdieß den Vortheil verichafft 
hätte, die Gegend etwas umftändlicher zu betrachten. Doch dieſer 
Anſicht war unfer Schiffscapitein nicht, und fo wurde. in einer 
Aue angelandet, und die Sirtmühle ald der Ort des Nachtquartiers 
bezeichnet. Ungeachtet diefelbe ganz honnet und gaftlich fchlen, fo hatte 
ich doch nicht Luft, mich Hier etwa noch einige Stunden bis zum Abend 
tifche zu langweilen, fondern beſchloß noch nach Nadkersburg zu ger 
ben, was aber eine Strede von wenigſtens drei Stunden Weges 
war, die ich mir freilich viel kürzer dachte. 

Die Nacht war indeſſen fhön und mondhell, daher die Bandes 
rung, die mir Überdieß noch einen vortrefflihen Schlaf verſprach, auf 
die Ruhe im Schiffe pafiend. Erft nah 10 Uhr erreichte ich das 
Gaſthaus zum Engel am äußern Gries, in dem ich. Die befte Be— 
wirthung fand, umd nach dem forciten Marfche auch bald zur Ruhe kam. 

Den folgenden Zag benugte ich, um einen Blick in die Weins 
Hügeln zu thun, welche im Süden der Stadt ſich in eine unabfeh- 
bare Gerne erfiredten, ferner um den Schlofgarten von Oberradkers⸗ 
burg mit feiner herrlichen Fernſicht zu genießen, und endlich mid 
in der Stadt felbft, Die am Linken Murufer Liegt, umzuſehen. 

Der fandige, hier und da oolitifche Kalkſtein der oberen tertiären 
Sormation gab folgendes Vegetationsbild, aus dem man Den Eins 
fluß des kohlenſauern Kalfes nicht undeutlich zu entnehmen im Etans 
de ift. Die unter jenen Verhältniſſen beobachteten Pflanzen waren, 
vorherrfchend Folgende: Fagus silvatica, Athamanta Cervaria und 
Oreoselinum, Daphne Mezereum, Astrantia major, Cyclamen 
europaeum, Hieracium umbellatum, Centaurea Scabiosa, Vi- 
burnum Lantana, Gentiana asclepiadea u. f. w., Pflanzen, die 
faft ohne Ausnahme zu den Falkpolden gehören. 

Sn mehr als einer Beziehung intereffant war mir der Berg 
son Oberradfersburg, der am Nordabhange nicht nur ein fehr lehr⸗ 
reiches geognoftifches Profil entfaltet, fondern auch eine Menge von 
Conchylien beherberget, die meine Aufmerkſamkeit an fich zogen. Un⸗ 
ter den zahlreichen Helix-, Clausilia- und Pupa-AUrten waren die 


> 113 er 


Gehäufe der vorweltlichen Gerithien, Cardium⸗ und Venus Mufcheln 
fo bunt untereinander gemengt, als ob fie Einer Generation anges 
hörten, während doc zwifchen dem Dafein der einen und der andern 
ein Zeitraum liegt, für welchen nur Jahrtaufende einen hinläng⸗ 
lichen Maßſtab geben können. Bei dem Anblicke dieſer feltfamen 
Miſchung kennte es nicht anders kommen, als daß Gedanken in 
meinem Innern erwachten, die mich almahlig zu Betrachtungen 
äber irdiſche Hinfälligkeit, und Über die große Metamorphofe der 
Welt, die ih in den Kleinen Schalen unanfehnlicher Thiere eben 
fo, wie in der Gefchichte der MenfchHeit zu erfennen gibt, führten. 
Betrachtungen der Art find es eben, die eine fo reichhaltige und 
umverfiegbäare Quelle des teinften Genuffes für Den find, dem die 
Erſcheinungen der phyſiſchen Natur nicht gleichgültig bleiben. Wo, 
möchte ich fragen, iſt die Sprache des Schöpfers vernehmbarer und 
eindringlicher, als gerade dort, wo er fich der Zeichen und Laute des 
Naturlebens bedient, deren Verftändniß freilich nicht Jedermanns 
Sache iſt, aber eben darum auch Niemanden, wenigftend den Grund» 
zügen nach fehlen fol, der auf Bildung und Humanität Anfpruch 
machen will, 

Zum Befuche der Lanen von Sicheldorf, ein an vielen feltnern 
Waſſerpflanzen ausgezeichneter Det, war mir die Zeit zu fpüt gewors 
dern, da ich vor hatte, noch denfelben Tag, und zwar frühzeitig in 
Kloͤch einzutreffen. 

Ich ging alfo um die Mittagsftunde von Radkersburg ab, und 
zog gemächlichen Schrittes über die Felder und Auen in der Rich 
tung gegen Halbenrain. Große Weidepläge, überdeckt mit Cyperus 
flavescens, Eichen⸗, Birken» und Nadelholzwaldungen, wurden 
durchzogen, bis fih das Terrain in der Nähe von Klöch fanft zu 
erheben anfing. Erſt in geringer Entfernung von dieſem Orte vers 
rathen die dunkeln Gefchiebe, Die das Heine daher kommende Wäf- 
ferchen führt, daß Bafalt in der Nähe vorkommt. Kloͤch ſelbſt, ein 
eines Dorf mit einer Pfarrkicche, fteht auf diefer Felsart, und ift 
den Geognoften längſt als einer der günftigiien Orte für dad Stu⸗ 
dium der Bafalte, Bafalttuffe u. f. w. bekannt. 

6. Jahrg, 11. Heft. 8 


> 114 46 · . 


Der Bafalt erfcheint hier in beträchtlicher Anstehnung aus dem 
tertiären Sand und Mergel auftauchend, und bildet, fo wie der 
Trachit bei Gleichenberg, eine Spalte im Gebirge, welche im nach 
fichenden Profile anſchaulich gemacht if 


Seindelberg_ Hindberg 
+ 
, 4 


77 
1. ———— Sand. 2. Sehr verwitterbare Lavabreecie mit Thonlagern und Riesel- 
geschieben, 3. Dichter Basalt. 4. Verwitterbarer röthlicher Basalt. 


Die tiefe Schlucht, das dunkle Geflein, und die Trümmer der 
nahen Ruine geben diefer Gegend einen eigenthümlichen melandpolis 
ſchen Anſtrich, der durch die düftern Waldungen und Die Zodten« 
ſtille, die rings herum Herrfcht, noch erhöht wird. Der Gang nad 
der Ruine war das erſte, was noch, um den Abend auszufüllen, un⸗ 
ternommen wurde. Der auf einen glimmerreichen Sand folgende, 
fehr verwitterbare, ungefchichtete Bafalttuff, Der das Anſehen einer 
Breccie aus Lavaflücden hatte, und mit Thonlagern und Kiefelgefchier 
ben gemengt war, erregte im hohen Grade meine Verwunderung. 

Die Burg ſteht auf Dichten Baſalt, und ift fo durch Bufchwerf 
und Didicht verwachfen, daß man kaum in ihre Nähe kommen kann. 
Epheu⸗ und Glematisffämme von der Dice eines Mannesarms Ham: 
mern fih an das nacte, zerriffene Gemäuer an, als wollten fie das— 
felbe vor dem unaufhaltfamen Gange der Zerftörung fichern. 

Schr wichtig war mie auf dem gegenüberftehenden Kindberg, 
der gleichfalls aus Dichtem, aber Deutlich gefchichtetem Baſalt beftand, 
und hinreichende Selspartien darbot, die Vegetation etwas näher zu 
unterſuchen. Nach der feltenen Chimaphylla umbellata, die Gebhard 
bier fand, forfchte ich vergeblich, indeffen wird der Reichthum an 
hübfchen Gewächſen, wenn auch nicht den Sammler, doch wenigfiens 
den Naturfreund immerhin befriedigen. 

Der Charakter der Flora ift der einer gemifchten, und zeigt 
wenig Ausgezeichnetes, Doch iſt erfihtlih, daß fich derfelbe dem 
einer Kalkflora fehr nähert, was mid in Erſtaunen fehte. Aus 
nachſtehendem an Ort und Stelle angefertigten Verzeichniſſe der an- 


„> 115 + 


getroffenen Pflanzen wird man erfehen, wie fehr obige Bemerkung 


Grund bat, 


Dflanzen des Bafaltes bei Klöch. 


Anthericum ramosum, 
Convallaria Polygonatum, 
Athbamanta Cervaria, 
Cynanchum Vincetoxicum, 
Aster Amellus, 

Eupborbia Cyparissias, 
Festuca glauca. 

Hieracium racemosum, 
Trifolium agrarium, 
Gentiana asclepiadea, 
Sedum Telephium. 

—  sexangulare, 
Galium silvaticum, 
Theuerium Chamzdrys, 
Calamagrostis silvatica, 
Fagus silvatica, 


Cyclamen europzum, 


‘Torilis Anthriscus, 


Selinum Chabrai. 

Spirza Aruncus, 

Carlina vulgaris, 

Melica ciliata, 

Orobus vernus, 

Betonica officinalis, 
Dianthus Armeria, 
Serratula tinctoria, 

Seseli annuum, 

Scabiosa ochroleuca, 
Mereurialis perennis, 
Calamintha montana. 
Asplenium Adjiantum nigrum, 
Lecidea aurantiaca Fingh, 


Bel Vergleihung diefer mit anderen Bafaltfloren, namentlich 
mit jener von Churheffen, einem an Bafaltluppen reichen Lande, 
wird man, wenn auch nicht in einzelnen Pflanzen, fo dech im all- 
gemeinen Charakter der Vegetation manches Uebereinftimmende finden. 
(Vergleiche hierüber : Schriften der Geſellſch. zur Beförd. der gef 
Naturwiſſ. zu Marburg, B.»ıv. 1839). 

Ungeachtet der großen Mübdigkeit, die ich mir während des raft- 
Iofen Tages holte, Konnte ich doch wenig fehlafen, denn das Pols 
term und Plätfcheen der Wäfcherinnen hart an meinem Schlafgemache 
Hatte erſt nach Mitternacht ein Ende, Nur halb erquidt vom Schlafe 
fprang ich mit dem Frührothe vom Lager auf. Bald änderte fich die 
Scene am Himmel; Wolfen umzogen ihn, die zwar nicht drohend. 
ausfahen, aber beim Undauern des Südwindes ihre Auflöfung in 
fanften Regen befürchten ließen. | 

Ich nahm Büchfe und Hammer, und fchrätt getroft der Klamın 


iu, die den Hintergrund des Heinen Keſſels durchfchnitt. Mein Füh— 
8 - 


„> 116 «« 


ter war der Bach, der je tiefer defto ungeduldiger zu werden anfing, 
und zwifchen den dunfeln Klippen in ein lautes Gemurmel ausbrach. 
Mehrmals war ich in. diefer Waldeinfamfeit ftehen geblieben, in Be: 
tradhtungen verfunfen vor den Felsmaſſen mit ihren üppigen Moos: 
polftern, vor den Kräutern in der Frifche des Morgenthaues geba- 
det, vor den Baumgruppen in. der fhönften Mifhung der Herbſtfar⸗ 
ben. Kein Laut unterbrach die feierliche Stille, Ich weiß nicht, was 
mic) Damals fo mächtig ergriffen? War e3 das ungeflörte Gewahrwer⸗ 
den einer in ſtillem Zeugen und Schaffen fi) erfreuenden Natur, oder 
der Gerd.nfe an die gewaltigen Veränderungen, welche die Bildung 
und das Hervortreten eben Diefer Felsmaſſen in einer vorweltlichen 
Zeit in dem ſchon Beftehenden hervorbrachte? Kaum ſchien es moͤg⸗ 
lich, daß dieſe Stätte der tiefſten Ruhe einſt ſo bewegt, und dem 
Leben ſo feindlich war. Unvermerkt hatte ich bei dieſen Meditationen 
Weg und Bach verloren, und trat überraſcht in ein offenes Keffel: 
thal, rings vom Wald umgeben. Der Wind räufchte in den Birken, 
es war wie Gottes Odem, — der Morgenftrahl blißte durch die Tan— 
nenzweige, — ed war des Allmächtigen Auge, das fich mir nie reiner 
offenbarte, als an diefer Stelle, fo reich, fo fprechend, fo ernft 
Zeugenfchaft gebend von dem Frieden der Natur, trotz dem fteten 
Widerſtreit der Kräfte, von der ſtrengen und doch heiteren Geſetz⸗ 
wmäßigfeit, die aus jedem Wirfen des Naturlebens hervorleuchteti 
Unbekannt mit der Gegend und Richtung‘ fchritt ich vorwärts 
Dort, wo die Dichte des Waldes einen Allsgang verfprad. Gine neue 
Veberrafhung ward mir hier zu Theil, ich bemerkte erft jeht, daß 
ih mich auf einem Plateau befand, von welchem aus die niedere 
Hügelgegend bis St. Anna an der ungarifchen Grenze tief zu mei— 
nen Füßen dalag. Bald Hätte ich eine merkwürdige Entblößung des 
Terrains überfehen, auf der ich ftand, die aber Durch niederes Ge- 
büfh meinem Blicke entzogen war, Es war eine fehr intereffante 
Bildung von wechfelnden Mergellagern und Bafalttuff, deren Ober- 
fles aus einem Gonglomerate von Baſalt-, Lava- und Quarzge— 
fhieben beftand, und die ſämmtlich eine Feine Neigung gegen Sü— 
den, d. i. gegen den Bafalt von Klöch verriethen, Länger als eine 


> 117 + 


Stunde hielt mich die Unterſuchung derfelben auf, allein es gelang 
mir bei aller Sorgfalt nicht, irgend eine Spur foffiler, organiſcher 
Körper zu finden: 

Nun ging es raſch Thal abwärts auf ein kleines Doͤrſchen (Pichla) 
gi, und von da, nachdem einige Wieſengründe durchſchritten waren, 
in ſanfter Aufſteigung nach dem Stradnerkogel hin, einem ausge 
dehnten von Nord nah Süd flreichenden Vergrüden, der fih bie 
zue abfoluten Höhe von 1864 Par. Fuß erhebt, aus einer dunkel 
Bafaltmaffe, der größten der ganzen Gegend befteht, und In einer 
Seitz wo, krankhafte Einbildungskraft fih in unmittelbarer Verbins 
Dung mit ‚guten und-böfen Geiftern zu ftellen wähnte, weit berühni⸗ 
ter war, als er jegt als Wildbahn: iſt. Diefer Bergrücken, fage ich, 
iſt es, Der weit umher als Aufenthaltsort der, Herem, berüchtiget; war, 
von wo aus Diefe menfchlichen Angeftalten in, Blitz, Donner und 
Hagel Entſehen und Berderben über Das Land verbreiteten. Noch 
gegenwärtig, findet fi auf Dem Schleffe. Gleichenberg eine nicht un« 
intereffante Sammlung von Herenprogeffen, aus denen erfichtlich fein 
ſoll, wie zuweilen auch ohne Anwendung der Folter Geſtänd niſſe von 
Perfonen gemacht wurden, Die auf-einen unmittelbaren Imgang mit 
böfen Geiſtern hindeuten, die fie eben mit folchen. verderblichen Kräf⸗ 
ten. ausrüfteten, - Welches traurige Bild. diefe Actenſtücke pon dem 
Zuftande — ich, will nicht. fagen, Der. Rechtspflege — fondern der Ders 
ftandescultur jenes Zeitalters geben, mögen Die zahlreichen Hinrich— 
tungen; ſolcher vorgeblichen Hexen bewähren, welche dazumal beinahe 
zur Tagesordnung gehörten. 

Noch ſteht jener Berg In feiner vormaligen Herrlichkeit, Die He: 
ren; find, Bott ſei Dank, verſchwunden, und. felbfE der Menjchens 
freund, dem das beifere Geſchick feines Geſchlechtes, und der Sieg 
feiner» edleren Kräfte am Herzen liegt, Darf nicht mehr, mit Wehmuth 
von jenen. Höhen, auf ‚die wahrhaft zauberifchen Umgebungen her⸗ 
abbliden. 

In diefen Leteren ftellen fich einige Punkte ganz vorzüglich 
heraus; fie find Die auf einer Bergſpitze gelegene Kirche von Stra— 
den, oder Hochſtraden mit dem am deſſen Buße liegenden Sohanniss 


„> 4118 «re 


Brunnen, — das Dorf, der Badeort und das Schloß Gleichenberg, und 
mehre andere, die alle anzuführen viel zu weitlänfig wäre, Ich 
will nur bemerken, daß diefe Ortfchaften einer angenehmen Hügel- 
gegend angehören, die in der Gerne von dem Halbfreife der Alpen 
umfhlungen wird, Nur die merfwürdigeren. follen bier a. durch⸗ 
gangen werden. 





Johannisbrunnen und Gleichenberg. 


Don dem Uebergangspunkte des Stradnerkogels, der fi wol 
taum 1000 Fuß über das breite Thal von Gleichenberg erhebt, kommt 
mar Über Hoff nach Iohannishrunnen, das fo wie Gleichenberg 
einem Actienvereine angehört, und ein ganz vorzüglicher Säuerling 
iſt, der feloft den gefuchteften Quellen der Art an die Seite geftellt 
werden kann. Erft vor einigen Jahren (1835) fand die Nymphe 
des Quells beſſern Schuß und Obdach, und feitdem haben an der 
heiligen geheimnißvollen Stätte ihrer Geburt fchon viele Taufende 
dankbar ihre Opferfpenden dargebracht. Wie mir von einem Augen 
gengen der Faſſung dieſer Quelle verfihert wurde, zeigte fih am 
Grunde des zwei Klafter tiefen Brunnens (vom Niveau des Waſſers 
gerechnet) als Grundlage Baſaltſchotter, aus dem fünf verſchiedene 
Quellen hervorbrachen. Dieſe wurden in ein gemeinſames Becken 
vereint, und bilden die jetzige Quelle, welche einen ziemlich ſtarken 
Abfluß Hat, und der ſich nach Angabe des Heren Prof. Schroͤtter in 
einer Minute auf einen Eimer beläuft. 

Das Waſſer ſelbſt ſchmeckt angenehm fäuerlih, aber weniger 
pridelnd als die Robitfcher- Quelle, iſt auch nicht fo Falt wie diefe. 
Seine Temperatur fol etwas varliven; ich fand fie nach forgfältiger 
Unterfuhung am 5. October Vormittags 10,90 C, d. i. 8,720 R. 
Der Verbrauch des Waſſers if bedeutend, denn es werden jährlich 
mehrere Zaufend Flaſchen und Krüge verfendet, Die Art der Fül— 
lung und Verpihung ift fo wie in Rohitſch. 


> 119 4 


Nach der Analyfe Schrötter'3 T) zeichnet fich diefe Quelle durch 
einen bedeutenden Gehalt von Kohlenfäure und Eohlenfauern Salzen, 
ferner durch eine große Menge von Chlornatrium und durch eine 
geringe. Quantität von Eiſenoxydul aus, und, was merkwürdig aber 
nicht ungewöhnlich ift, follen alle fünf einzelnen Quellen in ihren 
Beſtandtheilen etwas von einander differirt haben. 

Außer dem Brunnengebäude und dem Wohnhaufe eines Bes 
amten bemerkt man hier feine Bauten, Die auf Unterbringung von 
Gurgäften berechnet wären; dieſe finden indefjen die befte Unterkunft 
in dem eine Stunde entfernten Öleichenberg, wohin in den Sommer» 
monaten dad Waſſer auch täglich zum Bedarf der Gurgäfte ges 
bracht wird. 

Weſtlich vom Johannisbrunnen erhebt fich eine faſt durchaus 
mit Neben bepflanzte Hügelfette, Die mit dem parallel Laufenden bes 
waldeten Stradnerkogel den fchönften Contraſt bildet. Einen der er: 
habenften Punkte diefer Sandberge nimmt die Kirche von Hochſtra⸗ 
den und die herum liegenden Häufer des gleichnamigen Marktfleckens 
ein.» Ein lieblicheres Rundgemälde habe ich nicht bald gefehen ala 
auf dem Kirchhofe dDiefes Ortes, der ganz gemacht zu fein fcheint, 
um eine troßtvolle Ausficht von diesfeits mach jenfeits zu gewähren, 
Mit Recht darf daher Hochſtraden als der paffendite Punkt genannt 
werden, wohin ſich der Exheiterung fuchende Badegaſt von Gleichen⸗ 
berg wenden mag. ine gut erhaltene Fahrſtraße und ein Fußpfad, 
durch Wieſen irrend, verbinden die beiden Orte. 

Gleichenberg ift den Geognoften ſchon feit Langem durch ©. 
v. Buch's ſchoͤne Abhandlung müber einige Berge der Zrappforına= 
tion bei Gräß« (vorgelefen in der königl. preußiihen Afademie der 
Wiſſenſchaften, gedruckt in den Abhandlungen derfelden für die Jahre 
1818 und 1819, und in der ſteiermärk. Zeitfchrift von 1821, 
Heft 3) bekannt, auch nemerlih hat Here Partfch eine fehr de= 
taillirte Darftellung dieſes intereffanten Terrains gegeben (die Heils 
quelle des Thales Gleichenberg 2c.), und wirklich möchte nicht Leicht 





1) Die Heilquelien des Thales Gleichenberg, p 98, 


> 120 «re. 


ein zweiter Ort in Steiermark zu finden fein, der den Gebirgsforſcher 
mannigfaltigeren und lehrreicheren Stoff zu Betrachtungen darböte. 
Aber nicht nur für den reifenden Naturforfcher, fondern auch für 
den bedrängten Kranken hat die Natur hier. einen Born eröffnet, 
den er nicht Leicht ohne vielfache Segnungen verlaffen wird. Es if 
zu wundern, wie in einer kurzen Zeit von wenigen Jahren der Ruf 
der Quelle fo zugenommen hat, daß man fich bewogen fühlte, das ein- 
fame Thal mit eben fo großartigen als zierlichen Gebäuden zu verfchör 
nen. Hat hier die Natur ſchon an und für fich viel gethan, fo iſt nicht 
weniger der gute Geſchmack derer zu bewundern, die auf die Begrüns 
dung und Belebung diefes Badeortes zunächſt Einfluß nahmen, und 
ed wäre fehr ungerecht, wenn nicht vorzugsmeife die Umgebung, ja, 
wenn nicht das ganze Land am dem Gedeihen dieſes einladenden 
Alyı's für Bedrängte und Leidende den Lebhafteften Antheil nähme. 

Drei Quellen find ed, welche in geringer Entfernung von ein⸗ 
ander in einer lieblichen Bucht des Sulzleitnerthales unter grotesfen 
Trahitfelſen entfpringend, den Mittelpunkt für die Anlagen des Gleis 
chenbergerbades bilden, um die wie in einem Halbfreife die verſchie⸗ 
denen Gebäude des Vereines und mehrerer Privaten gruppirt find. Die 
hinterſte Quelle, zugleich die fehwächfte von 14,8° C, wird zur Dus 
ſche verwendet, und ift von einem fehr gefhmadvollen Gebäude ums: 
geben. Wenige Schritte nach vorne iſt die ſtärkſte und gehaltoollfte, die 
fogenannte Sonftantinsquelle von 17° C (A. Oct. 1835), 16,99 C 
(5. Det. 1835), 179 C (6. Oct. 1838). Sie hat bis zum Waſſer⸗ 
fpiegel eine Ziefe von A Klafter, und gibt nach Schrötter in einer 
Minute beiläufig 50 Wein. Maß Waffer. Dasfelbe ift angenehm fäners 
lich und pridelnd, hat aber ald Therme jene kühlende Friſche durch» 
aus nicht, wie die Rohitſcherquelle. Der Analyſe Schrötter's zu Folge 
zeichnet fi Diefe Quelle Durch eine große Menge freier Kohlenfäure, 
fohlenfaurer Salze, durch eine eben fo namhafte Menge Chlornatri- 
um's, und Durch den Mangel von Eifen aus, weßwegen fie auch der 
Duelle von Selters zunächft flieht, und daher für alle jene zahl, 
reihen Krankpeitsformen paßt, in denen die letztere mit fo außeror⸗ 
dentlihem Erfolge wirkfam iſt. 


„> 121 or 


Deftlih von diefer Trinkquelle, welche ein Pavillon ſchützt, fin⸗ 
det fich die dritte, d. i. die Badequelle, welche allein zu Bädern bes 
nußt wird, die auch auf das Zweckmäßigſte eingerichtet find, 

Here Prof, Schrötter hat die abfolute Höhe diefer und der legt: 
genannten Quelle nach einer Barometermeffung auf 663 Wien. Fuß 
beſtimmt; da mir Diefe Höhe viel zu gering fchien, und zwar um 
fo mehr, als das mehr als zwei Stunden entfernte, am Ausgange 
desfelben Thales gelegene Halbenrain, nach trigenometrifchen Bes 
fimmungen des k. k. Generalftabes auf 695,4 Wien. Buß angeger 
ben wird ) (auch abgefehen davon, daß damit die Thurmſpitze ger 
meint iſt), dieſe Höhe auch im Vergleiche zu dem Niveau der Klaus: 
nerquelle (1548 Wien. Fuß) zu nieder erfcheint, fo habe ich eine 
neue Beſtimmung vermittelft eines vom Herrn Prof. Gintl adju: 
flirten Hypfometers verfucht. Nach der am 6. Detober um 10 Uhr 
Vormittags. vorgenommenen Kochung zeigte das auf dem Boden der 
Trinthalle ſtehende Hyfometer 99,230 C, gleichzeitig war auf dem 
1111,06 Wien, Fuß über die Meeresfläche erhabenen Obfervatorium 
im Gräß, der auf 0% R vedmirte Barometerftand 26,903 Par. 
Zoll y die Temperatur der Luft in Gleichenberg war 15,75 C, im 
Gräg*14,7° C. Diefes gibt für die Gonftantinsquelle eine abfo= 
lute ‚Höhe ‚von 749,6 Wien. oder 729,4 Par. Fuß, eine Höhe, 
welche viel beſſer zu den Angaben des Generalſtabes, bezüglich auf 
benachbarte trigonometrifch beftimmte Orte paßet, und zeigt, Daß Dies 
ſer Punkt bei Weitem nicht fo tief liegt, ala man bisher dafürhielt. 
Ich führte dieſes bier fo ausführlich aus dem Grunde an, um einent 
Inſtrumente das Wort zu fprechen, das mir in mehr als einer Des 
ziehung für Beſtimmungen von Höhen, wie fie der Geograph, Gtas 
uiſtiker/ der Geognoſt, der Thier⸗ und Pflangengeograph, mit einem 
Worte: der) reifende Naturforfcher bedarf, geeignet fcheint. Es läßt 
ſich vorausſetzen, daß Herr Prof. Schrötter bei Beflimmung obiger 
Hoͤhen mittelft des Barometerd mit der nöthigen Sorgfalt und Ges 





4) Trigometriſch Deftimmte Höhen u. f. tv. aus dem Protofolle der General-Dis 
reetion. der k. k. Cataſt. Landesvermeſſung ausgezogen von A. Baumgart⸗ 
ner. P· 43, 


„> 122 er 


nanigkeit zu Werke gegangen if, und dennoch fcheinen die Refultate 
weniger richtig, als die mit dem Hypfometer erhaltenen Daten. &o- 
wol diefe, wie eine Menge anderer Hoͤhenbeſtimmungen, die ich nit 
diefem Infteumente vornahm, Haben mir gezeigt, bis zur welchem Gra⸗ 
de von Genauigkeit die Leiftungen desfelben gehen, und ich erſtaunte 
nicht wenig, Daß diefelben jenen des Barometers nicht nur gleich Bar 
men, fondern fie Häufig fogar überboten. Es ift alfo das Hypfometer 
von diefer Seite aller Unempfehlung werth. Bon der andern Seite 
empfiehlt fich dieſes Inftrument ganz vorzüglich Durch Die bei Weitem 
mindere Schwere, durch die äußerſt geringe. Gebrechlichkeit, und durch 
die Höchft einfache Handhabung bei der: Benutzung desfelben ‚ Eigene 
ſchaften, die ed nicht nur möglich machen, mit dem Inſtrumente in 
der Roctafche Ausflüge zu machen, fondern dasfelbe jedem * 
wenn ee auch noch fo ſtoͤßt, keck anzuvertrauen. 

Wie wohlthuend, wie einladend mag dieſe Bemerkung für rei⸗ 
ſende Naturforſcher fein, die gewöhnlich ihre Barometer ſtets an ihrer 
Seite zu halten genöthiget find, und bei aller Vorſicht im Transporte 
doch in der Regel die traurige Erfahrung machen, daß fie, ſelbſt noch 
nicht einmal an den Ort ihrer Beftimmung angelangt, ſchon den Ver: 
Luft oder die Unbrauchbarkeit ihrer Inftrumente erfahren müffen: Sc 
zweifle daher auch gar nicht, daf das Hypfometer in Kurzem das Ba: 
zometer für den Gebrauch der Höhenbeftimmungen gänzlich verdrängt 
haben wird 1). 

Ich kehre nun zu den Quellen von Gleichenberg zurück, und 
bemerkte, Daß außer den genannten drei Quellen fih in Heiner Ent: 
fernung noch eine vierte Quelle befindet, Die wegen ihres vorwalten- 
den Beſtandtheiles von Eifen und Lithion neben freier Kohlenfäure, 
den Namen der Klausner- Stahlquelle führt, Der anmuthigfte und 
zugleich der intereffantefte Spaziergang führt zu diefer im Walddunfel 
verborgenen Quelle. Bis zu dem Dorfe Gleichenberg wandelt man 
äwifchen Geldern und Diefen, und kaum Hat man die wenigen Stroh⸗ 





4) Ausführlich handelt Über dieſes Inſtrument das Wert: »Das Höhenmeffen heit 
dem Thermometer«, dargeſtelt von J ZB. Gintl, mit 4 Kupfertafel, Wien 
1835, 8, 6 ©- 


„> 1923 «w 


hütten desfelben etreicht, fo ſteht man vor der Deffnung einer Ge⸗ 
birgsſpalte, welche die 1837 Par. Fuß hohen, kegelfoͤrmigen Gleichen 
berge bis auf den Grund trennt. Verfolgt man endlich) den Dach, 
der durch diefe Gebirgsfpalte , hier Klamm genannt herausfließt, fo 
dringt man, wie & v. Buch fich ausdrüdt, „in der That in das Ins 
nere des Berges ein." Hohe Telfen zu beiden Seiten des Baches zie— 
ben ſich durch eine halbe Stunde Weges in malerifhen Windungen 
fort, und man wird nicht wenig überrafcht, am Ende derfelben eine 
ganz idylliſche Landfchaft mit einem niedlichen Jägerhaufe zu erblicken. 
Nächft dieſem Liegt die Klausnerquelle; ihre Temperatur fand ich 
zu felber Zeit 11,2° C; am Abfluffe fammelte ich Oscillatoria 
Okeni Agdıh. ! 

Der Geognoft wird auf dem Wege durchdie Klamm die herrlich- 
ften Beobachtungen über die vielfachen Nuancirungen des Trahit's 
machen, der bald weiß und brödlich ift, und bei der Verwitterung 
einzelne abgerundete Maffen zurücläßt, bald röthlich und porphyrartig 
erfcheint, je nachdem er bald Hier bald dort mehr die Einwirkung vul- 
canifcher Gluten und unterirdifcher Dämpfe erfuhr. Für den Bota— 
niter find dieſe fchattigen Felſen unerfchöpflich in Darbietung einer 
Menge feltener Laub» und Lebermoofe, Blechten und anderer ſchoͤner 
Berge und Felspflanzen. Ueberhaupt dürfte demfelben hier auf dem 
Trahit ‚wieder das häufige Erfcheinen von kalkſteten und tkalkholden 
Pflanzen auffallen. Ich verzeichnete als ſolche Cyclamen europae- 
um, Daphne Mezereum, Prunella grandiflora und vulgaris, 
Astragallus glycyphyllus, Epipactis atrorubens, Sedum Tele- 
phium. Euphorbia amygdaloides und Cyparissias, Arabis are- 
nosa mit Uredo candida behaftet, Gypsophila Saxifraga, ferner 
Allium fallax Don, Asperula odorata, Luzula albida, Sanicula 
europaea, Poterium Sanguisorba und Orobus vernus. Ueberdieß 
lächeln Hier noch von den Felſen herunter Spiraea Aruncus und Dian- 
thus plumarius, Hieracium umbellatum und silvaticum, Betoni- 
ca officinalis, Campanula rotundifolia und persieifolia, und eine 
Menge anderer Pflanzen, während fich zwifchen den feuchten Moos- 
polftern mehrere Collema- und Peltigera » Arten, und die in Steier⸗ 


„> 124 «er 


mark feltene Stieta fuliginosa Ach ausbreiten. Auch die nackten 
Felſen werden von zahlreichen Laub⸗ und Schorfflehten bemahlt, uns 
ter denen Lecanactis grumulosa Frs., spilomatica, und mehre 
auf Schiefergeftein vorfommende Arten. erwähnt zu werden verdienen. 
Bei diefer Gelegenheit bemerkte ich noch einen Sumpf nächſt dem 
Sohanniebrunnen als Yundort der intereffanten Chara zonata Ziz 
und Aster Tripolium, Juncus glaucus und mehrere Moorpflan- 
jen am Abfluffe der Gleichenberger⸗Säuerlinge. 

Mie bereits gefagt, trennt die genannte Spalte zwei Gebirgs- 
maffen, wovon die weftliche, minder hohe, mit einer Burg, : Die noch 
jeßt bewohnt ift, verfehen ; die öftliche Hingegen fich viel fleiler und 
mächtiger erhebt, und vom Buße bis zur Spige mit einem gefchloffe- 
nen Buchenwalde bededt ift. Belläufig 400 Fuß über dem Niveau 
der Thalfläche, d. i. etwas unter der halben Höhe diefes letzteren Ber- 
ges, der indgemein der Gleichenbergerkogel genannt wird, findet ſich 
ein Mühlfteinbruch, der wenigftens fhon durch fünf Generationen be: 
arbeitet wird, und ſelbſt bei wiederholtem Befuche des Ortes ganz ber 
fonders meine Aufmerkfamkeit in Anfpruch nahm. 

Auf dem Trahit, welcher Hier und da verwittert ift, und woraus 
der ganze Berg befteht, Liegt Hier ein fehr grobförniges Gonglomerat 
durch ein quarziges Bindemittel zu einer fehr fehlen Steinmaſſe vers 
fittet. Dem Unfcheine nach dürfte dasſelbe wol mehre Lachter mäch— 
tig fein. Dieß wird nicht bearbeitet. Nun folgt ein feinkörniger, Hier 
und da aber dennoch im Korne wechfelnder Sandſtein aus gleichen 
Elementen zufammengefeßt, in einer Mächtigkeit, die 5 Lachter kaum 
überfteigt. Er iſt Deutlich gefchichtet, und der Zwifchenfchichten zählt 
man im Ganzen drei, aber die Mächtigkeit der durch ſelbe getrenn- 
ten einzelnen Lager überfteigt faum 2 bis 3 Schuhe, weil dem ober⸗ 
ſten Theile des Sandfteines diefe Zwifchenfhichten abgehen. Diefe 
Ießtern find mehr loder, und beftehen aus theils mürben, jerreiblichen 
oder in Hornftein verwandelten Trümmern von Holz, Aftftüden, Za⸗ 
pfen von Goniferen u. ſ. w. (aber feinen Abdrücken von Blättern). 
Häufig bemerkt man nur den Kern, d. 1. das Innerſte derfelben zu 
einer dichten Maffe verkieſelt, das Aeußere Dagegen weiß und in einem 


„> 125 ++ 


serreiblichen Zuſtande. Diejenige Art, in der die vegetabilifchen Nefte 
am gewöhnlichiten vorfommen, ift die zerreibliche, und eine dichte Art, 
im welcher aber die Spuren organifcher Abfunft mehr oder weniger ver- 
wiſcht find. Die Trümmer find meift abgerundet, und zeigen ſich un— 
verfennbar als Gefchiebe, Die Schichtung ift fat ſchwebend (horizon⸗ 
tal), und die ganze Felsmaſſe ift Durch fehr ſchmale Klüfte zerriffen, 
in welche Tagwäſſer Humöfe Thonerde führten, die auch von den Wur: 
zeln der Bäume oft über zwei Klafter tief aufgefucht wird, 

Schon feit längerer Zeit hat mich die Vergleichung diefer foffi- 
len vegetabiliichen Reſte mit jeßt lebenden Pflanzen auf das Angele⸗ 
genſte befchäftiget, indefjen fand ich die Schwierigkeiten in der Unter 
ſuchung foffiler Hölzer fo groß, daß ich bisher nur zu einigen we⸗ 
nigen Refultaten gelangt bin. Die Art und Weife der Unterfuchung 
ſolcher Gegenftände, wie fie Herr Göppert empfiehlt ), hat fih in 
den meiften Fällen als unzulänglich gezeigt, und ich fah mich daher 
genöthiget, den viel mühſameren Weg der technifchen Behandlung 
einzufchlagen, welcher Darin befteht, Daß man fich nach dem Drei wes 
fentlihften Dimenfionen eines Stammes ‚papierdünne Schnitte durch 
Schleifen anfertiget. Durch lange Uebung und vielen Zeit- und Ko— 
ftenaufiwand gelang es mir endlich ſolche Präparate zu verfertigen, 
die Ähnlichen Präparaten. von Pritchard in London, von Nikol u. 
fe w. nicht mehr viel nachgeben, wenigſtens von der Art find, daf 
fie für den Zwe der BVergleihung Hinlängliche Deutlichkeit geben, 
Auf ſolche Weile war ich denn endlich im Stande in den foffilen Höl- 
zern von Bleichenberg vier verfchiedene Holzarten zu entdeden, wovon 
drei Laubhölzern, Die vierte hingegen einem Nadelholze angehört hat, 
Nimmt man an, daf die obenerwähnten foffilen Zapfen mit leßterm Hol⸗ 
je zu einer und derfelben Art gehört haben mögen, und vergleicht man 
diefelben mit ähnlichen Theilen jetzt lebender Coniferen, fo ftellt fich 
eine auffallende Achnlichfeit mit Pinus taurica heraus, welche aber 
bei allem dem doch noch fo viele Unterfchiede wahrnehmen läßt, daß 
man nicht umhin kann, in der foffilen Pflanze den Typus einer eige- 


1) Neues Jahrbuch für Mineralogie zc, von Leonhard» Jahrg. 1837. p- 903, 


> 126 «w 


nen Att zu erkennen. Ich fchlage für diefelde den Namen Pinus 
acquimontana vor, 

-Eine zweite Art foffilen Holzes von Gleichenberg zeichnet fi 
durch eine ganz eigenthümliche Form der Elementarorgange, befonders 
der Profenchymzellen und der punktirten Gefäße des Holjlörpers aus, 
die darin befteht, Daß diefelbe ungewöhnlich ftark verkürzt, und dabei 
fehr dünnwändig find. Nur wenige Hölzer, und darunter die Gattung 
Erythrina, eine Leguminoſe, zeigt damit einige Aehnlichkeit. Sch 
babe dieſes foſſile Holz als Mohlites parenchymatosus bezeichnet. 

Aller Beachtung wü.dig ift in einem Stüde diefes. Holzes. das 
Vorkommen einer fehr Heinen Pilzart, aus der Ordnung der Faden⸗ 
pilze, die manchen Arten der Gattung Torula fehr nahe kommt. Ich 
werde an einem andern Orte die Gründe angeben, weßwegen ich Dies 
fen ſoſſilen Fadenpilz nicht zur Gattung Toxula, fondern zu Har⸗ 
tig's Gattung Nyctomyces ziehe 1). | 

Diefer Nyctomyces antediluviana, wie ich diefen Pilz nennen 
möchte, iſt übrigens weder das. erfte noch das einzige vorweltliche 
Schwammgebilde, was man bis jegt kennt. Graf v. Sternberg, Lind» 
leg und Goͤppert haben bereits deren mehrere an foffilen Pflanzen ges 
funden, aber es möchte von allen den kaum eine Art fo beſtimmt 
und unbezweifelt als Pilz anzufprechen fein, als unfer Nyctomyces, 
der zugleich auf das unumftößlichfte beweifet,, daß das Holz, in dem 
er fich vorfand, bevor es den Berkiefelungsprozeß einging, morſch ges 
wefen fein muß. 

Was endlich die beiden übrigen foffilen Hölger von Gleichenberg 
betrifft, fo muß ich geftehen, daß ich bisher noch feinen Anhaltspunft 
der Vergleihung gefunden babe; fie fcheinen mir aber eben fo, wie 
Mohlites an ertrasuropäifchen Formen Theil zu nehmen. 

So viel über diefen intereffanten Müplfteinbruch und über Glei⸗ 
henberg im Allgemeinen. 

Sch feßte nun meine Reife, Leider nach zu kurzem Aufenthalte 
auf diefem Lehrreichen Boden, nach Kapfenftein fort. Ich z0g den Fuß⸗ 


4) Abhandlung. Aber Die Verwandlung der polycotyledoniſchen Pflanzengellen in 
Pılz: und Schwammgebilde, von Dr. Th. Hartig. Berlin 1313, 


# 


> 197 ee 


weg vor, der mie mehr Abwechslung verfprach, und Hügel und: Shäler 
durchſchnitt. Won dem Bade aus verfolgt man eine Fleine Gebirgsſchlucht 
im Trahite, in der ſehr niedliche Anlagen zum Vergnügen der Gäfte 
gemacht find. Dieß dauert etwa eine halbe Stunde, endlich öffnet fich 
die Schlucht, man ficht wieder Aecker, Wiefen und zerftceute Gehöfte, 
die bie und da recht nett und einladend fcheinen, Bald betritt mar 
wieder den Trahit, und hat links eine ähnliche tiefe Gebirgsſpalte vor 
fih, wie die von Gleichenberg, mit der fie auch parallel Läuft, und eben 
fo in das Sunere des Gebirges eindringt. Die kurze Zeit erlaubte mie 
indeß nicht, Diefelbe etwas genauer zu fludieren. Nun dauern bis Ka⸗ 
pfenflein Mergels, Sand» und Echotterlager an, aus denen fich jener 
Kegelberg, von einem Schloſſe gefrönt, überrafihend empor hebt. Die⸗ 
fer Berg befteht faß über Die halbe Höhe, beiläufig bis dahin, wo Die 
Kirche. ſteht, aus Sandlagern, dann tritt auf Einmal Bafalttuff auf, 
deffen deutliche Schichten Stunde 6 — 7 ftreichen, und in einem Bin- 
fl von 20° — 30° nah N verflächen, Der Bafalttuff befteht aus 
einem Gemenge von Bafaltlörnern mit eingebadenen Sand» und 
Quarzgefihieben, ferner blafigen Bafalt, Trapit, Granit, Dlivin und 
Angit = Agglomeraten, ſelbſt Muſchelkalkſtein und foifilem Holze, alles 
entweder fcharffantig in den Zuff verfloffen, oder mit einer Rinde über- 
zogen, oder endlich in blafigen Bafalt eingehüllt. Der Eigenthümer 
des Schloffes Hatte eben zum Behufe einiger Bauwerke Steindrüche in 
diefem Bafalte eröffnet, und Die gebrochenen Steine lagen noch aufs 
geihichtet da, wahrhaftig eine gemähte Wiefe für einen Geognoften, 
an der ich mich beinahe überfättigt hätte, Denn fowol ih, als 
mein Träger hatten beinahe feinen Platz mehr, um die inftructivs 
fien Granitlavaſtücke, die Dlivinmaffen u. ſ. w. unterzubringen. Ich 
verweiſe hier auf die mehrerwähnte Abhandlung des Herrn Cuſtos 
Partſch, der die Petrographie dieſes Berges mit einer Ausführlichkeit 
behandelte, die nichts zu wünfchen übrig läßt. 

"Auch hier war ich wieder auf den Charakter der Vegetation aufs 
merffam, und was ich ſchon früher zu bemerken Gelegenheit hatte, 
fand ich zum miederholten Male beftättiget. Der Anklang nämlic 
finer Kalkvegetation auf den Bafalttuffen war nicht zu verfennen, wie 


„> 128 er 


dieß ans folgenden Pflanzen, nämlich: Fagus silvatica, Anthericum 
ramosum, Gentiana asclepiadea und crueciata, Hypericum mon- 
tanum u. fr 10 zu erſehen. Sch bemerkte übrigens, daß der Boden 
auferordentlich trocden. war, und auf dem Gipfel nur eine [pärliche 
Vegetation auflommen lieh. Dagegen ſchien Die Weft- und. Nord- 
weſtſeite der Vegetation zuträglicher, denn ein Wald von Buchen: umd 
Göhren bedeckte diefelde fat ganz. Auf dem Gipfel diefer 1448 Bar. 
Fuß Hohen. tfolirten Bergſpitze fteht gleichfam am nördlichen Vorfprun- 
ge eine Kleine Kapelle, Hier genießt man eine Ausficht, die ich mit den 
impofanteften Fernſichten in unferem Vaterlande in eine Werthklaſſe 
ftellen möchte, Der nirgends beffer hervortretende Gegenſatz der weiten 
nnüberfehbaren ungarischen Ebenen mir dem majeftätifchen Alpenzi- 
ge, der drei Viertheile des Horizont’s begrenzt, Die mannigfältige 
fien Gruppen von Wald s und RebensHügeln, die ſich dazwiſchen ſchie⸗ 
ben, geben ein Bild, das bei fchöner Abendbeleuchtung einen Reiz ent⸗ 
faltet, wie man ihn fih kaum vorftellen möchte. Einzelne Punkte in 
diefem Gemälde anzuführen bin ich nicht im Stande, aber ich kann 
nicht unterlaffen, auf eine Partie aufmerkfam zu machen, die einzig 
in ihrer Art if, Wer von den glüdlichen Befuchern dieſer fehönen Fern⸗ 
ſicht ifb nicht mit mir einverftanden, wenn ich die nördliche Partie mit 
den bafaltifchen Bergen von Fering und Feldbach im Vordergrunde, 
das Feenfchloß Niegersburg in der Mitte und die weiten Abdachungen 
des Wechſels (ded Grenzgebirges zwifchen Orfterreih und Steiermart) 
am Saume des Horizont's für den Glanzpunkt dieſes Panorama, 
halte? Hier fteht man beinahe an der Grenze des Deutfchen Lan⸗ 
des, aber auch zugleich an der Grenze deutfcher Berge, die jo groß: 
artig im ihrer Hauptare fih von dem niederen Hügelmeere wenig 
mehr auszeichnen, in das fie fi allgemach verflächen. 

Der Weg von hier nach Feldbach und weiter bis Gräß bot 
wenig Intreffantes. Außer einigen Höhenmeffungen und dem Einfam- 
meln von Pflanzen hielt mich nichts auf, und ich kehrte mit eben fo 
heiteren Sonnenftrahlen des Abendhimmels zurüd, wie fie mich am 
Zage meiner Abfahrt vom Often begrüßten. 


— —— — — * 


233> 129 ti 


Wegweiser durch den Kreis von Ragusa 
in Dalmatien. 





Keine Provinz des öfterreichifchen Kaiſerthums ift fo wenig 
gefannt als Dalmatien, und über feine find fo viele unrichtige Be- 
griffe verbreitet. 

Aus dieſem Grunde, und wegen der früher beftandenen Schwie⸗ 
rigleiten der Geereife wurde auch Feine Provinz fo wenig von Tou— 
riſten beſucht, und doch bietet eine Bereifung Dalmatien’s fo viel 
Sntereffantes dar, daß Seder mit Zufriedenheit auf den dahin une 
ternommenen Ausflug zurückblickt, und derfelbe ihm eine Höchft ange— 
nehme NRüderinnerung verfchafft. 

Den Schwierigkeiten der Neife ift durch die Einführung einer 
regelmäßigen Verbindung mit Dalmatien, durch die Dampfichiffe Des 
öfterreichifehen Lloyd's abgeholfen worden. 

Nun bleibe noch zu wünſchen, daß Jemand eine genaue Be- 
ſchreibung diefes Landes liefern möchte. 

Ich will mich nur auf einen Zheil der Provinz befchränfen, 
und den Neifenden den Wegweiſer durch den Kreis von Ragufa mar 
hen. Ich zweifle nicht, daß, wer fih ſchon entfchließt, nach Dal« 
matien zu reifen, Hierzu die Dampfſchiffe des öfterreichifchen Llopd’s 
benüßen werde, die von März bis November den 5. und 20. jedes 
Monats von Zrieft abgehen, und in der Provinz Zara, Gebenice, 
Spalato, Leſina, Curzola, Ragufa und Cattaro berühren. In dies 
fen Falle kommt der Reifende bald, nachdem er den Hafen von Le⸗ 
fina verlaffen hat, in die Gewäſſer des Kreifed Ragufa, da fich die 
zum felben gehörige Infel Curzola bis über Zorcola hinaus erſtreckt. 

5. Jahrg. 11. Heft. 9 


> 130 «rt 


Da das Auge feit dem Eintritte in die Provinz gewohnt war, 
meiftens ein ödes Kalkgebirge zu erbliden, und höchftens das Pflans 
zenleben einige Hundert Fuß die Berge hinanziehen zu fehen, fo 
wirft es angenehm auf den Reifenden, Die Berge der Infel Eurzola 
mit grünen Gefträuchen bedeckt zu fehen, welche auf feinen Wald⸗ 
reichthum hindeuten. 

Die Infel Eurzola zählt gegen 9000 Seelen, die in der Stadt 
und in neun Dörfern vertheilt wohnen, unter welchen letztern Blatta 
zu den bevölfertften in der ganzen Provinz gehört, und allein 3500 
Einwohner zählte, Nach Apollonius von Rhodus fol Eurzola feinen 
Namen von Corchra, einer Tochter des Afopus, Dynaften von Phli 
untis, einer Stadt im Peloponefus, welche von Neptun auf diefer 
Inſel verlaffen wurde, erhalten haben, und felbe von den Geefah- 
vern Meläna, d. i. Die ſchwarze, von ihren vielen Wäldern genannt 
worden fein. 

Dite aus Creta behauptet, daß Antenor nach dem Brande von 
Troja auf dieſer Infel eine Stadt gebaut habe; Virgilius erwähnt, 
daß Diefer, Die liburniſchen Reiche, von denen Gurzola einen Theil 
ansmachte, durchzogen habe. 

Marcian aus Heraclea, Strabo und Plinius behaupten, daß die 
Gnidi, welche nach den Phöniziern mit der Schiffahrt fich am meis 
fien abgaben, auf Eurzola eine Eolonie gegründet, und die Stadt 
erbaut haben, worunter einige nur ihre YAusbefferung verſtehen. 

Caſar Octadianus Hat die Eurzolaner, die zur See fehr läſtig 
waren, besähmt, wie Uppianus de bello illyr. erzählt. 

Der Kaiſer Sonftantin Porphyrogenetus erwähnt der Stadt Eurs 
zola im zehnten Jahrhunderte, woraus Einige ſchließen wollen, daß fie 
yon den Gothen und andern wilden Völkern nicht zerftört worden fei. 

Im zwölften und Dreizehnten Jahrhunderte, und bis Curzola 
unter Ungarn Fam, nämlich bis zum Sahre 1358, gehörte es als 
Lehen der venezianiſchen Familie Zarzi, deren Bedrücdungen aber die 
Bewohner das Joch abfehütteln machten, die aber wieder durch Hülfe 


der Venetianer unterjocht wurden, bei welchem Anlaſſe ihre Mauern 
zerftört wurden, 


> 131 + 


Die jegigen find fpäter erbaut worden. Unter ihren Mauern 
hat im Jahre 1298 ein Seetreffen zwifchen den Wlotten der beiden 
Republiten Genua und Venedig Statt gefunden, und im Jahre 1485 
wurden fie von den vereinigten Mächten von Arragenien und Neas 
pel, und im Jahre 1571 vom Vicelönig von Algier vergebens bes 
lagert. » 

Sm Sahre 1806 wurde Curzola mehrmals von den Franzose 
fen und Ruffen genommen und wieder genommen, und fo auch im 
Sahre 1813 von den Engländern, 

Eurzola war einf der Gi eines Bifchofs, zahlte im Laufe 
von fünf Jahrhunderten 36 Bifchöfe, macht feit dem Sahre 1830 
einen Theil des Bisthums von Ragufa aus, und hat eine fchöne und 
reiche Kathedralkicche, worin ſich einige ſchätzbare Gemälde von Giar 
como Robufti, Zintoretto genannt, befinden. 

Seine Schiffswerften,, zu welchen die Wälder der Infel das 
Material liefern, find fehr thätig, und wenig Schiffe fahren bei 
Eurzola vorbei, ohne dort wenigftens ein Boot zu kaufen. 

Nahe bei der Stadt befindet fih die Welfeninfel (Scoglio) 
Vernick, auf der fih bedeutende Travertin:Brüche befinden, die viele 
Hände befchäftigen, und von welchen die Steine zum Bau der Ro⸗ 
tonda Theodorich's in Ravenna genommen worden fein follen. 

Der Kalk dritter Formation enthält hier viele Verfteinerungen, 
MollustensGehäufe, bei denen man Baculithen, Serpulen, Ammo⸗ 
niten 20. ⁊c. unterfcheidet. 

Surzola hat zwei Klöfter, nämlih ein Sranciscaner- und ein 
Dominicaner » Klofter; die Kirche des erftern auf dem Scoglio Ba- 
dia ift fehenöwerth. 

Unter den berühmten Männern, die Curzola einft gegeben hat, 
verdienen aufgeführt zu werden Giacomo Banniffio, Gecretär des 
Kaifers Marimilian des J.; Francesco Niconizio, ein Nechtöges 
lehrter, der in Rom im Jahre 1549 farb, und Pietro Garavelli, 
Autor eines ſchoͤnen lyriſchen En und verfehiedener Komödien 
und Zragödien. 

9 * 


»> 132 <ttt 


Auf der Inſel Eurzola wird befonders der Meinbau betrieben, 
und die Gegenden von Kzarra und Lombarda geben einen guten 
Proſeco. 

Auch der Fiſchfang gewährt den Einwohnern große Vortheile. 

Surzola hat eine fehr reiche Wohlthätigkeits-Anſtalt, die in 
einem eigenen Haufe 20 Arme der Infel nähret und leidet, und 
ein Meines Spital für Arme erhält. 

Die Infel Hat herrliche Häfen, befonderd auf der Seite gegen 
Mittag , die von den Schifffahrenden Häufig befucht werden. Zum 
Bezirke von Curzola gehört auch die 12 Meiten im Golf liegende 
Sinfel Lagofta, von den Griechen Ladefton oder Ladofton, auch Au- 
gufta genannt, deren Einwohner im Jahre 1310 ſich freiwillig der 
vormaligen Republit Ragufa unterworfen haben, und die unter den» 
felben von einem Gonte adminiftrirt ward. 

Bon der Infel Eurzola 2 '/, deutfche oder 18 Seemeilen ent- 
fernt liegt füdlich die Infel Meleda, die größte der Infeln der che: 
maligen Republit Ragufa und die nahe an fünf deutfche Meilen lang 
und zwifchen '%,, und 3/,, deutfche Meilen breit iſt. 

Von Meleda aus erblikt man bei heiterm Wetter das Bor: 
gebirg des Berges Gargano oder Sant Angelo im Königreich Nea— 
pel, von dem es nur 19 deutfche Meilen entfernt ift. 

Außer Gurzola hat Feine andere Gegend von Dalmatien fo 
ausgedehnte und hochſtämmige Waldſtrecken aufzuweifen wie Meleda. 

An mehrern Stellen der Küfte und namentlich in der Nähe 
des Porto ingannatore wird Die Blut » Eoralle (Corallium rubrum) 
gefiſcht. 

Die Zahl der Einwohner beläuft ſich auf 1200, die in ſechs 
Ortſchaften vertheilt find. | 

Auf der nördlichen Spige der Infel befindet ih auf einer 
Selfeninfel eine aufgehobene Benedictiner « Abtei, die nun den Pia: 
siften von Raguſa gehört. 

Meleda wurde im Altertfume Melite, Melita, Meleta, Melitine 
1. genannt, welch erfte zwei Namen auch die Infel Malta führt, 
was zu manchen Verwechslungen Anlaß gegeben bat. 


> 133 «m 


Einige wollen Meleda für die Infel, welche Ealypfo bewohnte, 
und wo fie den von Troja zurückehrenden Ulyſſes fefthielt, und eine 
der Höhlen ober Babinopoglie für das Antrum Nimpharum hals 
ten. Diefe Infel wird aber von Homer Ogygia genannt. 

Die Inſel fol ihren Namen von der Najade Melite, des Flufe 
fes Aegeus in Phäacien Tochter, mit welcher Hercules den Hyllus 
erzeugte, erhalten haben, der dann Phäacien verließ, und fich zwi⸗ 
fhen dem heutigen adriatifhen Meere niederließ, wo er mehrere In⸗ 
feln und Darunter Meleda, welche den Namen feiner Mutter er- 
hielt, befuchte. 

Während feiner Herrfchaft kamen die Argonauten auf ihrer 
Heimkehr von Colchis an diefen Infeln vorbei, und Apollonius von 
Rhodus, der Erzähler der Argonauten-Fahrt, erwähnt auch der In- 
fel Melita, | 

In der Gefhichte tritt die ilgrifche Infel Melita zuerſt kurz 
vor der chriſtlichen Zeitrechnung auf, Sie hatte gleich der benach⸗ 
barten Infel Curzola damals viele Schiffe auf dem Meere, die 
Seeräuberei trieben, und die von Octavianus Auguftus nad) hart: 
nadigem Widerflande bezwungen wurden, 

Die Hauptftadt der Infel (nah Einigen die bei Polybius vor⸗ 
kommende illyriſche Stadt Melituffa) fol in einem Thal am weit- 
lichen Buße des Berges Bietſch, unweit des Sees von Blatta gele⸗ 
gen fein. 
Nicht lange darauf erfcheint diefe Infel in der Apoſtelgeſchichte, 
und ward durch den Schiffbruch des Apoſtel Paulus berühmt, der 
mit der Schiffsmannſchaft ſich auf die Inſel rettete, und von den 
Einwohnern freundſchaftlich aufgenommen wurde, Es iſt befannt, 
daß er ſodann beim Sammeln von Reiſig von einer Viper gebißen 
wurde, und dieſe, ohne Schaden zu nehmen, ins Feuer ſchleuderte, 
weßwegen ihn die Einwohner für einen Gott hielten, daß er den 
Vater Publius, der der Inſel vorſtand, und viele andere Kranke 
heilte, und daß Malta und Meleda, welche beide im Alterthume Me⸗ 
lita hießen, fih um die Ehre dieſes Schiifbruchs flreiten. Für Me: 
leda fprechen die Stelle der Apoftelgefhichte „Navigantibus nobis 


> 1 34 «+ttr 


in Adria“ das Epitheton barbari, womit die Einwohner in der 
Apoftelgefchichte belegt werden, die große Menge von Bipern, welde 
das illyriſche Melita befikt, ıc. 

Zur Zeit des Kaifers Septimius Severus lebte auf Meleda als 
Verwiefener Agefilaus Anazarbaeus, ein reicher und gelehrter Mann 
aus Cilicien in Kleinaſien; Agefilaus erbaute in einer Bucht am 
wetlichen Ende einen Pallaft, wovon noch Trümmer vorhanden find, 
und der der Bucht den Namen Porto Palazzo gegeben hat. 

Sehr leicht wäre es für die Dampfichiffe auf ihrer Fahrt von 
Curzola nah Ragufa in Diefen Hafen einzulaufen, und den Reifen 
den diefe Trümmer fehen zu laſſen. — Der Sohn diefes Agefilaus war 
der durch feine Gedichte über die Jagd, den Fiſchfang und den Do: 
gelfang berühmte griechifche Dichter Appianus von Anazarbos, der durch 
Diefes Gedicht die Befreiung feines Vaterd aus dem Eril bewirkte. 

Einige erzählen dagegen, Agefilaus habe von Meleda einen 
Baumaſt nah Nom gefhidt, an deffen einem Ende fih ein Vogel: 
neft befand, während an dem andern Auftern und andere Meeres⸗ 
gefchöpfe hingen, und er fei deshalb, weil man den Ort feiner Ver 
weifung für fo angenehm hielt, zurücberufen worden. Meleda vers 
ſchwindet in der Geſchichte bis zum Mittelalter. 

Im zehnten Jahrhundert fand e3 unter den narentanifihen See: 
zaubern, und Fam fpäter an die Fürften der ferbifchen Staaten, von 
welchen Deffa im Jahr 1151 den Benedictinermönchen den Frucht⸗ 
genuß und der Republik Raguſa die Oberherrfchaft über are 
übergeben hat. 

Die Semahlin des Königs Thomas von Bosnien verlor in Mes 
leda auf einer Wallfahrt zu dem Mutter s Gottesbild in dem Bene 
dietiner Klofter ihren zmwölfjährigen Sohn, der dort begraben liest. 

Das Klofter, das ſich wegen Alter, Reichthum, Gelehrfamteit 
ꝛc. auszeichnete, wurde zur Zeit der franzöfifchen Herrfchaft aufge: 
hoben, und gehört nun den Piariften von Ragufa. 

Sn den Jahren 1822 und 1823 machten die Detonationen 
von Meleda viel zu reden, und im Sommer des Jahrs 1824 wurde 
son Wien eine Commiſſion nach Meleda gefchikt, um das daſelbſt 


> 135 «6 


feit März 1822 wiederhohlt Statt gefundene Detonationd-Phänomen 
gründlich zu unterfuchen. Nach der Meinung diefee Commiſſion ge 
hören die Detonationen und Erdftöße vor Meleda dem Erdbeben an, 
weiche mit den Vulkanen eine und dieſelbe, im Innern der Erde zu 
fischende, Entſtehungsutſache Haben, aber nicht vulkaniſche Ausbrüche 
beforgen laſſen. 

Seit längerer Zeit Laffen Pr feine — mehr auf 
Meleda vernehmen. 

Der Inſel Curzola gegenüber liegt die Halliele Sabioncello 
oder Punta, Chersonesus Punctae vel Nathanaeum, im er 
chen Rat genannt. 

Sie erſtreckt fih von Prevlaka bis zum Vorgebirge Rosifets, von 
Zitus Livius, und von den Griechen Promontorium Cunanum vel 
Oineum genannt, und ward von dem bei Strabo unter dem Namen 
der Pleari, und bei Plinius unter jenen der Pilari vorlommenden 
Voͤlker bewohnt. 

Am noͤrdlichen Ende der Halbinſel findet Ai in Felfengrotten 
und Erdhößlen der Schakal (Canis aureus deö Linne) Hier Cja⸗ 
gagl genannt. Er nährt fi von Inſekten, Geflügel, raubt auch 
Lämmer und junge Ziegen, und wird befonderd im Herbfie, wenn 
er mit Weintrauben und reifen Oliven ſich mäftet, ſchädlich. 

Er it äußerſt ſcheu, geht nur Nachts aus den Höhlen; beim 
Klange der Glocken läßt er ein jämmerliches Gefchrel vernehmen. ' 

Nach der Erzählung des Apollonius von Rhodus follen die Argos 
nauten auf ihrem Durchzuge durch das adriatifche Meer auf der 
Halbinſel Hyllis, dem heutigen Sabioncelo, gelandet haben, Jedem 
Fremden würde ich rathen, gleich nach der Ankunft des Dampfboots 
in: Eurjola einen Pleinen Ausflug nach dem 3/, Meilen entfernten 
Sabloncello, im Illyriſchen Pegliefay genannt, zu machen, welches 
befonders wegen der malerischen Tracht des weiblichen Geſchlechts noch 
die Aufmerkſamkeit jedes Nelfenden auf ſich gezogen hat. 

In der Beichreibung der im Jahre 1838 von Er. Majeflät dem 
Könige von Sachen in Dalmatien ausgeführten Reife, auf welcher 
Sabioncelle zweimal berührt -wurde, wird dieſem fchönen Ländchen 


4 


„> 136 Ceer 


und den Augen. ‚der Sabioncellerinnen ein befouderer Zauber zuger 
ſchrieben, und auch die Tracht der Letztern als fehr gragiös geſchildert. 

Beſonders merkwürdig. ift, Daß im dieſer Gegend alle Feldar⸗ 
beiten von ‚den. Grauen betrieben - werden, indem. die Männer fern 
som Haufe und zur See fih befinden, und auf dieſe Art die Mittel 
fuchen, um ihre Samilien zu erhalten. 

Bon den Einwohnern dieſes Kreiſes brfigen jene van; Sabioncell 
die größte Anzahl von großen Mercantil- Schiffen und allein zwamig: 

In der’. Halbinfel- Tagen die feften Schlöffer Nat, von Plinius 
Rhatanãäum, und von Die Caſſius, Retinum genannt, und Far: 
pano Zarponium, das erfte wurde von Germanicus, dem Gohnt 
bed Druſus verbrannt, und: das zweite von Sulins Cäſar zerſtört. 
Auch werden die Schlöffer Naforan und Zakotoraqz in der Os 
fehichte erwähnt, amd. als Der Geburtsort Des Gardinals Peter Illi⸗ 
rio, der in Rom die Kirche St. Sabina erbaute, und Den Krieg, den 
Die Römer gegen die Pilaris gefügrt haben, in grieifcher Sprache 
beichrieb, angegeben. . 

Gegenüber: von Meleda liegen die —— Bocche false, 

durch weiche man in den Canal von Calamota und Stagno und in 
die Bucht von Slano, Die den Schiffen befonders bei — eine 
ſichere Ankunft gewährt, gelangt. 
Der Canal von Calamota wird yon den ——— Inſeln 
Elaphites, nun Giupana, Mezzo und Calamota, und der ihrer Deb 
pflanzungen wegen berühmten Dörfer Barfecime, Cannoſa und Val 
dinoce ‚gebildet, gewährt in- feiner ganzen Länge von zwölf Meilen 
den größten Schiffen den ficherfien Ankerplatz, und iſt deshalb befon- 
ders im Winter fehr haufig. befucht. | 

In dem bürgerlichen Kriege zwifchen Gäfar und Pompejus nah⸗ 
men die Epidauritaner Die Partei Cäſar's, wurden aber, nachdem 
fie ‚einige Seit tapfer dem Octavius, Anführer der Pompejanifchen 
Truppen, widerflanden hatten, von —* zu Waſſer und zu Land 
eingeſchloſſen. 

Vatinius, Feldherr Cäſar's, der von Brindiſi mit einer Flotte 
gegen Die Küſte Illyriens ausgelaufen war, eroberte einige Städte an 


t on» 137 + 


derfelben, Die fih dem Octavius ergeben, hatten, erreichte ihn, bei 
Epidaurus, und zwang ihn, felbes zu verlaffen, und nad) der 
Inſel Zauris, nun Giupana, in den Canal von Stagno zu flüch- 
ten, wo Detavius Durch Die fogenannten Bocche false, dem Vatinius, 
der fie für einen Theil des Hafens hielt, während Der Nacht ent- 
wiſcht if. 

Die Infel Mezzo, —* Lopud genannt, zählte im fünfzehn⸗ 
ten und ſechzehnten Jahrhundert 14 Tauſend Einwohner, nun kaum 
600. Gegen Mittag in einer Entfernung von zwei Meilen von der⸗ 
ſelben liegt das Felſenland St. Andreas, worauf die Venedieunee 
ein Kloſter hatten. 

Auf Mego lebte einſt ein Maͤdchen, die als ein weiblicher Lean⸗ 
der Nachts zu ihrem Geliebten nach St. Andreas ſchwamm, und 
als ihr Verhältniß ihren Brüdern verrathen wurde, ein Opfer ihrer 
Rache ward. 

Dieſe nämlich wußten ſich der Leuchte, die ihr in finſterer Nacht 
den Landungsplatz auf St. Andreas andeuten ſollte, zu bemächtigen, 
pflanzten ſie auf den Maſt ihrer Barke auf, und fuhren mit ſelber 
in die hohe See hinaus, die arme Schweſter grauſam täuſchend, 
bis ihre Kräfte ſchwanden, und ſie in den Fluthen ihr Grab fand. 

Die Cultur des Delbaumes iſt beſonders auf den Inſeln Gar 
lamota, Mezzo und Giupana ausgezeichnet, auch betreiben ihre 
Einwohner den Fiſchfang, und beziehen vorzüglich von den — 
zenen Sardellen bedeutende Summen. 

Dieſe Inſeln kamen im Jahre 1080 an die Republik und wur; 
Den ihr yon Sylvefter, dem. Sohn des Stephan von Dalmatien 
and Croatien, geſchenkt. 

Als eine beſondere Merkwürdigkeit von Cannoſa müſſen die 
Dort befindlichen zwei großen Platanen (Platanus orientalis) aus 
geführt werden, die in einer riefenhaften Höhe ihr undurchdringliches 
Laubdach über das wechſelnde Gefchlecht der Menfchen ausbreiten, 
das feit vielen Jahren unter ihnen kommt und geht, indeß fle ſelbſt 
in männlicher Kraft dem Winde troßen, Der von der benachbarten 
Ser, oder von den Bergen durch ihre Häupter hinſtürmt. Sie ge: 


„> 138 #1 


⸗ 
Hören gewiß zu den größten Bäumen dieſer Gattung in Europa. Der 
eine fleht in der Nähe einer beftändigen Quelle, in der Mitte eines 
ebenen, ein Quadrat bildenden Plabes, fein Hauptftamm mißt 28 
Schuhe. Der zweite hat feine fo günftige Lage, und flieht etwas ab⸗ 
wärtd gegen den Bach, ift aber noch größer und fein Stamm mißt 
31 Schuhe. 

Diefe Platanen genoffen das Hohe Glück, unter ihrem Laubdache 
zwei gefrönte Häupter aufzunehmen. 

Im Sahre 1818 wurden fie von Weiland Sr. Majeftät dem 
Kaifer Franz auf feiner Reife Durch Dalmatien bewundert, und am 
2. Juni 1838 waren fie der Gegenftand der befonderen Aufmerk⸗ 
famtfeit Sr. Majeſtät des Königs von Sachſen, der auf dem Dampfs 
boote Graf Mitrovsty eine Neife nach Dalmatien unternommen hatte, 
und mit Wohlgefallen einige Zeit in dem hoͤchſt freundlichen Gannofa 
und unter ihrem Schatten verweilte. 

Das Land von Valdinoce (Nufthat) bild Stagno und Imotizza 
ift durch Schenkung Ostojas, Königs von Rascien im Jahre 1398 
an die Republif gefommen, und diefer Theil bis zur Gränze von 
Imotizza wird illyriſch Primorje genannt. 

Don den Bocche false zählt man acht Meilen nach) dem Stagno 
grande, wo fich kaiſerliche Salinen befinden, die, wenn die Witterung 
die Fabrikation begünftiget, mehrmals 52000 Centner Salz geben. 

Groß⸗Stagno hängt durch eine ſchmale kaum 800 Klafter breite 
Erdjunge mit Klein-Stagno (Stagno piccolo) zufammen, wo das 
aufternreiche Mare piccolo liegt. 

Unter der franzöfifchen Regierung wollte man diefe Erdjunge 
durchſtechen, und fo die innere Comunication zwifchen dem Mare 
piccolo und dem Canal von Salamota herftellen, um der Gefahr, 
den englifhen Kreuzen und Kriegsichiffen in die Hände zu koms 
men, ausjuweichen. 

Vladislav, Herr von — hat Stagno zu ſeiner Reſidenz er⸗ 
hoben, und mit verſchiedenen Gebäuden geziert. 

Von Plinius wird Stagno Steo genannt, und ſoll aus den 
Ruinen von Marſi entſtanden fein. 


„> 139 er 


Stagno mit der ganzen Halbinfel wurde der Republit von 
Rayufa von Stephan Catromanus, Banus von Bosnien, im Jahre 
1333, aus Dankbarkeit gegen einen jährlichen Zins von 500 Pers 
peri, oder 150 Ducaten verkauft. 

Im Jahre 1465 wurde die Stadt Stagno in eine Feftung 
verwandelt, deren Mauern noch Heut zu Zage zu fehen find, und 
gegen das fogenannte Mare piccolo ward in Klein» Stagno ein Arſe⸗ 
nal und ein Hafen erbaut. 

Stagno war bis zum Sabre 1830 der Sig eines Bifchofs. 

Einem Freiden, der fih einige Zage in Ragufa aufzuhalten 
gedenkt, würde ich rathen, einen Ausflug nah Stagno zu unterneh- 
men, deffen romantische Lage, alte Feſtungsmauern und Salinen er 
gewiß ‚intereffant finden wird, und von wo er auch in die Bucht von 
Biſtrina fahren und ſich einen Zweig, auf den fih die Auftern an⸗ 
feßen, aus der Tiefe des Meeres heraufhohlen laffen kann. 

An den Wintermonaten werfen die Dampfboote des Lloyd’ den 
Anker im dem Hafen von Gravofa, im Sommer aber fahren fie in 
den Hafen Gaffon, der in der Nähe der Stadt Ragufa fich befindet. 

Das Gebiet der Ex⸗Republik erftredte ſich durch mehrere. Jahr: 
hunderte und bis zum eilften gegen DOften bis nad St. Giacomo, 
gegen Norden bis zum Berg Bergato oder St. Sergio, gegen Welten 
bis zu den fogenannten Debele megie auf der alten Straße von 
Gravofa, und gegen Mittag bis zum Meere mit Inbegriff der klei⸗ 
nen Inſel Locroma. 

Die Gebietsvergrößerungen fanden Statt vom Jahre 1030, bis 
zum‘ Sabre 11427. 

Mer Naguſa betritt, wird fich gewiß erinnern, daß es das Va⸗ 
terland vieler Männer war, die fich in verfchiedenen wiffenfchaftlichen 
Fähren ausgezeichnet haben, und von welchen ich nur die Mathes 
matifer Marino de Ohetalwi und Nuggiero Giufeppe Boskovich, die 
Geſchichtsſchreiber Meligio, Cervario, Zuberone, Giacomo Lucapi, 
Mauro Drbint, GinftinoRefti, Serafino Cerva, Ignazio Giorgi, 
Sigis mondo Tudiſi, Sebaſtiano Dolci, und die Dichter Bernardo 
Zamagna, Raimondo Kunih, Domenico Slatarich, Ruggiero 


> 140 + 


Boskovich, Saverio Bobali, Glovanni di Francesco Gondola, Autor 
der Osmanide, und Marco Fauftino Gagliuffi nennen will. 

Gravofa mit feinen freundlichen Häufern und feinem herrlichen 
Hafen entzücdt jeden Fremden. An feiner Ginfahrt befindet fich 
der Ausfluß der Ombla, des Arion der Alten, die bis zu ihrem 1lr- 
fprunge, wo fie gleich eine Mühle treibt, und im ihrer wafferreichen 
Fülle aus einer Schlucht fenkrecht hervorfprudelt, gegen 1000 Klafter 
zählt und eine mit den freundlichften Landhäufern der Einwohner von 
Nagufa, malerifchen Dörfern und Kirchen, begränzte Bucht bildet. 

Diefe Bay ift befonders im Frühlinge mit einem Blüthengärt⸗ 
chen umgeben, und verbreitet weit um fich herum den füßen Duft der 
Pflanzenwelt, die fich jedoch, wie faft überall in Dalmatien, nur ei- 
nige 100 Fuß Hoch Die Berge Hinaufzieht, und dann plößlich abbricht, 
um eine defto troftlofere Yelfenmaffe in todtengrauer Farbe und 
wild zerriffenen Formen dem Auge darzubieten. 

In dem Thale von Ombla find zu befichtigen der Urſprung 
des Fluffes, das Eypreffen Wäldchen bei dem Dorfe Comalaz, und 
die fchöne Villa der erspatrizifchen Familie Sorgo, von deren Altane 
man eine fohöne Ausficht in das Thal von Giondetto, Das von dem 
türfifchen Yort Zapina begränzt wird, genießt. 

Man Hält die Ombla für den Fluß Trebiscnizza, der nicht 
weit yon Zubigna in der Zürkei in einen Schlund ſich ſtürzt umd 
verfchwindet. 

In Gravoſa find befonders die Landhäufer der erspatriziichen 
Familie Pozza fhön und wohlerhalten, 

Einen traurigen Anblick gewähren in der Nähe von Ragufa die 
vielen abgebrannten Häufer, Die Ueberreſte der von den Ragufäern im 
Sahre 1806 während der franzöfifchen Beſitznahme durch Die Ruſſen 
und Montenegriner erlittenen Verwüftungen, die dem Lande eine nie 
mehr ganz zu heilende Wunde beigebracht Haben, 

Bon Gravofa führt eine fchöne Straße anfangs durch Dliven- 
gärten, und dann durch die pittoresfe Vorſtadt Pille nach der nur 
eine Meile entfernten Hauptfladt der mehr als 1000jährigen Ne 
publik, und diefe bildet den Hauptfpaziergang ihrer Einwohner. 


> 141 «w 


In Gravofa an der weftlichen Seite des Hafens befindet fich 
der Ankerplaß für Gontumaz- Schiffe und das Filial-Lazareth. 

Mie die Vorftadt, fo läßt auch die Stadt bei dem Fremden, der 
durch die breite Gaffe, Stradone genannt, fich über den Pla zum 
alten Regierungsgebäude, nun dem Sig des k. k. Kreisamtes, und 
zur Domlirche verfügt, einen angenehmen und freundlichen — 
zurück. 

Naguſa beſitzt viele ſchöͤne, mit vortrefflichen Gemälden aus—⸗ 
geſchmückte Kirchen, und mehrere beachtungswerthe Gebäude, unter 
welchen das Militär + Spital, das ehemalige Iefuiten » Klofter, das 
Kreisamtsgebäude und das Zollhaus befondere Erwähnung verdienen. 
Auch feine Feſtungswerke und vorzüglich das Fort St. Lorenzo, gleich 
außerhalb der Stadt, und der Thurm Mincetta find malerifh und 
beachtenswerth. 

Raguſa Hat unterirdifche Canäle, was zur xReinlichkeit der Stadt 
ſehr viel beiträgt, und eine ſchätzenswerthe Waſſerleitung, durch die 
das Waſſer ſechs Meilen aus dem Thale von Gionchetto, welches ober 
dem Urfprunge der Ombla liegt, in die Stadt geführt, und vom 
Thurm Mincetta in alle Theile der Stadt geleitet wird, 

Befonderd dürfte. den Fremden der Bazar und das Lazareth 
delle Plocce intereffiren, die ſich gleich außer der Stadt befinden. 

Ragufa hat fehe viel vom Erdbeben gelitten; von dem heftigern 
werden die in den Sahren 1481, 1482, 1520, 1639 und 1667 
bemerkt. Das fürchterlichite davon war das vom Jahre 1667, wel« 
es Ragufa in einen Steinhaufen verwandelte und 5000 no 
unter den Trümmern begrub. 

Das letzte heftigere Erdbeben von Ragufa, welches jedoch wenig 
Schaden machte, ift das vom 7. Auguft 1823 gewefen. 

Bon Naguſa führt das Dampfboot jwifchen der Grotte des Zau—⸗ 
berers Bete, unter welchem Namen der berühmte Mathematiker Ma⸗ 
rino de Ghetaldi, der im Jahre 1627 in Ragufa geftorben ift, be= 
fannt war, und der Infel Lacroma zuerſt gegen Breno und Ragus 
fa vecchia, und dann bei den Cadmiſchen Felſen vorüber, nach den 
Bochhe di Cattaro. 


> 142 «u 


Das Klofter auf der Infel Lacroma, auf welcher Nichard Lö— 
wenherz nach einem heftigen in den jonifchen Gewäſſern erlittenen 
Sturm gelandet if, der fih dann einige Zeit in Ragufa aufpielt 
und in Erfüllung eines während des Sturmes gemachten Gelübdes 
den Bau der jeßigen Domfirche, die der heiligen Maria geheiligt ift, 
angefangen haben foll, gehörte einft den Benedietinern, und Diefe 
Infel ward ihnen von der Republik Ragufa im Auguft des Jahrs 
1023 geſchenkt. Die Donations » Urkunde vom 6. Auguft obigen 
Jahrs ift eine der älteften, die von der frühern ariftofratifchen Res 
gierung das alte Archiv aufzumweifen hat. 

In felber erfcheinen bereits mehrere noch Iebende Familien. 

Deim Weiterfahren bei Breno, in welcher Gemeinde fehr fchöne 
Landhäufer der Hiefigen Einwohner fi befinden, und das im Jahre 
1030 mit Ombla, Gravofa und Malfi von Stephan, König von 
Dalmatien und Eroatien, der Republik gefchenkt wurde, fieht man 
am Geftade einige Ziegelöfen, dann die Cascade des Bades, wels 
her dort auf feinem kurzen eine Viertelftunde betragenden Laufe 22 
Mühlen treibt. 

Von den drei Schlöffern der Epidauritaner, Gradez, — 
und Spillan findet man keine Spur mehr. 

Seit dem Jahre 802 iſt in Breno-eine Pfarrkirche, dem heili⸗ 
gen Hilarion gewidmet, und diefe fol an dem Ort erbaut worden 
fen, wo der Heilige den aus der Höhle bei Alt: Ragufa mit gött« 
licher Hülfe herausgehohlten Drachen Boas verbrannt hat. 

Alt-Nagufa, das vormalige Epidaurus, ward nad) der Angabe 
Eufebius von Cäſarea im Jahre 593, vor der chriftlichen Zeitrechs 
nung, durch eine Golonie des griechifchen Epidaurus am Meerbufen 
bei Argos gegründet, und hat fih im Jahre 229 vor Chriſtus den 
Römern gewidmet. | 

Plinius erzäplt von einem Erdbeben, wodurch Epidaurus, das 
feüher auf einer elfeninfel lag, durch Emporhebung von Land mit 
dem feften Lande verbunden worden fein fol, 

In einer durch den heiligen Hieronymus aufbewahrten Lebens⸗ 
befchreibung des Heiligen Hilarion kommt vor, daß der Lehtere 


„> 143 — 85 


zu Zeiten des Kaiſers Julianus Apoſtata bei einem Erdbeben 
die tobenden Wellen des Meeres durch ſein Gebet bezähmt, und 
dadurch die Wiederabreißung von der Halbinſel, auf welcher Epidau⸗ 
rus ſtand, verhindert habe. 

An dieſen Heiligen erinnert bei Naguſa vecchia auch die Hilarius⸗ 
oder Drachenhöhle, illhriſch Scipun genannt, in der einige Kammern 
mit mehr als taufendjährigem Dichten Nuffe bededte Wände haben, 
und welche daher deutliche Spuren früherer Bewohnung zeigt. 

Dieb macht wahrfheinlih, daß diefe Höhle ſchon im fechften 
und fiebenten Jahrhundert, während der mehrmaligen Raubzüge 
der Barbaren nach der Zerftörung der Stadt, von den Epidaurita⸗ 
nern als nächfter Zufluchtsort bewohnt worden fei, was auch im 
Sabre 1806, als die Montenegriner den Ort und die Gegend plün⸗ 
derten umd verwüſteten, Statt hatte. 

Weit über die andern Gebirge im Bezirfe von Alt⸗Raguſa ers 
hebt fich Der Eadmusberg, nun Sujescuizza genannt, und erreicht 
eine Höhe von A000 Fuß über Die Meeresfläche. Auf demfelben 
befindet fich eine unter dem Namen der Aeskulap's Grotte berühmte 
Höhle, und gewährt dem Freunde der Botanik eine reiche Ausbeute, 
Die Herrliche Fernſicht von feinem Gipfel gibt Diefem Berg auch vielen 
pittoreöfen Werth. 

Der Bezirk von Raguſa vecchia gehörte den Herzogen von Gt. 
Sabba, die in Trebigne ihre Nefidenz hatten, und bildete die Giu⸗ 
pania Canali, von welcher ein Theil um 18 Zaufend ragufäifche 
Ducaten von Sandagl Hranich, und die andere Hälfte um 14000 
Ducaten von Radoslav Paulovich in den Jahren 1419 und 1427, 
der. Republik, son Ragufa verkauft wurden. 

Dev Weg zu Lande von Alt» Ragufa durch die Ebene von Gas 
nali, ‚dem Partenia der Alten, und durch die türfifche Erdzunge Sut- 
torina ‚nach dem fo pittoresfen Caſtelnuovo iſt Fremden befonders an⸗ 
mempfehlen. Auf der Seefahrt von Alt- Ragufa nach Cattaro fährt 
man juerft bei den Inſeln Marcana e Bobara, und bei den Häfen von 
Volonta vorüber, und verläßt den Kreis von Ragufa erft nach Umſchif⸗ 
‚fung der Spige Oſtro und nach der Einfahrt in die Bocche di Cattaro 


„> 144 «« 


bei dem Punkt Kobila, wo die türfifche Erdzunge anfängt, nachdem 
man noch früher die TUN Sign) von Vittaglina anſichtig 
geworden ift. 

Schließlich will ich noch einige Notizen über den Kreis von 
Rayufa im Ganzen beifügen. 

Derfelde befteht aus dem Gebiete der vormaligen Nepublit 
und der Infel Eurzola, dem Corcyra nigra der Alten, wird in fünf 
Bezirke und 22 Gemeinden eingetheilt, und hat 50,449 Einwohner 
und 24 Quadrat- Meilen an Flächeninhalt. 

Durch die türfifche Erdzunge Suttorina wird er vom Kreiſe 
Sattaro, und durch jene von Kleck vom Spalatriner-Kreife getrennt. 
Er hatte früher ein Erzbisthum und zwei Bisthümer, feit dem Jahre 
1830 aber nur ein Bisthum mit 51 Pfareen, 5 Localkaplaneien und 
17 Klöfter. Auch haben in Raguſa die nicht unirten Griechen eine 
Dfarre, und die Juden eine Synagoge. 

Die Eehranftalten beſchränken fih auf ein Gymnaſium, eine Nore 
malfchule und 9 Zrivialfchulen für Knaben und eine Mädchenſchule. 
Erfteres if} den Piariften anvertraut. 

Zum Verkehre mit der Türkei beftehen längſt der Gränze vier Nas 
ftelle und Sanitätsämter, und ein Raftell und Lazarerh in Raguſa, 
welches der einzige Ort in der Provinz ift, der das Privilegium ges 
nießt, türkifche Caravanen aufnehmen zu dürfen. 

Die Waaren, die mittel der türfifhen Caravanen nah Nar 
gufa gelangen, find vorzüglih Schafwolle, Wachs, Elfen, getrocknete 
Häute aller Art, Pfeifenröhre, Holz, Kohlen, Schlachtvieh, Pferde 
und verfchiedene Lebensmittel. 

Diejenigen hingegen, die felde in die Türkei führen, beftehen über: 
haupt in Golonial:Waaren und Manufacturen von verfchiederter Gattung 
in Stahl, Blei, Kupfer, Färbeholz, Glas, Meffing, und auch in Getrelde. 

Der Werth der auf dieſe Art ein- und ausgeführten Waaren 
überfteigt oft in einem Jahre die bedeutende Summe von 10 Nil 
lionen Piaftern. 

Die Caravanen kommen dreimal die Woche nah Raguſa und 
oft, befonders in den Sommermonaten, überfteigt Die Zahl der Saums 


„> 145 + 


tbiere, welche mit einer Saravane ankommen, jene von 500. Im 
Ganzen beläuft fi) die Anzahl der in einem Jahre mit den Cara⸗ 
vanen nach Ragufa gelangenden Zürken auf mehr ald 8000, und jene 
der Pferde auf 15000. 

Die Einbruchsſtation derfelhen in das öfterreichifche Gebiet if 
das von Ragufa drei italienifche Meilen entfernte Dorf Bergato. 

Die Dttomanen und die Waaren, die mit den Garavanen 
nah Ragufa fommen, kommen gewöhnlich aus Bosnien, der Herr 
jegovina und aus Serien, manchmal aber auch aus entferntern 
Provinzen. 

Die größte Anzahl kommt aus folgenden Städten und Gegen⸗ 
den: Sarafevo, Moftar, Travnik, Novi Bazar, Foccia, Nikfchich, 
Bagnaluka, Usgize, Sciapaz, Vaglivo ꝛc. ıc. Jährlich trifft auch 
in Ragufa mit obigen Garavanen eine nicht unbedeutende Anzahl 
von türfifhen Pilgern, Hadſchi's, ein, die fih nach Mecca begeben, 
und bier eine Schiffögelegenheit nach Alerandrien fuchen. 

Es verdient befonderd erwähnt zu werden, daß den Türken, 
die mit den Saravanen kommen, die Waffen während ihres Auf: 
enthalts auf öfterreichifchem Boden und bis zu ihrem Weberfchreiten 
dere Gränze nicht abgenommen werden, und daß diefer Umſtand noch 
nie eine Unzukoͤmmlichkeit herbeigeführt hat. 

Gewiß wird ed allen Fremden, die einen Ausflug nach Dal- 
matien zu machen gedenken, intereffant fein, an einem Zage, wo 
die türfifche Garavane kommt, was mit Ausnahme der Feiertage 
jeden Montag, Mittwoch und Freitag der Woche Statt Hat, nad 
Raguſa zu gelangen, und den Bazzar und das Lazareth zu befuchen, 
wo fie noch die alten orientalifhen Trachten und Waffen bei den 
Einwohnern der angränzenden türkifchen Länder zu fehen Gelegen- 
heit haben können, die noch nicht die neuen Sitten und Kleidungen 
angenommen haben. | 

Auch Hat Ragufa ein See⸗-Lazareth, welches alle Contumaz⸗ 
Schiffe mit einziger Ausnahme derjenigen mit fogenannter Patente 
brutta aufzunehmen, berechtiget ift. 

5. Jahrg. IL. Heft, 10 


„> 146 «re 


Zur Handhabung der See » Sanitätsgefege befichen im Kreiſe 
von Raguſa eine Sanitätd- KreidsDeputation, 4 Diſtricts und 9 
Local = Deputationen. 

Derfelde zählt 8 öffentliche Wohlthätigkeits-Commiſſionen, ein 
Haus zur Unterbringung von 20 Armen in Curzola, 3 in Ragufa, 
nebft einem Gonfervatorium für 20 verwaifte arıne Mädchen. 

Uebrigens hat Nagufa noch ein Leihhaus, eine Sparkaſſe und 
folgende 2 fromme Inftitute, Die Opera pia, und die Congregazione 
dei Reverendi Preti, welche beide bedeutende zu frommen Zweden 
Hinterlaffene Fonde verwalten. Jene der Erſtern überfirigen die 
Summe von 836000 fl. und die der zweiten belaufen fi) auf mehr 
als 97,000 fl. 

Auch Hat Raguſa ein Spital, in welches 60 Kranfe aufgenom- 
men werden fünnen, und ein Gebär- und Findelhaus. 

Die Juſtiz wird in diefem Kreife durch ein Gollegial-Gericht und 
4 Präturen ausgeübt ; für die Verwaltung der politifchen Gefchäfte find 
ein Kreisamt, 5 Bezirksobrigkeiten (hier Präturen genannt), eine 
Eongregagione ınunicipale, 6 Podeſtarien und 15 Syndicate beſtellt. 

Für die Ueberwachung der Hafen-Polizei beſteht in Raguſa 
ein Hafenamt. 

Der Handelsſtand iſt durch eine Handelskammer repräſentirt. 
Die politiſche Obrigkeit verfügt zu polizeilichen Zwecken über die Land⸗ 
macht (forza territoriale), die im Kreife fih auf 130 Panduren, 
10 Arambaffe und 4 Zerritorial- Officiers belauft. Bewaffnete 
Landleute, Zerrieri genannt, kann der Kreis A bis 5000 Mann ftellen. 

Die Finanz» Verwaltung zählt 12 Mauth- und Domainens, 3 
Salzämter und eine Salinen = Infpection in Stagno. 

Der Kreis hatte im Jahre 1838 14 große Mercantil⸗Schiffe 
mit 3019 Tonnengehalt und 174 Matrofen, ohne jene zu zählen, 
die in Venedig und Zrieft einregiftrirt find. Unter der Ex⸗NRepublik 
belief fich die Anzahl der Kauffarteifchiffe auf 360, welche theils 
von den Ruffen verbrannt, und theils von englifchen Kriegsſchiffen 
und Piraten genommen worden find. Weiters zählt der Kreis 56 
Schiffe des großen Eabotage mit 1542 Tonnengehalt und 280 Ma’ 


> 147 € 


trofen, 225 Schiffe des Fleinen Cabotage mit 902 Tonnengehalt und 
1401 Matrofen. Fifcherbarfen 168 und 1220 Feine Barken, folg- 
lich im Ganzen 1683 Schiffe und Barfen von 7203 Zonnengehalt 
mit 1930 Matrofen. 

Die Schiffswerften befinden fi in Gravofa und in Eurzola, 
auf welchem im Sahre 1838, 215 Schiffe und Barken neu gebaut 
und 74 ausgebeffert wurden. 

Das vorzüglichfte Product, daß der Fleiß der Menfchen der 
Natur abgewinnt, ift im Naguſäer-Kreiſe das Del, und nirgends 
in der ganzen Provinz iſt Die Eultur des der Minerva geheiligten 
Delbaumes und die Zubereitung des Oels fo vorzüglich als im 
Raguſäiſchen. 

Die Ausfuhr dieſes Artikels beläuft ſich oft auf mehr als 25 
Tauſend Eimer in einem Jahre. 

Von den Weinſorten iſt die ſogenannte Malvaſia, beſonders 
die Malvaſia garba, ſehr geſucht; übrigens ſind auch folgende ge⸗ 
ſchaͤtzt: Peceno, Gerk, Proſecco und Cesviniza. 

Getreid erzeugt der Kreis kaum das Nöthige für 3 Monate. 

Der Fiſchfang ift für feine Einwohner ein Haupt Induſtrie⸗ 
Zweig, und wird befonders auf den Infeln Lagofta, Curzola, Gius 
pana, Mezzo und Calamota, und in den Gemeinden Stagno, Trap⸗ 
pano, Ombla und Raguſa vecchia betrieben. 

Seine Bevölkerung hat in 10 Jahren um 6517 zugenommen. 
Ich glaube auch nicht unterlaffen zu dürfen, den Freund der natur 
hiſtoriſchen Wiffenfchaften auf die zoologiſchen und botanifchen Merk: 
würdigfeiten diefes Kreifes aufmerkfam zu machen. 

Der Schafal (Canis aureus L.), Phoca monaca, ſechs Arten 
von Vespertilio, Gypaötes barbatus, Aquila fusca Brehm, Vul- 
tur cinereus, und Vultur fulvus, Falco cenchris (tinunculoi- 
des) und rufipes, Lanius meridionalis, Pyrrhocorax graculus, 
Merops Apiaster, Sita orientalis, Tichodromus, phoenicopte- 
rus, Emberiza melanocephala und Emberiza Neumayeri, Alauda 
arvensis, var. (größer als die gemeine Art, bier Squirlbieli ges 


nannt). Fünf Arten von Anthus, Motacilla Feldegsi, Accentor 
10 * 


323> 148 rt 


alpinus, Merula rosca Turdus cyaneus, hier Standvogel, und 
Turdus saxatilis, Saxicola aurita,, Sylvia leucopogon, Natt. 
Sylv. provincialis und Sylv. subalpina, Hirundo rupestris Cy- 
pselus alpinus, Perdix saxatilis (graeca) Ardea candida, Trin- 
ga, nov. sp. (aufferordentlich klein) Carbo pygmeus, und Pelica- 
nus anocrotalus. 

Bon den Amphibien; Testudo graeca, caspica und ovalis 
(eine neue Species), Emis europaea, Lacerta viridis, muralis, 
und agilis, und 1 Lac. nov. sp. Hemidactylus tniedrus hier 
Tarantola genannt, Triton rivularis (eine neue Specieö), Pseu- 
dopus Opelli, Tyria Dahli, Coluber Leopardinus, Coluber 
bilineatus, Coluber tesselatus, Coluber quatuor lineatus, Co- 
luber Neumayeri, Coluber vivax und eine neue Art, Vipera Am- 
modytes, welche alfein giftig ift. | 

Das Meer im Kreiſe von Naguſa hat einen ungemeinen Reiche 
thum an Fiſchen der verfchiedenften ‚Arten, worunter fich viele fehr 
koſtbare befinden, als Muränen, (Muraena helena), Crongi 
(Muraena Conger), Dentali (Sparus dentex), Sargi (sparus 
sargus), Sparus coronatus), Brancini (perca labrax), Bar- 
boni (Mullus barbatus), Cefali (Mugil Cephalus) Tonni (scom- 
ber thynnus), einige neue Specied Syngnathus, einige Arten aus 
dem Gefchlehte der Häringe (Clupae), wovon eine Art, hier Sar- 
delle genannt, eingefalzen verführt wird, Nachen (Baja aquila et 
electrica. | 

Aus der Slaffe der Arachniden verdienen der Scorpion (Scorpio 
palleus), drei giftige Species Lycoſa, Darunter Die Lycosa tarantula, 
mit zuweilen tödtlichem Gifte, fehr gemein, angeführt zu werden. 

Bon fchalenlofen oder naften Molusfen gibt es einige fehr ſel⸗ 
tene neue Species im Schlamme der größeren Buchten und Häfen. 

Bon Land- und Süßwaſſer-Conchylien finden fi etwa 60 
Species, und unter Diefen etwa 12 neue, von denen ſich Die 
Helix dalmata und Helix Albanica dur Größe, ein neues 


Cyclostoma, wie mehrere zarte Clauſilien, durch Zierlichkeit aus⸗ 
zeichnen. 


»»> 149 + 


Der Kreis von Naguſa iſt befonderd arm an Lepidopteren. 
Außer einigen großen neuen Specied Bombyx und fehr ausgezeich- 
net befiederten Alluciden, findet ſich hier nichts Befonderes. 

Bon Kruſtaceen eine große fehr giftige Scolopendra, eine 
große Species Julus, wahrfheinlich neu. 

Bon Goleopteren gibt es einige; unter anderen Carabus dal- 
matus, Procrustes rugosus, Buprestes Cupressi, Brentus coro- 
natus, Lobarynchus ragusinus, und einige neue Cerambyces. 

Aus der Familie der Hemipteren (Cimex) finden fih bier 
bei 100 Species, von welchen eine rieſengroße Nepa, ähnlich der 
oftindifchen Nepa maxima fehr ausgezeichnet iſt. 

Die Familie der Neuropteren zählt hier mehrere Species Teti- 
gonia, dabei eine neue. 

Der vierte Theil der Species der Diptaren und Hymenopteren 
war vor einigen Sahren noch unbeichrieben. 

Am reichſten ift hier die Fauna an Orthopteren, da finden 
fi) drei Species Mantis, eine Empusa, eine Phasma, eine Sagra, 
drei neue Specied Ephippiger y mehrere große neue Grillus, zwei 
Petrix, und vor Allen ausgezeichnet eine fonderbare ganz unterirdifche 
Barbitistes troglodytes. 

Thiere der unterjten Bildungsſtufen find fowol im Meer als 
auf dem Lande fehr zahlreich im diefem Himmelsſtriche. 

Bon den Producten des Pflanzenreiches im Kreife von Rayufa 
verdienen zuerſt jene angeführt zu werden, die eigentlich noch hei⸗ 
fieren Climaten angehören, Hier aber im Frelen fich fortpflanzen: 
Agave Americana (Aloe), Cactus Opuntia (indianifche Yeigen), 
Phönix dactilifera (Dattelpalme), Melia Azederah, Ailanthus 
glandulosa, Rhus coriarium Gleditschia triacantha, Asclepias 
setosa, Nerium Oleander, Punica granatum, Rosmarinus of- 
ficinalis (Rosmarin). 

Um wenigftens den Charakter der fhönen und intereffanten 
Flora von Süd» Dalmatien anzudeuten, will ich noch folgender wild: 


wachfenden Pflanzen erwähnen. 


„> 150 «re 


Die feltenften find: Arundo speciosa, Sacharum Raven- 
naec, Lolium robustum, is, Lolium subulatum, is, neu vom 
Naturaliften Neumayer entdeckt, Andropogon pubescens, Yis, Pa- 
nicum cruciatum, Alium setifolium, Scilla amethestina, Stern- 
bergia lutea, Fritillaria tenella, Gladiolus Ludovicae, Satu- 
reja subspicata, Yis:, 'Thymus braeteosus, Pis:, Dracoce- 
phal, nov. spe. Teucrium Arduini, Phlomis fructicosa, Acan- 
thus longifolius, Linaria dalmata, Anthillis aurea, is, von 
Neumayer entdedt, Hedysarum album, Ornithopus compressus, 
Lathyrus stans, Yis, Cytisus Weldeni, Genista dalmata, Spar- 
tium spinosum , Trifolium subterraneum, Dianthus racemo- 
sus, Pyrus salviacfolia, Anemone appenina, Helleborus De- 
mocriti, Paeonia rosea, Andrachne thelephiodes, Linum 
campanulatum, Phyteuma collinum, Campanula graminifolia, 
Primula suaveolens, Verbascum nov. spe., Mandragora ver- 
na, Hyoscyamus varians, is, Echium petrarum Weldeni, 
Pastinaea, nov. spe., Selinum nov., spe. Cachris alata, Seseli 
globiferum, Fis:, Pieris laciniata, Cnicus Acarna, Perratula 
radiata, Gnaphal. angustifolium, Conyza candida, Conyza ge- 
miniflora, Chrysanthemum cinerariaefolium, Centaurea punc- 
tata, Centaurea salonitana, Arum pictum, Arum Dracunculuüs, 
Arum Arisarum, Convolvulus tenuissimus, Vessicaria utricu- 
losa, und zwei im Herbfle 1838, wahrfcheinlih vom Naturaliften 
Neumayer new entdedte Species Hesperis und Stachys, 


> 151 «w 


Ausflug 


nach der Eishöhle am Brandfteine, und der Noth, einer 
Gebirgsſchlucht nächſt Gams 


in der obern Steiermark. 


Von Auguſt Mandel. 





Keine Gegend unferes Landes erfreut ſich wol eines flärferen 
Zufpruches ſchauluſtiger NReifender, als das Thal, welches die Salza 
vom Gußwerke nächſt Maria Zell bis zu ihrer Einmündung in die 
Enns durchſtrömt; bereits find zahlreiche Abbildungen der makerifchen 
Umgebung von Weichfelboden und Wildalpen, leider oft fehr wilführ: 
lich, und. mit gewiffenlofer Vernachläffigung des Wahren behandelt, 
in Halb Europa verbreitet, Die wenigftens das Verdlienſt haben, die 
Außenwelt auf unfere Naturfchönheiten aufmerkfam zu machen. 

Meiſtens find die NReifenden jedoch in der Lage, fich auf jenes 
Thal zu beſchränken, deffen allerdings großartige Umwallung dem 
Auge noch viel Schöneres verbirgt; und glüclich find fle, wenn ein 
Eingeweihter ihren Blick auf ein oft ganz nahe liegendes, aber nicht 
gefanntes Prachtſtück aus der Schagfammer unferer Alpen hinlenkt. 

Sm Herbfte vorigen Jahres Fam ich in Diefe Gegend in der 
Abſicht, Die wunderbare Eishöhle, die in Europa nur eine ihres 
Gleichen Hat, jedoch nie genauer erforfcht und befchrieben wurde, mit 
Muße zu unterfuchen; doch Hatte ich verfäumt, in der Houptftadt 
felbt genauere Erfundigung einzuholen, und fo verfchwand das Ziel 
meiner Reife, wie ein Irrlicht, je mehr ich mich demfelben näherte, 
weßhalb ich befchloß, mich auf kürzeſtem Wege nach Gallenftein zu 
wenden, um verläßliche Andeutungen und die nöthige Begleitung mit 
Hülfe der Bezirksobrigkeit aufzubringen. 


> 152 «« 


Zwiſchen den himmelhohen Felswänden desRinges, vom Vrande 
der Mittagsſonne gefoltert, wußte ich mich vor Erſtaunen kaum zu 
faſſen, in einer Gegend, die ich für gänzlich inpraktikabel, und ſo 
einfam als die Falklandsinſeln hielt, eine Menge ſchmucker Bau⸗ 
ersleute, die Weiber im reinlichen Sonntagsſtaate, die Männer mit 
wehenden Schildhahnsfedern und Gemsbärten geſchmückt, rings aus 
dem Dickicht auftauchen zu ſehen; fie mußten aus den Wolfen ge⸗ 
fallen, oder wie Pilze aus dem Boden gefchoffen fein, denn nirgends 
ahnet man einen Ausweg; ald ich’ jedoch gegen Abend, faſt überfät- 
tiget von Felsparthien, und namentlich von dem Graufen erregenden 
Geklüft des Gfchöderer Kahrs zu dem freundlichen Brunn, deſſen 
tiefgrüner Wafferfpiegel fih kaum vom Schmelze des umliegenden 
Wiesgrundes unterfcheidet, und gegen Wildalpen hin gelangte, wurde 
das Räthſel gelöft, das Kirchenfeſt Mariä Geburt und der Jahr 
markt hatten nämlich eine große Volksmenge im Orte verfammelt, 
und die Erfcheinungen aus dem Ringe, deren einige ich ob ihrer 
athletifhen Bildung beim erfien Blick wieder erkannte, erwiefen ſich 
als Bewohner der Umgegend von Seewieſen und Aflenz, die auf 
Gemsjägerfleigen die zackigen Staritzen herab zur lieben Grau von 
Wildalpen pilgerten, bei welcher fih an diefem Feſte auch ein großer 
Theil der Bevölkerung des Gnadenortes Zell regelmäßig einfindet. 

Leider waren bereitd alle Häufer mit Gäften überfüllt, wozu ed 
In Wildalpen eben keines Kriegöheeres bedarf; mit der Bitte um ein 
Obdach abgewiefen, wollte ich nach kurzer Erquidung weiter, um 
wenigftend noch vor Mitternacht Palffau zu erreichen, als einer der 
Anwefenden erklärte, fen Zimmer mit mir theilen zu wollen. 

Das freundliche Anerbieten wurde um fo dankbarer angenoms 
men, als ich mich ziemlich ermüder fühlte; bald war ein Geſpräch 
angefnüpft, und wenige Andeutungen über den Zweck meiner Reife 
führten zu dem erfreulichen Refultate, daß mein Partner nicht allein 
ein warmer Verehrer der Natur, fondern ob feiner vielfeitigen Bildung 
ein tzefflicher Gefellfchafter, Überdieß mit allen Details der Gegend 
aufs Engfte vertraut war, ſich fomit als einen Mentor darftellte, wie ich 
ihn für meine Abſicht vieleicht im ganzen Lande vergebens geſucht Hätte, 


44 153 — 


Herr Leopold Swoboda, Waldmeiſter zu Eiſenerz, eben hier 
in Geſchäften anweſend, belehrte mich, Daß ſich die Eishöhle, die er 
fhon mehrmals befucht hatte, vier Stunden füdweftlih von Wild⸗ 
. alpen im Gebirge befinde, und von dieſem Punkte aus am leichteften 
erreicht werden könne; fürs Erſte wurde mir ein Umweg von min- 
deftens acht Stunden erfpart, Dann die Ausmittlung geeigneter Füh⸗ 
zer zugefagt, vor Allem ermahnte er mich, den Rücdweg über Sams 
ju nehmen, und die Noth zu paflicen, ein Name, dem ich als to= 
pograpbifche Bezeichnung bier zum erſten Male hörte. | 

Bald wurde ich auch mit dem hier domicilirenden Waldmeifter 
Hern Da Rio und andern Ortshonoratioren befannt, und der 
Abend verfloß bei angenehmer Gonverfation ; als ich aber vernahm, 
daß nach Ablauf der zwei Soncurstage, während welcher die Führer 
fih ohnehin ſchwer entfchloffen Hätten, den Kirchtagsfreuden zu ent: 
fagen, die ganze Gefellihaft Die Fahrt mit mir unternehmen wolle, 
weil in der Nähe der Höhle ohnehin ein Holzfchlag zu meſſen war, 
fo zögerte Ich feinen Augenblid, mich, fo gut es fih thun Lie, Hier 
einzurichten, und fand allen Grund, mit dem kurzen Auffchub meiner 
Neife zufrieden zu fein. 

So befcheiden fih die nächfte Umgebung von Wildalpen dem 
Auge darfiellet, denn die grotesten Formen find Hier ziemlich ver 
fhwunden, und es bliden nur zwei Hochgebirge, die Riegerin und 
Kräuterin, über den bewaldeten Saum der nächften Hügel herab, 
fo ändert fih das Schaufpiel Doch bedeutend ſchon bei kleinen Spa⸗ 
siergängen; namentlich iſt Die Anhöhe, die man auf eine Viertel: 
flunde vom Orte gegen den Fußſteig nach Eifenerz erreicht, von über: 
zafchender Wirkung; zwei Welskoloffe, der Ehenftein und Griesftein, 
Kronvaſalen des weit gebietenden Hochſchwab, ſchließen Den Hinter⸗ 
geund ; von ihrem Fuße fchlängelt ſich aus finflerer Waldung hervor 
ein ſtarker Gebirgsbach in vielfach gebrochnen Silberftreifen durch das 
Smaragdgrün der terraffenförmig abfallenden, mit herrlichen Baum= 
maſſen geſchmückten Ulpentrift, ein faſt nadelfürmig auffteigender 
Berg, der Rack⸗Kogel, der ſich befonders von der Wildalpenbrüde 
trefflich ausnimmt, beherrſcht Den Mittelgrund; ſelbſt Die Ortsna⸗ 


> 154 «ie i 


men find anziehend ; fo wohnet in einem Geitenthale der Höllen: 
ıneifter, deffen perfünliche Bekanntfchaft mie nicht zu Theil wurde, 
und charakteriſtiſch genug heißt eine Gegend „der Schreier“, weil 
man fih auf dem dicht am einem Donnernden Gießbache Hinziehens 
den Fußſteige nur durch hichee Eee; der. Stimme — 
— machen kann. 

Bot die Natur ſelbſt bei Eiern Wandetungen reiche Ans- 
heute, fo waren die- Cömforts: im Hauptquartiere auch keinesweges 
zu verachten. Das Breiben- eines gutmüthigen, muntern, felbit wigi- 
gen Gebirgsvölfchens, deſſen Luftbarkeit. nur selten . über Die. Grenze 
des Schicklichen ftreifte, gewährte eine angeuchme Zerfireuung; das 
Hauptthena der Unterhaltung lieferten ein Paar Reifende, um der 
ren Willen. ich faſt ganz unbeachtet blieb; zwei Brüder Braun 
hatten fi), wahrfcheinlih aus den Gebirgsfchlünden Des Detfcher 
kommend, feit mehreren Tagen auf der Niegerin niedergelaffen,, wo 
fie, zum größten Leidweſen der. Bauern, fi) auf eigene Hand ver⸗ 
yflegten, bereits waren fechs Ninder zerriffen, und: manche. der Ans 
wefenden wollten Die .perfönliche Bekanntſchaft der ungebetenen Gä⸗ 
fie gemacht Haben; ihre lebhafte Beſchreibung weckte Neminissenzen 
und grauendolle Hiſtorien beurfundeten, daß auch der vedliche Land: 
mann es mit Jagdſtücken fo genau. nicht nehme. 

Außerdem gab es Aufzüge, Proceffionen und. einen improviſit⸗ 
ten Bazar auf dem Kirchplaße, was aber vor Allem belobende Yn- 
ertennung verdient, war die fehr gerundete Ausführung zweier mus 
fitalifcher Meffen, größtentheild aus einheimifchen Mitteln befegt. 
Ein ganz befriedigender Sopran, eine ausgezeichnete Altftimme nebit 
der vom wackeren Schullehrer Herrn Nitter mit großer Fertigkeit 
und der Würde des Kirchenſtyls behandelten: Orgel lenkten vorzugs⸗ 
weife die Aufmerkſamkeit anf ſich, Die Durch die übrigen Mitwirken 
den, meift Landjugend, aber in guter Schule gebildet, Teineswege 
geftört wurde. Ein Statut des Chors zu Wildalpen dürfte ſelbſt 
als nahahmungswürdig empfohlen werden; jeder Sänger, der ein 
Solo vorzutragen hat, erhält nämlich den weißen Commando⸗Stab, 
der ſich während der Tutti's in Händen der, dem Gapelligeifter-Dien- 


444 155 Ktie 


fte vollkommen gewachfenen Altiftin befindet, kann demnach Tbei all- 
fälligen Mißlingen der Leiftung nicht in Zempo » Kabalen * Aus⸗ 
Flucht ſuchen. 

Es war am nebelichten, wenig Gutes — — des 
10. Septembers 1838, als auf dem geräumigen Plage vor dem 
Gaſthauſe zu Wildalpen fich zwei. Gruppen fammelten, Die unter 
andern Umſtänden auf den Einfall eines feindlichen Streifcorps, oder 
mindeftend einer Räuberrotte hätten ſchließen laffen ; die fleinere bis 
an die Zähne bewaffnet (man fah nebft Bürſtſtutzen und Doppels 
rohr auch Piftolen und mächtige Waidmeſſer), Die größere über zwan⸗ 
zig Köpfe ſtark, meiſt aus Landleuten beftehend, mit allerlei Geräth, 
namentlich mit einer Gattung Inſtrumente verſehen, die man beim 
erſten Anblick für Sturmſenſen nahm, ſich jedoch bei näherer Betrach⸗ 
tung als Holzzangen erwieſen; übrigens gaben einzelne Flinten, die 
eifenbewehrten Alpenſtoͤcke und Wettermäntel, die Plaids unſeres Hoch: 
landes, auch der letztern Gruppe ein ziemlich kriegeriſches Anſehen. 

Allmahlig Hatten ſich der Ortsvicar im geſchürzten Habit mit 
botaniſchem Apparat, die Herren Waldmeiſter und der wackere Schul⸗ 
mann hier angereiht, und beide Partheien beglückwünſchten ſich nach 
Gebühr, als ein zierlich gekleideter junger Reiſender aus Dem Wirths⸗ 
hauſe herbeiſprang, und in fremden Dialekt die Frage ſtellte, was 
man hier vorhabe? Kaum war die Auskunft über den reſpectiven 
Zweit einer Höhlenfahrt und Värenjagd gegeben, fo öffnete fich oben 
ein Fenſter, und ein äftlicher wohlgenährter Herr hielt in ——— 
Mundart dem Fremden folgende Standrede: 

„Sehen Sie! junger Mann! Sie reifen Ihres Gerguügens 
willen, Ihnen iſt's gleichgültig, 0b Sie Heute oder Morgen irgendwo 
anfomwen; fchliefen Sie fi ‚den Herren an. Sie dürften vie 
Schönes fehen, wovon man fih in Berlin nichts träumen läßt.“ 

Der Apeftrophirte zeigte fich fogleich willfährig, und brachte nur 
den Zweifel in Anregung, ob feine Fußbekleidung wol der Aufgas 
be gewachien ſei; ein bedenfliches Geflüfter lief durch. Die erfahrne 
Rathsverſammlung beim Anblicke der zarten Kothurne, mit Hohen 
ſchmalen Abſätzen, als ſich aber die Solonne in Bewegung fehte, 


r 


„> 1565 + 


fand auch des Berlinerd Entfhluß fer; die Nachſchaffung des Ge: 
päcks anordnend, erbot er fich mic zum Gefährten in Freud' und 
Leid bis Admont, deſſen Hohes Intereffe man ihm felb in feiner 
Vaterftadt gepriefen hatte. 

Die Bären: Vertilger fhlugen den Weg nad) dem öͤſtlichen 
Gebirge ein, wo, fpäteren Nachrichten zu Folge, wirklich eines der 
Ungeheuer erlegt, und, wie die böfe Welt behaupten will, dem ans 
dern von einem gefühlvollen Schüßen der Laufpaß unterzeichnet wurs 
de, während wir nach Weften zu Ienkten, und gegenüber von der 
Einmündung des Laffingbaches in die Sala die Strafe verliefen. 

Ein ziemlich geräumiges Thal, von Felshäuptern umgeben, bie: 
tet bier dem Landfchafter ein reizendes Bild, und der große und 
Feine Thorftein zeichnen ſich durch impofante Form aus; wo im 
Rüden diefer Yelfenwände ein Bach cascadenartig herabfirämt, führt 
ein Fußpfad ſteil aufwärts, der ſich nicht allein als beſchwerlich, 
fondern an mancher Stelle ſelbſt als gefährlich zeigte; ein Fehltritt 
hätte den viele Klafter tiefen Sturz in den Ninnfal des Baches zur 
Folge gehabt, und Vorſicht war um fo nöthiger, als fich leider der 
bisher langſam feuchtende Nebel in einen fehr ausgiebigen Regen 
verwandelte, der jeden Schritt unficher machte. — So gings über 
eine Stunde fort, bis zu einer breiten bebauten Blöße, und einer 
Hütte, die zwifchen dem Bauernhofe und Der Schwaig ungefähr 
das Mittel hielt. 

‚Die Witterungs » Bulletins, die von den Bergbewohnern oft mit 
vollfommener Verläßlichkeit ausgegeben werden, lauteten keinesweges 
günſtig; dech Dachte Niemand an Rüdzug, und fo gelangten wir 
über eine waldige Anhöhe in öftlicher Richtung fortfchreitend zur Wels: 
mauer ded kleinen Beiftein, einer in geognoftifcher Beziehung 
hoͤchſt merkwürdigen Erſcheinung. 

Die wol 30 Klafter Hohe Wand muß ſich bei ihrer Forma—⸗ 
tion wegen Nachgeben der Unterlage in ſchräger Richtung gefentt 
haben, faft eine Viertelftunde wandert man unter einem riefenhaf- 
ten Vorfprunge, der’ uns als Schirm gegen den ſtets anhaltenden 
Regen ſehr willfommen war, er bildet mit dem ſchwarzen Tannen: 


> 157 + 


gehölze zur Linken, deffen Höhere Wipfel faft die Wand berühren, 
eine Gallerie von eigenthümlich melancholifcher Wirkung, und da 
Das Erdreich faſt unmittelbar an der Wurzel des Felſens als fteile 
Halde in ein tiefes Thal abfällt, deſſen Sohle eben Nebel verhüll- 
ten, fo gibt ed vielleicht keinen Punkt, der dad Grauen vor einem 
Bergfiurze fo lebhaft empfinden läßt, und die furchtbare Wirkung 
desſelben fo fehr verfinnlicht, als diefer. 

Die Gruppe, die fich Hier bei kurzer Raſt durch das Lagern der 
Hoͤhlenfahrer auf den im unebenen Damm Grunde zerſtreuten Stein- 
blöcen bildete, wäre bei der unheimlichen Scenerie, und den fahlen, 
durch das Baumdunkel einbrechenden Lichtfireifen des Pinfeld eines 
Salvator Rofa würdig geweſen. 

Mit einer Wendung nah Süden beginnt das Gebiet des Brand- 
ftein, wahrfcheinlich des Eleinern, denn er zählt noch zwei weit an- 
fehnlichere Namensvettern auf dieſem ausgebreiteten Gebirgsſyſteme; 
das Zerrain nimmt eine auffallende Achnlichkeit mit jenem des Kar⸗ 
fied an; zahllofe Hügel, zum Theile mit kurzen Felsmauern umge: 
ben, umher geftreute Blöce, zerklüfteter Boden und Vertiefungen, 
die ihre Entftehen offenbar dem Einfturze unterirdifcher Gewölbe ver⸗ 
danken, beurfunden ganz die Formation jenes höhlenreichen Gebirgs- 
zuges, nur findet fich bier nicht feine abfchredende Nacktheit; ſchön 
geftaltete Baumgruppen, freie mit üppigem Grün bededte Halden, 
die einen weiten Umblick geftatten, und das entfchiedene Gepräge der 
Alpennatur müßten bei freundlicherer Witterung Hochgenuß bieten; 
fumpfige Stellen zeigen den Reichtum an Waffer, auf dem nach- 
barlihen Brennkogel befindet fich der wahrfcheinlich viel höher gele- 
gene Zeufelsfee, und eine Menge bedeutender Bäche, als der Wild- 
alpen-, Schweinds und Gamsbach nehmen in der Umgebung ihren 
Urfprung. 

Die Höhle ſelbſt Liegt an einer bewaldeten Stelle, und ift mit 
zwei Deffnungen verfehen, die fich unverkennbar als Erdprefien dar⸗ 
ftellen; die größere gleicht ganz einem Krater, und ift unzugänglich, 
in der kleinern hat der Abſturz des Erdreiches, und eine Maffe Schnee 
eine fehiefe Fläche gebildet, auf welcher man mit Hülfe eingekerbter 


> Bun, u A ME a ee - 


„> 158 «ur 


Baumftlämme in die Tiefe gelangt; der Gipfel des Berges dürfte 
kaum 16 — 18 Klafter Höher Liegen, und die Glevation über. der 
Meeresfläche mit Rückſicht auf den nahe Legenden bereits trigonomes 
trifch gemeffenen Berg, der Hannfenkopf bei Wildalpen, ungefähr 
800 Klafter betragen. 7 

Es ift nicht meine Abficht, Hier indie detaillirte Vefchreibung dies 
fed Naturwunders einzugehen, das jedenfalls die höchfte Aufmerk 
ſamkeit, und eine umfaffende Monographie verdient, die vielleicht ſpä⸗ 
ter in Diefen, Blättern gegeben wird; fo viel ift gewiß, Daß Niemand 
den Weg Hierher bereuen wird, Hätte er auch mit Drangfalen zu 
kämpfen, wie fie das Schickſal uns auferlegte, 

Die Anwohner verfichern, daß zur heißen Sommerzzeit die fry- 
ſtallnen Säulen der Grotte in höchfter Pracht fehimmern, und fie 
einem flarrenden Eispallafte mit taufend räthſelhaften Geftalten 
und Arabesken gleiche; denn das Eis folgt ganz der Negel der Tropf- 
fteinbildung, nur zeigen fich die Formen nad) jedem Winter, der im 
Widerfpiele mit dem Geſetze der Oberwelt den Zauber hinwegthaut, 
wieder anders, daher fie mit ihrer wechfelnden Scenerie auch bei öfterm 
Befuche ſtets neues Intereffe bietet. 

Auch wir fanden Stoff genug zur Bewunderung, doch war die 
Höhle zum Theile vom Eiſe befreit, denn rauhes neblichtes Wetter 
hatte durch mehrere Tage angehalten, Das Réaumur'ſche Thermos 
meter 'zeigte um 11 Uhr Morgens im Freien 99 1, am Eingange 
der Höhle 178, im Innern zumächft eines faſt fenkrecht abfallenten 
Schlundes 2° 1 über dem Nullpunkte; der Luftzug aus der Tiefe 
läßt auf unterivdifche Waffer fchließen, und erklärt zugleich das Ges 
heimniß der Bildung, da zur Sommerszeit die wärmere Luft durch 
Die zahllofen Poren des ſchwammähnlichen Kalktuffs verdräng wird, 
während der Winter mit feiner Eisbedeckung dieſe Deffnungen von 
Außen ſchließt, und warhfcheinlich die Temperatur auf die in größer 
Höhlen gewöhnliche von 8 — 10° über dem Nullpunkte ſtellt. 

Jener Schlund dürfte, nach den hineingeworfenen Eismaſſen zu 
urtheilen, kaum über 12 Klafter tief ſein, ſeine Erforſchung mußte 
jedoch aus Mangel an Seilen einem ſpätern Zeitpunkte vorbehalten 


„> 159 «re 


bleiben; nur iſt es möthig, ſchon jegt den allfällige Befuchern zu 
erinnern, Daß er wegen des fich allmählig fenfenden glatten Eisbo— 
dens die Höhle ziemlich gefährlich mache, und überhaupt ohne fcharfe 
Steigeifen hier Fein Heil zu finden fei. 

Ein Berfuh, die Eisfchicht des Bodens, unter welcher ich eine 
Lage foffiler Knochen vermuthete, mit Aerten und den fpißigen Alpen- 
ſtoͤcken aufzuhauen, blieb gänzlich erfolglos. | 

Sehr günftig für die Neifenden ift der Umftand, daß fich kaum 
1000 Schritte von der Höhle eine Art Hofpiz, die Hütte eines Holz- 
fihlägers befindet; da faßen wir num in erquicdender Wärme des lan⸗ 
gen Herdes bei frugaler Alpenfoft, und fahen dem Zreiben der 
Holamefjer zu, die fich draußen im ftrömenden Regen an den nad. 
ten Drillingen umbertummelten , ihr haftiges Hin» und Herlaufen, 
das verworr'ne Anrufen der Maße, oft aus bedeutender Entfernung, 
waren auch mir nen, umd der wißbegierige Preuße ruhte nicht, bis 
ihm Alles vollſtändig erflärt war; mitunter wurden Kannen gegoſ— 
fen, man ftreifte in das Gebiet der Literatur, und ‚nicht wenig 
wunderte fich der Fremde, ald der befcheidene aber fenntnißreiche Vi⸗ 
car von allen Notabilitäten Berlins Aufihluß gab; fehr naiv be= 
merkte er. Das hätte er in diefen Gegenden nie vermuthet; fo viel 
fei aber nun ausgemacht, daß Hinter den Dergen auch Leute wohnen. 

Der Aufbruch durfte nicht länger verfchoben werden, denn eine 
bedeutende Wegſtrecke mit viel Sehenswerthem lag noch vor und; 
fehr bewegt war der Abſchied von unfern freundlichen Begleitern, im 
Auge des Fremden leuchtete jene Rührung, die beifere Naturen übers 
mannt, wenn in dad Bewußtfein herzlicher Annäherung fich die Ueber— 
zeugung drängt, man müſſe für Diefes Leben auf ein Wiederſehen 
verzichten. Glücklicher als er konnte ich mich der Ansicht hingeben, 
die gewonnenen Freunde bald wieder zu begrüßen. 

Von einem rüftigen Holzarbeiter geführt, lenkten wir in weſtli⸗ 
her Richtung abwärts gegen die Noth, deren Namensnerwandte und 
bald eingeholt, und in die rauhen Arme gefchloffen hatten, denn die 
Schleufen des Himmels waren geöffnet, wie in den Zagen Noah's, 
des Sohnes Lamech, das gleichmäßig dunkle Grau des Horizont’s 


„> 160 «re 


ließ kaum die Erinnerung, viel weniger die Ausfiht auf Sonnen: 
fchein auffommen, fo konnte ed denn nicht fehlen, daß wir gegen 
das zudringliche Element bald nichts mehr zu verwahren hatten. 

Schon beim Auffteigen zeigte die Marocquin » Beihuhung mei- 
ned Degleiterd manche bedenkliche Spalte, bei der Abfahrt verfagte 
fie dem einen Fuße gänzlich den Dienſt, das Feſtbinden der aufs 
wärtd ftehenden Sohle fchaffte auf dem fleinigen Wege nur für Mi⸗ 
nuten Erleichterung, und ald alle Hülfsmittel erfchöpft waren, er⸗ 
übrigte dem Gequälten nichts, als mit Hülfe des Alpenſtocks vorfich- 
tig auftretend fortzuhumpeln. 

Die Langfamkeit des Vorrüdens wurde um fo peinlicher, als 
weit und breit Fein Obdach, und in der Ziefe der Thäler nur eine 
zweite dicht geballte Nebelfchicht zu entdecken war. Außer Stande 
zu helfen, wurde ich nur durch den guten Muth des Preußen aufges 
richtet, der in allen Drangfalen den Sinn für Naturfchönheiten nicht 
verlor ; als folche zeigte fi) vorerft der Ausbruch des Schweinsbas 
ches aus einer Maffe wild über einander geworfener, moosbewachfener 
Selfen, die mit dem weißen Wogenfhwalle, der noch im Innern der 
Grotte einen ſchäumenden Fall bildet, malerifch contraftirten. Die 
Richtung feiner Ausmündung und die Stärke des Waſſers laſſen 
keinen Zweifel übrig, daß er die tiefern, noch unerforfchten Regionen 
der Eishöhle durchſtroͤme; mie ſehr bedauerte ich, auch nicht eins 
flüchtige Skizze dem prächtigen Bilde abnehmen zu können, 

Das Veberfhreiten diefes Waldfiroms auf einem runden Baum: 
ſtamme von mittlerer Stärfe war Höchft bedenklich, ging aber mit 
dem Beiftande des gewandten Führers noch glüclich von Statten; von 
nun an wurde die Sache nicht mehr fo genau genommen, durch die 
Unzahl von Bächen, die aus jeder Einfattlung hervortobten, ſchritt man 
mit heroiſchem Gleichmuthe, ohne fih um Stege oder andere Webers 
gangsmittel zu fümmern, nachdem ihre Tiefe nothdürftig fondirt war ; 
ob fie, ald Inventarials Stüde der Gegend, feſte Namen führen, ob 
fie nur das Unwetter geboren, konnten wir nicht in Erfahrung bringen, 

Auf etwas ebnem Pfade in ein Buchengehölz gelangt, fanden wir 
des Teufels Sprichwort erprodt, „im Walde regne es zweimal“ ; doch 


„> 161 + 


war Hülfe nahe, bald Tag eine niedliche Sennhütte vor und; zwar 
war fie verfchloffen, doch Hielten wir im befcheidenen Kälberftalle eis 
nen freudigen Einzug, mit dem feiten Vorfage, feinen werthuollen 
Befig nicht eher aufzugeben, als fi) die Mittel zur gemächlicheren 
Fortſetzung der Wanderung gefunden hätten. 

Des Führers weit Hin fehallender Ruf wurde aus dem Walde 
beantwortet, wo die Dreade ihre Eleven, die eigentlichen Bewohner 
unferes Afyls, zufammen fuchte; bald erfchien fie mit ihrem bloͤckenden 
Geleite, nah kurzer Gapitulation wurde der Stall geräumt, und die 
Hütte bezogen, wo frifche Milch und ein gemüthliches Feuer die lang 
erfehnte Erquickung boten. 

Die Unterhandlung, die Sonntags » Bundfchuhe der Schwaige⸗ 
rin zu jedem Preife zu erfaufen, fheiterte an ihren firengen Grund» 
fügen, fie meinte: fo Etwas dürfe nur ein Dienftbote thun, fie 
aber fel die Tochter des Befigers; mac einigem Nachfinnen erbot 
fie fih, den Gegenſtand unferer Wünfche ohne Pfand und Anfpruch 
anf Entgelt gegen Dem zu überlafien, daß der Führer, den fie nicht 
einmal kannte, das Darleihen binnen zwei Tagen zurückſtelle. 

Nun war Alles Im Reinen; freudig opferten wir den Reſt un: 
ferer Waidflafche zum Toaſt für des Biſchofbauern liebliche Tochter, 
deren verhältnißmäßig zarte Geſtalt fchon der Umſtand beurkundet, 
daß der Kleine, niedlich gebaute Berliner in ihren Schupen nur bei⸗ 
läufig einen Zoll überflüſſigen Naum fand. 

Etwa fünf Viertelſtunden nach dem Abſchiede von der Sennin 
erreichten wir, längs des hochangeſchwollenen Gamsbaches fortfchrei: 
tend, die Stelle, wo er gegen eine waldbefrönte Felsſchlucht hinab- 
fhießt ; es war Die Noth, aber auch die Dämmerung Hereingebros 
Ken, und dad Maß unferer Prüfungen noch nicht erfüllt; der 
Führer betheuerte, er allein könne uns nicht ducchfchaffen, und ſämmt⸗ 
liche Bewohner der hier zerfireut Tiegenden Hütten, in denen wir 
nad) einem Geleitsmanne forfchten, erklärten das Alnternehmen bei 
den heutigen Umftänden für ein tolles Dagefüd, das wir zuverläffig 
mit den Hälfen bezahlen würden. | 

s Jahrg. IT. geft. 11 


> 162 *8tα 


Gewohnt mit mir zu verhandeln, weil er des Fremden Dialekt 
durchaus nicht verftand, erbot fi der Yührer, und auf bequemen, 
wenig beträchtlichen Ammege nah Gams zu bringen, wo wir treff- 
liche Unterkunft finden würden, und zwar über den Krautriegel, Der 
Name enthielt ein Meer von Profa, der Kontraft zwifchen der Via 
mala und einem Stoppelfelde, zwifchen der Fingalshoͤhle und einem 
Bierkeller war zu fchneidend, um einen Zag voll ritterlich befämpften 
Ungemachs fo philiſterhaft zu befchließen; volle Entfchädigung für 
Die zu erwartende fchlechte Nacht verheißend, gebot ich Schweigen, 
das auch getreulich gehalten wurde; die befte Stube der nächften 
Hütte ward in Befig genommen, der Abendtifh mit Schnaps und 
Schwarzbrot beftellt, und von den Eigenthümern des Hoteld mit [o= 
bensweriher Aufopferung ein ganz erträgliches Lager für meinen Be: 
gleiter bereitet, auf Dem er, von der durchnäßten Umhüllung befreit, 
bald dem mwohlthätigen Schlummer in die Arne fant, während ich) 
ohne Umſtaltung des äußern Menfchen die reinliche Bank als Lie 
gerftatt vorzog, und eingelullt vom monotonen Raufchen Des Girf- 
baches doc) einige Stunden der Ruhe genof. 

Das Sternenlicht, das fih mühſam durch die Heinen beruf: 
ten Scheiben ſtahl, Hatte nicht getäufchtz ein fehöner Morgen be: 
grüßte und, und verlieh der Landfchaft jene eigenthümliche Schärfe 
der Umriſſe, die nur nach ſtarken Niederfchlägen Statt findet, und 
optifchen Linfen gleich die Gerne herbeizaubert. Mit verſtärktem Ge: 
leite wanderten wir der Schludt im Welten zu, umd es wollte dem 
Preußen nicht recht behagen, als bei der erſten Brüde über den 
Gamsbach die Steigeifen wieder hervorgeholt wurden, Erſt ſchienen 
fie ziemlich entbehrlich, obſchon der ftärkere Gall des Baches und das 
rings aufftrebende Geftein der Umgebung einen wildern Charakter 
verlieh; ein dumpfes Braufen tönte und entgegen, jeßt führte ein 
fteilee Pfad aufwärts, und wir fanden vor dem Schlunde, in wels 
chem eingeferbte Bäume und ſchmale Breter die Richtung bezeichnen, 
die der Wanderer, bald Hoch über den Wafferwirbeln, bald in der 
Tiefe vom fprühenden Wellenfchlage benehet, zu verfolgen hat. Ein 
thörichter Verfuch bleibt Hier jede Beſchreibung, fo lange es Feine Spra⸗ 


- 


> 103 + 


che gibt, die das Ohr betaubt, und die Knie zittern macht; die dürre 
Andeutung der Dertlichkeit, und die Darftellung unferes Durchzugs 
dürfte Die Sache mehr verfinnlichen als jeder Aufwand poetifcher 
Dildnerei. 1 

Es if die Noth eigentlich nichts anders als ein Zriftweg, von 
Holzknechten in ihrem Amtöberufe und gewiß oft mit bangem Herzen 
befahren; wo der Fels feine Kanten zum fohmalen Fußſteige übrig 
Läßt, find Bäume und Breter größtentheild ohne Lehne mit eifernen 
Klammern an die Wände geheftet, an zwei Stellen führen Derlei ges 
fährliche Stege über den Waldftrom, der immer rafcher und raſcher 
ſich ſenkend, ald wolle er fich im die Unterwelt wühlen, Fälle von 2 
bis 3 Klaftern Höhe bildet, in feinem Donnergebraufe feinen menſch⸗ 
lichen Laut auffommen läßt, und die Felfen erbeben macht. 

Die Roth übertrifft an ſchauerlichem Effect alles, was ich bisher 
im Lande gefehen, das vielbefuchte Todte Weib mit feinem melancho⸗ 
lifchen Wafferfalle, die gepriefene Lasnig bei Landsberg, die Huda 
Luna find im Vergleiche mit ihe matte Parfparthien. Obſchon es 
bier feine himmelanftrebenden Felswände, Feine Katarakte von bedeus 
tender Höhe gibt, it Alles Leben und Bewegung, wild verworren, 
wie nad einem Titanen-Sturme liegen Baumflämme und mächtige 
Felsblöcke umher, an denen die Wucht des Waffers in taufend Strah⸗ 
len zerfplittert, der frifche Morgenwind, der hellglänzende Wolken durch 
das Dlau des Aethers jagte, das gefpenftige Neigen der Tannen 
oberhalb der zerflüfteten Wände, wirkten harmoniſch zum Ganzen, 
und wäre die Sonne im Weften geftanden, fo Hätte der Farbenſchmelz 
des Regenbogens die Glorie vollendet. 

Ohne es gewahr zu werden, war ich dem Zuge weit voraudges 
eift, und hatte jenfeits eines Iuftigen Steges auf einem überhängen- 
den Blocke Plab genommen zum Verfuch der ſchwachen Skizze, die 
fich dieſem Hefte Heigefügt findet; Da überfchaute ich den abenteu⸗ 
erlichen Zransport meines Begleiter, der mit jenem eined ertappten 
Wilddiebes eine auffalende Aehnlichkeit Hatte; ein Führer fchritt vor⸗ 
an, der andere hielt den Preußen auf fefterm Steige rüdwärts am 
Rockkragen, auf fhwähern Vretern wurde ihm an der Wafjerfeite 


> 164 e 


eine Stange ald Geländer dicht an dem Leib gelegt, auf gleiche Welſe 
langſam über den Steg bugfirt, fam mein Freund vom Schweiße 
triefend zu meinem etwas Schwindel erregenden Sitze herangekrochen, 
Entzücken und Angſt malte ſich in ſeinen Zügen — „So Etwas:“ 
keuchte er, „hat ganz gewiß noch kein Berliner geſehen; aber Vieles 
gab ich d'rum, wenn wir die entfeglihe Schlucht im Rüden hätten.“ 

Nach einer Viertelftunde und noch einigem Herzklopfen war fein 
Wunſch erreicht, wir betraten das freundliche Gamsthal, wo der Bad) 
fein früheres tolles Treiben unter gleisnerifcher Miene verbirgt, Wie⸗ 
fen bewäffert, und in aller Demuth Mühlen treibt. Das recht behag- 
liche Gaſthaus und die Hülfsmittel des Ortes feßten uns in Die 
Lage, den Führer mit dem anvertrauten Gute, mit Grüßen und Ge⸗ 
ſchenken für die wohlthätige Seninn zu entlaſſen. 

Zuverläſſig wird die Noth, mehr gekannt, bald eine beträchtliche 
Celebrität erlangen, und wer den Weg von Hieflau durch das para⸗ 
dieſiſche Landl, Steiermark's Tempe, hieher nimmt, kann fie von 
Gams aus in einer Viertelſtunde erreichen, die Gegend bietet übri- 
gens noch manche Merkwürdigkeiten, DVerfteinerungen, ein in fchiefer 
Richtung aus der Kalkformation vorbrechendes mächtiges Sandftein- 
lager, und eine noch nicht erforfchte Höhle auf dem Annerlbauern: 
grunde in der Nähe des Pfarrhofes. Iſt aber die Noth nicht ohne 
Grund ihrer Gefährlichkeit wegen verrufen und ihren Befuchern alle 
Vorſicht zu empfehlen, fo bleibt es andererfeits hoͤchſt wünſchenswerth, 
daß durch allfällige Verfuche, fie gangbarer zu machen, dem ſchauer⸗ 
lichen Charakter ihrer Prachtfcenen kein Eintrag gefchehe, Verſtärkung 
der an manchen Stellen allerdings zu ſchwachen Bretter wäre die 
allein zuläffige Amelioration; könnte man fie aber mit aller Behag ⸗ 
lichkeit durchziehen, fo wäre Diefer erhabenen Tochter der Natur ihre 
jungfräuliche Würde, jener Reif der Srifche genommen, die das An- 
taften der Menfchenhand auch ihren zartern Geſchwiſtern, den Blu- 
men, Früchten und Schmetterlingsflügeln für immer abflreift. 


— — — — 


> 105 «« 


Seimatliches. 
Grörtert vom Prof. Joh. Gabr. Seidl, 





Di Annalen der Gefellfhaft Sefu, von dem Mit- 
gliede derfelben, Granciscus Bencins, deffen der berühmte Ju⸗ 
ſtus Lipſius (Cent. ad Italos et Hispanos, ep. 9. und Cent. 
2. epist. Miscellan. epist. 54 et 75) mit befonderem Lobe erwähnt, 
enthalten in der Gefhichte der Jahre 1586 und 1587 eine ausführ- 
liche Schilderung der Yeierlichkeiten, welche bei Eröffnung der 
Gräßer- Hohfhule (Academia) Statt fanden. Als Pendant 
zu dem (im 2. Hefte des 1. Jahrgangs dieſer Zeitfchrift ©. 27 — 61) 
mitgetheilten Auffaße: „Die Gründung der Univerfität zu 
Gräß“ von Dr. Alb. v. Muchar dürfte diefelbe Hier am Plage 
fein. — „Mitten in unferer Kirche, „erzählt der Annaliſt,“ war 
eine hohe, geräumige Bühne, mit bunten Tapeten geſchmückt, zwi⸗ 
fchen drei Pfeilern aufgefchlagen; darauf fanden prächtige Stühle 
und ein mit feidenen Zeppichen behängter Zifch, auf welchem man" 
den Stab und das Siegel, die Abzeichen des Nectord der Univer⸗ 
fität, und eine goldene Schüffel mit der reichbebänderten päpftlichen 
Bulle erblickte. Die übrige Kirche war unterhalb ebenfalls mit Tep⸗ 
pichen bededt. Rings herum fah man zahlreiche Infchriften voll Ans 
fpielungen auf die Erhabenheit der Wiſſenſchaften fowol, als des 
Landesfürften mit deffen ſämmtlichen Inſignien: nämlich vier und 
zwanzig an der Zahl, darunter überall, gleihfam als Erklärung, ein 
Doppelvers. Vorzüglich bemerkbar machte fich ein Lobſpruch auf den 
Sandesfürften, welcher, um durch Würde und auffallende Sremdartig- 
keit der Form deſto mehr in die Augen zu fpringen, mit größeren Buch- 
ſtaben gefchrieben und abfichtlich In einem alterthümlichen Style ver- 
faßt war, worüber die Proteftanten, welche gegen alles Uebrige nichts 
einwenden konnten, gewaltig ihre Zungen weßten. So war die Kirche 


223> 166 «tt 


ausgeſchmückt. Das Uebrige gefchah beiläufig in folgender Ordnung: 
Das Hohamt zur Anrufung des heiligen Geiftes hielt, unter raus 
fhender Mufitdegleitung und vollftimmigen Wechfelhören, der Biſchof 
von Seckau, welcher hierauf auch unfere Brüder abfpeifte. Als— 
dann wurde eine Tribune errichtet, welche viele von Adel und aud) 
die Unſrigen beftiegen. Dann hielt Einer von uns eine balbftündige 
Rede über die Einrichtung von Akademien, mit befonderer Lobpreifung 
des Stifters Diefer neuen. — Nun übergab der Kanzler des Landess 
fürften, nach) einer kurzen Anrede, dem erjherzoglichen Geheimfchreis 
ber zuerft die Stiftungs-Urkunde und dann die Privilegien zum Vors 
lefen. Nachdem diefelben laut abgelefen worden, überreichte der näm—⸗ 
liche Kanzler unferm Provinzial, unter den ehrendften Ausdrüden, 
im Namen des Landesfürften zuerft die Lrfunden, dann den Gtab, 
endlich Das Univerfitäts- Siegel, worauf diefer mit ſchmuckloſer Kürze 
aber geziemender Wahl der Worte erklärte, daß fich fowol unfer 
bochwürdigfte General, als auch unfere ganze Gefellichaft dieſes neue 
Ant, nach ihrem beften Kennen und Vermögen, würden angelegen fein 
laſſen. Ein Anderer von uns hielt nun eine Danfrede, und ftattete 
- In derfelben vorerfi Gott dem Herrn, dann dem erlauchten Stifter in 
klaren, teiftigen Worten auf eine folche Weife Danf ab, daß ihm 
die-algemeinfte Rührung und fogar der Beifall der Proteftanten nicht 
entftand. Nachdem diefe Seremonie ſchon vier Stunden gedauert hatte, 
wurde fie mit einem Lobgefange und Dankgebete beichloffen. — Nun 
begab ſich der Landesfürft felbft mit Höchtfeiner Gemahlin, feinen 
Kindern und dem höchiten Landes» del in das Collegium, wo auf 
Seine Koften in dem großen Vorfaale eine Herrliche Tafel bereitet 
war. Höchftderfelbe nahın mit den Seinigen Plaß, um ihn die geift- 
lichen Vorfteher und Die VBorgefeßten anderer Provinzen an den ihnen 
zugewiefenen Plägen; zuletzt auch, feitwärts abgefondert, die Unſri— 
gen. Auch die übrigen Zifche waren von vielen angefehenen Perfo- 
nen, welche theild herumſtanden, theild aufwarteten, umdrängt. Bei 
der Tafel der Unſrigen durfte Jedermann frei und ungehindert zus 
fehen. Um fo mehr Gelegenheit hatte mar, die ungezwungene Nüch— 
ternheit und Mäßigung bei einem fo fröhlichen Gelage an allen Mit 
gliedern unferes Ordens theilnehmend zu bemerken. Während des 
Mahles ertönte eine fehmelzende Zafel-Mufit; das Gefpräch murde 
durch die verfchiedenften Mundarten und Sprachen (man unterfchied 
ihrer bei achtzehn), zur Verwunderung und zum Vergnügen Aller 
belebt. Am Schluffe der Zafel wurde dem Landesfürften abermal 
eine Dankſagung gemacht. Hierauf folgten ununterbrochene Difpu: 
tationen durch Drei Zage, an den beiden erſten über theologifche, am 
dritten über philofophifche Gegenftände. Der Landesfürft beehrte Lies 


„> 167 + 


felben mit höchfteigener Gegenwart, und alle Vorficher nahmen Daran 
Theil, indem fie in ihren Vorträgen mit einer paffenden Einleitung 
begannen und mit einer Dankfagung fchloffen. Auch die Gegner un⸗ 
ferer Sache thaten Das Ihrige, nur aus einem ganz verfchiedenen Ges 
fchichtspunfte. Indem fie fih nämlich zur Bekämpfung der Wahr: 
heit über ihre Kräfte anftrengten, bewiefen fie nicht nur ihre Hart⸗ 
nädigkeit (Denn fie wollen in diefer Hinfiht für hartnädig gelten), 
fondern aud (was fie aber eben nicht wollen) ihre Unerfahrenheit; 
Famen aber Dabei fo übel weg und wurden fo wader zu Leibe genoms 
men, daß fie kaum dem Gelächter entgingen. - Den Beſchluß vers 
berrlichte eine überaus gelungene theatralifche Darftellung, in welcher 
zuleßt unter allgemeinem Beifallejubel die Gräßer Univerſität, per- 
fonifieirt in weiblicher Geftalt, von dem Chor der vorzüglichiten 
Künfte umgeben, auf einem Giegeswagen erfchien. Durch diefe Schaus 
fpiele wurde das Anſehen der Akademie bedeutend erhöht und Die 
Zahl der Schüler nahmhaft vergrößert. Eine ähnliche Feierlichkeit 
wurde auch im Herbfie desfelben Jahres veranftaltet, ald die Studien 
nad Gebrauch wieder ihren Anfang nahmen.“ — 


Die von mir in diefer Zeitfchrift angeführte Chronik von Maria 
Naſt bemerkt unter der Amtsführung des vierten Nafter » Priefters 
Edmund Corona: Anno 1063 pro urbe et arce Grae- 
censi a Vindis primus lapis positus, nec non ibi a familia 
Weisseggiana prima domus exstructa fuit.“ — Karl 
Mayer in feinem Berfuhe über ſteiermärkiſche Alterthüs 
mer, Grätz 1782, ©. 78, fagt: „Die Pojer oder Baiern hatten 
fih aus den Ruinen einer vorhin allda geftandenen Stadt wieder eine 
neue erbauet; fie hatten felbe nach Gewohnheit der Alten mit vielen 
Thürmen umgeben, davon noch drei m. f. w. und endlich der große 
am Murthore vor der Brüde mit der Auffchrift 1063 zu fehen 
find.“ — Ein Gut in der Vorftadt von Gräg (S. Schmutz hiſt. 
topogr. Lexikon. A. Thl. ©. 325) heißt der Weißegger- Hof. 
Das fromme Ehepaar, welches die Kirche zu Maria Raſt gründete, 
hieß Edmund und Iremgarde von Weißegg. Gollten viel- 
leicht diefe Daten in engere Hiftorifche Verbindung gebracht werden 
Fönnen? 


* 


° Digitized by Google 
„Ei 


— 


— — 


Ueberfſicht 


der meteorologischen Verhältnisse 
im zweiten Semeſter des Jahres 1838 
für die Hauptſtadt Grätz 


nach den daſelbſt täglich angeſtellten zwoͤlfſtündigen Beobachtungen, 


Dr. Wilhelm Gintl, 
t. 8. Profeſſor der Phyſil. 


— — 
ww." 


Diou ed by Google 


JuTlöi. 
Lt ua ftdrud. 
Mittlerer Größter Kleinfter 
Parıf. Zoll | Wien. Bol Parif. Zoll | Wien. Zoll Parif. Hol | Wien. 3. Parif.3. | Wien.B. 
26°966 | 27-711 | 27-210 | 27-962 | 26776 | 27'516 | 0434 | 0-436 


m erften Drittheife des Mon. fuccefives Steigen des Barometers. Marimum des Das 
rometerftandes am soten um 10 Ubr Abends, zur Bet des Bollmondes in der Erdnäbe. Wah⸗ 
rend des zweiten Monatsdrittels unter abwechlelnden Schwanfen langfam Statt findendes 
Sinten des Barometers. Zeit des lehten Viertels, Mond in der größten nörd!. Abweichung. 
Lentes Monatspdrittel, Zeit des Neumondes in der Erdferne zeigt Feine auffallenden Bers 
änderungen im Barometerftande. Unter fehr Meinen Dscillationen noch ein geringes Sin» 
fen merflih. Minimum des Barometerflandes am soten 5 Uhr Abends. 


Luftfröme 









Beränderung 

















— n:Iso|o so | s | Ww I NW |Mite.Windesriheung 
Zahl 18 | 16 8 | ı5 lı3 | 16 0 | 16 N 51° 5 © 








ur Zeit des erſten Monatsdritteld waren die nörd!. Winde und zwar der NW u. N 
vorberrfchend, jedoch wehten fie nur mit geringer Stärke, und mwechfelten febr häufig, ber 
fonders gegen das Ende des Drittels. Im Laufe des zweiten Drittheils des Monates erhiel⸗ 
ten dagegen die füdlihen Winde, SO u. SW, das Uebergewicht; auch diefe mebten nur 
jſchwach und häufig mit einander abmwechfelnd. Während des Iehten Monatsdrittel wurde 
der NW vormwaltend, und wehte mehrere Tage hintereinander anbaktend ; Dody war auc feine 
Stärfe nur gering zu nennen. Bei dem häufigen Wechſel der Winde in Diefem Monate 
fam der NO u. O Wind zwar aud, aber immer nur auf kurze Zeit zum Borfcheine, ift 
aber nur als Uebergangswind zu betrachten, fo wie es ebenfalls mur Augenblide gab, wo 
der Wind nad W umfchlug. 

Lufttemperatur 


Mittlere Höchfte Niedrigfte 


RI € R I € R |I 0 R I © 


—— —— — — — — — — — — — — — — 
+1534) +1918 | +26°4 | +33°0 | +89 | + 11°13| 17°5 2187 
Bom Anfange des Mon. bis über die Hälfte des erften Drittels war die Temperas 
tur im Steigen begriffen, gegen Ende desfelben erlitt fie eine kleine Erniedrigung, worauf 
fie aber gleich wieder dis zur Mitte des Mon. in Die Höhe ging, und ihr Maximum am ı5tem 
um 3 U. Nahm. erreichte. Hierauf etwas wenig erniedrigt, erhielt fie ich jedoch auf nabe 
gleicher Höhe Bis zum Ende des zweiten Monatsdrittels. Im legten Drittheile des Mon. da> 
Hrgen wurde die Temperatur auffallend herabgefegt, und erlangte am 26ten um & Uhr Früh 
Ihren niedrigfien Stand, worauf fie fich bis zum Ende des Mon. noch gleich erhielt. 


Luftfeuchtigkeit. 


Nach dem Gewichte des in einem Wien. C. Fuße Luft bei 28 Parif. Bol 
Luftdrud enthaltenen Waſſerdunſtes ausgedrüde in Wien. Granen 


Mittlere | Größte | Kleinfte | Unterfcbied 


6534 | 12'85 | 2°09 | 1076 
Die Luftfeuchtigkeit hielt mit der Temperatur in diefem Mon. nahe gleihen Schritt. 
Bis Mitte des Monates an Größe faft immer zunehmend, erreichte fie ihr Marimum gleiche 
falls am ı5ten um 5 Uhr Abends, worauf fie gleich tmieder allmablig abnahm, und am ?26ten 
um 10 U. Ab., she Minimum erlangte, hierauf aber bis zum Ende des Monates fih nahe 
gleich bleibend. Der Monat war ım Ganzen feucht zu nennen. 


Regenmenge. 
In Wien. Cub. Zoll. auf die Fläche eines Wien. Quadr. 5. ausgedrudt 


— ————— — — — —— — — ——— 

Geſammtmenge | Größte | Kleinfte k Unterfchied 
ee — — —— — ———⏑⏑ — 

8679 | 2908 | 002 | 290'78 

ie aanıe monatl. Regenmenge betrug fo viel, daß der Boden bis au einer Höhe von 
200.30 one Apaffer bededt worden wäre. hau gab in diefem Monate eine Wa ermenge 
von 0-65 @ub. Zoll auf die Fläche eines Nuadrarfußes. Die größte Regenmenge lieferte fo 
viei Waffer,, daß es eine Höhe von 2323, die kleinſte Dagegen eine Höhe von ooor 
uber Dem Boden erreiche hatte. 












Unterſchied 










1 


Bolten 

Der erfte Tag im Mon, sun nod den Charakter der letzten Tage vom verfloff. Mon. 

an ſich, Doch folgten ihm gleich unmittelbar mehrere beitere, freundliche Tage, an welchen der 

immel größtentheils rein, und nur gegen den Horizont mit leichten Feder⸗ u. Beinen Haus 
enwolfen bededt wär. Diefes dauerte bis geaen die Mitte des erften Monatspdritteis, mo 
eine ftärfere Bemwöltung eintrat, und bis zur Mitte des Mon. allmahlıq zunahm. In diefer 
Zeit war das Zenith nur felten heiter, und die dichten Wolfenarten vorberrfhend, dennoch 
m es nur wenig ausaebildeten und nur kurz dauernden nimbus. Bon der Mitte des Mon. 

is zum Ende desfelben verfhlimmerte fi diefer Zuftand immer mehr, es gab nur wenige 
zum Theil heitere Tage, vormwaltend dichte XBolfen häufigen und längere Zeit anhaltenden 
nimbus, zumeilen fogar etwas Nebel. 

Bitterung. 

Einen einzigen Tag gab es in diefem Mon., welchen man zu den ganz beitern, wenn 
auch nicht ganz wolfenlofen jablen fonnte. Im Hebrigen waren 9 beit. Tage mit anbaltendem 
hellen Sonnenſchein, 3 größtentbeils beit. Tane mit unterbrochener getrübter Sonne, a halb 
beit. Tage mit wenig Sonne, 5 aröfitentbeils trübe Taae mit einzelnen Sonnenbliden, und 
# ganı trübe Tage. An 16 Tagen aab ed Regen, mworunter 1 vorübergebend ſehr flarfer, 5 
anhaltend flarfe, 2 vorübergehend ftarke, 3 mäßige, 5 ſchwache Regentage waren. 
Luftelektricität. 

Der elektr. Zuſtand der Atmofphäre war im ganzen Mon. vorzugsweiſe negativ, iedoch 
durchgehends nur mıt geringer Stärke. Im erften Drittb. des Mon. war fie.andauernder als 
im jmweiten, nur wenige Tage gab es da, wo fie auf einige Stunden entweder gan lie vers 
chwand. oder von ſchwacher + E vertreten wurde. Im zweiten Monatsdritt. aab ed mehrere 
olche Unt’rbredh., ja fogar ganze Tage, wo fich feine Spur von Elektr. zeigte. Im letzten Dritt. 
trat fie wieder deutlicher u. fräftiger bervor, nur felten von + E auf fehr Furge Zeit unterbrodp. 


Meteore 
Am iten u. eten febr fhöne und fehr lang dauernde Abendrötbe. Am sten um soll. 
Abends ein entferntes Gewitter. Den ızten ſchwache Abendröthe. Den isten um a ıfa Ubr 
Nacım. ein entferntes Gewitter in NO, und fpäter ein von dort voruberziebendes Gewitter. 
Am isten um ı U. re in O u, 80 entfernte Gewitter. Un demfelben Tage um 5 U. Ab. 
entfernte Gewitter in N, NO u, NW, dann um 7 U. ein ſtarkes Gewitter aus N. 





August. 
ü Luftdrud. 














Mittlerer Gröfiter Kleinfter Yeränderung 
Parif. Zoll | Wien. 300 | Parif- ZoU | Wien. 30 Pariſ. ZoU | Wien. 3. | Parıf 3- | Wien.Z. 
21'034 | 27-781 | 27240 | 27-993 | 26-648 | 27.386 | 0:592 | 0607 


Erſtes Monatsdritt., Zeit des Bollmondes u, Uebergang von der ggößten füdt. Abweich 
sur Erdnäbe, unter fortiwäbrendem Schwanfen langfames Steigen des Barom. Während des 
jweiten Monatsdrittb, jur Zeit des legten Viert. in der größten nordi. Abweich., allmabliges 
Sinken des Barom. bis zur Mitte des Mon., und von da an bis zum Ende des gweiten Dritt. 
©teigen desfelben, worauf am isten um 9 Uhr Erüb das Marımum des Barometerftandes 
eintrat. Unmittelbar darauf im Anfange des lehten Dritt. bedeutendes Sinken der Quech⸗ 
filberfaufe, fo daß am 22ten um 10 U. Ab. das Minımum des Barom. Statt fand. Hier⸗ 
auf bis (Ende des Mon. wenig unterbrocdhenes Steigen im Barometer. 


guftfröme 








Richtung N No 0 so 8 sw W ı NW | Miet. Windesrichtung 
Zahl 16 | 26 | ı4 | 11 9 | 26 | 0 | 12 N 59° 15° O 





Während des erften Drittb. im Mon. herrſchte der NW bedeutend vor, und webte an 
einigen Tagen mit befonderer Stärke, welche jedoch gegen Ende des Dritt. fehr abnabm, 
wo jih auch ein füdf. Wind aus SW einftelfte, und im Laufe Des zweiten Monatsdrıtt. nur 
mit geringen Abmwechfelungen eines 5 u. SO Windes mır mäfitger Gtärfe andauerte. Im 
legten Monatsdritt. überging der früher berrfchend aetwelene SW ın einen anhaltend weben» 
den N, und diefer ſchlug febr häufig in NO m, welcher aud gegen Ende des Mon. bleibend, 
und fangere Zeit ausdauernd wurde. Die Winde webten in diefem Monate überhaupt mit 
nemlicher Starke, an einigen Tagen gab es fogar Sturm. 


gEufttemperatur 










Mittlere Niedrigfte Unterf&ied 
Bo I 6 — n 1 C R | € 
+19:045 [+ 17°56| +26°2 | + 3275| +7°9 | + 99 | 18:3 |22°85 





Die, Ende des verfloffenen Mon. erniedriate Temperatur erbob ſich im Anfange 
Diefed Mon. wieder, und nahm bis zur Mitte des erften Dritt. regelmaßig au, worauf cınc 


v 


neuerliche Erniedriaung eintrat welche auch bis zum Ende dieſes Monatsdritt anbielt. Im 
Unfange des zweiten Dritth. gina fie abermals bedeutend in die Höhe, und erreichte am 13ten 
um 5 U. Ab. ihr Marımum. Gleih darauf etwas erniedrigt, erbielt fie ſich im Laufe des 

riet. nabe bei aleicber Höbe, ging aber dann während des letzten Dritt. unter beſtandigen 
Desanfungen altmahlig herunter, Daber fällt ihr Minimum auf den 23ten um 10 U. 2b. 


Luftfeudhtigfeit 


Nach dem Berichte des in einem Eub. Fuß Luft bei 28 Parifer Zoll 
Luftdrud enthaltenen Wafferdunftes ausgedrüdt in Wien. Granen 


Mittlere l Ghröfite N) Kleinfte |  Unterfied 
5199: | 42-57 2:19 | 10:08 


Auch die 21 ſtelgerte ſſich vom Anfange des Mon. bis zur Mitte des erſten 
Bee nabm von da an aber wieder etwas ab, und ſtieg bierauf im Anfange des zweiten 
rittb. bis zu ihrem Marimum, welches fie mit der Temperatur am 13ten um 5 AL Ab. er» 
reichte; fanf unmittelbar darauf bedeutend herab, erbielt fi aber von da an im meitern 
Berlaufe des zweiten Monatsdritt. nahe bei aleiher @tärfe. Während des letzten Dritt. 
wurde fie bis zur Mitte desfelben immer Feiner, und erlangte am 2öten nahe ihre Minin-, 
doch erbolte fie ſich fchnell, ſtieg durch einige Tage, worauf erft am ziten um 12 Uhr Mit» 
tags ihre Minimum wirklich eintrat. 


Regenmenge 


In Eub. Zoll. auf die Fläche eines Wien. Quadr. F. ausgedrüdt 
Srefammemenge | Gröfite | Kleinfte | Unterſchied N 


576-5 [| 20285 | 01 24275 


Die aanze monatl. Reaenmenge beträgt fo viel, daß eine Wafferhöhe von a8‘’'-00 über 
dem Boden ſich angefammelt hätte. Thau lieferte in dieſem Monate 0:55 Eub. Zoll Waſſer. 
Die aröfte Reaenmenge gab fo viel Waſſer, daß ed den Boden bis zu einer Höhe von 20'204, 
und die Heinfte Regenmenge denfelben bis zur Höhe von 0'008 bededt haben würde. 


Bolten. 


- Im erften Deittb. des Mon. dauerte die fhon Ende des verfloffenen Mon eingetre« 
tene febr Lichte Bewöltung des Himmels fort, nur auf febr kurze Zeit beiterte fih der Aims 
mel etwas auf, um ſogleich wieder durch gefbichtete Haufens und Schichtwolken verfinftert 

u werden. Mitunter gab es auh Sewitterwolken, und im Horizonte etwas Nebel. Um 

ie Mitte de3 Mon, kurz Dauernder nimbus; worauf gegen Ende des weiten Monatsdritt. 
einige Tage beiterer, wende und feicht bewölfter Himmel folate. Docd war dies nur von 
furzer Dauer, denn im leßten Drittb. des Mon. war die Bewölfung des Himmels wieder 
dicht und anhaltend, zuwellen Gewitter und nimbus. 


Witterung. 


Mit Ausnahme dreier Tage, an welchen ed nur ſehr wenige und ſehr leichte Wolfen 
am Bimmel gab, batte man fonft feinen ganz beiteren, mwoltenlofen Tag. Dagegen aber 
waren 11 beitere Tage mit anbaltendem bellen Sonnenſchein, 10 gröfitentbeils heitere Tage 
mie unterbrochen zum Theil getrübt ſcheinender Sonne, 3 bald beitere Tage mit wenig 
Sonne, 3 größtentheilsd trübe Tage mit einzelnen Sonnenbliden, und 1 ganz früber Tag. 
An 10 Tagen gab es Regen, und darunter waren 2 fehr flarfe vorübergehende, 2 fehr ſtarke 
und a ftarfe anhaltende Regen, endlich 2 anhaltende mäßige Regen. Y i 


 uftelettrietität, 


m erften Drittb. des Mon. wurde die negative Eleftricität immer ſchwächer, vers 
fhwand an manden Tagen ganz, und es zeigten fib Spuren von pofitiver Elektricitat, 
befonders war dies gegen Ende des Dritteld der Fall, wo Die pofitive E fogar einmal mit 
bedeutender Starke aber nur auf ſehr kurze Zeit auftrat. Im Laufe des zweiten Monats: 
Drittel wurde die negative Eleftricität wieder Dauernder und ftärfer. Nur bei Gelegenheit 
eines Gewitters fand eine ſtarke Entladung pofitiver Eleftrieitat Statt, worauf aber gleich 
wieder Die Eleftricität negatıv wurde, und es auch im meitern Verlaufe des Monates bıs 
sum Ende bei immer abnehmender Starke blieb, 


Meteore | 

Am sten nad 6 Uhr Abends fehm ftarf: Gewitter mit Sturm aus NO, Am sien 

um 9 Uhr Früh ein entferntes Gewitter in NW. Sturmwind. Am sten wiſchen 12 und 4 
Uhr Mittags ein ftarfes Gewitter aus NW, Am i3ten von 9 bis 10 Uhr Abends ſtarkes 
Wetterleuchten. Am itten um 5 Uhr Abends flarfes entferntes Gewitter in SW. Nachts 
vom 22ten auf den »sten fehr ſtarkes Gewitter. Am zaten zwiſchen a und 5 Uhr Abends 
5 une — Gewitter aus NO. Am ꝛaten um 3 Uhr Nachmittags entferntes ſtarkes 

ewitter in NO. 





vI 


September. 


eu f.t dr u ck. 
Rleinfter Beränderung 
Parif. Z0U | Wien. ZoU | Parıf. Zou | Wien. Zoll | Parif. ZoU | Wien. 3. | Parif.3. | Wien.3. 


27'079 | 27'827 27293 | 28°047 26 827 | 27575 | ‚0'366 | 0°472 


Vom Anfange des Mon. an bis über die Mitte des erften Drittels fiel das Barom. 
fortwährend, bıs es am Tten um 5U. Ab. den niedriaften Stand erreichte, von ba flieg es 
bis um Ende des Monatsdritt., und erreichte ateih im Anfange des zweiten Dritt am 
a2ten um 1 U. Nabm. feinen hödften Stand. In der Zeit des erften Dritt. war der Mond 
vol und in der Grönäbe. Am Ende des erſten Monatsdritt. trat das lehte Mondesviertel 
ein, und der Mond erreichte am 11ten feine aröfite nordi. Abweichung. Im weiteren Bers 
laufe des Mon., wahrend des letzten Diertels und des Neumondes in der Erdferne ernies 
drigte fich der Barometerftand unter geringen Schwanfungen allmäblig; ging aber dann um 
Die Mitte des Ichten Monatsdritt. wieder in Die Höhe, wo er fih au bis zum Ende des 


Monates erhielt. 
eLuftfröme 











Mittlerer 











Richtung N NO o so 5 sw | W | NW | Mittt.Bindesrichtung 
Zahl 9 56122 29 3 17 | oo 1255890 Hu © 


























Auf den am Ende des verfloſſ. Mon. herrſchenden NO, ſtellte ſich im Anfange die: 
fed Mon. der O ein, welcher während des erften Dritt. vorgugsweife, jedoch nur mit maßiger 
Starte wehte; felten wurde er durch einen $ oder SW unterbrochen, und Dies geſchah erft 
gegen Ende des erften und im Anfange des zweiten Dritt., wo der Wind mit bedeutender 
@tarte durch S u. SW in NW u. N überging, und im Laufe Des zweiten Dronatsdritt. bei 
Diefer Richtung nur mit wenigen Unterbredyungen verbarrte. Im lehnten Monatsdrittel 
nahm der Wind wieder eine öftlıche Richtung, gıng durch NO u. Ö in SO über, in welder 
legteren Richtung er bis zum Ende des Mon. ausdauernd verharrte. Im ganzen Mon. war 
die Starfe der Winde nur mittelmäßig zu nennen. N 


Lufttemperatur 
Mittlere Hochſte Niedrigſte Unterſchied 





Bi — a a a u 





+13:97| + 16:84 | + 21-9 | +27°4 | + 8-9 |+ 1113| 13°0 [16:27 


Bom Anfange des Mon. bis zum Ende des erften Dritt. war die mittlere Tages 
temperatur wieder ım Steigen begriffen. In diefe Zeit fallt aub ihr Marimum, welches fit 
am 5ten um 5 U. Ab. erreichte. - Wahrend des zweiten Monatsdritt, erlitt fie zwar aleich 
2 eine Erniedrigung, erbielt ſich aber von da an bis in das letzte Monatsdritt. bins 
ein auf nabe gleicher Höhe, Um die Mitte des letzten Dritt. ereignete fih eine neuerliche 
Erniedrigung derfelben, und mit dieſer trat auch das Mınimum der Temperatur im Mon. 
am 25ten um au. Zrüb eın. Hierauf zeigte ſich eine kurze Zeit hindurd ein geringes Stei⸗ 
gen, welches aber am Ende des Mon, nachließ, und in ein Sinken der Temper. Uberging- 


Luftfeuchtigkeit. 


Nah dem Gewichte des in einem Wien. E, Fuße Luft dei 23 Parıf. Zoll 
Luftdrud enthaltenen Walferdunftes ausgedrude in. Wien. Granen 


Mittlere | Brößte | Kleinſte JUnterſchied 
5 067 9:01 234 | 6°67 


Dis zur Mitte des erften Monatsdritt. war der Feuchtigkeitsgrad der Luft im Zuneb: 
men, und erreichte am sten um 5 U. Ab. fein Marim,, bierauf ſchwaches, aber fortdauern?«$s 
Abnehmen bis zum Ende des erften Dritt. Eintritr des Minım. am giten um all. dr. Gleich 
darauf nahm die atmofphär. Feuchtigkeit wieder etwas au, und erbiele ſich fodann im weite⸗— 
ern Verlaufe des Mon. bis zum Ende desfelden nabe bei einerlei Etärke, geringe Unterbrech. 
abgerechnet, welche am Ende des zweiten u. letzten Monatsdritt, auf fehr Furze Zeit eintraten. 


KRegenmenge 
In Wien. Eub. Z0U. auf die Fläche eines Nuadr. Fuß. ausgedrüde 
Gefammtmenge | Gröfite I Kleinfte | Unterfcied 


39215 1238 | 0:05 | 12375 


Die gefammte Regenmenge betrug fo viel, daß das Waller eine Höhe von 37’'"52 
über dem Doden erreiche hatte. Der Thau lieferte eine Waſſermenge vom 025 Qub. Zoll 


VII 


auf die Fläche eines Geviertſußes. Die größte Regenmenae gab fo viel Waſſer, dafı es eine 
Höhe von 10'372, und Die Feinfte Regenmenge fo viel, daß es 0'00a Höhe uber Dem Bo> 
den erreicht hätte. 
Wolken. 


Im Anfange des Monates einige Tage hindurch ganz heiterer, nahe wolkenloſer Him⸗ 
mel. Später um die Mitte des erſten Monatsdrittels kamen Feder⸗, Feine Haufs u, fedrige 
Schichtwolken zuerſt am —— dann aber auch höher zum Vorſchein, Letzteres war 
gegen Ende des erſten Mongtsdrittels der Fall, Doch blieb das Zenith no immer größten 
tbeils heiter. Im zweiten Drittel des Monates nahm die Enns immer mebr au, die 
Wolfen wurden Ausaedebnter und dichter „ erftredten fie ſich bis ın das Zenith, und nab» 
men einen düfteren Charakter an. In diefer Zeit waren große Haufenmwolfen, gefchichtete 
Haufen» und Regenmwolten nebfl zeitiweifen Gemitterwolfen am Hımmel, und e$ zeigte ſich 
allmablig die Neigung zum Uebergange in nimbus, welcher am Ende des zweiten Monats» 
drittels auch wirklich eintrat, Jedoch noch nicht lange dauerte, bis er endlich im leuten Drit⸗ 
tel des Monates volllommen ausgebildet, längere Zeit anhielt. 


Witterung. 


n dieſem Monate gab es 1 ganz heitern und wolkenloſen Tag, und 4 Tag näherte 

8 dieſem Zuſtande mit Ausnahme ſehr kleiner tief am Horizonte defindlicher Wolkchen. 
onſt zählte man 7 heitere Tage mit anhaltendem hellen Sonnenſchein, a1 größtentheils 
heitere Tage mit unterbrochen zum Theil getrübt ſcheinender Sonne, 6 aröfitentheils trüde 
Tage mit einzelnen Gonnenbliden, und endlid 3 ganz trübe Tage. PRegentage gab es im 
ganzen Monate 11. Darunter waren 3 vorübergehend ftarfe, 3 anhaltend flarfe, und 5 ans 


haltend mäßige Regen. 
Euftelettrrieität 


Im erften Monatsdrittel, anhaltende, aber äußerft ſchwache negative Eleftricität. 
Gegen Ende des erften und Anfangs des zweiten Drittels abwechſelnde Spuren von _pofis 
tiver und negativer Eleftricität. Dazwiſchen mitunter fein Zeichen von @lektricität. itte 
des Monates und Ende des zweiten Drittelö pofitive Eleftricität vorherrſchend, jedoch nur 
von ſehr geringer Stärke, Letztes Monatspdrittel ſehr häufig gar feine Elchtricität. Ende 
Des Monates mwıeder geringe Spur von pofitiver Eleftricität. 


Meteore 
Um ısten um s Uhr Mbends entferntes Gewitter. Nachts vom ı15ten auf den 16ten 
ein ſtarkes Gewitter. Am i7ten zwifchen 12 und 1 Uhr Mittags Gewitter aus NW, Am 
23ten um 2 Uhr Nachmittags entferntes Gewitter in NO, 





OctoDber. 
Luftdrud,. 


Mittlerer Größter Kleinſter Beränderung 
Parıf. 300 | IWien. Zoll | Parıf. Zoll | Wien. Zoll | Parif. Zoll Wien. 3. | Parıf.3. | Wien.2. 


27'089 | 27-837 | 27'358 | 28-114 | 26'690 | 27'377 | 0718 | 0:737 


SGleich im Anfange des Monates, und zwar am sten, wo der Vollmond fich in der 
Erdnähe befand, und Fury darauf eine Mondesfinfternif Statt fand, erreidhte der Baronte> 
terftand fein Marimum um 9 Uhr Morgens. Im weiteren Berlaufe Des erflen Monats> 
drittel fant das Barometer allmäblig herab, muhrend der Mond feiner größten nördlichen 
Abweibung zuging. Zu Anfang des zweiten Drittels erreichte der Stand des Barometers 
fen Minımnm am ızten um 5 Uhr Abends zur Zeit des letzten Mondesviertels. Bon bier 
an flieg das Barometer wieder allmäblig in 88 welches durch das zweite Monatsdrit⸗ 
gel und die erſten Tage des letzten Drittels während des Neumondes in der Erdferne vor 
fi ging. Hierauf traten während des erften Biertels ın der Erdnähe mehrere Schwanfuns 
gen im Barometerftande ein, welche dis zum Ende des Monates anhielten. 


Luftſtröme. 

















Richtung N No o so 8 sw w | NW | Mitt. Windesridtung 
Zahl 153 | 10 | 19 | 22 | 33 | 27 ı | 10 S 21° 45 O 











Im erften Drittheile des Monates war der herrfchende Wind zwar nod immer ſüd⸗ 
lich, tie am Ende des verfloffenen Monates, Doc zeigte ſich ſchon mehr Weränderlichfeit 
in demfelben, und es trat allmählıg die Neigung zu einem Uebergange ın einen 2— 
Wind hervor, welcher ſich auch fpäter gegen das Ende des erſten Drittels wirklich als N 
und N einftellte, und aud Während des zweiten Monatsdrilteld nur mit wenigen Unters 
drechungen anbielt. Im weiteren Berlaufe des zweiten Drittel$ überging der Wind durch 
NO in O und bierauf in SO, welcher, nachdem er einige Zeit geweht hatte, von einem ans 
baltenden 8 gr Anger Diefes war befonders gegen Ende des Monates ber Gall. 
Uedrigens war die Stärke der Winde im ganzen Monate nur maAßig. 


vım 
Lufttemperatur 






Mittlere Unterſchied 
R | © | 


+6864| + 8:58 | + 154 | + 1925| +12 | +15 | 192 J195 


Während der erften Tage des Monates war die mittlere Temperatur er 
im Abnebmen, doc flieg fie um die Mitte des erften Drittels wieder Er n die Höbe, 
und erreichte am sten um 3 Uhr Nachmittag das Marimum Bon da an fanf fie alei 
wieder berab bis zum Ende des erften Dritteld. Um Anfange des zweiten Drittels ftien fie 
neuerdings in Die Höhe, doch dauerte Died nur einen Tag, worauf fie wieder zu finfen bes 
gan, bis fie am 1sten um 11 Uhr Abends ihr Minimum erreichte. In der zweiten Hälfte 
es Monates ging fie zwar wieder etwas in die Höhe, doc erlitt fie Im weiteren Verlaufe 
des Monates abwechſelnde Erniedrigungen , worauf immer wieder eine Erböhung folgte, 
weiche aber nur von kurzer Dauer war, und fo ging es bis zum Ende des Monates. 


Luftfeudhtigfeit 


Nah dem Gewichte des in einem Eub. Fuße Luft bei 28 Parif. Zoll 
Luftdrud enthaltenen Wafferdunftes ausgedrüdet in Wien. Granen 


Mittlere I Größte | Kleinfte | Unterfchied 
271131 880: | 130 | 354 
Anfangs des Monates geringe Luftfeuchtigkeit, weiche fi aber gegen die Mitte des 
erfien Monatsdrittels fo fehr verftärfte, daß am Sten um 5 Uhr Abends ihr Marimum ein» 
trat. Hierauf neuerliche Abnahme bis zum Ende des Drittels, wovon fie fi aber aleih 
im UAnfange des zweiten Monatsdrittels wieder erhohlte, Doch war es nur von furger ⸗ 
er, denn von da an nahm fie wieder bis gegen die Mitte des Mongtes ab, wo fie auch am 
saten um 9 Uhr Abends das Minimum erreichte. In der zweiten Monathälfte ging fie Ans 
fanas wieder etwas in Die Höbe, und erbielt fi dann in der erften Hälfte des lezten Mo» 


natsdrittels bei nabe gleicher Stärke. In der zweiten Hälfte des letzten Drittels nabm fie 
an Stärke etwas ab, und blieb fo erniedrigt bis zum Ende des Monates, 


Regenmengew 


In Wien. Eub. ZoU. auf die Fläche eines Wien. Quadr. 3. ausgedrüdt 
Sefammtemenge»| Brößte | Kleine > Unterfcdhied 


206°09 | 200.9 0:01 - i 20089 
Die ganze monatliche Regenmenge Fieferte fö viel Wafler, _dafi es eine Höhe von 
47''%47 über dem Boden erreicht hätte. om Thau rührte eine Waſſermenge von 0-69 Cub. 
Soll ber. Die größte Regenmenge gab fo viel Waſſer, dafi es den Boden bis zu einer Höhe 
von 16'734, und die Heinfte fo viel, Daß es denſelben bis zur Höhe von 0%*-004 bededt hatte. 


Wolken. 


Nach einiger am Anfange des Monates Statt gehabten Aufheiterung, wobei das Ze—⸗ 
nith häufig ganz beiter, und der übrige Himmel nur leicht bewölft war, kehrte gegen Ende 
des erften Drittels die ftärfere Bewöltung wieder jurüd, und ging allmählig im Laufe des 
jweiten Monatsdrıttels in nimbus über, welcher aber micht fehr lange andauernd, und mit 
etwas Nebel begleitet war. In Diefer Zeit waren die gefdhichteten Hauf⸗ und Schicht⸗, 
Dann Die Regenmwolfen am Himmel vorherrfhend, nur felten famen noch ©emwitterwolfen, 
und nur in der Zerne zum Borfhein. Am Anfange des letzten Monatsdritteld wurde die 
frühere dichte Bemwölftung twieder etwas leichter, der Himmel beiterte fi etwas auf, Doc 
war ed nur von kurzer Dauer, und der frühere dDüftere Himmel kehrte gegen Ende des Mor 
nates mit verfärftem Nebel zurüd. 


Witterung. 


In dieſem Monate näherten ſich zwei Tage dem gany heiteren, wolkenloſen 7 
de, mit Ausnahme von fehr feinen am dortonte fihtbaren Zederwolfen. Webrigens zahlte 
man 5 heitere Tage mit anbaltendem hellen Sonnenſchein, 6 größtentheils heitere Tage 
mit unterbrodhen, zum Er 1 —— ſcheinender Sonne, & halb heitere Tage mit wenig 

onne, 5 gröfitentheils trübe e mit einzelnen Sonnenbliden, und 5 ganz trübe Tage. 

n 5 Tagen regnete, und an ı Tage fchneite ed. Unter den Regentagen gab es 1 flarten 
anbaltenden, 1ſchwach anhaltenden, 2 ſchwach vorübergehende, und 4 febr (dwagen gen. 
Schnee fiel war noch wenig, blieb aber ſchon liegen. 


eaftetsttirtietitäih 


Im erften Monatsdrittel vorwaltend negative Eleftricität von geringer Stärke, nur 
elten eine Epur von Gleftricität. Im zweiten Drittbeile des Monates da 5 ſehr hau⸗ 
ge Spuren ſchwacher poſitiver Elektricitat, iedoch oft unterbrochen, fo daß lid gar Feine 





IX 


ur von Eleftrieität zeigte, letzteres war vorgügli en Ende de 
* Fir Mendtaßeifci vermindert ie an 2 elender, und. A —— —* 
mehrere Ende de onates kam wi 
— Dessen: gänz es ie wieder ſehr ſchwach und poſi⸗ 
Meteore. 


— Ku — > 4 u. u 4 in 3 —— *— — 22 Um t1ten 
er Mo rde bier ein ſehr ſchwaches Erdbeben von unbdefi 
und fehr kurzer Dauer wahrgetommen. EOROINIee VEMERag 


November. 










euftdrud. Br 
Mittlerer Größter Kleinfter Beränderung 
Parif. Zoll | Wien. Z0U | Parif. Zoll | Wien. Zoll Pariſ. ZoU | Wien. 3. | Parif.3. | Wien.3. 





26:842 | 27'584 | 27355 | 28-112 | 26'379 0'976 | 1'128 


Bom Anfange des Monates an bis zur Mitte des erſten Dritteld war der mittlere 
Barometerftand im Abnehmen begriffen, wahrend welcher Zeit der Bollmond in die gröfite 
nördlidhe Abweichung überging. Bon da an bis > legten Mondesviertel wurde der Baro⸗ 
meterftand wieder höher, maͤchte dann am Ende des erſten Monassdritteld eine geringe 
Schwankung, und ging hierauf neuerdings in die Höhe, fo, dafi am izten um 9 Uhr Abends 
der hochſte Barometerftand eintrat. Der Mond befand fich um diefe Zeit in der Erdnäbe, 
Bon da an fank das Barometer regelmäßig herunter, bis cd am 13ten um 4 Uhr Nachmit⸗ 
tags F Bei des Neumondes in der größten füdliden Abmwerhung den niedriaften Pe 

te. Im ieder 





errei weiteren Berlaufe des legten Monatsdrittels ging das Barometer 
etwas in die Höhe, ſank aber dann gleich wieder bis zum Ende des Monates, 


guftfrime 


w NW 


Richtung N No o so 8 sw Mitt. Windesriehtung 
Zahl 18 SE — 23 15 S 39° 48 © 














a" erften Drittbeile des Monates wehte der Wind Häufig aus S und N, aber vor: 
sugsweile mit tweftlicher Richtung, daher häufiger SW und NW mit mäßiger ger Wah⸗ 
rend des zweiten Monatsdrittels wurde Dagegen der Wind vorwaltend oftlih, und erhielt 
am Ende dieſes Drittheild wieder eine füdlihe Nichtung. Nachdem er einige Zeit aus 
SO und 8 geweht, ging ee im Laufe des legten Monatsdrittels neuerdings in eine nörds 
liche Richtung über, welche er guch bis zum Ende des Monates deibehleit. Beine Stärfe 


war aber während der ganzen Zeit nur unbedeutend, 


* 


Lufttemperatur | 
Höcdfte Niedrigfte 












Mittlere Unterfebies 


RA N c A N) c 

+ 3558 | +345 | + 96 | +120 

Nachdem fi die Mittlere Tanedtemperatur bis üder die Mitte des etiten Monats⸗ 
Dritteld auf nabe gleicher Höhe erhalten hatte, erniedrigte fie fib dann allmäblig bis zum 
Unfange des zweiten Monatsdritteld, e. aber erlitt fie eine fo bedeutende Erhöhung, daß 
am ı2ten um 3 Uhr Nachmittags das Temperatursmarimum eintrat. Nachdem fie fich von 
da an durch einige Tage auf beinahe gleicher Höhe erbalten hatte, erlitt fie von der Mitte 
des Monates an mehrere Schwankungen, unter welchen fie bis zur Mitte des letzten Drits 
tels allmählig — dh negatib wurde, worauf am Arten um 3 Uhr Morgens das 
Minimum der Temperatur Statt fand. Bon da an wieder etwas in die Höhe gehend, er» 
zeichte fie am Ichten Tage des Monates einige Behnsel eines Grades über Null, 


Luftfeuchtigkeit. 


ach dem Gewilchte des in einem Wien. @. Fuße Luft bei 23 Pariſ. Zou 
Fr enthaltenen Waſſerdunſtes fi ien. Granien 


Mittlere | Wrößte l Kleinſte JUuterſchied 
2212 | 33 I 03 1 200 


i uchtigkeit der’Kufe fand während des erften Monatsdrittels auf Nabe glei⸗ 
chet — F an ange des un 33* erhöhte fie ſich etwas, und erreichte am arten 












um a Uhr Nachmittags 8 Marimum; von da an dis zum Ende des zweiten Monatsdrit⸗ 
teld wieder auf nahe gleicher Höhe bleibend, begann fie erſt im fehten Drittbeile des Mor 
nates ia su vermindern, morauf fie am 26ten um 10 Uhr Abends ihr Minimum erreichte. 
In den legten Tagen des Monate ging fie wieder etwas in die Höhe. 


Negenmenge 
In Wien. Eub. Z0U. auf die Fläche eines Wien. Quadr. F. ausgedrüdt 
Gefammemenge | Größte | Kleinfte | Unterſchied 
———————— — — — — — — — — — — 


334°0 | 1523 | 0:01 | 15229 


Die Totalmenge des Regens Berg dieſem Monate fo viel, daß fih das Waſſer 
Dis zu einer Höhe von 2783 über dem Boden angefammelt Hätte. Die größte Regın: 
menge flieg bis su einer Höhe von 12'.69., die Fleinite_ bis ur Höhe von 0'001 über den 

- Boden. Der Thau lieferte in diefem Monate 1.05 Eub. Zoll Waſſer mit Indegriff des Reif's. 


Bolten 


Während des ganzen erſten Monatsdritteld fehr bemwölfter, gröfitentheild trüter 
Himmel. Dichte Wolkenarten, zumeilen nimbus. Dichter anhaltender Nebel, Gegen Ende 
des erften, und im Anfange des zweiten Drittels einige Mufbeiterung, jedod nur von furs 
jer Dauer, gegen Mitte des Monates Rüdfehr des früheren Zuftandes mit länger andaur 
ernden: nimbus. Während des weitern Berlaufes des zweiten Monatsdrittels die geſchich⸗ 
tete Haufen» und Schichtwolke am Himmel vorberrfchend und fehr verbreitet. Dichter, bis 

um Boden reihender Nebel. Im Anfange des lebten Monatsdrittels Bortdauer dieſes 

uſtandes, jedoch mit geringerer Intenfität und vorhandener Neigung zur Aufbeiterung, 
mweidhe auch wirklich gegen Die Mitte dieſes Monatsdrittels eintrat, aber nur wenige Tage 
anbıelt, worauf neuerdings flarfe Bewölkung des Himmels und nimbus eintrat, welches 
bis Ende des Monates dauerte. 


Bitterung — 


in Tag war in dieſem Monate ganz heiter und wolkenlos, ein Tag näherte ſich dies 
fen Auftande. Webrigens gab es a heitere Tage mit anbaltendem bellen- Sonnenideine, 
4 größtentheils heitere Tage mit unterbrochener und getrübter Sonne, # halb beitere Tage 
mit wenig BERN: 5 gröfitentbeils trübe Tage mit eingelnen Gonnenbliden,, und 
11 ganz trübe Tage. An 7 Tagen reanete und an 2 Tagen fohneite ed. Darunter war 1 
Tag mit ſtarkem anbaltenden Regen, 2 Tage mit anhaltendem mäßigen, 2 Tage mit bors 
——— mäßigen Regen. Un 1 Tage reanete es ſchwach anhaltend, an ı Tage ſchwach 
vorübergehend, und an 2 Tagen ſchneite es ſchwach. 


Luftelettricität. 


Im Anfange des Monates gab ed an einigen Tagen noch einige uren von poſi⸗ 

tiver Eleftricität, welche aber ſehr bald —— nr en A na —32 

des größten Theiles des Monates feine Spur von Eiektrieität. Erft geaen Ende des Mor 

nates kam fie wieder mie fehr geringer Stärfe und Außerft wechfelndem Gharafter zum 

Vorſcheine, fing jedoch in den legten Monatstagen ee Atmofeb am auf einige Reit zu vers 
pha 


fhwinden. Web t d 
———— — war der elektriſche Zuſtand der Atmo re in dieſem nate fchr 


Meteor" 
In diefem Monate ereigneten ſich hier feine. 





December. 


euftdruck. 


Mittlerer Kleinfter 
(| — — 0000 pen nn mn mei 
Parif. Zoll | Wien. Zoll |Parif. Zoll | Wien. Bol | Parif. Zoll | Wien. 3. | Parif.3. | Wien.Z- 


21212 | 27'964 | 27569 | 28'351 | 26'813 | 27-554 | 0756 | 0777 


Auf den erften Tag des Monates zur Zeit des Vollmondes fiel der niedri 
meterfland um Uhr Morgens. Während des — Verlauſes *. ein — * 
tels ging das Barometer unter beſtaͤndigen namhaften Schwaniungen in bie Höhe, wobe 














Beränderung 


xiı 


der Mond von feiner nördlichen Abweichung in die Erdfernie üderaing,. Im Berlaufe des 
. —S Monatsdrittels erhielt ſich das Barometer unter geringen Schwankungen auf jiems 

licher Höhe, in welcher Zeit der Neumond feine größte füdliche Abweichung erreichte. Gleich 
im Unfange des Ichten Monatsdrittels erreichte das Barometer feinen höchften Stand, und 
war am 21ten um a Uhr 30° Moraend. Bis Über die Mitte des Ichten Drittels hinaus 
war dann der Barometerftand wieder im Ubnebmen, worauf das Barometer in den leuten 
Tagen des Monates um die Zeit des Bollmondes neuerlich zu fleigen begann. 
Luftfröme 


Richtung NW |Mittl.TWindesrichtung 
Zahl s 1° 18° O 





a9 das aanze erfte Monatsdrittel wehte der Wind faft immerfort aus SO und 8 
mit mäßiger Stärfe. Gegen Ende des erften Dritteis nahm er eine weſtliche Richtung, 
Üderaing in SW und aus diefem in NW und N, welche letztere Richtung er im Laufe des 
weiten Monatsdrittels vorzugsweife beibehielt, jedoch mit verminderter Stärfe. Im Ans 
tanae des lezten Monatsdritteld hatte der Wind zwar noch immer die nördliche Richtung, 
2 zeigte ſich ſchon ir die Tendenz zu einem Uebergange nah O, welcher fpater 
u 


auch wirklich eintrat, und nad furger Dauer wieder in SO und 5 überging, welder aud 


Dis zum Ende des Monates herrfchte, aber nur mit geringer Stärke. 
Lufttemperatur 









Mittlere Niedrigfte 





Unterſchied 
R | G B., ai; © 


— 1'108 | — 1385| +55 | + 69 | — 94 |—11755| 19-9 | 18-65 
Im Anfange des Monates war die mittlere Tagestemperatur noch pofitiv, und im 
Zunehmen begriffen, welches bis zum Iren dauerte, wo um 1 Uhr Nachmittags das Mari: 
mum eintrat. Hierauf nabm fie bis zum Ende des erften Drittels raſch ab, blieb aber 
noch immer pofitiv. Im Anfange des zweiten Monatsdrittels wurde fie negativ, blieb es 
jedob nur einen Tag, gleich darauf wieder pofitiv werdend, welches aber ebenfalls nur 
einen Taq anbielt, worauf fie wieder das Zeichen — annahm, und bierin im weiteren Bers 
laufe des Monates unter flätem Abs und Zunehbmen verblieb, Das Minimum der Tem: 
peratur fiel auf den 25ten um 3 Uhr Morgens. In den zwei leuten Tagen des Monates 
erhob fich die mirtlere Temperatur um einige Zehntel eines Grades über Null. 


Luftfeuhtigfeit 


Nach dem Gewichte des in einem Wien. ©. Fuße Luft bei 23 Parif. Zoll 
Zuftdrud enthaltenen Wafferdunftes ausgedrüde in —— 


Mittlere | Größte I Kleinfte | Unterfcied 


1448 2:49 | 054 1:95 


Die atmolphärifche Beuchtigfeit nahm bis über die Mitte des erften Monatsdrittelz 
su, to _fie am sten um 2 Uhr Nachmittags ihr Marimum erreichte. Bon da an nah fie 
regelmäßig bis pur Mitte des Monates an Stärfe ab, erbielt ſich hierauf bis zum Ende 
des weiten Drittels nahe bei gleiber Stärke, erlitt aber dann im Anfanae de8 legten 
Monatsdrittels eine neuerliche Erniedrigung, worauf fie am 25ten um & lhr Seüb ihr Mis 
nimum erreichte. Bon da an flieg fie wieder bis zum Ende des Monates in die Höhe. 


In Wien Eub. Z0U. auf die Fläche eines Wien, Quadr. 3. ausgedrädt 
Sefammemenge | Größte | Mleinſte |  Unterfied 


100'2 31'2 0:01 31:19 


m gen en Monate war die Regenmenge fo groß, dafi fie eine Waſſerhöhe von 
22.51 gegeben bätte. Die größte Renenmenge lieferte fo viel er, daß es den Boden 
bis zu einer Höhe von 2’6, und die Fleinfte fo viel, daf es ihn bis zur Höhe von 0'001 
bededt haben würde. Thau und Reif gaben in dieſem Monate 092 Bub. Zoll, und vom 
Schnee rührten 30:35 Cub. Bolle Waffer ber. 


Wolken. 


m erften Drittheile des Monates war der Himmel fortwährend dü d trübe, 
PP... Dichter Mebel umd ausgebreitete Saiamoiten bededten den ne , Sau 





xu 


ſtellte fih andauernder nimbus ein, Während des zweiten Monatsdrittels lichtete fidy die 
Dichte Bewoͤlkung, das Zenith heiterte ſich zuweilen auf, und nur am Horizonte lagertem 
ſich noch Nebel. Doch war dies Alles nur von kurzer Dauer, denn gegen Ende des zwei⸗ 
ten Monatsorittels verdichtete fi die Bemwolfung von neuem, und es Fehrte im leuten 
Drittel des Monates vollends der frühere Zuſtand zuräd, und dauerte faft ohne Unterbres 
dung bis sum Ende des Monates. 


Ditterung 


Den Nebel nicht gerechnet, gab es In dieſem Monate einen Tag, welchen man zu 
den gany heiteren und wolfenlofen zählen Fonnte. Gonft waren 6 heitere Tage mit anbhals 
tendem hellen Sonnenfdein, 3 größtentheils beitere Tage mit untgebpopenst sum Theile 
aetrübter Sonne, A halb beitere Tage mit wenig Gonne, 4 arößte. yeils trübe Tage mie 
einzelnen Gonnenbliden und 13 ganz trübe Tage. An 3 Tagen regr‘ ? ed, und an tı Tas 

en fiel Schnee. Unter den Regentagen war 1 vorübergehend mäßiger, a anhaltend ſchwa⸗ 
er und ı vorübergehend —— egen. An z Tagen ſchneite es ftarf, an #4 Tagen ma⸗ 
Bis, und an a Tagen fhwad. 


guftelektricttäe. 


Die Eleftricität der Luft war während der zwei erften Drittheile ded Monates nur 
an einzelnen Tagen, und dba nur auf fehr kurze Zeit ————— negativ, im Udrigen 
zeigte ſich feine Spur von @leftriceität, öfters durch viele Tage unünſterbrochen hindurch. 
rft gegen Ende des Monates ftellte fi die Elektricität der Luft wieder merfli ein, und 

war mit vormwaltender Neigung pofitiv zu werden , welches auch im den letzten Taaen des 
Imonates wirklich geſchah, wo ſich diefeibe entſchieden pofitiv zeigte, und es auch verblieb, 


’ Meteore 
Am sten und ssten Abendroͤthe. 


” 


Sabres : Heberficht. 

























Luftdrud. 
ee Bl | Größter 











Sänner . » 27756 |: 28'209 | 26-267 |26°996 
Bebruar . 26794 127534 127°460 | 28-220 | 26*239 | 26°959 |. 
März . 26-894 | 27.637 | 27'295 | 28-048 | 26°441 | 27172 
ip . » 26° 62127502 |27°195 127-946 |26°396 | 27131 
Mai .. 2t 8127-633 127191 |27°942 | 26°563 | 27297 
Suni .o 26 +33 | 27613 127191 |27°902 | 26°793 | 27083 
Suli .. 26966 | 27711 | 27'210 127962 |26°776 127516 
Au .o. 27 034 127781 |27'200 |27°993 | 26°648 | 27386 
September . 27079 127-827 | 27293 | 28-047 |26°827 |27°575 
DRctober » 27089 |27 837127358 128-114 |26*640 | 27377} 
Rovember » 2 27584 127355 128-112 |26°379 1 26°984 
December .» 27'569 128-331 | 26-813 | 27554 








Par. 8.1: Zoll 













xuI 








Beranderung 


1'261 
0°876 
0'815 
0'645 
0459 
0'446 
0°607 
0-412 
0'737 
1°128 
0777 


Im Jahre —— 445 |27-569 |28-331] 26230 |26-959] 1-335] 1-372 


Luftſtröme. 








| o 8 
Sänner. » 1 0 0 3 | 13 | 12 | 39 | 30 IN 48° 21° w 
Februar . 9 0 2 10 q 13 31 24 |N 84° 15° W 
Mig . » 31 21 ı 7 6 | 26 7 | 29 |S 73° 18° w 
Aprt » » 5 ı 13 1 10 5 I 139 11 | 30 IN 809 12° W 
Mi . 7 B 2 | 24 8 | 18 2 | 25 |3 46° 2 W 
Juni . » 16 4 4 | 18 6 | 29 3 | 13 |S 47° 1 w 
Juli .. 18 | 16 8 | 15 | 13 | 16 0 | 16 IN51° 6” O 
Auguf . » 16 | 26 ! 19 | 11 9 | 26 0 | 12 IN 59° 15° O 
September 9 5 | 22 | 29 3] 17 0 | 12 IS 590 50° 0 
DRctober 13 | 10 | 19 | 22 | 33 | 27 1 | 10 IS 210 05° O 
November . 18 9 | 22 | 16 | 26 | 23 2 | 15 IS 390° 38 O 
December » 14 6 | 13 | 23 | 43 | 36 1 8 IS 10 19 O 
Im Jahre 129 | 98 | 108 |188 1170 |258 | 97 |224 |S 41° 20 W 
Lufttemperatur 
SR Mittiere | Hochſte Niedrigfte | Unterſchied 
* n6 R I € | RO I 6 R I c 
Sänn.|— 483 |—6°04 | + 20/+ 5°00|— 140I— 1750| 18°0| 2250- 
ebr. |— 178 |—2'23 70 875I— 135 |— 1688| 2051| 2563 
ärg|+ 026 |+5°33 13'2 1650 I— 21I— 263] 15'3| 1913 
April 633 1:92 162 2035I— 46|— 5'75| 20°8| 26-00 
Mai | 12:07 | 1509 2261| 2825|+ 4114 5113| 185] 2312 
Quni | 19-43 | 18°03 251 3138 68 850] 18°3| 22-88 
Zuli 15°34 | 1918 264 33°00 89 11:13} 175] 2187 
Aug. 19:05 | 17°56 26°2 32-75 79 990] 183| 2285 
Sept. 13°47 1684 21°9 27:40 89 1113} 13°0| 16:27 
Det, 6'86 858 15°4 19'25 12 150] 192! 17-75 
Nov. 3:56 4-45 9:6 1200|— 64I— 8°00| 160} 20:00 
Dec. — 1:11 |—1'39 55 60I— 94 — 1175| 1949| 18:65 
3m3.|+ 6887 |-+8°609| + 2692| + 3370 |— 1970) 1750] 404] 50:50 


xIıvV 


November 
December 


* 
. 
. 
‘ 
, 
. 
* 
. 
. 
® 
9 
® 


Im Sabre . | 


Cuftfeuhtigkeit 


Nah dem Gewichte des in einem Wien. 


Mittlere | 


1.652 
2.128 
3305 
3'833 
5'990 
7512 
5534 
5199 
5*067 
2713 
2'212 
1448 


3885. | 


Größte 


303 
373 
5+70 
715 
1111 
13:28 
12'85 
12-57 
9-01 
4-84 
5:53 
2:49 


13.28 


in 


In Wiener Eub, Zollen 
die Flaäche 36 Auapraruß. Höhe Ban 8* —53 Linien Hiervon lieferten 


Cub. Fuße atmofpbärifhber 
Luft bei einem Luftbrude von 25 Par. Zoll enthaltenen Waſſerdun— 
fies ausgedrüdt in Wiener Granen 


B Kleinſte 


066 
071 
210 
1:73 
2:28 
301 
2:09 
2:39 
2:34 
1°30 
0:73 
0'548 


0:54 


| Unterfied 


2:38 
3.02 
3.60 
5-42 
8-83 
9:87 
10:76 
10°08 
6°67 
3'54 
2:80 
1:95 


| 1274 


u. . Schnee 


7000 |253'35 
503 1569*90 
2:60 8-55 
1:90 | 45°0 
1:92 
1-58 
0:65 
055 
025 
0.69 
1:05 
0.92 | 3485 


[24-23 | 0-001]24-14 |501°65 


Monat, 

— GroßteKleinſte Se Größte | Rteinne | F 
Zänner 2740 | 67-3 | 0:03 | 2283 | 5-61 | 0:002 
Kebruae | 18232 | 02-5 | 0.05 | 1519 | 3-54 | 0'004 
Märs. | 168°18 | 60-6 | 0-07 | 1801 | 5-05 | 0°006 
April » | 30058 | 8755| 0°05 | 2538 | 7:29 | 0°004 
Mai . | 53685 |156°25| 0-05 | 9474 |13-°02 | 0000 
Suni »: | 72015 |280°80| 0-02 | 6001 |23-20 | 0001 
Suli . | 86790 |290-80| 0-02 | 7232 |24-23 | 0'002 
Auguſt 576°50 202851 0-10 | 4804 |20-24 | 0'008 
Septemb,..| 392:15 |1235°80| 0-05 | 3268 10-32 | 0°004 
‚ October | 206°09 |200-90| 0-01 | 17°17 {16:74 | 0:001 
November | 33400 |152°30| 0-01 |. 2785 |12°69 | 0-001 
December | 100:20 | 3120| 0-01 855 | 2:60 | 0:001 
‚Im Zahre|4662-92 |290-80| 0-01 | 38873 

Ti — — —— 
-E rra t u m. 


Im erften Semefter 1838, pag. VIII, Abſatz Sufttemperatur, Columnt 5 
und 6 fol flatt +, — ſtehen. 


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Der Verlagspreis eined Heftes auf wei⸗ 
Gem Poſtdruckpapier beträgt 48 fr. 6. M., auf 
Velinpapier 1 . C. M. — Wer fich Die ganze 
vorige, im Frühjahre 1834 gefchloffene, aus 
12 Heften beftehende Serie anzufchaffen wünfcht, 
erhält felbe um drei Gulden C. M.; doch find. 
nur noch wenige vollftändige Exemplare vor⸗ 
Handen, da das 7. Heft beinahe vergriffen iſt. 
Einzeln koſtet hiervon das Stüd auf Poſtdrud⸗ 
papier 24 Er. 6. M., auf Velinpap. 30 kr. E.M. 
Hiemit ladet man auch alle Schrift⸗ 
fteller und überhaupt alle Sreunde der das 
terländifchen Literatur zur Mitwirkung an dies 
fee Zeitſchrift ein. Als billige Vergütung Der 
aufgewandten Zeit und Mühe werden für jes 
den Originalauffag Drei, für jede Ueberſetzung 
zwei Ducaten in 6. M. auf unfern Druck⸗ 
bogen an Honorar berechnet, und nach dem 
Abdrude gegen Empfangöbeflätigung unver 
züglich überfendet. Jeder Verfaffer eines Auf⸗ 
fages muß fich jedoch entweder öffentlich uns 
terzeichnen, oder wenigfiens feinen Namen der 
Redaction mittheilen. Jeder Auffag muß auf 
einem abgefonderten Blatte, und, vorzüglich 
in Rückſicht der Eigennamen, deutlich gefchrie- 
ben fein. Ginfendungen jeder Art erbittet man 
fi portofrei an 
die Hauptredaction der fteierm. Zeitfchri 
am Joanneum zu Gräß. 2 


Grãt; 1838. 
Gedruckt mit Tanjer'schen Schriften. 





Steiermärkische 


Zeitſchrift. 


— — —— 


Neue Folge, Sechster Jahrgang. 


Erfies Deft. 





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— 


* rem or — ——— 


> 
Sasqyaey — 
TE 7, 



































Steiermärkithe 
Zeitſchrift. 


Redigirt 
vom 


Dr. G. F. Schreiner, Dr. Albert v. Muchar, 
C. &. Bit. v. Zeitner, A. Schrötter, 


Neue Folge Sechster Iahrgang. 
1I. Heft. 





Mit einer lithographirten Anſicht der Stadt Hartberg. 






Im Verlage der Direction des Ceſevereins am Ioanneum 


und in Commission bei Damian und Sorge. . 


Drud und Papier von der Tanzer'ſchen 
Buchdruderei und Papierfabrif, 
———— ———— — — —— 


Anhalt. 





Skt. Heinrich. (Regende.) Bon Johann Gabriel Seibl. .. .. +. 
Die Ebenen bed Murthales in Unterfleiermart, Bon Georg 


Abriß einer Befhihte ber Stabt Hartberg, und ber nahen 
Umgebungen berfelben, von der Zeit der erſten urkundlichen Nach⸗ 
sichten über biefe Stadt bis auf unfere Tage. Bom E. k. Phys 
filus Dr. Math. Mader «oe ee *6 

NRaturpiftorifhe Bemerkungen Über ben kLindwurm ber 
Stadt Klagenfurt. Kon Dr. 8. Unges, Profeſſor am 
ZORRREUM: 0 00 00 0 re 


Biographien denkwürdiger Steiermärker. Bon Johann Bap⸗ 
tift Edlen von Winklern, Hauptpfarrer und Decdant zu Pöls. 
Bw anna —44⸗ is 
I. Franz Freiherr von Zeufendach. TER 

N. Darimilian Graf v. Zrauttmannäborff » Weinsberg. + 

IM. Marimilian Gandolph Graf von Khlienburg, -» ». +» 

IV. Ruprecht von Eagenberg. ee se sen cn nenne 

V. Rüdiger Graf von Starhemberg, ».. ce 0 re. 

VI. Ulrich von Lihhtenfleins sn oo ae seen on nu ne 

Vo. Dttolar von Horned, oo. ou ae son re nn an. 0 
VHL Lorenz Gruber, oo un on onen nee nenn ne 
IX. Sodann Dimmel, 0 00 00 on ao 0 e a.00 a0 ae 

X. Bartin Bellen, - vo a0 00 no un en on on 00 00 

XI. Erasmus Bröhlih, © oo ua soon er en ne 

XI. Leopold Gdler von Auenbrugger, ». oe nennen 
XII. Leopold Bärtlgruber, 00 on a0 en en een en 
XIV. Joſeph Blesganig. - oo. 00 00 ne ones oe ne se 


Seite. 


1 


4 


29 


73 


82 
83 
84 
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86 
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90 
91 
92 
92 
95 
96 


97 


98 


XV. Johann Nepomuk Heipl. oo no su on nn na 0. 100 
XVI. Franz Alois Edler von Bellen. „soon on mu 0. 108 
XV. Joſeph Quftah König oe er oe rennen cc 103 
ZVIH. Branz Carl Brodmann, ou ee oe oe reennn ce. 104 


„> IV «ww 


Brite. 
XIX. Joſeph Deibel. one esse rennen en nen. 106 
XX. Zohann Ulrich Kürft von Eggenberg «+ +... .. 107 
XXI. Johann Wilhelm Graf von Wurmbrand:Gtuppadh. 108 
XXI. Garl Thomas Graf von Breuner. o oc nun... 110 
XXIU. Kerdinand Maria Graf von Attemb, „ou... . 111 
ö XXIV. @uido Graf von Starhemberg . .. .. ...... 112 
XXV. Franz Graf von Nadabdı .... nenn cn en 419 
XXVI. Mathäus Ofner. or nenn een en. 118 
XXVII. Caſpar Roylo:.. sen *44147 
XXVIT: Stanz Xav. Gmeiner.. *41168 
XXIX. Aquilinus Julius Gäfar «eos cn en une. 120 
XXX. Karl Wilhelm Mayır. » use nenn ne ne nn 121 
XXXI. Leopold Anton Bölid. «ce *4122 
XXXII. Michael Berdinand Wittmann, sono creme... 124 
XXXIII. Johann Nep. Neubolde «ner unennn en. 125 
XXXIV. Gajetan Wanggo. on. e re nen een en rn 126 
XAXV. Zohann Rep. Ritter von Kaldberg. » «+»... 127 
XXXVI. Johann Georg Bellingen. eo oe onen ...... 130 
. XXXVII. Zofepp Wenninger..1341 
. .XXXVAU. Michael Pierwipfl. ou oe seen rennen. 133 
AXXIX. Sohann Weit Raupe on re rennen nn. 135 
Ale Mathias Wendler... sonen onen en. « 156 
. XLJ.. Sigmund Freiherr von Schwitzen. » +... . 137 
. XLU.,Ghriftoph Freiherr von Schwigen on. 0... +» 158 

Ueber ein Sager vorweltlider Pflangen auf ber Stang: 
-alpe.- Bon Dr. F. Unger, Profeffoe am Joanneum..... 140 


Kotigen. ' Topbäraphifge Streifzüüge. Won Prof. Joh. 
ILL iin ann ii 


Schwefelhaltiger Brunnen in BWinbifhbüheln .„.. .. 156 


ueberſicht ber.metcorplogifchen Werhältniffe bes Jahres 1839 
für. die Hauptſtadt Gräg nach ben dafelbft täglich -angeftellten 
ei Beobadhtungen, von Dr. Wühelm Bin k. k. Pro: 

* der Phyſik. 


Shkt Heinrich 


(Legende) 
Bon Johann Gabriel Seidl. 


Un Bacher haufl’ ein Bauer, 
Gin böfer, trogiger Mannz 
Drum baut’ er zu tiefft im Walde 
Bon Allen fern fi an. 


Gr ließ feine Knechte barben, 
Gab keinem, was er verdient, 
Richt feinem eigenen Weibe, 
Nicht feinem eigenen Kind, 


f 


Und als ihn Alles verlaffen, 
Da ftand er endlich allein, 
Und Häufte fein Gold am Tage, 
Und zähle” es beim Lampenſchein. 


Da pocht' es In fpäter Stunde 
Einſt an fein Zenfter an: 
»Thut auf, fonft muß ich verſchmachten, 
>I5h armer, verisster Mannle 
s. Zahrg. 1. Heft, 1 


> 9 «ie 


»Gin Stüdlein Brot nur reidjt mir, 
2Sonſt fterb’ ich vor euerem Haus! —« 
Da reicht’ er, fpottend, zum Benfter 
Ihm einen Stein hinaus. 


Was Lünimert’s ihn, ob ber Wandrer 
Verfchmachtet im finftren Wald; 
Er lat zu feinem Frevel, 
Wenn gleich ein Fluch ihm zahlt. 


Und wieder kam ber Winter, 
Da fchneit’ es Tag und NRadıt, 
Verſunken ſchien der Bacher 
Sn einen tiefen Schadt. 


Doch läßt fich’s der böfe Bauer 
Nicht grämen in feinem Haus; 
Schürt fleißig Holz in den Dfen, 
Und alogt in den Schnee hinaus, 


»Mag,e meint er, »lang mich verfäneien, 
»Hab’ eben Keine Noth; 
»Hab’ Wein, den Durft zu löſchen, 
»Und für den Hunger Brotie 


&o langt er, guter Dinge, 
Nach frifhem Brot im Schrein, — 
Er hatte gemahnt den Himmel, — 
Das Brot ift eitel Stein! 


Und Schnee und Hunger wachen, 
Er fcheint aus der Welt fi verbannt; — 
Da ward fein Trotz gebrochen, 
Da ward fein Sinn gewandt} 


Ein Kirchlein gelobt’ er zu bauen, 
Wenn Gott ihm hälf’ aus der Roth; 
So ward er aus Stein zum Menfchen, 
Der Stein fo wieder gum Brot! — 


> 3 ze 


Noch ſteht am Bader das Kirhlein, 
Stt. Heinrich zubenannt, 
Sicht Hoch hinein in den Himmel, 
Sicht weit hinaus in dad Land, 


Wir waren noch nicht geboren, 
Als fchon fein Glöcklein ſich ſchwang, 
Und noch, von Rüden zu Rüden, 
Ruft zum Gebet fein Klang. 


Da feiern fchnell die Aexte, 
Da hat ber Urwald Ruh’, 
und rüftig fleigen die Aelpler 
Dem Iuftigen Kirchlein zu. 


Da fhimmert der Thurm vom Weiten 
Sm kühligen Morgenfcein, 
Und Lied und Orgel tönen 
Gerad in den Himmel hinein, 


„> 4 tritt 


Die 


Ebenen des Alurthales 


in Unterfleiermarfi, 


Bon Georg Mally 





Sa ed nicht, wenn irgendwo vom unferer freundlichen Steier- 
mark gefprochen wird, ald müßte Immer nur von Höhenzügen und 
Gebirgen die Rede fein? Der mit ewigem Schnee bededte Dachſtein 
und die Hohen Kalkfelfen von Sulzbach, der von Eifen flarrende 
Erzberg, und die Weinhügel von Radkersburg und Luttenberg, die 
waldige Hochebene des Bachergebirges, und die vulfanifhen Höhen 
von Gleichenberg; welche Abftufungen der Gebirgswelt für den den- 
enden Beobachter! Wie großartig find bei manchem diefer Gebirge 
die Anfichten, wie verfchieden geftaltet zeigen fich die Wormationen, 
und wie reich iſt vielleicht bei vielen das noch unbekannte Innere! 
Doc) dieſe ift ja eben die Hauptfeite, von welcher aus Die Gteiers 
mark und ihre Naturfchönheiten bisher vorzüglich gewürdigt worden 
find; denn viele dieſer Beziehungen wurden in diefen Blättern mit 
mehr oder weniger Ausführlichkeit * beſprochen, und dürften noch 
beſprochen werden. 

Man hofft daher auf die Nachſicht des verehrten Leſers, wenn 
er auch einmal freundlich eingeladen wird, die vorzüglicheren Ebe⸗ 
nen und Niederungen Steiermarf's im Geifte mit zu durchwandern. 
Sie bieten uns vermöge ihrer Gleichförmigfeit zwar nicht die groß- 


> 5 + 


artigen Abwechölungen und Ueberblice, wie die Höhenzüge ihrer Um⸗ 
gebungen; fie werden dem Vaterlandsfreunde aber wichtig Durch Die 
Sultur ihres Bodens in landwirthfchaftlicher Beziehung, die, obwol 
fie noch vieler Verbefferungen fähig if, doch fchon zu ber Höhe ge- 
dieh, Daß duch ihre Erteägniffe nicht nur der erforderliche Bedarf 
an Lebensmitteln für Steiermark gededt, fondern auch noch ein nicht 
unbedeutender Handel damit in unfere Nachbarprovinzen, Kärnten 
und Rrain, getrieben wird. 

Die vorzüglichen Ehenen Steiermark's Liegen im füdlicheren 
Theile des Landes, und zwar an den Hauptflüffen desfelben, an der 
Mur und Drau. Wir wollen hier unfer Augenmerf-mur auf Die 
Flächen des Murthales richten, die große Ebene des Draufeldes aber 
bei einer andern Gelegenheit befprechen. 

Die Mur durchſtrömt unfer Vaterland in einer Länge von 44 
Meilen, wobei ihre Richtung zweimal wechfelt, und ihr Ball von 
Prödlig ober Murau bis Radkersburg über 300 Klafter beträgt. Sie 
ift durchaus fifchreich, jedoch verhältnigmäßig mehr in den unteren 
Gegenden; ihre Fluthen find Durch den größten Theil des Jahres 
rein und Mar, richten jedoch, wenn fie Durch das Schmelzen des 
Schnees, oder durch anhaltenden Negen angeſchwollen find, oft große 
Verheerungen an. Da die Ufer in Unterfteier faft durchaus flach 
find, fo iſt das Austreten des Fluſſes bei etwas erhöhtem Waſſer⸗ 
Rande ſchnell und Häufig. Auch iſt das Flußbeet in vielen Gegen- 
den ungemein breit, daher beinahe nach jedem Hochgewäffer eine 
Veränderung in der Richtung des Hauptſtromes und die Nothwen- 
digkeit eined beftändigen Entgegenwirfens durch Schußwehren von 
Seite der angrenzenden Uferbewohner. 

Die Mur nimmt während ihres Laufes durch Steiermark an 
beiden Ufern über 100 Bäche und Flüſſe auf, treibt an ihren Gei- 
tenarmen über 200 Mühl, Stampf- und Sägewerfe, und iſt un- 
gemein wichtig für die Schiff > Yahrt, befonders in Betreff der Ders 
führung des oberſteier'ſchen Holzes und Eifens. Sie wird haupte 
fählih von Judenburg abwärts mit Floͤßen und Plätten befahren, 


> 6 + 


Schon In DOberfteier, zwifchen Judenburg und Knittelfeld, erwei⸗ 
tert fih Das Murthal, und bildet das bekannte Eichfeld; allein die⸗ 
fes ift fo wenig wie das Mürzthal dem unterfteierfchen Flächen des 
Murthales an die Selte zu feßen. Erſt eine Stunde ober der Haupt- 
ftadt Grätz weichen die hohen Gebirge, die das Flußbett His dahin 
befchränften, auseinander, und Die Mur tritt in eine fchön cultivirte 
Ebene, die am rechten Ufer ſich durch vierthalb Meilen gegen Sü— 
den erſtreckt, und das Gräßerfeld heißt, am linken Ufer hingegen 
fi kaum über anderthald Meilen austehnt, und unter dem Namen 
des Ferniberfeldes befannt ift. 

Bei dem Markte Wildon wird der Murſtrom wieder eine Strede 
rechts vom Wildonerberge, und links vom AUframberge eingefchloffen ; 
letzterer weicht jedoch ſchon nach einer halben Stunde gegen Often 
zurüd, und dag Murthaf bildet am linken Ufer das zwar nicht breite, 
aber ducch feinen fruchtbaren Boden ausgezeichnete St, Georgnerfeld, 
durch welches der Stifingbach in ſüdweſtlicher Richtung der Mur zu⸗ 
Läuft, Bei der Poftftation Lebring endet ſich auch der Wildonerberg, 
und die Fläche des Murthales erweitert fih am rechten Ufer bis 
Ehrenhaufen gegen drei Meilen in der Länge, und beinahe eine Meile 
in der Breite. Im füdweRlichen Theile diefer Ebene Liegt der Markt 
Leibnig, von dem die ganze Fläche den Namen des Leibnigerfel« 
des führt, | 

Dei dem Markte Ehrenhaufen nimmt der von Bruck in Ober- 
feier bis hieher füdliche Lauf der Mur die Richtung gegen Often, 
und behält diefelbe bis Radkersburg. Auch zieht fich von Ehrenhau- 
fen bis in die Nähe von Freudenau mehr oder weniger hart am 
sechten Murufer Die Bergfette hin, welche das Hügelland der win- 
diſchen Bühel vom Murthale trennt. Letzteres bildet daher längs 
diefer Strede nur am linken Ufer von Vogau bis Brunnfee, Mureck 
und Radkersburg eine ausgedehnte Ebene, die ſich erſt von Freu- 
denau bis Radkersburg auch über das rechte Ufer Hin ausbreitet, 
and das Absthalerfeld genannt werden kann. Bon Radkersburg oft: 
wärts verliert fich die Fläche am Linken Murufer in die unabſeh— 
baren Ebenen Ungarns, eine beträchtliche Strecke derfelden aber zieht 


> 7 € 


fich auch am rechten Ufer Über das Kirchdorf Heil. Kreuz bis unter 

Luttenberg Hin. 

Die ganze Fläche an der Mur von Bogau bei Straß bis Lut⸗ 
tenberg ift gewöhnlich unter Dem Namen des Murfeldes bekannt. 
Die Ebene von Straß bis Radferöburg bildet die obere, die Strede 
von Radkersburg bis Luttenberg aber die untere Abtheilung deöfelben. 

Auf diefe Art Ließen ſich demnach die unterſteier'ſchen Flächen 
des Murthales in drei große Abtheilungen, in das Gräßer-, Leib⸗ 
nitzer⸗ umd eigentliche Murfeld zufammenfaflen. Sie gehören ſämmt⸗ 
Lich zu den Allusial- Gebilden Steiermark's, da der. Boden überall, 
wie es fich durch Aufgrabungen zeigt, aus abwechfelnden Lagern von 
grobem ‚und feinerem Schotter, Thon und Sand befteht, die von 
verfchiedener Mächtigkeit find, Bevor wir jedoch) dieſe Flächen, ein- 
zein ducchgehen, wollen wir es verfuchen, einen Standpunkt. aufzu⸗ 
finden, um von demfelben aus Das ganze unterfeierfhe Murthal, 
fo viel es der dazwifchen laufenden Höhenzüge wegen möglich ift, 
mit Einem Blicke zu überfchauen. 

Hierzu bieten fih und vorzüglich Drei Berghöhen dar, 

1. Der Wildonerberg, der zwifchen dem Gräßer - und Leibniger- 
felde ich erhebt, von Grätz und Ehrenhaufen beinahe gleich weit 
entfernt, und 1747 Fuß über der Meeresfläche erhoben iſt. Er 

kommt im diefer Gegend auch unter dom Namen ded Buchkogels 
vor, zieht fi) von Often nad) Weften bedeutand im die Länge, be- 
ſteht aus grobem, fandhältigem Kalkftein, iſt auf feinem Rüden 
noch ziemlich gut bewaldet, und bietet von feiner etwas freien öft: 
chen Spige ans eine fehöne Leberficht des Grätzer- und Leib» 
nigerfeldes. dar; der Profpeft in dad Murfeld aber iſt, da letzte⸗ 
res von Ehrenhaufen. an eine öftliche Richtung nimmt, durch die 
vielen waldigen Gegenden des am linken Murufer liegenden Grätzer⸗ 
kreiſes gehemmt. 

9, Der ſüdlich von Ehrenhanfen aus den windifchen Büpeln auf: 
fteigende, ebenfalls aus geobem Kallſtein beftehende Platſch, der 
an feinen Abhängen mit Weinreben bepflanzt ift, und 1615 Fuß 
über der Meeredfläche mißt. Die Ausſicht von feiner Spige er⸗ 


”»> 8 0 


ſtredt fich zwar über die abwechfelnden Partieen des Murfeldes bis 
Radkersburg, fo wie über die zahlreichen Ortfchaften des Leibnitzer⸗ 
feldes ; das Grägerfeld aber it einerfeits dem Auge zu weit ent- 
züdt, andererfeits if eine große Strede desfelben durch den Hö- 


henzug des Wildonerberges ganz verdedt. 


0 


+ Die unweit von Leibnitz aus dem Sulmthale ſich erhebende hoͤch⸗ 


fie Spitze des vorderen oder oͤſtlichen Sauſals. Diefe Höhe be- 
ſteht in ihren am Buße auslaufenden nördlichen Niederungen aus 
Grobkalk, worin fi gut erhaltene, verfteinerte Meermufcheln fins 
den, auf der Spige aber aus einem fchieferigen Gefteine, ift uns 
ter dem Namen des Kreuzkogels bekannt, und mißt 1578 Fuß 
über der Meeresflähe, Der Berg it an den nördlichen Abhän⸗ 
gen mit Wald bewachſen, an der Süd- und Weſtſeite aber mit 
Reben bepflanzt, und gewährt feiner vortheilhaften Stellung wegen 
ungeachtet der geringen Höhe doch eine bewunderungswürdig fchöne 
Ausfiht, Zwei Städte, fünf Märkte, 26 Kirchen und 24 Schlöfs 
fer nebft einer, wenigftend noch einmal fo großen Anzahl von 
Dürfern llegen im Umkreiſe diefes Panorama’s dem freien Auge 
vor. Gegen Süden iſt die ſtufenweiſe Abwechslung bemerfens- 
werth, im welcher fich die Weinhügel der windifchen Bühel, der 
Platſch, der Remſchnik, und Über diefen die Hochwaldungen des 
Bachers terraffenmäßig über einander erheben. Gegen Weften 
ſtreift das Auge über eine Intereffante Abtheilung des Sulmtha⸗ 
les, und über die vorzüglichiten Weingebirgägegenden des hohen 
Saufals, über Kittenberg, Kitzeck, Hochgauitſch, Mittered und 
Et. Ritolal in das Lapnig-, Stainz» und Kainachthal bis an das 
Schloß Plankenwarth ; nördlich öffnet fich bis auf eine Heine Stre⸗ 
de die fchöne Ebene des Grätzerfeldes mit den zahlreichen darauf 
liegenden Ortfchaften; ganz im SHintergeunde aber, wie an den 
Fuß des Hoch auffleigenden Schödels gelehnt, zeigt ſich in feiner 
ganzen Ausdehnung das freundliche Bil der Hauptſtadt Grãtz 
mit dem nahen Schloſſe Eggenberg. Oſtwärts am Fuße des Kreuz⸗ 
kogels endlich breitet ſich vor dem Blicke des Beobachters die weite 
Fläche des Eeibnigerfeldes in fo unmittelbarer Nähe aus, daß das 


»> 09 er 


1 

freie Auge nicht nur den Lauf der Mur, Laßnitz und Sulm, die 
berumliegenden Schlöffer, zahlreichen Dörfer und einzelnen Woh⸗ 
nungen, fondern auch die verfchiedenen Aeckerabtheilungen und 
darauf gebauten Fruchtgattungen ohne Mühe unterfcheidet, Nicht 
minder zeigt fi) die weit ausgedehnte Südfeite des Gräßerkreifes 
bis Gleichenberg und Riegeröburg, fo wie die ganze obere Abthei- 
lung des Murfeldes, deren mit Wäldern, Wiefen und Aedern ab- 
wechfelnde Partieen bis Brunnfee und Mureck nahe und offen vor: 
liegen, während das fchöne Schloß Oberradfersburg mit den Thür⸗ 
men der Stadt noch Hell aus der öftlichen Gerne hervorblickt. 

Dies ift der Standpunkt, von welchem aus jeder Naturfreund, 
der fich diefes Vergnügen verfchaffen will, die drei großen Abtheiluns 
gen des unterſteler'ſchen Murthales größtenteils mit Einem Blice 
überfchauen kann. Hierzu wären die fpäteren Stunden eines heite- 
ren Nachmittags der geeignetfte Zeitpunft. Da jedoh für unfern 
Zweck außer dem, was der Unblid des Auges zeigt, noch andere 
Verhältniffe zu berücfichtigen find, fo dürfte e8 gerathen fein, jede 
der drei großen Ebenen nad) ihren Eigenthümlichkeiten in unmittel« 
barer Nähe zu beleuchten. 

I. Das Grägerfeld. Seine Ausdehnung erftredft fich in der 
Richtung von Norden nah Süden. Die größte Breite hat es in der 
Mitte, gegen Süden wird es ſchmäler, und läuft endlich zwifchen der 
Mur und Kainach in eine Spige aus. Nordwärts wird es durch 
die Berge bei St. Gotthard ob Gräß, und oftwärts durch eine Hü⸗ 
gelfette begrenzt, welche fih an den Ruckerlberg anfchlieft, und durch 
die Anhöhen bei St. Peter nach Steierhof, Hausmannftätten, Fer 
nig und Weiſſeneck mit geringen Unterbrechungen fortläuft, wo fie 
dann unter dem Namen des Aframberges dem Wildonerberge nahe 
gegenüber tritt, welcher Teßtere die Ebene gegen Süden fehlieft. An 
der Weftfeite zieht ſich die Fläche eine ziemliche Strede nach der 
Kainach Hin, die Hier fill zwifchen Feldern und Auen füdwärts der 
Mur zufließt, und verliert fi dann zwifchen den niedern Abhängen, 
die aus den Gegenden von Pöls, Lannach und Dobel Hervortreten; 
bis die Weinberge von St. Florian, und die Höhen von Strafigang, 


„> 10 ++ 


St. Johann und Paul His zum Plabutſch und den Ruinen von 
Goͤſting die Ebene verengen und fließen. 

Durch die ganze Länge des Gräßerfeldes zieht ſich beinahe pa— 
rallel mit der Mur die Triefter- Sommerzialftraße hin. Die Fläche 
ift Übrigens durchaus angebaut; der größte Theil beſteht in Ader- 
land, worauf Weizen, Korn, Gerfte, Hafer, Hirſe, türkifcher Wei- 
zen, Hülfenfrüchte, Kartoffeln, Kürbiffe, Flachs, Hanf, Mohn und 
andere Gartenfrüchte gebaut. werden. Als zweite Frucht baut man 
Heideforn und Rüben. Die fruchtbarften Gelder liegen in der Nähe 
Der beiden Murufer und an der Kainach; gegen die Mitte der Ylä- 
he findet man ausgedehnte Waldfireden. Die größte Euftur des 
Bodens zeigt fich in der Nähe der Hauptftadt; überhaupt fteht die 
Dearbeitung desfelben im Allgemeinen bier auf einer höheren Stufe, 
als auf dem Leibniger- und eigentlihen Murfelde, woran einerfeits 
ein mehr ausgebildeter Sinn für landwirthfchaftliche Beftrebungen, 
andererfeitd aber auch die Leichtigkeit, in der nahen Hauptſtadt alle 
Erzeugniffe für Geld abzufegen, die Urfache find. | 

Auf. der Fläche des Gräßer» und Wernigerfeldes Liegen, mit 
Ausnahme der Hauptfladt Grätz '), in fieben Pfarren und vier Be— 
ziefen bei 30 Dörfer und Ortfchaften. Die Einwohner derfelben find 
durchaus Deutſche, und befchäftigen fih, wenn man die wenigen 
auch auf dem Lande nöthigen Gewerbe ausnimmt, durchaus mit 
dem Aderbau. Die Weinfultur it auf die Höhen von St. Florian, 
Straßgang und die Einöd, im füdlichen Theile des Yeldes aber auf 
ten Aframberg befchränft, woran die Dorfbewohner des Ebene jedoch 
wenig Antheil nehmen. 

In Hiftorifcher Beziehung if das Fernitzerfeld im fechjehnten 
Sahrhunderte Durch eine Waffenthat merkwürdig geworden, Als die 
Türken im Jahre 1529 gezwungen worden waren, die Belagerung 
Wien’s aufzuheben, wobei die Steiermärfer unter Abel von Hollened 


4) Auf die nähere Schilderung von Gräß und feiner ſchönen Umgebungen Besie: 
ben ſich folgende Werte: Malerifhe Streifjüge in Die Umgebungen von 
Grätz von Kumar, Gräb 1815. Grätz und feine Umgebungen von Dr. A. 
Polfterer, Gräß 1825. Der Gremmdenführer in Gräß, Gras 1333. 


223» 1 1 «rbr 


ſich ruhmvoll auszeichneten, nahm ein großer Theil der Feinde den 
verheerenden Rüdzug durch Steiermark. Im zwei Jahren drangen 
fie neuerdings vor, da fie aber Defterreich durch Heeresmacht gedeckt 
fanden, 309 das türkifche Hauptheer wieder nach Steiermark, und 
züdte bei Grätz vorüber. Cine nachfolgende Abtheilung beſetzte die 
Stadt, und brannte einen Theil derfelben ab; als fie aber den Schloß⸗ 
berg mit Sturm zu nehmen verfuchten, wurden fie mit bedeutendem 
Derlufte zurück gefchlagen, und zogen gegen Fernitz hinab. Die 
Sräßes vückten unter der Anführung Johann Kazianer’s nach, übers 
fielen die türfifhe Arriergarde, und rieben 8000 Feinde auf. 

In mingralogifcher Hinficht find auf dem Gräßerfelde bei Wei- 
tendorf ein Bafalthügel, bei Großfulz nahe am rechten Murufer ein 
Sauerbrunn, und unweit des Schloſſes Weiffenel am Linken hoben 
Durufer ein vor Kurzem eröffneter Steinkohlenbruch bemertenswerth. 

Ganz am fürlihen Endpunfte der Ebene liegen am sechien 
Murufer auf einem Berge, an dem fich ein geräumiger Bruch von 
weißem Sandfeine befindet, Die weitläufigen Ruinen der alten Rit- 
terburg Obwildon. Das eigentliche Schloß befand ſich an der öfl- 
lichen Seite des Berges, und if bereits fo verfallen, daß man von 
der einfligen inneren Befchaffenheit desfelben nichts Beftimmtes mehr 
ausnehmen kann. Sehr groß war der innerhalb der Mauern bes 
findfihe Zurnierplaß. Uebrigens iſt die Ausficht vom Berge in das 
Kainachthal und Größerfeld ungemein ſchoͤn. 

Da die Bruchſtücke der Gefchichte des ein in diefen Gegenden 
herrfchenden Gefchlechtes der Herren von Wildon nicht fo allgemein, 
wie von mehreren andern alten, berühmten Familien Steiermark's 
befannt fein dürften; fo mögen für Freunde der vaterländifchen. Ges 
schichte Hier einige Worte darüber Platz finden. 

Um das Jahr 1120 war das Land, welches wir jeßt Steier⸗ 
mark nennen, unter viele Herren getheilt. Die füdlichen Gegenden 
des heutigen Eillierkreifes bildeten einen Theil der Mark Kärnten, 
und wurden von den Herren von Saaned oder Souned beherrfcht. 
In der Gegend des heutigen Marburg regierten die Grafen gleiches 
Namens; deren Gebiet fih bis in die Umgebungen von Gonowitz 


„> 12 «re 


erſtreckt zu Haben fcheint. Die Gegenden an der untern Drau be- 
herrſchten die Herren von Pettau; von Grüß an der Mur aufwärts 
lagen. die Befigungen der mächtigen Grafen von Ruen oder Rein, 
das Heutige Oberfteier gehörte größtentheils zu den Graffchaften Ep- 
penftein, Euiben, Aflenz und Mürzthal, ein Theil am der Enns aber 
fand unter den Grafen von Traungau. Diefe Iehtern brachten nach 
und nach theils durch Kauf, theils Durch Erbſchaft den größten Theil 
unfers Baterlandes an fih, wodurd es dann von ihrem Stamm⸗ 
fhloffe Steier an der Enns ungefähr feit dem Jahre 1129 den 
Namen fteirifche Mark oder Steiermark zu führen anfing. 

Unter diefen verfchiedenen Herren, und zwar im Jahre 1120 
erfcheinen auch Herrand, genannt der Minnefänger und Mainhard 
von Wildon. Ob fie oder andere ihres Stammes die Erbauer der 
alten Burg find, ift unbekannt. Aus Urkunden erfcheinen dann um 
das Jahr 1186 Hermuth, der ſchon den Titel eines Herm von 
Nadkersburg, Gleichenberg und Steiered führte, und Albrecht von 
Wildon, ebenfo Conrad und Heinrih von 1227 — 1230. Leu⸗ 
told von Wildon, deffen Gemahlin Agnes eine geborne Lichtenftein 
war, gründete 1229 das Chorherrenftift Stainz, und wurde 1249 
dafelbft begraben, obwol er in Wien geflorben war. Alm die näms 
liche Zeit lebten noch feine Brüder Ulrich I. und Hartnid I. Er— 
fterer hatte zwei Söhne Herrand II. und Hartnid II. Bon Her- 
rand II. if es befannt, Daß er im Jahre 1255 im der Gegend 
Unter» Auersbah im Heutigen Bezirfe Waldegg dem Stifte Sedau 
wegen zugefügten Befchädigungen zwei Mark jährlicher Einfünfte ans 
wies. Sein Bruder Hartnid IL. erfcheint zuerſt um das Jahr 1265; 
er ift der merkwürdigſte in der Reihe diefes Nittergefchlechtes. Als 
er im Jahre 1268 mit dem böhmifchen Dttofar gegen die Preußen 
zog, wurde er von Friedrich von Pettau einer Verfchwörung gegen 
den König befchuldigt, eine Zeit Hindurch in Böhmen gefangen ges 
halten, und geswungen, einige Schloͤſſer abzutreten, die er jedoch fpäs 
ter wieder zurüd erhielt. Im Jahre 1275 befand er fich umter den 
Adgeordneten Steiermark's auf dent Neichstage zu Augsburg, und 
wurde einige Jahre fpäter von Rudolph I. zum Landesmarſchall er: 


»»> 13 + 


hoben. Im Sabre 1278 fchenkte er, ald er fich eben zu Leibnitz 
aufpielt, an das Bisthum Seckau ein Haus zu Seebach, fo wie 
einige Huben in den Gegenden Schwarza und Weiteröfeld ; auch 
ertheilte er Ulrich II., Biſchof von Sedau, die Befugniß, das Schloß 
Bifhofsel im Saggathal zu erbauen. Im Jahre 1291 nahm er 
mit Ulrich von Pfannberg an dem Auffiande gegen Herzog Albrecht I. 
von Habsburg Theil, Fellte fih an die Spige der Mifvergnügten 
in Unterfteier, und verheerte die dem Herzoge trew gebliebenen Drt- 
fchaften, föhnte fich jedoch bald darauf mit feinem Landesheren wie: 
der aus; denn im Sahre 1301 fchrieb er fich wieder Marfhall von 
Steiermark. Er Hatte eine Tochter Elifabeth und drei Söhne: Rei. 
her, der noch vor ihm, und zwar ohne Nachkommen geftorben zu 
fein ſcheint; Hartnid, welcher Pfarrer zu Pöls in Oberfteier war, 
und um das Jahr 1280 Bifchof von Gurk wurde, und Ulrich II., 
mit welchem das Gefchleht der Wildoner um das Jahr 1307 aus« 
farb, wo dann die Marfchallswürde an Die Herten von Pettau übers 
ging, Außerdem findet man noch die Namen eines Hartnid IV., 
Leo und Werlo von Wildon, von deren Lebensumftänden jedoch 
nichts befannt ift. 

Das find die wenigen, nur aus jerfireuten Urkunden bekann⸗ 
ten Daten über die Stammfolge eines einft in unfern Gegenden 
mächtigen Gefchlechtes, denn die Wildoner erwarben fih außer ihrer 
Stammburg noch Die Herrfchaften Radkersburg, Gleihenberg, Ep⸗ 
penſtein, Weiffened, Weitersfeld und Eibiswald, und waren Landes- 
marfchälle in Steiermark. Mit den fpäter blühend gewordenen Gra- 
fen von Cilli find fie keineswegs in Betreff des Anfehens und der 
Macht, wol aber in der Beziehung zu vergleichen, daß beide Gefchlech- 
ter mit Ausnahme weniger Glieder in ihrem Streben felbffüchtig 
nur auf Die Vergrößerung ihres Haufes bedacht waren, in Gteier- 
mark aber wenig Gutes gewirft haben. | 

Am Buße des Berges, von deffen Rüden berab die Ruinen 
Dbwildon’s den Wanderer an die Vergänglichkeit alles Srdifchen er⸗ 
Innern, liegt gegenwärtig der landesfürftliche Markt Wildon mit dem 
Schloßgebäude der Herrſchaft Obwildon. Ueber die Mur führt eine 


>> 14 «u 


Brücke in das nahe St. Georgnerfeld. Auf den umliegenden freund: 
lichen Anhoͤhen findet man die Herrfchaften Neudorf und ©t. Gr: 
orgen an der Stifing mit Dem gleichnamigen Markte, fo wie in der 
Niederung die ESchlöffer Finkeneck und Rohr. Der Boden der gan- 
zen Fläche iſt durch feine Fruchtbarkeit ausgezeichnet. 

Südwärts von der Höhe, auf welcher Die Burgfeſte Obwildon 
ftand, erhebt fih der eigentliche, ſchon früher bemerkte Wildonerberg, 
an deffen öſtlichem Fuße die Mur firömt, und die Zriefter - Com- 
merzialſtraße in füdlicher Richtung dahinläuft. Allein ſchon nad 
einer halben Meile zieht ſich die Berghöhe gegen das Laßnitzzthal 
weftwärts, und das Murthal erweitert fi in eine breite, ſchöne 
Ebene, welche 

IT. das Leibnigerfeld Heißt. Auch durch diefe von Norden 
nach Süden ſich ausdehnende Fläche zieht fich der Länge nad) die Trie- 
ftet - Eommerzialftraße hin. Die Ebene felbft wird nordwärts vom 
Wildonerberge, weitlih vom Laßnigthale, von den öftlichen Weinber- 
gen des Saufals, und von der Sulm, füdlih von der Sulm nnd 
Mur, und oftwärts von der Mur begrenzt. 

Der Boden ift bis auf einige unbedeutende Waldſtrecken durch⸗ 
aus Aderland, worauf außer den bei dem Gtäßerfelde genannten 
Getreidearten und Srüchten noch häufig der Himmelthau (Digitaria 
sanguinalis) gebaut wird, eine Pflanze, deren Same eine ſchmack⸗ 
hafte Grüße, und deren Stroh ein gutes Viehfutter gibt. Sie kommt 
leicht auf fandigem und ungedüngtem Boden fort. Da ein großer 
Theil der Grundeigenthümer diefer Gegenden wenige oder gar Feine 
Wiefen und Waldungen, wol aber eine große Anzahl von Aedern 
befigt, fo mangelt ed am gehörigen Viehftande, und mithin an der 
erforderlichen Düngererzeugung. Die dem Boden nach fchlechteften 
Felder werden daher gar nicht gedüngt, fondern abwechfelnd mur 
alle 3 — A Jahre umgeadert, und mit Himmelthau befaet. 

Am linken Murufer in den Gemeinden Laubegg, Seiach und 
Neudorf ift vorzüglicher Flachsboden; die beffeven Felder der großen 
Ebene aber find, wie auf dem Gräßerfelde, fo auch Hier feitwärts 
an den Ufern der Mur, an der Lafnig und Sulm; die Mitte der 


> 15 € 


Fläche it mehr fandig und troden. Seit vielen Jahren waren ein- 
zelne Befiger bemüht, Durch beffere Bearbeitung ſolche Streden in 
ordentliche Baufelder umzugeftalten, was nad) dem Verhältniffe der 
darauf verwendeten Mittel auch mit mehr oder weniger Erfolg geſchah. 

Auf die beffere Eultivirung des -mittleren Leibnigerfeldes Hat 
vorzüglich ein Ereigniß Bezug, welches erſt vor wenigen Jahren vor- 
fie. Da es für die Gegend wichtig wurde, mithin zur Gefchichte 
derfelben gehört, fo darf e3 Hier nicht übergangen werden. 

Unter den Ortfchaften des Leibnigerfeldes befand fih am rech- 
ten Murufer das beträchtliche, aus 64 Häufern beftehende Dorf 
Dbergralla, Auf fchotterigem Boden hart am Strombeete gelegen, 
hatten die Bewohner desſelben ſchon viele Jahre mit dem reißenden 
Elemente gekämpft, und ihre Wohnungen nur mit großer Anftren- 
gung gegen den Andrang desfelben zu ſchützen vermocht, als die lang 
dauernden Hochgewäſſer des Jahres 1827 die entgegen ftehenden 
Schutzwehren unaufhaltfam Durchriffen, und das ganze Dorf dem 
fihtbaren Yntergange preis gaben. Wan fah deutlich, wie der rei⸗ 
ßende Strom binnen 24 Stunden über eine Klafter breit vom Grunde 
und Boden wegnahm. Da faft alle Häufer und Wirthfchaftögebäude 
von Holz gezimmert waren, fo kam Diefes den Bewohnern dadurch 
zu Gtatten, daß fie dieſelben abbrechen, und auf ihrem eigenen 
Grunde in beträchtlicher Entfernung von der Mur wieder auffeßen 
konnten. So entftand in Zeit von wenigen Monaten das Dorf Neu⸗ 
gralla, welches faft in der Mitte des Leibnigerfeldes in geringer Ent- 
fernung oſtwärts von der Commerzialftraße liegt. Mehrere bauten 
ihre Häufer an der Landſtraße felbft auf. Durch die Eile, mit wel» 
cher bei den Meiften das Abreifen und Wiederauffegen der Wohe 
nungen vor fih ging, geſchah es, daß im der Aufftellung der Ge- 
bäude fo wenig Ordnung und Symmetrie beobachtet wurde, indem 
Jeder nur auf den für fich gerignetfien Plag Rüdficht nehmen zu 
müffen glaubte. 

Der Platz, wo das Dorf jebt fleht, ift von dem vorigen, der 
von der Mur bis auf wenige Bauftellen verfchlungen, und in eine 
Sandbant umgefaltet wurde, beinahe eine Halbe Stunde entfernt. 


„> 16 + 


Aus der Uebertragung felbft entftand für die Bewohner zwar der . 
Nachtheil, Daß fie auf der Mitte ihrer Gründe an das Ende dere 
felben verfegt wurden. Webrigens erhielten die Meiften bei dem Wie⸗ 
deraufbau ihrer Häufer durch bedeutende Beiträge Unterflüßung, und 
die ganze Gegend gewann ungemein dadurch, daß die vorher fo eine 
förmigen Strecken des Leibnigerfeldes an der Hauptftraße feitdem 
neu bevölkert umd belebt erfcheinen. Auch Haben — was für die 
Beförderung der Landwirthfchaft in dieſer Gegend das Wichtigfte if 
— die aud dem befieren Boden ihrer Gründe in den fchlechteren 
verfeßten Landleute bereits die Erfahrung gemacht, Daß die in der 
Mitte der Ebene gelegenen, weniger beachteten Strecken einer beſſe⸗ 
ren Eultur wirklich fähig find, ald man glaubte; denn es zeigen ſich 
jetzt nach 12 Jahren da, wo früher blos Heidelraut oder Himmel- 
than wuchs, ſchon ordentlich beftellte, mit türkifhem Weizen oder 
Roggen befäcte Felder. Möchten fie nur noch den benachbarten Dörs 
fern mit dem fchönen Beifpiele vorangehen, zwifchen den Häufern 
Nußbäume und andere Obftbäume zu pflanzen, wie dieſes in fo vie- 
fen Dörfern des Draufeldes der Gall if. Die Bäume würden ihe 
nen nicht nur mwohltHätigen Schatten, und von Zeit zu Zeit Früchte 
gewähren, fondern, was die Erfahrung ſchon vielfältig bewiefen hat, 
bei Feuersbrünſten auch die Gefahr vermindern, 

In der Fläche des Leibnigerfeldes laufen von Weften ber auch 
das Laßnitz und Sulmthal aus. Die Laßnitz und Sulm vereinie 
gen fich unfern des Marktes Leibnig, und fallen ungefähr eine Stun⸗ 
de nach diefer Vereinigung in die Mur, Die Ebene hat in ihrer 
ganzen Ausdehnung durchaus deutfhe Bewohner, und faßt in Drei 
Pfarren und zwei Bezirken 15 Ortfchaften in fi. Die wichtigfte 
Darunter iſt der große, feit dem verheerenden Brande vom Jahre 
1829 new und fchön gebaute Markt Leibnig mit 163 Häufern und 
1270 Einwohnern, die. theils ftädtifche Gewerbe treiben, theils mit 
dem Landbau fich befchäftigen. Die Gründung Diefes Marktes geht 
bis in das Jahr 1126 zurück, und gefhah Durch den Erzbiſchof 
Conrad von Salzburg, um feine in Diefer Gegend gelegenen Güs 
ter wider die Ungarn zu ſchützen. Der Ort war demnach befeftigt ; 


„> 17 € 


ch er aber jemals die Nechte und Freiheiten einer Stadt befeffen, 
if, da aus den früheren Zeiten Leine Beweife dafür aufzubringen 
find, in der neueften Zeit in Srage geftellt worden '). Der Marft 
ift Übrigens der größte und fchönfte im Lande, und wird an der Zahl 
der Einwohner nur von Vordernberg und Eifenerz übertroffen. 

Bon der Mitte des zwölften bis gegen die Mitte des vierzehn: 
ten Jahrhundertes beftand das Gefchlecht der Herren von Leibniß, 
unter denen During und Eberhard um das Jahr 1138 als die Er- 
ften genannt werden. Sie befaßen nicht den Markt, fondern die aus 
andern Gütern beftehende Herrfchaft Leibnig als ein falzburgifches 
Lehen. Friedrich IL, Erzbifhof von Salzburg, war felbft aus die— 
fen Geſchlechte. Um Das Jahr 1340 war Friedrich III, der Letzte 
Diefes Stammes; feine Tochter Katharina heirathete Weichard von 
Polheim, dadurch kam die Herrfchaft Leibnig an die Herren diefes 
Namens, welche im Jahre 1538 ausftarben. 

Bon gefhichtlih merkwürdigen Thatfahen aus der mittleren 
und neueren Zeit hat Die Ebene des Leibnigerfeldes gar wenig aufs 
zuweifen. Im Sabre 1529 ſchlug Sigmund von Weichfelburg hier 
einen Schwarm Zürfen, die viele Ortfchaften verheerten, Leibnig plüns 
derten, Marburg belagerten, und mehrmals vergeblich beftürmten. 
Defto wichtiger für Steiermarf’s erfte Eultivirung aber war diefe Ges 
gend im Alterthume; denn ſüdlich kaum eine Halbe Stunde von Leibs 
nitz ift der Platz, wo die römifche Municipalftadt Muroela fand, 
wie diefes die vielen hier gefundenen Denkfteine und roͤmiſchen Müns 
zen beweifen 2). 

Die Verbefferung des Leibnigerfeldes in dͤkonomiſcher Beziehung 
iſt feit 15 — 20 Jahren mit erfreulichem Erfolge vorwärts gefchrite 
ten. Große, in der Mitte desſelben gelegene Streden, die mit Heides 
kraut überwachfen waren, und insgemein Eggarten genannt wurden, 


4) Man febe den Aufſatz des um die Geſchichte Steiermarf's hoch verdienten Herem 
Archivars Joſeph Wartinger: »War Leibnitz je eine Stadt ?« Gteierm. Zeitſch. 
n. 3. 1. Jahrg. 1. Heft. 

2) Man febe den Auffag: Muroela und feine Gräder. Steierm. Zeitſch. n. 9» 
IV. Jahrg. 2. Heft. 


6 Jahrg. 1. Heft. 2 


„> 18 «u 


find jet faft durchaus in Felder umgeflaltet, auf denen jährlich ab⸗ 
wechjelnd Kartoffeln, Hafer oder Hirfe gebaut, oder Doch wenigftens 
alle 3 — 4 Jahre Himmelthau gefäet wird, was früher faum alle 
zehn Jahre geihah. Auf der weitlichen Seite der Landftraße haben 
bereits mehrere neue Anfiedlungen Statt gefunden, welches duch ſchick⸗ 
lihe, böheren Ortes bewilligte Grundzerſtückungen möglich gemacht 
wurde, In den Dörfern ift feit etlichen Sahren Die Vertheilung der 
Gemeindeweiden zu Stande gefommen, und faft überall die Etall« 
fütterung eingeführt worden, wodurch der Verfihleppung Des fo nöthis 
gen Düngers im Sommer vorgebeugt wird. Die Vermehrung des 
Düngers wirkte auf die Vergrößerung der Anzahl der Baufelder, und 
Diefe wieder auf die Vermehrung des Klee- und Zutterbaues zurüd, 
fo daß fich feit dem verhängnißvollen Jahre 1834, wo der Viehſtand 
fo fehr abnahm, derſelbe wieder bedeutend gehoben hat. Leider hatte 
der Durch Die außerordentlihe Dürre des Sommers 1839 herbeiges 
führte Tuttermangel wieder eine unverhältnifmäßige Verminderung 
desſelben bei vielen Realitäten zur Folge. Ein ſchwer zu befeitigen« 
der Uebelſtand für Diefe Gegenden if der Mangel an Streu; denn 
Wälder hat tie Ebene faſt gar Feine; die der nächften Umgebungen 
aber haben für den Streubedarf viel zu wenig Laubholz. 

Nahe an der Eulm in der Gemeinte Aflenz ift der Druch 
eines feinen, weißen, falfhältigen Sandſteines, wegen feiner Tiefe 
fehenswerth. Der Stein wird weit verführt, und zu Bildhauerarbeis 
ten, Monumenten u. dgl. verwendet, er iſt nach dem Bruce fo 
weich, daß er ſich fchneiden Läßt, verhärtet aber an der Luft. 

Der Weinbau fängt an der Weſt- und Eüdfeite Des Leibnigers 
feldes ſchon an wichtiger zu werden, als in den Umgebungen des 
 Gräßerfeldes, indem die Weingärten des Saufals bis an die Laßnitz 
und Sulm, und die windiſchen Bühel bis an die Mur reichen, viele 
Bewohner der Ebene aber entweder in der einen oder andern Abthei— 
lung diefer Gegenden Rebengründe befigen. 

I. Das Murfeld. Diefe Ebene beftcht, wie ſchon bemerkt 
wurde, aus zwei Abtheilungen; aus einer größeren, von Straß kis 
Radkersburg, und aus einer kleineren, von Radkersburg bis Lutten⸗ 


> 19 *e 


berg. Erſtere liegt größtentheils am linken, Ießtere durchaus am 
rechten Afer der Mur. Die erftere ift nur in ihrer weſtlichen Seite 
von dem Dorfe Landfhach bis Spielfeld von der Trieſter-Commer⸗ 
zialftvaße durchfchnitten, erſtreckt fich über vier Meilen in der Länge 
nach Often, und wird weftlich vom Leibnißerfelde, ſüdwärts bis reits 
denau von der Mur, dann bis Oberradkersburg von den mindifchen 
Büheln, oflwärts aber vom Königreiche Ungarn begrenzt, nordwärts 
verliert fie fich zwifchen den Heinen Anhöhen, welche aus den Ges 
genden von Kleh, Gtraden, Gnas und St. Peter am Dttersbach 
bis gegen Spitz, Raggitſch, Brunnfre, St. Veit am Vogau und Was 
gendorf auslaufen, und aus denen die Schwarza, der Gnaſer⸗, Strad⸗ 
ner⸗ und Hafelbach ſüdwärts der Mur zufließen. 

Die weit ausgedehnte Ebene von Vogau Über Brunnfee und 
Mureck bis Radkersburg ift nicht fo gleichmäßiges Aderland, wie das 
Leibnigers und Gräßerfeld, fondern es findet eine vielfältigere Ab⸗ 
wechslung unter den Oulturarten des Bodens ſtatt. Die Baufelder 
liegen fo wie die Ortfchaften bald näher bald weiter von der Mur, 
und find häufig ven Wäldern, Weideplägen und Wieſen durchſchnit⸗ 
ten. Der gleihmäßigfte Getreideboden iſt um Absthal, Freudenau 
und Schöpfendorf, wo vorzüglich Weizen gebaut wird. Die Gegen» 
den um Brunnfee haben naffen Boden. Sandige und fhotterige 
Streifen ziehen fich oftwärts von der Commerzialſtraße Über St. Veit 
am Bogau Hin. Uebrigens Hat die ganze Ebene von Straß bis 
Radkersburg durchaus deutfche Bewohner, und man zählt auf ders 
ſelben in größerer oder geringerer Entfernung von den beiden Murs 
ufern in 7 Pfarren und 4 Bezirken bei 20 Ortfchaften. 

Eine Stunde von der ungarifchen Grenze entfernt liegt auf 
einer Inſel der Mur die Landesfürftlihe Stadt Nadkersburg. Sie 
zähle 346 Häufer, und bei 2000 Einwohner. Das in den Reife 
tabellen des Kaiſers Antonin vorkommende Raklitanum foll bier ger 
ftanden haben. Die Stadt war ehedem eine Feſtung, melde im 
Jahre 1418 die Zürfen, als fie das erſte Mal Steiermark's Boden 
betraten, fo lang aufbielt, bis Herzog Ernſt der Eiferne mit Hees 
reamacht berbeisilte, 20,000 derjelben erfhlug, und dadurch unfer 

2 * 


> 20 «er 


Baterland von der Verheerung rettete, Radkeröburg war fchon im 
Sabre 1471 Iandesfürftlich, weil Sigmund Herr von Polheim da- 
mals bier Faiferlicher Pfleger war. Im Jahre 1480 wurde die 
"Stadt von Mathias, König von Ungarn, eingenommen, nach gefchlofe 
fenem Grieden aber wieder zurückgeſtellt. Südwärts von der Statt 
am rechten Murufer liegt auf einer freundlichen Anhöhe das fihöne 
Schloß Dberradfersburg, welches nach allen Seiten eine herrliche 
Ausfiht gewährt. Von da ziehen fich gegen Süden die fanft abges 
rundeten Hügelreihen hin, auf denen die ausgezeichneten Weine wach» 
fen, die unter dem Namen der Rabfersburger befannt find. Der Hans 
del mit denfelben macht einen erheblichen Erwerbsjweig der Stadt aus. 

Einige Stunden wehtwärts von Radfersburg an der Mur liegt 
der fhöne Markt Mureck mit 143 Häufern, und ungefähre 1000 
Einwopnern. Bon Ehrenhaufen bis hieher zieht fich hart am rech⸗ 
ten Murufer eine ziemlich fteile Hügelfette Hin, welche die Grenze 
zroifchen der deutfchen und mwindifchen Sprache bildet. Auf dieſer 
Anhöhe fieht nahe am Markte Mureck die alte Burg Obermured, 
son welcher Die Mureder, ein minder befanntes Nittergefchlecht Tes 
zwölften Sahrhundertes den Namen führten. Sie befaßen außer Dies 
ſem Stammfchloffe noch Die Herrſchaft Arnfels, und find um das 
Jahr 1246 ausgeftorben. 

An die Höhe von Obermureck fchließen ſich ſchon unmittelbar 
die Weinhügel der windiſchen Bühel an, wo viele Bewohner der Ebene 
Rebengründe befißen. 

Die zweite oder untere Abtheilung des Murfeldes erſtreckt ſich 
in einer Länge von drei Meilen von Radkersburg bis Luttenberg in 
der Richtung von Nordweft nah Südoſt. Sie wird an der Oftfeite 
durch die Mur von Ungarn getrennt, und grenzt ſüdwärts an das 
Luttenberger-Weingebirg, weitlih an das Gtainzthal und an die Kar 
peller= und Radfereburger » Weingebirge. Die Stainz, ein aus den 
windifchen Vüheln von Weften fommender Bach, ergieft ſich unter 
Luttenberg in die Mur. 

Der Boden diefer Ebene, die in der Gegend von h. Kreuz ihre 
größte Breite hat, befteht aus Wiefengründen und Aderland, von 


> 21 «ie 


bedeutenden Streden, die als Weiden benützt werden, durchſchnitten. 
Man baut hier mit Ausnahıne des Himmelthaues die nämlichen Ges 
treidearten und Früchte, wie auf dem Leibniger- und Gräßerfelde; 
auch gefchteht der Anbau in der nämlichen Abwechslung. 

Die Erfahrung lehrt den Landmann, daß die Getreidearten 
beſſer gedeihen, wenn er fie abwechfelnd baut, das heißt, wenn er 
die nämliche Frucht nicht zwei Jahre nad) einander auf dem näm: 
lichen Ader, fondern inzwifchen eine andere ſäet; die Erfahrung lehrt 
ferner, daß mianche Frucht nach einer andern, wie z. B. Korn uns 
mittelbar nach Kartoffeln nicht nach Wunfch fortkommen will, Worin 
Liegt num der Grund diefer für einen denfenden Landwirt fehr wich- 
tigen Erſcheinung? — In einem Uuszuge aus den Annalen der med: 
lenburgiſchen Landwirthſchafts⸗Geſellſchaft wird die Brage: Warum 
gedeiht die Winterfaat nicht befriedigend unmittelbar im Kartoffel» 
Lande? dadurch zu beantworten verfucht "), daß in den Eigenfhafs 
ten der Kartoffelpflanze feldft eine mitwirfende Urſache des Nichtge: 
deihens der Winterfaat im Kartoffelfelde zu liegen fiheine, ımd daß 
diefe wielfeicht ‚darin beftche, daß die Kartoffel als eine bekanntlich 
fehe mehlreiche Frucht größtentheils eben diefelde Nahrung zu ſich 
nehme, wie die Getreidearten; fie räume alfo als vorausgehende 
Feucht: denjenigen Theil Der Bodenkraft, wo nicht ganz, Doch größ— 
tentheils auf, der hauptfächlich dem folgenden Getreide zur Nahrung 
gedient und das gute Gedeihen desſelben gefichert Haben würde; 
folglich möchte es befonders aus dieſem Grunde, wenn Die Umſtände 
eine anderen Feldbeſtellung zufaffen, ratbfam fein, niemals Roggen 
unmittelbar nach Kartoffeln zu bauen. 

Es ſcheint, daß auf diefe Art vom blonomiſchen Standpunkte 
aus die obige Frage genügend beantwortet fer, aber es drängt ſich 
ſoglelch der Gedanke auf, ob die von Der vorausgegangenen Frucht 
aufgeſaugte Bodenkraft ſich nicht durch neue, hinlängllche Düngung 
erſetzen laſſe/ und zwar ſo, daß die wieder darauf gebaute Frucht 





1) Siehe Verhandlungen und Aufſätze der F. ER ſteierm. Landwirthſchafté-Geſell⸗ 
ſchaft. Heft 36, S. 28 


d 
„> 093 + 


der nämlichen ober jeder andern Art auch wieder ebenfo wie früher 
gedeihe? Die Erfahrung beftätigt diefes nicht, denn wenn man ;. 
B. Kartoffeln dreimal nad) einander auf dem nämlichen Felde baut, 
fo wird man, wenn der Ader allzeit gut gedüngt witd, wol die 
nämliche Menge von Kartoffeln erhalten, aber der Geſchmack derſel⸗ 
ben wird auffallend fehlechter fein; eine Erfcheinung, die fih con⸗ 
ftant bewährt. Es muß alfo, da eine forgfältige Düngung nicht 
Alles erfegen kann, außer der Auffaugung der Bodenkraft noch et⸗ 
was Anderes die Urfache dieſes Schlechterwerdens fein. 

Zu Folge der neuen und gründlichen Forſchungen über den 
Organismus der Pflanzen ift mar zur Teberzeugung gelangt, daß 
Das Leben derfelben, fo wie das vegetative Leben des Thiers in einem 
beftändigen Aneignen und Musfcheiden der Naturftoffe beſtehe. Das 
der Pflanze zum Grunde liegende Leben iſt an fih ein Untheilba— 
res, welches aus dem Samenkeim hervorbricht, ‘und in Pflanzenges 
ftalt aufwächſt. Zu diefem Behufe werden vom ihm Licht, Luft, 
Wärme, Waffer, Salze, Erden und andere Stoffe nit nur ange: 
zogen, und in den Pflanzenleib verwandelt, fondern es werden fort 
während auch Die Durch Diefen organische hemifchen Vorgang uns 
brauchbar gewordenen Theile wieder ausgefchieden. 

Da jedoch diefe Stoffe ihrer Verfchisdenheit wegen nicht alle 
gleichzeitig affimilirt und gleichzeitig audgefchieden werden, fo müſ⸗ 
fon ſich im Pflanzenleibe Gefäße bilden, welche einerfeits die Anzie- 
bung, und andererfeits die Ausfcheidung eines jeden Stoffes in Ter 
Durch das Gefommleben der Pflanze bedingten Zeit möglich ma⸗ 
hen. Als äußerlich fihtbare Organe diefer Art ftellen fih die Wur⸗ 
zeln und Blätter dar. Die Pflanze haucht und dünftet nicht nur 
durch die Blätter gewiſſe Stoffe im die Luft aus, und ſaugt andere 
ein, fondern fie fcheidet durch ihre Wurzel auch beftimmte Beſtand⸗ 
theile Im die Erde aus, umd zieht wieder andere an fi. Da der 
Prozeß des pflanzlichen Lebens viel einfacher ift, als der des thieri- 
ſchen, fo feßt die Beobachtung diefer Vorgänge ein forgfältiges und 
lang fortgefegtes Studium voraus. Unter den Naturforfchern und 


> 093 «re 


Phyoſiologen hat fih vorzüglich 3. F. Meyen In der neueſten Zeit 

mit der Erforfchung diefes Gegenſtandes befchäftigt. 

Wenn es auf diefe Art gewiß ift, daß z. B. die Kartoffelpflanze 
geiviffe für fle untauglich gewordene Beftandtheile durch die Wurzeln 
in die Erde ausfcheidet, die fich dort anfammeln, fo wird In oͤkono⸗ 
miſcher Beziehung Daraus Yolgendes Kar: 

1. Ein Boden, in welchem mehrere Sahre nach einander Kartoffeln 
gebaut werden, muß Immer untauglicher werden, dieſe Frucht in 
der nämlichen Güte Hervorzubringen, wie er es anfänglich that, 
weit er Beſtandtheile in fich enthält, Die von der nämlichen Pflan- 

jenart ausgefioßen wurden, mithin ihrem Gedeihen nicht förders 
Gh find. Die Erfahrung beweifet dieſes auch, denn wenn man 
drei Jahre an einem Orte Kartoffeln baut, fo wird zuleßt, wenn 
auch die nämliche Menge erzielt werden mag, doch der Geſchmack 
derfelben auffallend verändert und unangenehm. Was bier von 
ber Kartoffel gefagt wird, dürfte wol auf alle Knollengewächſe, 

die im der Erde fih bilden, anzuwenden fein. Anders möchte es 
fich bei den Gewächſen verhalten, deren Früchte außer der Erde 

unter dem unmittelbaren Einfluffe der Luft und des Lichtes zur 
Reife gelangen, . 

2. Diefe von der Kartoffel im die Erde ausgeſchiedenen, und dort 
noch nicht verarbeiteten Stoffe Fönnen nicht nur für Kartoffeln, 
die fogleih darauf wieder gebaut werden, fondern auch für be— 
flimmte andere Früchte ſchädlich fein, wie diefes die Erfahrung 
geigt, wenn man auf ein Kartoffelfeld fogleich Roggen ſäet. Wird 

- jedoch der Boden ohne Verzug umgeadert, und eine Zeit hindurch 
offen gelaffen, wodurd Licht und Luft in denfelben eindringen, 
auch überdied noch gut gedüngt, fo kann diefe Schadlichkelt bedeu⸗ 
tend vermindert werden. 

3. Eben jene von der Kartoffel In die Erde ausgefchiedenen Stoffe, 
welche für das Gedeihen der Kartoffeln und der Winterfaat nicht 

zuträglich find, können für Früchte einer andern Art vielmehr 
nüglich fein, fo daß dieſe dort vortrefflich gedeihen, wo eine ſolche 
Veränderung des Bodens Statt gefunden hat. Diefes wird nicht 


> 24 ur 


nur durch das gute Gedeihen anderer dazwifchen gebauter Früch⸗ 
te, fondern auch durch den Verfuch beitätiget, das Waffer, in wel: 
ches gewiffe Pflanzen eingeweicht waren, Shädlich auf andere Pilan- 
jen der nämlichen Art wirkte, während dasfelbe bei Gewächſen 
einer andern Gattung ein um fo üppigeres Gedeihen hervorbrachte. 

Man könnte hier einwenden, daß mande Pflanze, wie z. BD. 
die in Iandwirthichaftlicher Beziehung fo befannte Efparfette (medi- 
cago sativa) durch 8 bis 10 Jahre in einem und demfelben, De: 
den fiehe, durch ihre Wurzeln auch untaugliche Beftandtheile aus— 
fcheide, und doch alle Jahre wieder neu auswachſe. Man kann Dies 
allerdings zugeben; man kann fogar noch weiter gehen, und fagen, 
ein Baum ftehe Jahrhunderte lang auf Der nämlichen Stelle, und 
grüne doch jährlich wieder neu; man muß jedoch bei näherer Des 
trachtung auch eingeftehen, daß das zehnjährige Wachen der Eſpar—⸗ 
fette, oder das durch mehrere Jahrhunderte dauernde Leben einer 
Eiche in der Idee chen das find, wie das Leben einer einjährigen 
Pflanze. Würde man daher auf einem Acker, wo eben Eſparſette 
durch fo lange Zeit geftanden, fogleich wieder Giparfette ſäen, fo 
wäre gewiß in der Ueppigkeit des Wachsthums eine bedeutende Bers 
minderung bemerkbar; auch zeigt es fich bei abgeftocdten Waldun— 
gen, daß immer Bäume einer andern Art Dort ſchueller fortwachien, 
als folche, die ehe da geſtanden. 

Uebrigens kfümmt noch zu bemerken, daß die fo lang ausdaus 
ernde Eiparfette, und die Durch Jahrhunderte grünende Eiche reine 
Kinder der Natur find, womit ſich unfere einjährigen, zahmen Pflan- 
zen und Getreidearten nicht füglih auf einen und denfelden Punft 
ſtellen laſſen; denn nicht nur werden letztere allejeit in einen eigens 
zugerichteten und gedüngten Boden gefäet, fondern ihre Samen wer: 
den, fobald fie veif und eingebracht find, auch duch ein halbes Jahr 
gewöhnlich in trodenen Behältniffen aufbewahrt, und gegen widrige 
Witterungseinflüffe gefichert, während andere Samen fogleih nad 
ihrem Abfalle von der Pflanze allen Einflüffen der Atmofphäre aus: 
gefeßt find. Hierdurch werden die zahmen Pflanzen im Vergleiche 
zu den von ſelbſt wachfenden in dem nämlichen Verhältniffe wie die 


„> 25 m. 


Hauöthiere zu den wilden verzärtelt und verweichlicht. Dieſes iſt To 
weit gefommen, daß man ungeachtet fo vieler Nahforfhungen in 
allen Welttheifen nicht einmal das eigentliche Vaterland unferer Ge⸗ 
treidearten, oder ihre urfprüngliche Gorm unter den Gräfern nach—⸗ 
zuweifen vermag. Beobachtungen Haben fogar beftätigt, daß Weizen, 
welcher an einem Orte von ſelbſt aus den Halmen ausfiel, zwar 
im nächiten, aber im dritten Jahre nicht mehr aufging; ein Bes 
weis,“ daß der Same, der eine gewiffe Zeit im Trocknen zu liegen 
gewohnt if, Die wechfelnden Witterungseinflüffe im Freien nicht mehr 
fo aushält, wie der Same einer von ſelbſt wachlenden Pflanze ). 





1) Mandem, der mit der Natur des Pflanzenlebens weniger vertrauf iſt, koͤnnte 
es vielleicht einfallen zu behaupten, er begreife nicht, wie denn der Same, 
wenn er vollfommen reif aetvorden, und von der Pflanze abgefallen ift, noch 

durch ungünftige Witterungseinflüffe leiden fönne? Hierauf kann man ante 
mworten, der Game fei lebendig, und trage alle Hauptrheile der Pflanze in 
ſich, fo wie das vollfommen ausgewachlene Kraut diefelben in fi trägt. Dies 
ſes wird flarer, wenn man den Lebenslauf der Pflanze näber betrachtet. Er 
zerfällt in zwei Abtheilungen, in die auffteigende Halfte, und in bie abwärts 
gehende. Das Aufwärtsgehen dauert vom Aufkeinem bis zur Blüthe, das 
Abwärtögehen von der Bluthe bis zum Samenfalle. Die drei Haupttheite 
einer jeden Pflanze find die Wurzel, der Stengel und das Laub. Sie liegen 
im Samen concentrifh ineinander; durch das Wachſen ftellen fie ſich über 
einander in dem Mafie, als fie fihtbar werden. Alle drei wiederhofen fig 
in der Blüthe, weil diefe wieder die ganze Pflanze auf höherer Stufe iſt. 
Die Wurzel wiederholt ſich in der Knoſpe und im Fruchtboden, der Stens 
gel im Keiche und im Griffel, das Laud in den Blumenbdlättern und Staubs 
aefäßen. Bis hieher geht mährend des Wachſens der Lebenslauf aufwärts; 
Alles ſtrebt vom Mittelpunfte, der im Samenfeime liegt, beraus, und ſucht 
ſich zu entfalten, oder ein Organ Über das andere zu ſtellen. Nach gefchehes 
ner Befruchtung hingegen geht der Lebensiauf der Pflanze abwärts, denn 
Alcs ftrebt vom Umfreife zum Mittelpunfte, und die Pflanze geftaltet ſich 
zur Frucht oder zum Samen. In dieſem ſind die drei Haupttheile wieder 
ſichtbar, nur bilden fie ſich in entgegengeſetzter Richtung. In der aufſteigen⸗ 
den Periode war die Wurzel das Erfte, dad Laub das Letzte; in der abfteigens 
den iſt das Laub das Erfte, die Wurzel das Lehte; denn in der äußern’ grüs 
nen Schale der Frucht repräfentirt fi das Laub, in der harten oder hotzi⸗ 
gen der Stengel, und in den, den eigentlihden Samen umgebenden Häuten 
die Wurzel. Das paffendfte Beiſpiel hierzu, in welchem alle Theile deutlich 
zu fehen find, ift die Ruß. Go wie in der auffleigenden Periode das Leben 
aus dem Samen herauswuchs, indem es Pflanzenform annahm; fo wach es 
in der abfteigenden aus der Pflanzengeftalt zurüd in die Samenform hin⸗ 
ein. Der Bame ift wieder die ganze Pflanze, tie vor dem Keimen. 


> 26 — 


Ob dieſes auch in einem wärmeren Klima der Fall iſt, müßte durch 
Verſuche erprobt werden. 

Aus dieſer Umänderung der Pflanzennatur wird es nun bes 
greiflich, warum auf foldhe verzärtelte Pflanzen felbft die im Boden 
noch vorhandenen, ausgefchiedenen Stoffe von Gewächlen ihrer Art 
In Betreff des Wachsthumes flörend einwirken, wie wir dieſes bei 
Zhieren bemerken, die unrein gehalten werden. 

Nach diefem Berfuche, einen rein inneren Vorgang des Pflans 
zenlebens zum nähern Verftändniffe einer in die Oekonomie einſchla⸗ 
genden Beobachtung zu benügen, Fehren wir wieder in die wohl bes 
bauten Gegenden des untern Murfeldes zurüd. Die ganze Fläche 
deöfelben faßt über 10 Ortfchaften im fih, welche ergänzende Bes 
ſtandtheile von A Pfarreien und 3 Bezirken find. Die vorzüglichfte 
darunter ift der Markt Luttenberg, gegenwärtig einer der größten 
und fhönften im Lande. Der Ort ift fehr alt, denn ſchon im Jahre 
117% verlieh Adalbert, Erzbifchof von Salzburg, dem Stifte Vorau 
das Recht, hier einen Pfarrer einzufegen. In mehreren Dörfern 
diefer Ebene wird vorzügliche Pferdezucht getrieben. 

Schr merkwürdig in mineralogifcher Beziehung ift der Sauer⸗ 
brunnen bei Sulzdorf im Bezirke Oberradfersburg, deſſen Wafler 
rein, geiftig, und mit Wein gemifcht, von Tieblich Fühlendem Ge- 
ſchmacke ift. Möchte doc einmal ein tüchtiger Chemiker das Stainz- 
thal, welches fih aus dem untern Murfelde nach Weiten zieht, und 
an Mineralwäffern fo reich ift, bereifen, und die Quellen bei Sulz⸗ 
dorf, Steinhof, Meichendorf, Pfefferdorf und St. Benedikten an Ort 
und Stelle einer genauen Analyfe unterwerfen ! 

Don fehr wichtigem Belange ift in diefer Gegend der Wein- 
bau. Ausgezeichnete Weine, die unter die beften von Steiermark ges 
Hören, wachſen auf den freundlichen Anhöhen, die an der Weftfeite 
des Murthales von Radfersburg bis Luttenberg ſich erheben. Die 
größeren Weingärten gehören zwar größtentheils entfernten Befigern, 
doch Haben auch viele Bewohner diefer Ebene darunter ihre Reben 
gründe. Die Weingärten find mit einer ausgezeichneten Rebenforte 
befegt, und vielfeitig auch in gutem Culturzuſtande. 


\ 
> 07 € 


Durch die ganze Fläche des unteren Murfeldes Herefcht die 
windifche Sprache. Die Murfelder find ein aufgeweckter Menfchen: 
flag, die größtentheils ihre alte, der croatifchen ähnliche Kleidere 
teacht noch beibehalten haben, und fih durch eine empfehlenswerthe 
Reinlichkeit ihrer Wohnungen auszeichnen. 

Bevor wir unfere Wanderung durch die Ebenen de Murthas 
les fchließen, dürfte es nicht überflüffig fein, auch der Verbindungen 
und Straßenzüge zu gedenken, Durch welche der leichtere Verkehr 
zwifchen. den Gegenden des Murthales, und den dasfelbe umgeben- 
den Landestheilen bewirkt wird. Seit 20 Jahren if in dieſer Bes 
siehung ungemein viel gefchehen, theild durch Verbefferung der fchon 
beftehenden, theild durch Anlegung ganz neuer Bezirkls⸗ und Ges 
meindeftraßen. ° 

Den Hauptftraßenzug bildet, wie ſchon gefagt wurde, von Bruck 
bis Spielfeld Durch das Murthal die Triefter- Sommerzialftraße ; fie 
ift für den allfeitigen Verkehr die bei weitem wichtigfte in ganz Ins 
neröfterreih. Am linken Murufer läuft von Gräß bis gegen Straß 
mit derfelben beinahe parallef eine Straße über das Wernigerfeld, 
h. Kreuz am Waafen, St. Georgen an der Gtifing, Laubegg und 
Gabersdorf. Andere Straßenzüge laufen von Gräß aus dem Murs 
thale über Geyersberg nah Stainz, über Söding und Voitäberg 
nad Kärnten, über Premftetten, Preding und Eibiswald nach Kärn- 
ten, über St. Leonhard und Gleisdorf nach Ungarn, über Pifchelss 
Dorf nach Hartberg, über den Schemerl in das untere Raabthal, 
aus der Gegend von Wildon in das Laßnisthal. 

. Aus dem Leibnigerfelde führt eine Straße oftwärts nach Gans, 
Gleichenberg oder Feldbach, eine zweite durch das Sulmthal über 
GSleinftetten, und durch das Saggathal über St. Johann nad Eibis⸗ 
wald, eine dritte durch Das Laßnitzthal nach St. Florian oder Stainz, 
und eine vierte über Ehrenhaufen in die windifchen Bühel. 

Durch das obere Murfeld Läuft die Poſtſtraße von Straß über 
Mureck nach Radkersburg, eine andere aber am linken Murufer von 
Landſchach über Brunnfee und Yluthendorf nach Halbenrain. Nord» 
wärts aus Dem Murfelde in das Raabthal gehen zwei Straßenzüge ; 


„> 028 «ie 


der eine von Mureck nach Straden, oder auch über Brunnfee und 
Weinburg, der andere von Radkersburg über Halbenrain. 

Aus dem unteren Murfelde geht der Straßenzug durch die win⸗ 
difchen Bühel nach Pettau oder Marburg, ein anderer über h. Kreuz 
nach Luttenberg, fo wie von da ein Dritter wetwärts über St. Ges 
orgen an der Stainz in das Pesnigthal. ine neue Verbindungss 
firaße endlich zwifchen dem oberen Murfelde und den windifhen Büs 
bein über Weitersfeld in das Jakobs⸗- und St. Georgenthal, die 
für den Abſatz der Produkte aus den lehtern Gegenden fehr wichtig 
werden wird, ift eben im Projekte. Mögen Die Segnungen des Frie⸗ 
dens, Die feit 25 Jahren in diefen Gegenden ſchon fo manche Ver⸗ 
änderung zum Befjern, fowol in der Bildung des Volkes, als auch 
in der Eultur des Bodens hervorgebracht haben, noch lange forte 
dauern! Möge der fehönen Steiermark, möge den freundlichen Ge⸗ 
filden des Murthales die Hohe Beftimmung werden, auf die Art, 
wie fie fhon jeßt Durch die Zriefter » Commerzialftraße einen Verbin: 
dungsweg zwifchen dem Norden und Süden des großen Kaiferftaa- 
tes bilden, auch duch die in Ausficht geftellte Wiener» Triefter Eiſen⸗ 
bahn Nord» und Eüdeuropa mit einander zu verbinden! Das mit⸗ 
telländifche Meer und die Nord⸗ und Oftfee würden dann einander 
nahe gerüdt, die Produfte Italiens, der Levante und Oſtindiens ges 
gen die Kunfterzeugniffe Defterreiche, Deutſchland's und des Nordens 
mit leichter Mühe ausgetaufcht, und durch den Durchzug diefes Welts 
handels die, materiellen und geifligen Kräfte unfers mit dem Nature 
reichthum des Eifens fo ſehr beglückten Vaterlandes auf eine Höhe 
gefteigert werden, wovon die kühnſte Berechnungsgabe jeßt noch Feine 


Ahnung hat, | 


> 29 46 


Abriss 


Geſchichte der Stadt Hartberg, 


und der 


nahen Umgebungen derſelben, von der Zeit der erſten urkund— 
lichen Nachrichten uͤber dieſe Stadt bis auf unſere Tage. 


Vom E, k. Phyſikus Dr. Math. Mader. 


Auf einem kleinen Hügel von aufgeſchwemmtem Lande am 
füdöftlichen Fuße eines waldbekroönten Weinberges (Hartberg 1) Liegt 
das freundliche Städtchen Hartberg im nordöftlichen Theile des 
Gräßerkreifes, acht Meilen von Grätz, und eine Meile von der uns 
garifchen Grenze entfernt. Durch den Hartberg gegen die vom ho⸗ 
ben Maffenderg kommenden rauhen Nordjtürme und die feharfen 
Dftwinde des Wechſels geſchützt, beherefcht es eine Der fchönften Par⸗ 
tien des Oft» Saventhales, und gewährt eine Herrliche — über 
ein weites grünendes Hügelland. 


4) Der Hartberg mit feiner Waldkrone, dem Ring, iſt der füdöſtlichſte Mustäufer 
des Maflenberges, und durch Diefen des Wechfels. Mit ibm ſchließt bier das 
Urgebirge; an feinem Zuße beginnen die ausgedehnten Mufchelfaiffager von 
Schildbach und Totichfeld, und das aufgeſchwemmte Land, in welhem man 
ungeheuere Felsbloöcke antrifft. Uebrigens wird der Thalgrund von einem 
glimmerhaltigen blauen Thon gebildet, und Dürfte daher zur Bohrung arte, 
fifhder Brunnen fehr geeignet fein. Die Stadt mag von dieſem Hartberge 
(Walddberg, Horfiberg, Hartberg) den Namen haben, 


> 30 «u 


Hartberg Hat nur einen geringen Umfang, if zum Theil 
noch mit einer Mauer umfchloffen, und mit Thürmen verfehen, bes 
figt auch zwei Vorftädte, welche aber unbedeutend find, Die Häuſer 
find reinlich, nett, und die meiften haben ein Stockwerk; auch die 
Pfarrkirche mit ihrem fchönen Thurme, nach deffen Mufter auch der 
Stadtpfarrthurm in Grüß gebaut wurde, ift fehenswerth. Beſenders 
merkwürdig aber ift das alte Baudenfmal, das thurmartige Kirch— 
lein, der Karner, am alten Friedhofe nächft der Pfarrkirche, wel: 
ches wahrfheinlich ſchon im eilften Jahrhunderte aus Quaderſteinen 
im gothifhen Style erbaut if. Meltere Bürger behaupten, im früs 
herer Zeit die Jahrzahl 1167 über dem Eingange gelefen zu has 
ben. Gegenwärtig ift das Schulhaus angebaut, und es wird nur 
felten mehr darin Meffe gelefen. Die Gafjen der Stadt find feit 
einigen Jahren neu gepflaftert, und mit unterirdifchen Kanälen durd)- 
zogen, auch der Stadtbach, welcher von der hohen Wart herabgelei— 
tet wird, und während feines Laufes mehrere Mühlen, Tuchwalten 
und eine Säge treibt, fließt größtentheils in einem geichloffenen Ka— 
nale. Nach der Gonfeription vom Sahre 1837 zählt die Start 
fammt den Vorftädten 186 Häufer mit 260 Wohnparteien. Die 
einheimifche Bevölferung ift 1044, und fleigt mit den Frem— 
den auf 1150 Seelen, hat unter der gleihnamigen Schutzherr— 
[haft der Fürften von Paar einen eigenen Magiftrat, und ein 
nambhaftes Kammervermögen von mehr als 80,000 fl, C. M. Viele 
Bürger find zwar durch ungünftige Zeitverhältniffe ziemlich herabae- 
fonmen, fo daß man nur wenige wohlhabend nennen kann; aber 
. eben fo wenige find wirklich ganz verarmt. Sie beichäftigen ſich mit 
den gewöhnlichen Handwerken und mit Landwirthichaft. 

Viele Jahrhunderte, wahrſcheinlich ſchon ein Jahrtaufend fah 
died Städtchen vorüberziehen, im Stillen wachfend und blühend, mus 
tig ausharrend im ſchweren Prüfungen, und befcheiden fich beugend 
unter den vorüberflürmenden mächtigen Länder» und Weltgefchiden. 

Die Ältefte Gefchichte von Hartberg bis zur Zeit der erflen urz 
kundlichen Nachrichten über Diefe Stadt und deren Umgebungen wur: 








„> 3 «ur 


de bereits im zweiten Hefte diefer Zeitfchrift, Seite 223 bie 234, als 
Bruchſtück geliefert *). 

Dir beginnen daher mit der Zeit der Vereinigung mehrerer 
groͤßtentheils unabhängiger Befigungen unferes Baterlandes zu einer 
Marfgraffchaft, die Steiermark, unter Leopold dem Starten, 
dem Sohne Ottofars IV. von Zrungau im | 


AU. 3ahrhundert. 


Schon Leopold der Starke, nachdem er felnem Vater Ot⸗ 
tofar dem IV. von Styr und Trungau, als Erbe ausgedehnter Bes 
figungen gefolgt war, und auch die weitläufigen Güter Waldo's 
des legten Grafen von Nuen (Rein) gegen die Derbindlichfeit, ein 
Stift zu bauen, in Befig genommen hatte, machte von Hartberg 
eine Erwähnung, indem er in einer im Jahre 1128 in Gräß aus⸗ 
geſtellten Urkunde feinem Dinifterialen Rudiger ein Gut in Harts 
berg an der baierifchen Gränze (bavaricae metae) mit 18 Huben 
(mansus) f&henfte 2). 

Adelram von Walded, welcher im Jahre 1140 die Cano⸗ 
nie Seckau fliftete, dotirte diefe unter andern mit Befigungen uns 
Hartberg. Mehrere Jahre darauf (1146) ſchenkte Ottofar I., 
(als Zrungauer der V.) Leopold's Sohn und Nachfolger, dem Stifte 
Rein ein Benefizium in Hartberg, und zwei Höfe (curtes) mit 
einem Weingarten. 





4) Um Bei der Keichhaltigfeit des Stoffes die Bogenzahl für diefe Zeltſchrift zu 
befhränfen, unterlieh ih die Quellen der Daten anzuführen, und drängte 
das minder Intereffante In den Anmerkungen zuſammen. 

Unmert, d. Berf. 

2) Diele Befikungen lagen nach der erwähnten Urfunde »längs der Straße nad 
Ungarn vom Bade Saven durch Lungiz (Lungeviz), den zweiten Bad, bis 

. jur Lafniz (Larenze) dem dritten Bach.« Die Schenkung geſchah mit dent 
Borbehalte, daß diefe Realitäten, wenn Rudiger ohne einen Tegitimen Er⸗ 
den flürbe, der heiligen Maria zu Kein (ad Rune), und den dortigen geifttis 
chen Brüdern zufallen follte. Der Ausdrud der Urfunde: »Balerifche Gran⸗ 
ze« beflätiget, daß diefe Gränze einft von baieriſchen Anfiedlern bewohnt 
wurde ; die flavifhen Benennungen: Saven, Lungeviz, Lavenze deuten dage⸗ 
gen auf die früheren’ ſlaviſchen Bewohner pin. 


ın> 39 eur 


Schon in der zweiten Hälfte diefed Jahrhunderts ſcheint Hart- 
berg zu dem bedeutenderen Städtchen des Landes gehört zu habens 
Sm Jahre 1161 wurde der bei drei Stunden von Hartberg entfernte 
Pfarrort Dechantskirchen vom Erzbiſchof Eberhard von Salze 
burg an der Stelle einer alten Waldkapelle errichtet, und dadurch 
die Cultur in der Nähe unferer Stadt erweitert, Bald darauf dürfte 
das Städtchen auch aus dem Ilmftante, daß Markgraf Dttofar vor 
feiner letzten Reife nach Paläftina 1163 das Stift Vorau grüns 
dete, und durch feinen öfteren Aufenthalt dafelbft mit einem gro 
fen Gefolge die ganze Gegend belebte, nicht unbedeutende Vortheile 
gezogen haben. Nach Ottokar's Tode kam ſogar deſſen Witwe Kuni⸗— 
gunde (1166) nad) Hartberg, und hielt ſich längere Zeit daſelbſt 
auf, um die Auslieferung der frommen Legate ihres feligen Gatten 
zu beforgen. Der Erzbifhof von Salzburg, Adalbert, war Befiker 
des Zehentes um Hartberg, und ertheilte (1170) dem Propfie Leo: 
pold zu Vorau den Dritteljehent in den Pfarren Hartberg, Walteres 
dorf, Poͤllau und Feistritz 7). 

Die Pfarre Hartberg war im diefem Jahrhunderte fchen 
eine bedeutende Pfründe, 1157 kommt ein Ehinger als Pfar- 
rer von Hartberg vor. 1187 ſchenkte Udalrikus, Pfarrer zu 
Hartberg, und fein Bruder Reinhardt, Pfarrer zu Leibnig, dem Stifte 
Admont die, Pfarre Liefinich bei St. Michaelen. Diefer nämliche 





4) Mehrere Gelhichtfchreider behaupten, daß um diefe Beit bei Hartbera Salz 
gefotten worden fei. Diefe irrige Meinung ſcheint durd eine Stelle in Ca— 
far's Annalen 1. B. veranlaßt worden zu fein, in welcher gefagt wird, daß 
Eberhard, Erzbiſchof von Salzburg, dem Stifte Seckau (1159) die Salzquelie 
Hartberch geſchenkt habe. Diefer Berg ift jedoch von unfern Hartberg ganz 
verfhhieden, und liegt in der Gegend von Pütten, gegenwärtig in Defterreib, 
gehörte aber Damals, nahdem im Jahre 1158 dic ganze Graffhaft Pütten 
mit dem Steinfeld und dem NeuftädtersBezirfe durch den Tod Efwertö, 
des legten Grafen von Pütten, unferem Ottofar als Erbe zugefallen war, 
zu Steiermark. Schon im Jahre 110% ſchenkte Erzbifchof Sonrad I. von Balı: 
burg den Ranonikern au Reichenberg den Zebent in der Pfarre Pütten (Put- 
tine vel Pittin) ac. bid zum Berge Harchberg oder Hartberg. Ein dritter 
Berg unter dem Namen Hartberg gehört zu den ſüdweſtlichen Mederungen 
Des Wechfels, und bildet eine Gortfegung des Moefelderges (Efelberg) an der 
&ränze zwiſchen Defterreih und Steiermark. 


> 33 + 


Prarrer Udalrikus ſcheint es gewefen zu fein, welder den Herzog 
Leopold in Gräß vom papftlihen Banne losſprach, und auch 
fpätee (1201) in einer Urkunde vorfommt. Leopold der Tugend» 
bafte, aus dem Haufe Babenberg, Herzog von Defterreich und Steier⸗ 
mark, welcher die im Jahre 1180 zum Herzogthume erhobene Steier⸗ 
mark vom leiten Trungauer, dem kranken und Einderlofen Ottofar II. 
oder VI. geerbt, erlitt nämlich das Unglück, am 26. December 1194 
beim Turnier auf dem damals außer der Stadt gelegenen Tummel⸗ 
plaße-in Grüß den Schenkel zu brechen. In Grmangelung eines 
Wundarztes nahm er fih Das gebrochene Glied mit Hülfe feines 
Sammerdieners felbft ab, jedoh,mit fo ſchlimmem Erfolge, daß er. 
“ feinen ‚baldigen Tod vor Augen fah. Er ließ daher die Geiftlichen 
iufammentufen, und begehrte „von einem der würdigfien 
Prieſter W., dem Pfarrer zu Hartberch“ die Losfpres 
dung vom Banne, welchen der Papſt Eöleftin wegen der Ges 
fangenhaltung des engländifchen Königs Richard Löwenherz über ihn 
verhängt hatte. Pfarrer Ulrich ſprach hierauf den Herzog wirklich 
los, jedoch gegen einen Eid, daß diefer im Falle der Genefung alle 
Befehle des Papſtes aufrichtig und genau erfüllen wolle, 

Mit dem Löfegelde Richards fol in demfelben Jahre die vier 
Stunden von Hartberg entfernte Stadt Friedberg gegen die Eins 
fälle der Ungarn erbaut und befeftigt worden fein. 


XIII. 3ahrhundert, 


Aus diefem Zeitraume der Drangfale unferes armen Vaters 
landes, in welchem die Ungarn fo verheerende Einfälle machten, 
der geächtete Herzog Friedrich felbft auf einige Zeit aus feinen Lane 
den vertrieben wurde, in welchem nach dem Zode des letzten Babens 
bergers die Faiferlihen Statthalter Das Land fliefväterlich verwalter 
ten, dann der böhmifche Dttofar und feine Stellvertreter fo übel 
wirthichafteten, und fogar die Ungarn auf mehrere Jahre Herren 
desfelden wurden, — aus diefem traurigen Zahrhunderte haben wir 
nur wenige urkundliche Daten über Hartberg. Im Jahre 1211 ges 
sieh Herzog Leopold in — mit dem Erzbiſchof Eberhard 

6. Jahtg. 1. Heft. 3 


„> 3A x 


son Salzburg wegen der Patronatsrechte über die Pfarren Harte 
berg, Waltersdorf und mehrere andere. Es kam aber bald ein Ber- 
gleich zu Stande, nach welchem Leopold das Patronat über 
Hartberg behielt, und jenes über Waltersdorf dem Erzbiſchofe 
ließ 1). 

Im Jahre 1280 hatte das Städtchen Hartberg die Ehre, den 
erhabenen Befreier unſeres Vaterlandes von Ottokar's Joche, den er⸗ 
ſten Habsburger, Kaiſer Rudolph, welcher mit einem großen Gefolge 
hier durch nach Grätz zur Huldigung reiſte, zu beherbergen, wodurch 
die Vermuthung entſteht, daß damals die Haupt ſtraße von Wien 
nach Gräß über Hartberg führte, ‚Später aber nach Anlegung des 
weitern, jedoch gemächlicheren Heerweges über Den Semmering wie⸗ 
der in Verfall kam 2). Die Ungarn machten befonders zur Zeit der 
Regierung Alberts des erften fteiermärkifchen Herzogs von Habsburgs 
Stamme wiederholte verwütende Einfälle in unfere Gränjgegend, 
Sm Jahre 1287 wurde aber ein Einfall Ibans, Des Grafen von 
Güns, mit fo glücklichem Erfolge zurüctgefchlagen, daß die Steier- 
märfer viele nahe ungarifche Ortfchaften, wie Pinfavelde, Taizendorf 
(Tarmannsdorf), Stegreifenbach (Stegersbach), dad Drin » Warten 
(die Wart) u. U. ohne vielen Widerſtand befegen fonnten. Der Herr⸗ 
ſchaft Hartberg wird erſt {pät erwähnt. 1290 ſoll nämlich) ein Dtto 
von Hartberg, als er Herbergftein Faufte, auch die Herrfchaft 
Sartberg befeifen haben, 


1) Später 1223 beftätigten diefe beiden einen Vertrag in Hartberg. Ald Pfarrer 
von Hartberg Fomme in diefem Jahrhunderte ein Ulrich vor, weicher den 
König Ditofar im Fahre 1267 als Notar nad Preußen begleitete. Auch cin 
Sigbardug de Hartberg (wahrfheintih Pfarrer) erfcheint 1203 als 
Beuge in einer Urkunde. Die Erzbifchöfe von Salzburg hatten einen Bebent 
um Hartberg an Leutold von Stade verpfändet. Erzbiſchof Uri gab ibm 
diefen 1258 ins Eigenthum. 

2) Gegenwärtig gewinnt die Hartdergerftraße twieder fehr an Lebendigkeit, da eine 
Sarrıofpoft zwiſchen Wiener-Reuftladt und Grätz über Hartberg errichtet 
murde, und zwei Stellwägen, jeder wöchentlich zweimal, von Wien nad Gras 
und zuräd, unfer Städten paffiren, Es ift auch eine ganz neue Regulirung 
diefer Straße ım Werle. 


> 35 «ter 
XIV. Iahrhundert. 


Nur langſam erholte fih die Stadt und ihre Umgebung von 
den früheren Bedrüdungen der Machthaber, und den barbarifchen 
Einfällen und Verwüftungen der ungarischen Nachbarn, obwol die 
Landesfürften in Ertheilung von Privilegien ziemlich freigebig waren. 
Im Jahre 1310 (ddto. Grüß am Gt. Urbanstage) verlieh Herzog 
Friedrich der Schöne „den lieben Bürgern zu Hartberg, weil fie mit 
Treue und ſtätem Dienſt fih um ihn verdient gemacht,“ auf ewig 
das Recht, fih felber einen Bürgermeifter zu wählen, und in 
der Pfingſtwoche einen Jahrmarkt zu halten, erteilte ihnen 
auch das Jurisdictionsrecht, und überhaupt alle Rechte, welche 
Grätz und andere landesfürftlihe Städte im Lande Steier damals 
hatten. Herzog Albert der Lahme verlieh (1330) der treuen 
Stadt Hartberg, um ihrer Dürftigfeit abzuhelfen, überdies noch die 
‚ Breipeit, in feinen Landen. ungehindert und ohne Mauth mit ihren 
Waaren Handel zu treiben ). Aber die Kriegeswehen, welche in 
der ganzen erfien Hälfte diefes Jahrhunderts andauerten, fo wie die 
oft wiederholten räuberifchen Einfälle der Ungarn hielten die Eultur 
in unferer Gränzgegend nieder, und der gefunfene Wohlſtand fonnte 
ungeachtet der Bemühungen diefer trefflihen Regenten nicht auftom⸗ 
men. In den legten Jahrzehenten Herrichte die Peft in Steiermark, 
und raffte 1382 in Vorau und in der Gegend von Hartberg, wahrs 
ſcheinlich aud in der Stadt felbft, viele Menfchen Hinmweg. 

Im ganzen Lande, fo auch in unferen Gränzgauen, galt lange 
Zeit hindurch das Fauſtrecht, und zahllofe Raubritter übten dieſes 
Recht des Stärkeren fo ehr» und ſchamlos, daß nirgends mehr Si⸗ 
herheit für Leben und Eigenthum war. Um diefe Zeit mögen meh⸗ 
rere feſte Schlöffer in dieſer Gegend entftanden fein, theils zum 
Schutze gegen die räuberifchen Ungarn und die Heimifchen Naubrit⸗ 
ter, theils ald Raubnefter diefer letztern ſelbſt. Vermuthlich wurde 
auch Hartberg ſchon damals mit feften Mauern umgeben. Gin Gons 

8” | 
1) Latein. Urfunde däto. 1330 am Gt. Johannidtag, mit dem Beilage: mie ſolches 
Die landesfürffl. Städte Für ſtenfeld, Friedberg und andere genießen, 


„> 30 + 


vad Ecönberger, aus Tem alten Gefchlechte der Herren von Schöne 
berg und Sonnenberg, hauſte (1329) in einem Thurm bei Pens» 
zendorf nächſt Hartberg, und legirte dem Stifte Vorau viele Be— 
ſitzungen in Geifeldorf, wo diefes Stift gegenwärtig noch Untertha⸗ 
nen hat. Don diefem Thurme, fo wie von anderen, welche bei Friede 
berg follen geftanden fein, ift jeßt feine Spur mehr übrig. 

Im den Zeiten der Trübfale wendet fi) der Menfch fo gerne 
betend und vertrauend zum höchiten Lenker der Geſchicke; auch die 
fchwer heimgefuchten Bewohner von Hartberg fuchten Troft und Hülfe 
son oben, und fowol fie, als auch mehrere Priefter und benachbarte 
Ritter Äuferten ihren frommen und‘religiöfen Sinn befonders durch 
viele und bedeutende Fromme Stiftungen zur hiefigen Pfarrfirs 
ehe, deren ältefte, welche noch gegenwärtig befteht, vom Jahre 1310 
Datirt iſt ). Sie hatten meiftens die Gründung von jährlichen Ger 





4) Herzog Friedrich und der Magiftrut (Richter und Rath) von Hartberg beſtätig⸗ 
ten in diefem Jahre ddto. Zafobstag, daß Leopold, herzoglicher Kapellan 
und Pfarrer zu Goͤß, von feinem Erbaut in Hartberg ein Haus in der Stadt, 
einen Weingarten nebft Aedern, Gärten und Wicfen »zu ainem felgeret,« 
einem ewigen Jahrtag mit Amt und Bigil, ein ewiges Licht am Katharinen⸗ 
altar der Stadtpfarrkirche, nnd cin Dpfer von ıfa Pfund Pfennige (30 fr, 
2 Meben Weizen, 2 Eimer Wein, und einen halber Rind, geftiftet habe. In 
der Hriginalurfunde find als Zeugen angefchrieden: »Her, Hauch, pfarrer 
da zu Hartberch, ber Gridreih und Chunrat feini Gefeln (KRaplane), 
ber Leupolt, Piarrer da zu Gravendorf, ber Leutold von Aigleins— 
torf, zu den Zeiten Purchgraf und Landrichter dazu Hartberch« nebft einigen 
Bürgern. Als Stadtrichter erfheint dabei »ber Dietrich, Lederer auf der 

° Stiegen.« Das Dpfer diefer älteften Stiftung in Hartberg wurde ddto. 24. 
November 1177 vom Biſchofe zu Sedau dahin beftätiget, daß am beſtimmten 
Jahrtag den Armen 1j2 Startin Wein (2 alte Eimer Wein a 100 Mafiı), ein 
baldes Kind mit 135 Prund, und Brot von Wächt (Gräger Biere) Weisen 
gereicht werden fol. Nah Errichtung des Urmen-Inſtituts wurden ftatt dies 
ſes Opfers vom Stiftungs= Gapitale 300 fl. zum Inſtitut⸗Fond geſchlagen. 

Im Jahre 1313 dato. Andreastag ſtiftete Gottfhalf ber Neuber— 
ger von Wert eine Kirche in feinem Dorfe Bert (3 Stunden von Hart: 
derg an der ungarifchen Grenze) und übergab fie der Mutterfirche zu Hart 
berg mit einer Gütt, wovon ein Priefter fol erbaiten werden. Diefe Urfuns 
de fagt unter Anderm: »Wer da zu Wert Pfarrer ift, der fol ale Jar, mit 
feinen Pfarrleuten, am Auffartabend mit dem Kreuz nad Hartberg sieben, 
und follen mitbringen 12 Pfund Wachs« Als Zeugen erfcheinen: »Pilgrim 
von Purchhaumb (Schweher) Gottſchach der Neuberger, von Tals 
berg (Better) Marbart, Propft von Boran, Rudolph von Dorn, Er: 
priefter auf der niedern Mar; Niflas von Wildtausmauer, Comthur 


„> 37 *αα. 


dahtniämtern, von Zodtenmeffen, von. Gebeten für arme Seelen, 
von fogenannten ewigen Lichtern und von Wallfahrten zum Zwede, 
und brachten der Pfarre, welche ſchon Damals drei Kapläne hielt, 
Dagegen Wachs, Wein, Vieh, Getreide und bares Geld ein, zum 





au Zürftenfeldt, Gottfried von Feiftrik; dann die Herren Pfarrer Dur 
ning von Rainpah, Leupoldt von Gravendorf, Hainricdh von Chains 
dorf; zuletzt find nocd die Herren Niklas von Dernderg, Rudolph 
und Hartneid von Stattah, Dietrich Freiherr von Mayer 
bofen u. a. angeführt. a5 Jahre fpäter 1353 fliftete Jafob der Schufter, 
Dürger zu Hartberg, durch 2 Weingärten, 5 Meder, 9 Wiefen und einiges 
Bergrecht cin ewiges Licht vor dem Hodyaltare der Pfarrfirhe, und alle Mon— 

‚ tag eine Meß am Karner, dann jährlich zu Oſtern 2 Achtl Wein (a 20 Mafi) 
für die Communicanten, und 4 Achtt für Die Armen am St. Martinstag. Die ſe 
Stiftung wurde ddto, 7. Jänner 1775 von der Regierung beftatigt. 

Am St. Luzientag 1360 fifteten der ehrbare Ritter Simon der 
Maulbart und feıne Hausfrau »durch dreisehn Pfund Gelts, gucten, Herrn 
Bult, Verfrecht und Aigen« eine tägliche Meffe am Margarethen: Altar ver 
Piarrfirche, welche früh bei Sonnenaufgang durch einen eigens dazu beſtimm⸗ 
ten Pricfter gelefen werden fol. Die Urfunde fagt; daß »amm jeglich Pfarrer 
au Hartberg drey Geſelln foll haben, auch ſoll der Priefter, der die Meß fpricht, 
nad derfelben ſich umfchren, und für den Stifter und feine Nadfolger ber 
gen, und den Leuten alle Tag die offen peycht vorſprechen« Der Damalıye 
Pfarrer Hanns von Neytberch (wahrfheinlich derfelbe Johann von Neu: 
berg, welcher 1380 ald Bifhof von Sedau vorkommt) übernahm das Bene» 
fieium gegen obige Verpflichtung und den Revers: Wer aber, dab ich mich, 
genannter Hanns, oder mein Nachomen, an den vorgefchriebenen Glüben in» 
dert vergeffen, und die genannte Meß mit den geaigneten Pfaffen nıcht voll: 
fürrten ıc. fo fol ih oder mein Nachomen in chain Ehirchen nicht homen, 
und fullen unfers Umpes beraubt fein von dem Piſcholf von Salzburch, als 
lang die Meß nicht genzlich erftatt, und vollfürrt werdent.« 

Eine neuere Beflätigung Diefer Stiftung war nit aufzufinden, 

Am St. Katharinen-Abend 1368 flifteten mehrere Bürger von Hark» 
ber, ald: Merichel, Richter zu Hartberg, Wolfgang der Pachnagl, 
Ulrih der Paur, Mertder Sen, Heinrich der Wifh, Chunrat 
der Shramer u. f. m. eine ewige Meß auf dem St. Ratharinen-Altar der 
Stadtpfarre durch zwei Weingärten und andere Grundflüde, Herr Stadt» 
pfarrer Hanns von Neyberg übernahm das Beneficium gegen die angegebene 
Berpflihtung, und hatte Daher zur Abhaltung dieſer ewigen Meffe noch einen 
vierten Rapellan nötbig. Der Magiſtrat von Hartberg hätte über die Erfüls 
lung des Willens der Stifter wachen follen, fcheint aber mit der Zeit ganz 
Darauf vergeffen zu haben. 

Zwei Jahre darauf widmete Michl der Slader, Richter zu Hart> 
berg feine Sätze auf einige Realitäten zu Hopfau und Weinberg zur Abhal> 
tung eines jährlihen Gottesdienftes in der Pfarrkirche. Ueber beide Stif⸗ 
sungen fehlen die landesfurſtlichen Willbriefe. 


„> 38 «ir 
a 


Behufe des Bottesdienftes, fo wie zum Unterhalte der Prieſter und 
jur Betheilung der Armen, 
Im daranf folgenden 


XV. Iahrhundert, 


befonders zu Anfang desfelben, erholte fi) Hartberg zuſehends, und 
nahm fortwährend an Wohlhabenheit zu. 

Herzog Wilhelm der Freundliche beflätigte 1401 (Wien 
am Et. Margarethentage) die Freiheiten der Stadt, und trug feis 
nem Pfleger dafeloft auf, an den Bürgern nach Recht zu handeln, 
und fie auf feine Art zu befchweren. Schon im Jahre 1413 faufte 
die Bürgerfchaft durch ihren Magiftrat (Richter und Rath) einige 
„jur Meß der Liebenfrauen - Kapelle am Lebern gehörige» Güter des 
Georg Wifh; vier Jahre [päter aber (1417) kamen die Hart 
berger durch Ankauf von Hartneid dem Reuter !), und Unna 
feiner Hausfrau, in den Befig des Knorrenhofes (gelegen uns 
ter der Stadt, ein herzogliches Lehen), des Slanderhofes (zu te 
hen von den Herrn von Kranichperg) und des Gutes Püchel (zu 
Lehen von Heren Albrecht zu Neyperg ?). Das Bürgerfpital 
war ſchon 1417 mit einer Meinen Gült dotirt 3), und die verarms 
ten Bürger erhielten darin Lnterftand und Verpflegung. 

Diefer WohHlftand dauerte jedoch nicht lange, und die Stadt 
hatte unter der neunumdfechzigjährigen Regierung Friedrich des Fried⸗ 
fertigen mancherlei Drangfale zu erdulden. 

Im Jahre 1436 brannte Die ganze Stadt ab ?). 


1) Von diefer Familie Reuter hat wahrfcheinlich die nahe bei Hartberg gelegene 
Herrfchaft Reitenau den Namen. 

2) Alle dieſe Güter, welche ſich ganz nahe bei Hartberg befanden, erhielt die Bürs 
gerſchaft um den Preis von 139 Pfund Pfennig, 6 Schilling und fo Pfens 
nig (aae fl. arıla fr). In den nähften Jahrhunderten erhielten die Bart» 
berger die Belehnung mit diefen Befigungen von dem Zandesfürften, nas 
mentlich in den Jahren 1597 und 1809 vom Erzherzog Berdinand. 

8) saı2 verfchaffte Elsbeth Kainroth jährlid so Fr. zum Spital. In einen 
Kaufbrief vom 1217 kommt vor, daß eine Wiefe, die Zueterin, mit a IBiener 
Pfennig zur Hartberger Spitalgült diene. 

a) Herzog Friedrich, der Jüngere, verlieh daher (Graͤtz, Mittwoch vor St. 
Margaretbentag) den Hartbergern, »welche des gegenwärtigen Jars merkli⸗ 


> 539 «re 


In den folgenden Kriegäzeiten Fam Hartberg immer mehr in 
Abnahme, und litt befonders viel durch die Einfälle der Ungarn. 
Die Herifhaft war ein Eigenthum des Landesfürften, und. 
wurde 1477 vom Kaifer Friedrich einem Niklas Schafho pfleg- 
weife übergeben. Nach einer Urkunde ddto. Erchtag nad) St. 
Ullrich 1491 wurden Unterthanen zu Hartberg an Hanfen Kesll ver- 
pfändet, und 1494 übergab Kaiſer Marimilian die Pflege des Schlof- 
fes Hartberg ) an Herrn Engelhard von der Heyd. In den ſieb— 
iger Jahren dieſes Jahrhunderts, in welchen die Steiermarf durch 
Heuſchrecken, Hunger und Seuchen, fo wie Durch wiederholte verwüs 
ftende- Einfälle von den Ungarn, Türken und Salzburgern viel zu 
leiden Hatte, verarmte Hartberg fo fehr, Daß die Stadt, zum Theil 
von ihren Bewohnern verlaffen, ganz verödete, Kaiſer Friedrich 
fand fich daher bewogen, ihr das Privilegium 2) zu ertheilen, daß 
Sedermann,der die verödeten Häufer wieder aufbauen, 
und an fih bringen würde, dazu berechtigt fein, und 
son Niemanden- Darum angefochten werden folle »). Da 





en Schaden von Feuersfraft daſelbſt genomden und empfangen haben, zur 
Ergößung folder Schaden,« bevor er nach Palaftına abeeifte, einen Jahr 
marft auf den Kollmannstag; 1930 beftätigte Friedrich ddto. Neuftadt, 
am Aſchtag, als Kaifer die Privilegien der Stadt. 

4) Das Schloß Hartberg fcheint immer von der Stadt abacfondert verwaltet, 
und als eine landesfürftliche fefte Grenzburg gegen die Einfälle der Ungarn 
Benübt worden zu fein. Das Gut Krottenftein, welches fpäter unter den 
Herren von Paar mit Hartberg zuſammen genannt wird, fol um dieſe 
Zeit ein Eigenthum diefer Ritter gemwefen fein. Unter Undern gehörte das 
Umt Schildbach dazu. In alten Schriften lie man, daß das Schloß Krot⸗ 
tenftein früher auf der Spige des Hartberges geſtanden babe- Bon diefer 
Burg find noch gegenwärtig Spuren einer Ringmauer übrig, woher die wals 
Dige Bergfpige (ein Theil des fädtifhen Uedimaldes) den Namen Ring 
erhalten haben mag. Cine Waldfirede, wo einft ein Küchengarten gewefen 
fein fol, Heiße noch jetzt Pflangbetten, und ein flaher Raum rüdwärts am 
Berge an der Hochwart, wa der Stadtbach eine Säge treibt, ift unter dene 
Namen Spielplab befannt, von weldem die Gage geht, daß er cinft den 
Rittern von Hartberg und Neuberg zum Zurnierplage gedient habe, 

9) ddto. Gräb am Pauli Befchrungstage 1278. 

3) In demfelben Jahre srza (Grab am St. Urfulatag) beflätigte der Kaiſer das 
zweite Mal die Privilegien der Stadt, und zwei Jahre Darauf befreite er ein 
von Stifte Borau am Zriedhof zu Hartberg gebautes Haus von allen Laften, 
mit Ausnahme der ordentlihen Steuern, 


»> 40 er 


In der Stadt auch feine Mühle beftand, fo erlaubten „der Statt: 
sichten Lorenz Kauhoz und die Gemain zw Hartberg“ dem Bur- 
ger Andre Kurzpeckh, in feinem Haufe am Gtadtplag eine 
Mühle (die noch jetzt beſtehende Stadtmühle) zu bauen, zu dies 
ſem Zwede das Waffer, das von den Mühlen ober der, Stadt fam, 
zu heben, und durch die Stadtmauer zu leiten, „wo ed von Alters⸗ 
her durchgerunnen 1),u für welches Befugniß jedoch ein jährlicher 
Zins von 60 Pfennig gezahlt werden mußte. 

Im Jahre 1487 fteeiften die AUngarn bis Vorau, erpreß⸗ 
ten dort große Summen als Brandfehäßung, und belagerten uns 
ter Wilhelm Peinkiccher, einem Feldhauptmann des Königs Mathias 
Korpinus, auch die Stadt Hartberg längere Zeit, ohne fie jedoch 
zu erobern, Endlich feßte ein Waffenftillftand dieſen Plakereien ein 
Ziel. Erft unter Kaiſer Marimilian, welcher 1498 (Montag nad 
Sonntag Eraudi) die Privilegien der Stadt beftätigte, begann für 
Hartberg wieder eine beffere Zeit, 

Sromme Stiftungen wurden befonders, als die Bewoh⸗ 
ner von Hartberg noch wohlhabend waren, viele und bedeutende ges 
macht 2), welche fat durchaus Diefelben Zwede, wie jene im vor—⸗ 
hergehenden Jahrhunderte zu erreichen. fuchten. 





1) Urfunde dato, Bincenstag 1377. 

2) Peter Podh fliftete 1906 durch mehrere Grundflüde cin ewiges Licht in 
der Pfarrkirche, Elsbeth Kainroth 1412, Gosmwein 18317 Jahrtäge Mefi: und 
andere fromme Gtiftungen machten: Johann Tompef 1138, Bath. Kabel 
1350, Georg Kabel 1452, Hanns Zleifhhader 1356, Hanns Sündter und Nik: 
las Veldtbacher 1362, Dorothea Det 1772, Heinrich Fleiſchhacker 1372. 

Der Wallfahbrtsort Maria am Lebern erbielt im Jahre 1415 
die erfte bedeutende Stiftung durh Georg Luft, einen Bürger von Pöllau 
(Pollan) in liegenden Bründen. Dabei kommt ein Hanns Ellinger, Pfleger 
von Werdt, als Zeuge vor. 

Zehn fpäater Jahre 1225 fliftete der nämlihe Georg Lüſt und feine 
Hausfrau eine tägliche ereige Meffe am Lebern. Der erfle Beneficiat daſelbſt 
war Niflas Hunter, ein Laienpriefter des Salzburger: Bisthums. Barbara 
Wardacher verntachte 1310 eine Mühle bei Hartberg; Herr Dttenthaler, Burs 
germeifter ın Wiener : Neuftadet beftätigte ın demfelben Zahre eine Stiftung 

‚su Diefer Kirche. Katharina Rabel ſchenkte 1951 mehrere Grundftüde, und 

Katharina, des Nitlas Brauer Witwe, ihre Mühle, die Saumuhle genannt, 
1456 dazu. Der Bılhof von Seckau, Georg Ueberreder, weihte (nad einer al: 
ten Gedenktafel) im Gahre 1372 zwei Seitenaltäre der Lebernfirhe. Im 


3293 4 #irt 


XVI. Iahrhundert, 


Schon im Anfange diefes Zahrhundertes mußte Hartberg, fo 
wie Steiermark überhaupt, ſchwere Kriegsfteuern entrichten, welche in 
den erften 25 Jahren faſt 200 Pfund Pfennig betrugen 2). Im 
Jahre 1512 wurde der größte Theil der Stadt durch eine’ Feuers—⸗ 
brunſt gänzlich zeritört, Daher Kaifer Maximilian derfelden die 
Erlaubniß, zur Faſtenzeit einen Jahrmarkt 2) zu halten, er: 
theilte, und durch fechs Jahre auf einen Theil der ihm gebührenden 





Jahre 1997 wurden mehrere Stiftungen zum Bürgerfpital und zur Gebafli» 
ansbruderfhaft gemadht. 

Als Stadtpfarrer kommen in diefem Jahrhunderte vor: Jakob daız, 
Udalritus Knopf 1935, Wolfgang, Propft der neuen Stift zu Wiener⸗-Neu⸗ 
ſtadt 1450. Diefer beftätigte ddto. Mittwoch vor Palmfonntag 1450 eine Mefi> 
fliftung in Hartberg. 

Nur etliche der erwähnten Stiftungen wurden im Jahre 1775 landes⸗ 
fürftlih beflätigt, die meiften waren fchon vergeffen. 

Heinrich Fleifchbader, Bürger zu Hartberg, fliftete einen jährlichen 
Gottesdienſt mit befonderen Geremonien, die aber ebenfallg nicht mehr ges 
halten werden. Es wurde eine Wiefe zum Fruchtgenuß gegeben, wogegen 
die Fruchtnießer »fchulfen jährlih am Quatember Mittih vor Weinachten 
petten laffen Abends mit einer gefungen Bigit, und ſchullen leiten faffen, 
mit zwaien Gloden, und fchulfen mir (dem Stifter) über das Grab laffen 
gen, mit Sefang der Priefter, des Schulmeifterd und der Schueler, und ſchut⸗ 
Ien mir am Pfingfitag morgen laffen fingen, ain Geelenampt, und zwo Mefi, 
und der Priefter ſchul fih nah dem Evangely umkehren, und ſchul heißen 
für mid beiten ꝛc« Richter un) Rath von Hartberg verbinden fich, über den 
Bollzug dieſer Stiftung zu wachen. 

4) Lenhard Staiger, Stadtrichter zu Grätz, beftätigt? ddto. Samstag nach Gt. 
Oswald 1502 zur völligen Bezablung der 20,000 fl., welche die Stande dem 
Raifer zum Kriege gegen die Türfen bewilliget, vom Richter und Rath au 
Hartberg ao Pfund Pfennig erhalten su haben. 17 Jahre fpäter 1515 beftäs 
tigte der Landeshauptmann Sigmund Freiherr von Dietrichſtein den Empfang 
von 32 Pfund, als Beitrag zur außerordentlichen Kriegsſteuer von der Stade 
Hartberg, 1525 beflatigte »Maifter Arbaitter Appothegkher, Bürgermeifter 
su Grätz« den Empfang von 420 Pfund Pfennig als Antheil der Stadt Harts 
berg an der bemwilligten Türfenfleuer pr. 8500 fl,, welche auf die ſteierifchen 
Städte und Märkte entfiel (Driginalquittungen). 

2) Das Privilegium ddto, Erhardtstag 1512 erlaubt der Gtadt am Mittih nad 
dem Sonntag Invocavit ın der Faſten einen Jahrmarkt zu halsen mit jedes» 
maliger vierwochentlicher fürflliher Freiung. 


> AD «u 


Abgaben unter der Bedingung verzichtete, daB die Bürger diefen 
Nachſichtsbetrag auf die Wiedererbauung ihrer Häufer verwenden '). 

Durch diefe Milde des Kaiſers umd durch zeitweilige günftige 
Verhältniſſe erholten fih die Bewohner des Städtchens bald wieder. 
Ihr Magiftrat war anfehnlih, und fie befaßen eine weit ausges 
dehnte Gerichtsbarkeit. Da aber die Bürger, vorzüglich der 
Stadtrichter Lorenz Rauhöfel, den Vorauer'ſchen Unterthanen viel Ge— 
walt anthaten, und Propft Leonhard darüber Klage führte, fo er— 
theilte der Kaifer Marimilian 1517 dem Stifte Vorau das Land» 
gericht, welches früher der landesfürflichen Stadt Hartberg zuftand, 
„um felbes (wie fih Cäfar ausdrüdt) vom dem fich fehr viel zies 
menden Rathe und den Bürgern zu befreien 2).“ 

Einige Sahre früher 1514 war Wolfgang Zeringer Kepl, 
Pfleger zu Hartberg. Kaifer Ferdinand I. beftätigte ddto. Neuftadt 
am 9. December 1522 die Freiheiten der Stadt. Diefer Regent 
wurde jedoch bald von den Türken fehr bedrängt. Sie wachten 
1529 auch von Defterreih und Ungarn aus mehrere verheerende 
Einfälle in unfere Gegend, brannten in Friedberg Die Etadtpfarrs 
Kirche ab, zerftörten auf ihrem Zuge längs des Wechfelgebirges die 


1) Der Raifer tie den Hartberger Bürgern wegen diefed Feuerſchadens von den 
65 Pfund, die fie ihm jährlih »von dem Gericht berauszugeben« ſchuldig wa⸗ 
ren, 15 Pfund auf a Jahre nach, und ſchenkte ihnen auch die übrigen 50 
Pfund, unter der Bedingung, fie zum Aufbau ihrer Häufer zu verwenden. 
Im Jahre 1516 (ddto. Mittich vor St. Veit) wurde diefer Nachlaß noch auf 
fernere zwei Jahre ausgedehnt. 

8) In einem alten Protofoll las ich folgende Bemerkung: Sol in Borau ein 
durch den Pannrichter verurtheitte Malefiz Perfhon bingericht werden, fo er⸗ 
ſucht der Marftrichter den Hartberger Stadtrichter hinauf zu kommen, und 
übergibt ihm ein weiſes Gtaberl. Der Stadtrichter nimmt das Gericht auf 
fi, und übergibt bei offenen Schrannen dem Pannricter den Gerichtsſtab« 
Die Urtheile beim Hartberger Magiftrat wurden noch manchmal durch Kir⸗ 
chenbußen verfhärft. Im Jahre 1279 wurde der Ehebruch eines Bürgers mit 
einer Magd um 60 fl. geftraft; dieſer mußte aber nah dem Willen des Pfar⸗ 
rers noch 3 Sonntage nacheinander während des Gottesdienſtes vor der Kir: 
he mit einem Kruzifix in der Hand fnien. Im Jahre 1553 wurde von Land: 
gerichte Hartberg ein Mörder dahin begnadigt, daß er fhuldig fein folle, zu 
Kopreinis auf der windifchen Grenze »ain Jar lang auf eigene Unföften ges 
gen den Erbfeint au dienen.« Im Jabre 1595 war die Burgfried : Berainung 
blos auf eine Heine Umgebung der Stadt befchränft. 


“> 4 ur . 


Kirche in St; Lorenzen, belagerten das Schloß Weißenburg. (feither 
Seftenburg genannt) und ließen dort ein Stück Geſchütz zurück; bie 
Hartberg kamen fie jedoch nicht. In der fieigenden Geldnoth ver 
Faufte der Kaifer (Linz am 1. Jänner 1530) Schloß um 
Stadt Hariberg an Henn Hanns Sigmund von Diet 
sihftein um A000 Pfund, auf ewigen Wiederfauf 1). Als die 
Türken im Jahre 1532 neuerdings mit einer ungeheueren Hee⸗ 
resmacht gegen Defterreich vordrangen, dieß Land aber durch 130,000 
wohlgerüftete Männer gedeckt fanden, zogen fie unter Suleimanns 
Anführung verwüftend durch die wehrlofe Gteiermarf, zerftörten 
mehrere Ortfhaften in der Nähe von Hartberg, und beſchoſſen 
die Stadt ſelbſt; fcheinen jedoch in ihrem Zuge zu eilig geweien zu 
fein, als daß fie fih zur Erſtürmung derfelden viele Mühe gegeben 
hätten. Nach ihrem Abzuge von Güns in Ungarn lagerten fie am 
 d. September zu Dechan (mwahrfcheinlicher Aspang zu Dechantskir⸗ 
den) überftiegen das Gebirge (Moefelberg oder Hartberg), und las 
gerten am 6. in der Nähe von Oravendorf, welches fich, fo wie ein 
Meines Schloß (vieleicht der Thurm bei Penzendorf, der 200 Jahre 
früher von Gonrad Schönberger bewohnt wurde) freiwillig ergab, 
eroberten am nämlichen Tage das Schloß Kiri (Kirchberg am Wald) 
gaben die Bewohner Desfelben dem Schwerte zum Fraß, und ver: 
brannten den Ort. Am 7. wurde zu Neitenau gelagert, von wo 
fie gegen die Stadt Fardfondar (doch wol Hartberg?) zogen. „Die 
Einwohner (nah der Behauptung des türfifchen Geſchichtſchreibers 
Bedſchewi auf ihre Menge ftolz) flüchteten fich in ihre durch Ma 
ern ſtark befeftigte Kirche, und fchoffen aus felber auf den Vortrab 
der Moslimen. Sogleich legten Die Sieger Feuer an die Thore der 





4) Eine Woche fpäter ddto. 8. Jänner gab Herr ©- v. Dietrichfteint feine Berrs 
(haft Eberau für Stadt und Schloß Hartberg. Im Jahre 1594 war Hartz 
berg noch ein Eigenthum der Dietrichſteiniſchen Erben. Ehunrat Hodenprugs 
ger, als Gerhab der Dietrihfteinifhen Erben, beftätigte 1533 den Empfang 
der Steuer der Stadt Hartberg mit 75 Pfund durch den Stadtrichter Tho⸗ 
mas Wunſch, und machte 1543 mit dem Magiftrate und dem Gtadtpfarrer 
Plandh zu Hartberg einen Vertrag. Bald Darauf wurde Stadt und Schloß 

- Hartberg wieder landes fürſtlich. 


v 37 44 46 


Kirche, und verbrannten die Halsſtärrigen ſammt ihren Familien.“ 
Am 9. September lagerten fie in der Nähe des Schloſſes Mayrho- 
fon an der Feiftrig, und zogen dann weiter über Gfleiftorf nach 
Grüß (S. ſteiermärk. Zeitfchrift 7. Heft). Im Vorbeiziehen entweih- 
ten Diele Moslims den Marienaltar in der Kirche am Lebern '). 

Da Suleimann’s Tagebuch von der Stadt Fardfondar feine 
Erwähnung macht, fo befchränkte fi der Angriff auf Hartberg wahr- 
ſcheinlich auf eine Feine Plänkelei von Vor» oder Nachzüglern, wel- 
che feitwärts auf Plünderung ausgingen, während Euleimann im 
Saventhale, linfs an der Moosmwiefe nächſt Hartberg vorbei, über 
Habersdorf gegen Obermaprhofen hinzog. Es ſcheint dem Padiſchah 
nicht gelegen gewefen zu fein, fich bei Diefem befeftigten Städtchen, 
welches wenig Beute verfprach, lange aufjuhalten, zumal er merkte, 
daß wacker daraus gefchoffen wurde 2), Er Hatte vielmehr Eile, 
wieder nach Haufe zu kommen, und machte daher (nach) v. Ham: 
mer's Meinung) nicht einmal auf Gräg einen ernflichen Angriff, 
fondern 309, nach einem kurzen Lager vor Diefer Stadt, am 11. 
September längs dem linken Ufer der Mur weiter, worauf ein Theit 
des Heeres ohne Brüde über diefen Fluß feßte, und der andere von 
Hanns Kazianer eine bedeutende Schlappe erhielt. 

Am Jahre 1546 war Hartberg bereits wieder landes— 
fürſtlich, und erhielt ein meues Urbar, mach welchem die ordent- 
liche Steuer der Stadt auf 65 Pfund Herrngült feftgefegt wurde 3), 
In den Kriegszeiten wurden die Bürger jedoch theils durch aufer- 
ordentliche Steuern 4), theild durch perfönliche Dienftesleiftungen 


4) Diefer Altar wurde erft im Jahre 1585 vom Sedauer Bifchof, Martin Prenner, 
wieder geweiht, und mit Reliquien vom heiligen Rupert verfehen. 

%) Da mögen wol au die vier alten unförmigen eifernen Hartberger » Kanonen, 
bie jetzt noch bei mancher Geierlichkeit gebraucht werden, yon Schölbingers 
Thurm gegen die Beinde gedonnert haben. 

3) Diefe Steuer wurde 72 Jahre fpäter 1613 unter den Seren v. Paar nos bei 
der nämlichen Summe belaffen. 

4) Kaifer Ferdinand beflätigte au ddto, Wien 1. Geptember 1551 den Bürgern 
au Hartberg »in Unfehung ihres Unvermögens, und damit fie die Stadt vor 
fürfallenden Kriegsnothen defterdas befeftigen und beivahren möchten,« neucrs 
dings die Mauthfreiheit, welche feit 1533 Aberall fuspendirt war. 


> 45 «ir 


Sehr in Anfprucd) genommen. Nach einem Mufterregifter der wehr⸗ 
baren Hartberger-Bürgerfhaft vom Sahre 1566 war Diefe 
in 10 Rotten von 10 bis 15 Mann eingetheilt, mit verfchiedenen 
Gewehren („Puren, Tuſſhacken, Rappier, Schweinfpieß, Helmbars 
ten, Seitenwehr ꝛc.“) verfehen, hatte bei Feindesgefahr die 10 Stadts 
thürme zu bewachen, und die Stadt zu vertheidigen Die Manns 
ſchaft fand unter einem Hauptmanne. Bei einer Mufterung im 
Sabre 1603 wurden nebft einem Hauptmänne auch „ein Leitenant, 
ein Yendrich, ein Wachtmeifter, ein Fierer, ein Uebergeher, und für 
jede Rotte ein Fünftmann und ein Zehntmann“ angeführt: Im 
Sabre 1620 kamen bei der Mufterung nur 21 Gemeire vor 

Der römische König Yerdinand und deffen erlauchter Cohn 
Erzherzog Karl beftätigten zu Wien den 5. Februar 1567 die Freis 
heiten der Stadt. Kaum hatte Karl, dem bei der Ländertheilung 
Inneroͤſterreich zufiel, Die Regierung angetreteit, fo war er genöthigt, 
‚um die großen Summen aufjutreiben, welche ‚die Kriegsrüſtungen 
gegen die Türken, wie die Befeftigung von Gräß und Karlsftadt 
erheifchten, viele Güter zu verpfänden. So wurde auh Hartberg 
on Kafpar Puggl für eine folche Anleihe als Pfand ausges 
liefert. Diefer Puggl figurirte ſchon im Jahre 1568 als Pfand: 
inhaber der Herrihaft und Stadt Hartberg '). Allein bald erhos 
ben fih Mißserftändniffe zwifchen dem Pfandinhaber und den Bürs 
gern, und ed mußte fhon im Jahre 1569 eine Commiſſion zur Beis 
fegung derfelben aufgeftellt werden. Diefe brachte einen Vergleich 
zu Stande, welcher aber erſt am 20. März 1572 die landes fürſt⸗ 
liche Beſtätigung erhielt. Dieſer Puggl'ſche Vergleich ſetzt im 


Weſentlichen feſt: 1. daß die Bürger ſich ſelbſt einen Richter wählen 


dürfen, denſelben jedoch dem Pfandinhaber zur Beſtätigung vorzu⸗ 
ſtellen verpflichtet ſein ſollen, und daß dieſer die Beſtätigung nicht 
verweigern, jedoch die Sache zur Entſcheidung der Landesregierung 


1) K. Puggl beftätigte dem Stadtrichter Andre Wiſenberger den Empfang von 
490 A. an Grundſteuer und Garbenzehent für diefes Jahr; fpäter 1510 quits 
tirte Derfelbe dem Stadtrichter Jakob Grueber sy fl. an Mauth und Grunds 
sing, an Land: und Stadtgerichtsgeld, 


> 46 —— 


sorlegen koͤnne; 2. daß die neugewählten Bürger dem Pfandinhaber 
fhriftlich angezeigt werden follen; 3. daß der Magifträt, wie von 
Altersher gebräuchlih, im Befige des Bergrechtes bleibe, und die 
Meingartbriefe fertige; daß demfelben auch wie vorher das Gericht 
in erfter Inftanz zuſtehe. Am 5. März 1572 übernahm Xos 
bann Baprifta v. Paar das Pfandreht auf Schloß und 
. Stadt Hartberg von dem genannten Kafpar Puggl, und fchloß zwei 
Jahre fpäter ddto. 10. März 1574 mit Erzherzog Karl unmittels 
bar einen Pfandvertrag, nach welchem ihm die Stadt 175 fl, an 
Steuern und Rauchgeld zu geben hatte !). 

Herr v. Paar ließ gleich nach Der Uebernahme des Pfandrechtes 
„drei eiferne Falkhanetl, einen ledigen Moerſer, und etliche viferne 
Kugeln, welhe Stuckh früher bei dem Statt» Thürl verfchlagen was 
ven," in das Schloß führen, benahm ſich ſehr fchroff und vornehm 
gegen die Bürger, und legte den Grund zu Zwiftigfeiten, welche 
immer ärger wurden, fo daß der Stadtpfarrer Laurentius Sunabens , 
ter den Magiftrat durch einen Brief ddto. 3. Februar 1598 er⸗ 
mahnte „all ihr Vermögen daran zu feßen, Damit fie fiebentaufend 
Gulden zufammenbrächten, um bei dem Umſtande, daß in der Pfande 
inhabung eine Veränderung eintreten fol, das Pfandrecht einzulös 
fen, und dadurch alle Zwietracht, zwifchen Gmainer Statt und dem 
Pfandinhaber, von dem fie bisweilen ſeht tribulirt geweſt, aufzuhe⸗ 
ben.“ „Es liege ihm,“ fchrieb er, „noch in den Obren, wie den Rache» 
bürgern fei vorgerupft werden, daß der Pfandinhaber den Stadtrich- 
ter einer fo uralten privilegieten Stadt foll in die Keuchen geftedt 
haben, welches eine große Schmach fei, Tünftig könne fih noch Aer⸗ 
geres zutragen.“ Die Reibungen zwifchen der Herrfhaft und den 
Bürgern wurden von Neuem immer ſchärfer. Die Pfandinhaber, 
die Grenzen ihres Nechtes überfchreitend, beftritten die landesfürft« 
lichen Privilegien der Bürger, diefe vertheidigten ihre Sreiheiten, und 





1) Zchn Jahre fpäter 1584 baute er den Theil des alten Schloffes gegen die Stadt 
zu neu Auf. Eine Infchrift Über Dem Thore des Schloßgartens, welche früher 
ober dem Eingange des nun geoßentheils in Ruinen liegenden alten Schlof⸗ 
ſes angedracht war, nennt den Herrn v. Paar des Eriberzogs Karl Ratb, 
und feine Gemahlin Afra eine geborne Haim au Reichenftein. 


„> 47 «iu 


das Recht der eigenen Iuriödietion, brachten aber Doch ſchon im er 
ſten Puggl'ſchen Vergleiche ihrer Ruhe bedeutende Opfer. Defunges 
achtet fand der Zwift fein Ende. Die Pfandinhaber machten immer 
größere Eingriffe in die Rechte der Stadt, und die Bürger, übel bes 
rathen und geleitet, überflügelt durch den mächtigen Anhang ihrer 
Herren, welche in den damaligen ſchlimmen Staats- und Religionds 
verhäftniffen dem Regenten unentbehrlich waren, zogen überall das 
Kürzere. Zu den Mifhelligkeiten, welche aus diefer ftäten Spannung 
zwifchen den Bürgern und den Pfandinhabern hervorgingen, gelell« 
ten fih in den letzten Jahren dieſes Säculums auch noch andere 
Wedel. Die Regierung des Erzherzogs Karl befahl 1576 im Harts 
berg die. doppelte Zapfenmaß ') auf Neitung einzumeffen, wos 
durch Die vielen Schanfwirthe der Stadt, und ohne Zweifel auch die 
Weinbau treibenden Inſaſſen der Umgebung, auf welche dieſe ers 
höhte Steuer zurücdwirfen mußte, ſehr benachtheiligt wurden. 

Die Peft zeigte fich wieder in der Nähe der Stadt, und im 
Sabre 1580 fand Hartberg im Verdacht der Infection, weßhalb der 
Marktrichter von Weiß gegen das Feilhaben der Hartberger auf dem 
dortigen Kirchtag proteftirte 2). Auch die Gefahr feindlicher Eins 
fälle wurde immer dringender; Erzherzog Ferdinand's Regierung trug 
Daher den Hartbergern (Gräß am 27. Juli 1579) auf, fi wenigs 
ftend auf ein Jahr gut zu verproviantiren, weil der Erbfeind, der 
Zürf, leicht einen neuen Einfall machen könnte 2). Berheerende 
Streifzüge der Ungarn waren fo Häufig, Daß der Magiftrat ddto, 





») Die Bapfgaffe, in welcher fehr viele Schanftwirtbe waren, mag vielleicht 
davon ihren Namen haben. 

2) Bald darauf im Jahre 1532 verkaufte ein Hanns Godtfhan zu Chlavenau 
der Stadtgemeinde Hartberg einen Ader im Zorrfeld gegen die Herrfcaft 
Ehlavenau gelegen. Das Schloß Elavenau liegt cine Bierteiftunde von Hart 
berg entfernt, an der Saven. Es wurde im Jahre 16833 von den Rebellen 
geplündert. 1625 befafi das Stift Dorau Zehente bei Glavenau. Gegenmwärs 
tig iſt die Herrſchaft Olavenau ein Eigenthum diefes Stiftes. Erzherzog Karl 
wiederholte die Beftatigung der Privilegien der Etadt Hartberg im Jahre 
41589 ddto. 20, April. 

3) Im namlichen Jahre ddto. 11. September beflätigte der junge Ferdinand 11. 
die Privilegien der Stadt, nachdem er des Jahres vorher Die Regierung ans 
getreten. 


ın> 43 *4+ 


9, Februar 1789 verördnete, man fol bei den gegenwärtigen geführ- 
lichen Brunſtzeiten die Thore mit guten Ketten dverfehen, und um 
die Stade gute Wache Halten Endlich erlitt die arme Stadt eine, 
abermalige Feuersbrunſt, indem im Jahre 1592 im Pfarrhofe 
Feuer ausbrach, und der pfarrliche Maierhof, zwei Stadtthürme, ber 
Pulverthurm und 30 Privarhäufer abbrannten. Der Magiftrat ders 
langte Schadenerfag vom Pfarrer; Diefer wurde zwar nicht zugeſtan⸗ 
den, wol aber ein Steuernachlaß vom Erzherzog bewilliget. 

In Bezug auf Religion und Kirchenthum faßte der Proteſtan⸗ 
tiamus, wie in ganz Steiermark, fo aud in Hartberg, befonders in 
der zweiten Hälfte diefes Jahrhunderts tiefe Wurzeln. Im Jahre 
. 1561 refignirte der Stadtpfarrer Kaſpar Plankh wegen der überhand- 
nehmenden Keßereien die Pfarre, und fehlug einen eifrigen Mann, 
den Wiener - Känonikus Lorenz Hainfelder, einen gebornen Hartber⸗ 
ger, zu feinem Nachfolger vor, welchen der Kalfer auch beftätigte, 
Man fagte jedoch von diefem neuen Pfarrer, er fei nicht gut fatho- 
liſch gewefen, habe mit den Pfarrgütern nicht gut gefchaltet, es hät 
ten auch unter ihm die Kapläne Weiber gehabt, welche ihnen im 
Angeſichte Der Kirche angetraut waren 1), Inter dem Nachfolger 
diefes Pfarrers, Hrn. Balthafar Waidacher, im Jahre 1580, kommt 
wirklich ein Cholomanus Thompek „derzeit Kaplan St. Mertheus 
zu Hartberg” vor, welcher mit „Belicita fein ellihe Hausfrau“ 
dem Bürger Allrich Pottendorfer einen Wiesort im HartbergersBurg- 
fried verkaufte 2)» 

Auf Antrag des Stadtpfarrers Johann Türkh wurde 1584 fehr 
fharf gegen die Proteftanten in Hartberg verfahren. Diefer vom 
Erzhetzog Karl, dem Vogtheren, ernannte, und vom Erjpriefter Pe: 
ter Muhitſch im Namen des Erzbifchofs von Salzburg eben inftallirte 
Pfarrer drang darauf, daß die Stiftgründe, fo wie das Richteramt 


ı) Im Jahre 1571 nannte fih Lorenz; Hainfelder, Rapellan Er. Durchlaucht des 
Erzherzogs Karl, Pfarrer zu Hartberg, KRaindorf und Gravendorf. 

2) Um diefe Zeit fcheinen die Priefterehen häufig gewefen zu fein. Unter Raifer 
Zerdinand, welcher fehr für die Priefterehen geftimme war, wurden fon ım 
Dabre 1583 bei den BVifitationen in Defterreih, Gteiermarf, Karnten und 
Kran 55 Priefterweiber angetroffen. U. 3. Caſar's ſteierm. Seſchichte, Bd VII. 


> AI 244 


und die Rathftellen nur katholiſchen Bürgern verliehen werden ſol⸗ 
fen. Hierauf wurde Die Sache durch eine fürftlihe Commiſſion, ge⸗ 
bildet Durch Herrn Jeremias Pranntner und Herrn Johann B. v. 
Paar umnterfucht, ein Fatholifcher Nichter und Nath gefeht, und jeder 
Widerfpänftige amovirt. 1589 ſchickte Erzherzog Karl den Jefuiten 
Pater Cordonäus von Fürftenfeld nach Hartberg, um 'gegen den 
Proteſtantismus zu predigen. 1593 verlangte Kaifer Marimilian’s 
Regierung ddto. 1. October Aufklärung vom Hartberger Magiftrate 
über eine von Andre Eberhard Rauber und Polirena Wurmbranns 
tin zu Ebersdorf bei einem Intherifchen Preditanten befchehene ſam— 
mentlihe Kommunion." 1597 wird dem Heren v. Rothhall, Be⸗ 
fiter dee Herrſchaft Neudan, aufgetragen, feine Predifanten von 
Woerth und Ebersdorf abzufchaffen, und diefe Filialkirchen wieder 
dem rechten Pfarrer zu öffnen. Im darauf folgenden Jahre wurde 
der Hartberger Stadtpfarrer, Laurentius GSunnabenter, beder fürftl. 
Durchl. Erzherzogen Marimilian junioris und Leopoldi präceptor” 
als Stadtpfarrer nach Gräß überfegt, und betrieb dann beim Erz⸗ 
herzog Ferdinand die gänzlihe Abſchaffung Der Proteftanten von 
Hartberg mit vielem Eifer ?). 

Auch in diefem Jahrhunderte beurfundete fich der religiöfe Sinn 
der Hartberger Durch zahlreiche Fromme Stiftungen ”) für Aem⸗ 
tee und Meſſen. 





4) Ein Im Haufe des Weders Gſchanes in Hartderg Nr. 109 befindfiches thurme 
artiges, in einem plumpen altgothifchen Style aufgeführtes, Kapellen, nad 
der Tradition einft ein Judentempel, mag vielleiht den Proteflanten zum 
Gotteshauſe gedient haben. Der plumps maffive Bau diefer Kapelle, ähnlich 
dem der Kirchengebäude des neunten und zehnten Jahrhunderts, läßt auf ein 
fehr hohes Alter ſchließen. Ob fie einft wirklich eine Synagoge der Juden 
gewefen, welche erft 1496 gänzlich aus Steiermark vertrieben wurden, ift nicht 
au ermitteln. Weder fchriftlicde mod andere Denfmale geben uns eine Spur, 
daß in Hartberg jemals Juden gewohnt haben follen. 

2) Michael Kurzdek, Pfarrer zu Hartberg, fliftete Im Jahre 1510 ein Beneficium 
und eine ewige Meß am Karner, welche Stiftung aud Kaifer Marimilian 
dito. Mathias des Zwölfpotentag 1511 beftätigt. 

Derfelbe Pfarrer erweiterte 1518 die Benefisfliftung in Lebing, flellte 
Hrn. Valentin Krazer als Rapellan dafeldft an, und machte noch emige Les 
gate zu den Filialkirchen St. Magdalena und heil. Kreuz bei Hartberg. Hr. 
Stadtpfarrer Rafpar Planth fliftete 1543 eine tägliche Fruhmeß zur Seba⸗ 


& Jahrg. 1. Heft. 


> 50 + 


Die Parken Orafendorf und Kaindorf waren, fo wie 
noch gegenwärtig, Vicariate von Hartberg. Im Jahre 1598 wollte 
ein Gabriel Herr von Dieffenbad die Lehenſchaft über die Pfarre 





ſtiansdruderſchaft. Außerdem geſchahen nod mehrere Stiftungen zu Mef- 
fen und Memtern. Die geiftlihen Pfründen waren fehr gut dotirt, und Die 
Etadtpfarrer hatten bedeutende Zehente. Nah einem alten Urbarium vom 
Jahre 1535 war die Pfarrsgült Hartberg mit 89 Pfund, 2 Schilling, 26 Dfens 
nig in Herrnanſchlag An Karner war ein Beneficium geftiftet, eben fo ein 
noch einträglicheres am Lebern. 

Die Filialtirchen St. Magdalena und Heil. Kreuz bei Hartberg hats 
ten ebenfalls nicht unbedeutende Dotationen. 

Der Beneficiat, Valentin Rrager, Aberließ 1523 mit Vorwiſſen des Hrn. 
Hanfen, Propft zu Poͤllau, der Stadt Hartberg einige au feinem Stifte ger 
hörige Grundftüde, ‚gelegen auf der Straße nah St. Johannes, um einen 
jährlichen Zins mit Vorbehalt des Rücknahmsrechtes zu einer Gemeinde: 
weide. Ein Beneficiat am Lebern machte 1532 mit dem Propft Johann und 
dem Gapisel zu Borau einen Austauſch verfhiedener Güter und Untertha⸗ 
nen, welche zu diefem Stifte und zum Beneficium am Lebern gehörten. 

Der Magiftrat Hartberg war Vogt Über die Beneficien am Karner 
und Lebern. Er erfuchte den Eribiſchof von Galyburg im Jahre 1575, den 
Heren Stadtpfarrer Waidacher als Beneficiaten Dafelbft gu confirmiren, was 
auch geſchah. Dagegen ftellte der Stadtpfarrer einen Revers aus, den Wils 
fen der Stifter genau zu erfüllen. Herr Stadtpfarrer Kyhielenhofer dehaup⸗ 
tete jedoch 1600, beide Beneficien ſelen der Stadtpfarre Hartberg incorporirt, 
weil der Erzbifhof Wolfgang Theodrich von Salzburg den früheren Pfarrer 
Johann Türfh diefelben im Jahre 1593, obwol gegen Revers, zur befferen 
Erhaltung feiner Kapläne und Schulen verliehen hatte. Sein Nachfolger, 
Elias Henrich, Ferdinand Hoflaplan, weigerte fich das Lehen vom Magiftrate 
su nehmen, ftellte feinen Revers aus, und begegnete der magiftratlichen De⸗ 
putation äußerſt grob. Richter und Rath übergaben daher am 1. Detoder 
4609 die Vontherrlichfeit dem Freiherrn Rudolph v. Paar, gegen die Ders 
pflichtung »ein Klofter zu bauen aus eigenem Gedel, was Drdens Ihro Gna⸗ 
den gefallig.« Das Patronat über die Beneficien zum heil. Kreuz und St. 
Magdalena hatte der Propſt zu Pollau, und kam deßhalb mit den biefigen 
Gtadtpfarrern öfters in Streit. Erf im Jahre 1626 wurden fie diefen über: 
geben, »weil die Kirchen vom Propfte, der die Einfünfte bezogen, ganz ver 
nachläffige worden, fo, daß fie nicht nur den Schweinen und andern Bich 
jur Stallung, fondern auch böfen Seuten zum Aufenthalte, und den Khözern 
yum Aergerniß gedient.« Unter Kaifer Zofeph I. gingen Diefe Kirchen ein. 
Die zum beit. Kreuz if gegenwärtig in ein Kleines Krankenhaus umgeſtaltet. 

Die Reihenfolge der Stadtpfarrer in diefem Jahrhunderte if: Nichl 
Kurzber »511, Kalpar Planfh 1530, Lorenz Hainfelder 1561, Balthaſar Waida⸗ 
cher 157%, Johann Türfh 1589, Lorenz; Bunnadenter 1597, Mathias Khieln⸗ 
hofer 1599. Die ziemlich deſuchte Schule fand unter Aufficht des Stadt: 
Pfarrers. 


> Bl +#rre 


Kaindorf fih anmaffen, verlor aber den hierüber mit dem Stadt⸗ 
pfarrer Sunnabenter geführten Prozeß. 

Die BDürgerfhaft war gegen das Ende diefes Jahrhun⸗ 
derts ziemlich angefehen und vermöglich; es wurden auch viele Ger 
werbe in Hartberg betrieben 7). 

Der Magiftrat war geregelt, ihn bildeten: Ein Stadtrichter, 
ein Stadtfchreiber, vier Führer, vier Ausfchüffe und zwölf Stadtfreune 
de, welche zweiundzwanzig Magiftratualen Rathsverwandte hießen, 
Es wurde zwifchen ihnen und den gemeinen Bürgern in Bezug auf ges 
wiſſe Vorrechte ein Lnterfchied gemacht, und ihre Stellen fcheinen 
gleichfam erblich gewefen zu fein, indem duch mehr als ein Jahr⸗ 
hundert beinahe immer diefelden Namen vorlommen. Die Stadtge⸗ 
meinde hatte ein nicht unbedeutendes Gemeindevermögen, was 
Daraus hervorgeht, Daß fie im Sahre 1583 in der Lage war, das 
Rathhaus vom Grunde aus neu aufjubauen 2). 

Das Bürgerfpital befaß eine Heine Gült, führte durch dem 
Spittelmeifter eine eigene Wirthfchaft, und hatte eine Menge Vieh, 


und einen bedeutenden Hausrath. 
4 * 


4) Rah einem alten Rathsprotokolle vom Jahre 1576 waren unter den gewerbtrei⸗ 
benden Dürgern in Hartberg mehrere Sailer, Fleiſchhacker, Maurer, Huter, 
Zebzelter, Lederer, Tuchmacher, Tuchſcherer, Färber, Wagner, Kramer, Haf⸗ 
ner; ein Zinngießer, ein Goldfhmied, ein Steinhauer, ein Bader ıc. 

Untet den damaligen Rathsverwandten Fommen viele vot, deren Nach⸗ 
kommen noch gegenwärtig eriftiren, wie ein Georg Praſch, ein Hanns Lech⸗ 
ner, Koch, Prinz, Rbröpfl, Poflel, Khielnhofer, Fenz u. a. m. 

3) Der Bau geſchah nach Accord Mit dem Hattderger Mäurermeifter, Leonhardt, 
und dem Zimmermeifter von Borau. Die Gemeinde beſaß auch ein Mauth⸗ 
recht in Waltersdorf. Der Comendator zu Fürftenfeld forderte fie im Jahre 
4584 auf, zu einer Tagfagurig, foegen Aufrichtung ihres Mauthraͤthes, Jeman⸗ 
den zu delegiren. Zur felben Beit beflagte ſich Sernetti von Teufenbad, 
Breiberr u Marbofen, daß die Bürger von Hartberg eine Mauth bei Geis 
Dersdorf errichtet Hätten, wo ftüher nie eitle beſtand. Nah einer Bauamts⸗ 
rechnung vom Jahre 1572 floifen in die Stadtkaffe ası Gulden 2 Schilling 
an Gtadtwaggeld, Marftgeld, Aufnehmgeld und an Grundzinſen. In den 
Semeindewaldungen durfte jeder Bürger jährlich acht Klafter Holz ſchlagen. 
Der Mehrbedarf mußte bezablt werden. Im Zahre 1591 wurden dem Herrn 
Sigmund Freiherrn v. Herderftein zu Neuberg auf fein Anſuchen zu einem 
Kellerbau am Neudauerderg vom Magiſtrat 10 Stamm Hol; aus dem Khart⸗ 
wald bewilliget. 





„> 52 + 


XVII. 3ahrhundert. 


Unter der ganzen langen Regierung Ferdinand's II. war Harte 
berg beinahe fortwährend in fehr drüdenden Verhältniſſen. Die 
Mißverfändniffe und Zwifigfeiten zwifden dem 
Pfandinhaber der Herrfhaft und den Bürgern wurden 
immer ärger, Eine gleih anfangs (27. December 1601) auf 
Erzherzogs Ferdinand's Befehl im Schloffe zu Hartberg zur Aus« 
gleihung der Streitigkeiten abgehaltene Commiſſion verfuhr fehr eins 
ſeitig. Einer der Eommiffäre, Julius v. Paar, fol fih gegen Den 
Stadtrichter Hoͤltl äußerſt roh und herrifch benommen, und die Des 
putirten der Bürger fehr geringfchägig behandelt haben. Der Pfands 
inhaber, Rudolph v. Paar, ſchrieb darauf in einem Briefe an Richter 
und Rath, Durch welchen er die Veftätigung der Wahl eines Stadt: 
richterö verweigerte, Die drohenden Worte: „Ser wüft wol, wer jekt 
euer Herr ift, und wen es verfhauft ſeits, Mögt derhalben Euch 
anſchicken, damit ihre den fchlaffenden Hund nicht zum Bellen ers 
wökhet.“ Selbſt der in Folge diefer Commilfion 1603 erfolgte als 
Icrhöchfte Befehl, Daß die Bürger, da der Streit nun gefchlichtet fei, 
den Pfandinhaber Gehorfam zu leiften hätten, Diefer aber auch fie 
in ihren Freiheiten nicht befchweren fol, Hatte feinen wefentlicdhen 
Erfolg. Die Reibungen wurden bei verfchiedenen Anläffen immer 
hitiger, und es fam wenige Sabre darauf zu den bedauerlichiten 
Gewaltthätigkeiten. 

Herr v. Paar gab nämlich während ſeiner Abweſenheit 1607 
ſeinem Anwalt, Bartholomäus Chriſtan, eine Inſtruction zur Verwal⸗ 
tung der Herrſchaft. Dieſer erlaubte ſich hierauf viele Derbheiten 
gegen die Bürger, und entzündete den Streit von Neuem; daher 
ließ v. Paar „die Stuckh und andere Sachen mehr“ von der Stadt 
Ins Schloß führen. Durch eine ſonderbare Forderung des Pfand⸗ 
inhabers wurden die Bürger 1612 höchſt erbittert. Er befahl näm⸗ 
lich dem Magiftrate, ihm, bei 20 Ducaten Strafe, vier weiße Roſſe 
und zwei Zeugroffe zu ftellen. Dabei beeinträchtigte er Die Bürger 
in ihren Nechten, übte mehrere willführliche und gewaltthätige Hand⸗ 


„> 53 «et 


lungen gegen diefelben aus, und gebot ihnen, bei Vermeidung vor 
20 Ducaten Strafe, ohne fein Wiffen feine Zufammenkunft zu hals 
ten, auch das Rathhaus nicht zu öffnen. Diefe befchwerten fich Hierauf 
1613 bei der Regierung über ſolche Willführ, und klagten: Der 
Piandinhaber wolle die (andesfürftliche Stadt zu einem Landgute ma: 
den, Sie erlangten auch eine Zagfaßung. Here v. Paar ließ je- 
doch den Stadtfchreiber Hanns Preßl, damit er den Bürgern das 
bei nicht follte an die Hand gehen können, im Monat Detober „wie 
eine Malefisperfohn Durch den Landprofofen in feinen Stadtthurm 
einfehen und verſchmietten.“ Diefer entkam aber aus dem Gefäng- 
niß, floh zum Erzherzog, und erhielt von demfelben vorerfi Die Refo= 
Iution eines ficheren ©eleited, Bei der zu Ende Octobers abgehals 
tenen Gommilfion zeigten fi die Sommiffarien dem Beklagten auf: 
fallend günftig, und die übelgeleiteten Bürger fehr unbehülflich, da- 
ber die Entfcheidung nicht zu ihren Gunften ausfiel. Diefe melde 
ten die Appellation an. SHierüber aufgebracht, ließ v. Paar den 
Stadtrichter Mathias Wels, welcher fi) befonders folchen Willführ- 
lichkeiten widerfeßte, verhaften, durch 22 Tage, wie einen gemeinen 
Verbrecher behandeln, in Eifen legen, und im Malefisthurme an 
einen Stock anfchmieden )Y; er ließ das Stadtfiegel, den Gerichts: 
fab, die Urkunden und Protokolle fammt der Kaffe und den Steuer: 
quittungen aus dem Nathhaufe gewaltfam wegnehmen, befahl diefes 
ſelbſt zu ſchließen und zu verfiegeln, und im Haufe des Stadtrich- 
terd das Geld und die Schriften in Befchlag zu nehmen. Eben 


4) Merfwürdig ift die von M. Wels an den fandesfürftlichen Gubernator Erzher⸗ 
zog Marimilian Ernft gerichtete Beſchwerde. In dieſer Fommt vor: Herr 
v. Paar habe ihn in den Malefizthurm fperren, und erftlich drei ganzer Tage 
nit mehr, dann nur ein Studh Brot, und einiges Maßl Waffer, gemeinig: 
lich um Mitternadht, an einen Strichh durch ein Loch herabgelaffen, und als 
fein Göhnt ains ihm ainsmal zu effen gebracht, und vor dem Schloſſe geflans 
den, fei felbes durch Diener ween, aus Befehl des Herrn v. Paar mit Spiße 
rutten an den ganzen Laib alfo jämmerlich zerſchmiſſen wordten, daß es einen 
Stain hette erbarmen mögen, auch habe ihn genannter Herr v. Paar bei der 
darauf abgehaltenen Commiſſion ſchmählichſt iniurirt, und ohne Unteriaf 
ainen Schelmb, Hurenfohn, Boßwicht, Pauernbengel, Knopfh u, dgl, geſchal⸗ 
ten axi.“ 


> 5A «ir 


am Allerfeelentag, als der Stadtrichter gefänglich eingezogen worden, 
kam der Stadtfchreider Hanns Preßl fpät Abends aus der Neuftadt 
heim nach Hartberg, und ging ſogleich zu Dem von Heren d. Paar 
indeß eingefegten Stadtrichter, Leonhard Forſtner, bei dem er noch 
drei andere Bürger fand, „Herr v. Paar,“ fagt eine alte Schrift, 
„davon unterrichtet, ſchickte ſogleich feinen Anwalt nebft neun Ars 
mirten mit Püren und Wöhren wohl verfehenen Dienern dahin, 
Diefer ift mit entblößten Wöhren in die Stuben getrungen, mit Dies 
fon Worten: Finde ich Dich da du ehrbarer Vogel ꝛc., umd bat 
darauf die Piftolen dem Stadtſchreiber an das Herz gelebt, und ob 
gleichwol Stadtfchreiber gebetten, man folle ihme nur am Leben nichts 
thuen, er wolle ſich gerne gefangen geben, und mit der Hand die 
Piftolen abgewandt, Hat doch nichts geholfen, fondern der Anwalt 
baut ihme mit ainem Pallaſch, deögleichen auch ein anderer Diener 
mit ainem Rappier in den Kopf, zugleich zmo Wunden Chreuzweiß. 
Die andern Diener haben fogleich auch zugeftochen, und ihme mit 
Helfeparten, als er fih mit feinem Stilet hernach falviren, und Das 
mit ſtich und ſtich auffangen wollen, durch und durch gejtochen, bis 
er in der Stueben tpdter auf dem Flez gelegen, am welchem Der 
Anwalt noch nicht erfettigt geweſt, fondern den armen todten Körper 
mit den Füßen noch zween tritt auf den Hals gethan, und alfo die 
Seele ganz von ihme ausgetrieben hat — ift alſo der arme Menſch 
ellendigkplich in feinen FHlaidern eingenähet und begraben worden, 
den niemandt, außer des gerichtsdieners zur Erden belaitten dürfen, 
dag in Gott zu erbarmen ifl.“ 

Hierauf verbot v. Paar neuerdings bei ftrenger Strafe jede 
Verſammlung der Bürger, fo wie jedes Geſpräch über die eben er- 
zähften Vorgänge, Nichts deftoweniger logten die Dürger dem Erz— 
herzog Gubernator eine Beſchwerde vor, worauf (11. December) 
Herrn 9. Paar vorläufig aufgetragen wird, das Rathhaus zu öff- 
nen, und alles Weggenommene unverzüglich zurückzuſtellen, was Dies 
fer jedoch nicht befolgt. Eine zweite Beſchwerdeſchrift im nächiten Jahre 


„> 55 «rs 


hatte Beinen Grfolg '). In einem dritten Gefuche Im Mai des fol- 
genden Jahres hoben die Bürger befonders hervor, daß fie die Stadt 
ohne Beihülfe des Herrn d. Paar vor Yeindesnoth errettet. Auf 
diefe wurde eine Commiſſion abgeordnet, welche wieder nachtheilig 
für Die Bürger entfchied. Nach Reviflon diefer Entfheidung ward 
jedoch Herrn v. Paar neuerdings aufgetragen, die Bürger nicht zu 
beſchweren, und die weggenommenen Gegenſtände jurüchuftellen, wel- 
chen Befehl er aber wieder nicht achtete. Endlich aber wurde durch 
eine Entiheidung des Erzherzogs Ferdinand ddto. 22. Februar 1618 
der Streit größtentheils zu Gunften der Bürger beigelegt, der Ers 
mordung des Stadtichreibers aber darin gar nicht erwähnt. Der 
heiße Zwift war jedoch nicht verglommen. Er brach vielmehr 1620 
init ermeueter Wuth aus. Kaiſer Ferdinand wies aber diesmal die 
Bürger gänzlich ab, verurteilte fie zur Strafe, von allen ihren Häus 
fern und Gründen dem zehnten Pfennig 2) als Befigveränderungsge- 
bühr an. Hrn. v. Paar zu entrichten, und legt ihnen, bei Strafe von 
20. Mark löthigen Goldes, das ewige Stillfhweigen auf. Vermuth⸗ 
lich war Kaiſer Ferdinand durch Einflüſterung der Freunde des Herrn 
v. Paar, deren dieſer viele bei Hof Hatte, zu dieſer ſtrengen Ents 
ſcheidung verleitet worden. Diefes konnte um fo leichter gefchehen, 
als der Raifer, wegen Neligionsunruhen in Verlegenheit, die Harte 
bergen, ſo wie einen großen Theil der ſteiermärkiſchen Bevölkerung, 


s) Diefe it in Kindermannss Beiträgen zur Baterfandsfunde 9. Thl., ©. 251 ganz 
getreu abgedrudt. Sie beginnt mit folgenden Floskeln: »Sueß und bülffreiy 
und lleblich ift die liebe Zuftitia, die ainen jeden, was ine vor Gott, Recht 
und Billigkeit wegen zugehoerig iſt, zueignen thuet, noch viel ruehmblicher, 


ar 


ia gar heylig aber ift der, durch wellichen die Liebe Juftitia effeetwire, und ‘ 


gleihfamb durch immer quellende brünnlein, und aderlein befeuchter, erqui⸗ 
et, und im Schwung erhalten und gepflanzt wird.« Am Schluſſe heißt es: 
»widrigesfahls da wir den verhofften gebührlihen Schuß oder Die gebettene 
Reftitution nicht erlangen Fhöndten, müßten wir uns weitter gu Hartperg 
nicht zu erhalten, fondern wurden ung in das Erilium und Ellende begeben, 
und das arme Gtädtlein, daß wir in Rebellionszeuth mit fo großer Gefahr 
errettet, verlaffen muſſen.« 

2) Brüher hatten die Bürger felbft von allen im ihrem Burgfried Tiegenden Grüns 
den und Weingärten den gehenten Pfennig einzunehmen, dafür aber die 
Stadtmauern gu erhalten. 


„> 56 «ir 


des Proteſtantismus verdächtig hielt. Die Bürger waren jedoch wit 
dieſer Entſcheidung nicht zufrieden, und betrugen ſich öfters ftüßig 
und ungehorfam gegen ihre Herrſchaft, wodurd fie beim Kaifer Im« 
mer mehr in Ungnade kamen. ine 1627 überreichte Beſchwerde 
derfelben über Heren Rudolph 9. Paar wegen verfchiedener erlittes 
ner Angerechtigkeiten und Gewalthandlungen wurde nicht gewürdiget, 
und Kaifer Ferdinand beftätigte nach Erfenntniß des Statthalters 
Herrn Fürften Johann Ullrich zu Ekenberg, Herzogs zu Kruman, 
ddto. Wien 5. December 1628 das harte Urtheil von 1620 nebſt 
einiger Erläuterung: „weil fie ihren Grundheren den Gehorfam vers 
fagten, das durch den geheimen Rath und die oͤſterreichiſche Hoſkanz⸗ 
lei zur endlichen Componirung aller Streitigkeiten zugeſchickte Cre⸗ 
denzſchreiben nicht annehmen, und auch darauf weder Güte noch 
Schärpfe verfangen wollte, ſondern ſie in ihrem Ungehorſamb be- 
{heftig fürfezlicher weis verharren thaten.u Der Advokat, Kafpar 
Bernfteiner, der Die Bürger ungebührlicher Maffen zum Ungehorſam 
verhejt, und die Schriften geftellt, wurde zur Verantwortung gejogen. 

Im Jahre 1624 wurde Rudolph Freiherr v. Paar vollends 
Eigenthümer von Hartberg, indem er das Schloß und bie Stadt 
Hartberg, fo wie die Herrſchaft Türftenfeld vom Kaiſer erkaufte *). 
Dieſes änderte die Lage der ſtreitenden Parteien einigermaſſen, al⸗ 
lein erft im Jahre 1636 geſchah eine wefentliche Annäherung, ins 
dem Hanns Chriftoph Freiherr v. Paar, an einer ſchweren Krank⸗ 
heit darnieder liegend, durch Urkunde ddto. 1. October den Bürgern, 
„weilen er den Gehorſamb derſelben verſpürt, auf anderer Herren 





1) 1620 Adto. Wien t. Mai bewilligte und ſchenkte Kaiſer Ferdinand dem Herrn 
Rudelph Freiherrn v. Paar ꝛc. Die Herrſchaft Fürſtenfeld mit Vorbehalt des 
KRudfauis unter der Bedingung, daß er neben der darauf liegenden Pfand» 
fumme feine andere Forderung pr. 13995 fl. fahren laffe. In demfelben Jah— 
re und am namlichen Tage verkaufte Kaifer Ferdinand dem Freiberrn v. Paar 
»aus beiveglichen Urfachen« feine eigenthümliche Herrfhaft, Schloß und Stadt 
Hartderg mit allen demfelben rechtlichen Ein» und Zubehörungen. 

Bon dem biernach eingerichteten Urbar behaupteten Richter und Rath 
von Hartberg, »es fei falfh und obne rathlihe Bedenten oder Gutachten 
von der hohen Landesobrigkeit aufgericht wordten, weil darın fo viele Unrich⸗ 
tigfeiten in Bezug auf Vogtei und andere Rechte vorfommen.« 


„> 57 +6 


Fürbitt, und Ihe und ihrer armen Weib und Khindern unterthänt- 
ges supplieren,“ die Strafe des zehnten Pfennigs von ihren Häu⸗ 
fern in der Stadt freiwillig ſchenkte, und auf ſolche Weife dieſen 
langen Streit, der und ein trauriges Bild der damaligen Wirren 
gibt, in der Hauptfache beilegte. Kleine Streitigkeiten, vorzüglich über 
Jagddienſt, Steuern, Waldrecht- und Befig-Burgfriedflörungen, Lau⸗ 
demien und Zehente, dauerten jedoch unter allen folgenden Befigern 
durch das ganze Jahrhundert fort. 

Am meiften Litt Hartberg und das ganze Viertel Vorau durch 
oftmalige Einfälle der ungarifhen Mifvergnügten 
und Räuberbanden, und zwar fo fehr, Daß der größte Theil 
diefer Gegend beinahe verödete. 

Der Hydulen Oberfie Georg Nomethy fiel 1605 mit feinen 
Danden in dieſer Gegend ein, ftreifte bis Vorau Hin, und fcheint 
auch die Stadt Hartberg ſelbſt angegriffen zu haben. 1619 wurde 
die Gefahr wiederholter Einfälle immer drohender. Der Magiſtrat 
Hartberg fuchte daher bei den Landftänden, und fpäter bei der Res 
gierung um einige Tonnen Pulver und Blei an, dieweil Das behais 
mifch und ungarifch Khriegsvolf gar nahend auf der Confin ſich bes 
fänt, und das arme prechhafte, verwiefte Stadtl, fo an Gmäuern, 
Thürmen und Thoesen durch die Prunften und fürgegangene Anlau- 
fung der Nebellanten viel gelitten, urplößlichen überfallen werden 
können, wie folches in voriger Rebellion Hoch empfunden worden, 
und auch Herr v. Paar die zur Stadt gehörige Munition und Stuckh 
zu ſich ind Schloß genomben, und das Stadtl ohne Schuß gelaſſen.“ 
Hierauf wurden die. Stud wieder in die Stadt zurückgebracht, und 
son einem Bürenmeifter bedient. 1621 ſchwebte Hartberg in gros 
er Gefahr, von den ungarifchen Rebellen des Bethlen Gabor übers 
rumpelt zu werden. Diefe ftreiften öfters in der Gegend herum, 
plünderten und verwüfteten, ermordeten auch viele Menfchen, und 
ſtürzten *) den Pfarrer zu Dechantskirchen vom Kirchthurme herab. 


ı) Nach Urkunden des Stiftes Vorau. 


> 58 «ee 


Granz Graf v. Batthiany von Güffing forberte vom Magiftrate 
Hartberg die Auslieferung eines ihm entwichenen Gufcheatirers. 1683 
fielen die ungarifchen Rebellen, Kruzzen oder Kreuzen, wetteifernd 
mit den Türken, ihren Freunden, in diefe Grenzgegend ein, ylün= 
derten und verheerten viele Ortfchaften um Hartberg bis Vorau hin, 
und trieben Menfchen und Vieh hinweg. Fürſtenfeld und Hartberg 
wurden durch die Tapferkeit des bekannten Geſchichtſchreibers Valva⸗ 
for H, der Saurau'ſchen Dragoner unter Karl v. Saurau, und der 
Metternich’fchen Cüraffiere unter dem Grafen v. Dietrihftein geret+ 
tet. Die Unterthanen des Grafen v. Bathiany machten befonders 
viele räuberifche Einfälle, plünderten an einem Sonntage das Schloß 
Eichberg, ein andermal Klafenau bei Hartberg. Der Propft Michl 
Sofeph v. Pöllau, d. 3. GStadtpfarrer zu Hartberg, beklagte fi, 
"daß ſeine Unterthanen durch die Pathianifchen Rebellen und Tür⸗ 
Een des Ihrigen gänzlich ſpolirt, 64 derfelben in die Gelasität ges 
führt, die übrigen theils niedergefabelt, theild auf den Bettelftab ge: 
bracht worden feien.“ 

So viele feindliche Einfälle und Naubzüge machten ernftliche 
Mafregeln zur Abwehre nothwendig 2). Man firllte 1620 am Uns 





4) Balvafor fandte allein 200 Mattn nad Hartberg, 

%) Der Magiftrat von Hartberg erhielt ddto. 3, Mal 16802 von der Landfchaft 200 
Musqueten, 200 Kugeln, 50 Baginetter, und 2 Bufchen Lundten jur Uebers 
gabe an den Hauptmann yon Moskon, da die Grenzen febr unſicher waren, 
und Die ungarifhen Räuberbanden ſchon mehrere verwüftende Einfälle in 
unfer Vaterland gemacht hatten. 

4820 zählte die wehrſame Bürgerſchaft in Hartberg 111 Mann. ddto, 
19. April deſchloß der Magiftrat nach dem neuen landesfürftfihen Warnung: 
oder Kreutfeuer⸗Generale, die Kreutfeuer auf dem Berge ob der Stadt aus: 
beſſern zu laffen, damit das Anrüden eines Feindes fiber und ſchnell fianas 
lifirt werden könne. ddto. 20, Juni wurde beim lUngar» und Graͤtzer thor 
das Schußsitter hergeſtellt, und der Gtadthauptmann und Gtadtfchreiber 
siwegen Des Gtadtgebäu um Gührung des Kriegemwefens« nach Gratz abgeordnet, 

4690 wurden die Stukh zur Gtadtdefenfion berädert. 1833 gab die 
Landfchaft aoo fl. zur Ausbefferung der Stadtmauern, fo wie fie 3 Jabre 
früher 400 Reichöthaler gegeben. 1645 wurde das Aufgebot im Hartberg bes 
fhrieben. Es waren »109 wehrhafte Mann in der Stadt, 23 in den Vorftäds 
ten, 100 Doppelbaden, 2 eiferne Stüdh, und diele Hellebarten vorhanden « 
1660 dem 4. Detober flellte Frau Marig Graͤfin 9. Paar an die Landfchaft eine 
Bitte um Munition und Gewehre, da die Türken in Anzug feien, au babe 
die Stadt nicht einmal eine ganze Ringmauer, 


> 50 se 


gars und Gräßerthore das Schußgitter neu Her, und ließ die Kreut⸗ 
feuer auf dem Berge ob der Stadt ausbeffern, damit das Anrüden 
eines Feindes fchnell und ficher fignalifirt werden konnte, Die Res 
gierung erlaubte 1621 von jedem Steuergulden Einen Pfennig auf 
Die Befeftigung des Städtchens zu verwenden, auch die Stände trus 
gen 1641 — 1644 Fünfhundert Reichsthaler zur Ausbefferung der 
Stadtmauer bei, und doch klagte Maria Gräfin v. Paar im Jahre 
1660 ſchon wieder, Daß die Stadt nicht einmal eine ganze Rings 
mauer babe, Bon der Landfchaft erhielten die Bürger fchon 1604 
Musketen, Bajonetten, Kugeln und Lunten, und 1645 befafen fie 
ſelbſt viele Hellebasten, 100 Doppelhafen und 2 eiferne Stücke. 
An wehrhaften Männern zählte die Stadt felbft zwar nur 120 bis 
140, allein man legte von Zeit zu Zeit einheimifche, oder wol auch 
1621 italienifhe, und 1672 fpanifche Truppen, fowol Reiter als 
Fußvolk Hinein, welche Befagungen den Bürgern zwar Schuß ges 
währten, ihnen aber auch durch Ginquartier- und Lieferungsforderuns 
gen beichwerlich fielen, 

Alles dies Ungemach durch feindliche Einfälle, Kriegsrüſtun⸗ 
gen, Wachdienftleiftungen, Garnifonen und Zruppendurchmärfhe 1), 
die außerordentlihen Steuern und Zwangsanleihen, befonderd wäh« 
rend des Dreißigjährigen Krieges, brachten nicht nur die Stadt ganz 
von ihrem Wohlftande herab, ſondern verfehten fogar die Beſitzer 
der Herefchaft, welche ihr Beſitzthum anfangs Durch bedeutende Ans 
käufe fehr vergrößert Hatten, zuleßt fo in Ynvermögenheit und Schul« 
den, daß fie die Landesfürftlichen Steuern nicht mehr entrichten konn⸗ 


4) Bur Befhüsung der Stadt und Umgegend wurde 1521 Militärfußvolf und Reis 
terei nad) Hartberg verlegt, welches — befonders das italienifche Kriegsvolf — 
viele Plafereien ausübte, und den Bürgern ſehr zur Lafl war. Zur Befeftis 
gung der Stadt leiftete auch das Aerar Beiträge, und es durfte non jedem 
Bulden Steuer 1 Schilling dazu verwendet werden. 4637 wurden 400 Reis 
ter in der Stadt einquartirt. So gab es während der ganzen übrigen Zeit 
des sojährigen Krieges bedeutende Einquartirungen und Truppendurdhmars 
ſche. Die Stadt litt befonders viel »durch die fpanifchen Völker.“ 1672 wur: 
de im Viertl Borau wegen der vielen Durchmärſche ein Quartiercommiffär 
angeftellt. 1883 lag Hauptmann Graf Zano mit feiner Eompagnie 1a Wo⸗ 
Ken in Hartberg wegen der Gefahr feindliher Ginfalle. 


« 


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ten, und daher die Herrſchaft auf einige Zeit bis zur Tilgung der 
Steuerrückſtände zum Pfand abtreten mußten ?). 

Zum Krieg und feinem Gefolge gefellte fih auch die gewoͤhn⸗ 
liche Begleiterin der Kriege in jener Zeit, die orientalifhe Peſt. 
Schon im Jahre 1621 zeigte fich Die Pet an den ungarifchen Gren⸗ 
jen, und es kamen felbft im dieſer Gegend verdächtige Zodesfälle 
vor. In Fürftenfeld wurde wegen Peftgefahr kein Kirchtag gehal- 
ten, und in Hartberg war man fehr auf der Huth *). Im Jahre 
1634 raffte die Peſt im benachbarten Griedberg 23 Menſchen Hins 
weg, und der Magiftrat zu Hartberg gab daher den Befehl, „daß 
man recht fleißig fortfahre, und ein Wacht zum THörl fiel, und 
wol Achtung geb; daß die infizierten Leut nit herumlaufen, und diefe 
Krankheit weiter bringen, auch aus ihren Häufern fi nit begeben. 
Die nit folgen, fol man mit Stämmen und Prügel in die Häufer 
treiben. Wenn ainer am der abfcheulichen Krankheit erkranket, ſoll 





4) 1608 forderte Rudolph v. Paar von den Hartdergern 800 fl., die er ihnen an 
Steuern vorgefhoffen. 2a Jahre fpäter 1625 fpradh v. Paar an Gteuerrüd: 
ftänden, Prozeß: und Gommiffionsfoften 9064 fl. an. Die Bürger gaben ibm 
um 4000 fl. den Knorrenhof, und blieben das Uebrige fhuldig. 1629 belief 
fi diefe Schuld wieder auf 3000 fl., wofür fie der Herrſchaft das Groß⸗ und 
Klein » Thodtigfeld pr. 2600 fl., die Stodwiefen pr. 000 fl., und den Wald in 
der Heyden pr. 5000 fi., zufammen 8000 fl. überlaffen. 1632 hatte Hartberg 
bedeutende Kriegsftcuern zu entrichten; die Stadt mad,te Schulden, und vers 
prändete ihre Gründe beim Ziegelſtadtl an die Bauern in Schildbach und 
Giedenbrun. 4643 wurden bedeutende Steuern und Zwangsdarlehen gefors 
dert, und dem Stadtpfarrer ein Zwangsdarlehen von 41000 fl- auferlegt. 165% 
nahm der Landeshauptmann Nax Graf v. Trautmannsdorf mehrere Defikun: 
gen der Breiheren v. Paar'fchen Erben wegen Steuerrüdftänden in Pfand. 
Auch Hartberg wurde hierauf an Herren Graf Wolf Rudolph v. Saurau 
yerpfänder, weil Julius Freiherr v. Paar die Zahlungsausftände zu fehr Hatte 
anwachſen laffen. Frau Gräfin Maria v. Paar quittirte im Jahre 1659 der 
Stadt an Gteuergeldern 965 fl., an Goldatengeld 118 fl., an Jagdgeld az fl., 
an Robothgeld 3 fl., sufammen 698 fl. 4699 zahlte die Stadt 100 fl. Kriegs⸗ 
fleuer; 1698 betrug Die Koptfleuer der Stade 256 fl. 

2) Wie wenig man in biefen gefährlichen Zeiten die Arzneifunde und die me: 
diziniſche Polizei beachtete, und wie unmiffend die damaligen Vader, die 
einzigen ärztlihen Kunftverfländigen auf dem Lande, maren, zeigt das 
Gutachten des Baders zu Hartberg, Veit Peuzelzaun, welcher auf die 
Frage, »ob diefe verdächtige Krankheit Pestis feie, oder nicht? die räthſelhafte 
Antwort gab ;« es fei zivar etivas, da etwas mehreres erfcholfen, gefeben und 
arhört. »Nach diefem Parcre wurde ibm aufgetragen zur Bermeidung einer 
etwaigen Anftedung mit Dem Padt interim zu temporifiren. 


ed gleich dem Stattrichter angezeigt, und nicht verhellt werden.“ 
Diefe VBorficht zeigte fich auch als nothwendig; denn im Jahre 1644 
farben in Sriedberg wieder 144 Perfonen an der Pe. Im Jahre 
1673 erhielt man neuerlich die Nachricht, daß in der Türkei die Pet 
ausgebrochen fei, und wenige Jahre darnach, in der Periode vor 
1678 bis 1680 wüthete fie zuerſt in Ungarn, wo in Gegersdorf 
und Körmend täglich bei 40 Menſchen als Opfer gefallen fein fol 
Ien, und drang 1679, nachdem fie einige Zeit auf dem Lande here 
umgemordet, ungeachtet der eifrigft angewendeten Vorſichtsmaßregeln 
in die Stadt Hartberg felbft ein. Anfangs September zeigte fie ſich 
nämlich, durch Schafwolle eingefchleppt, zuerft im Weberifchen Haufe 
(jest Ungarwirth) vor dem Ungarthore, und verbreitete fih von 
dort fehleichend durch Die ganze Pfarr. Auch in Grafendorf war die 
Sterblichkeit fehr ftarf. Am 2. October wurde auf dem Rathhaufe 
befchloffen, daß die Kranken, im Talle des Ausbruchs der Seuche 
in der Stadt felbft, zum flädtifchen Ziegelftatel geführt, und dort 
gepflegt werden follen. Zu Ende des Detobers brach fie dann wirk⸗ 
ih in der Stadt beim alten Spörkh aus. Die Kranken wurden 
zum Ziegelftadel geführt, ihnen durch zwei Wärter ihre Epeifen auf 
einen gewiffen Ort Hingeftellt, und ein Beichtvater, welcher feine Wohs 
nung im Hirſchboͤck'ſchen Häufel hatte, zugewiefen. Im November 
und December 1679, fo wie im Jänner and Februar 1680 „hatte 
wegen der laidigen Per im Rathhauſe nit koͤnnen verhandelt wers 
Den. Sndeffen wurden doh noch im Februar die Sperrmaßregeln 
wieder aufgehoben, die Tuchmacher aber angehalten, ihre Wolle öfs 
fentlich zu reinigen. Als die mörderifhe Seuche, welche In der Pfarre 
Hartberg nach einem bis zum Jahre 1654 zurüdreichenden Zodten- 
protofolle wirklich bei 150 Menſchen Hingerafft Haben mochte, end» 
lich ganz erlofhen war, opferten die Hartberger zum Zeichen ihres 
Dankes für die Befreiung von diefer böfen Gontagion ein Bild zur 
Kirche am Pöllauberg, und übertrugen es dahin am 8. October 1780 
in feierliher Proceffion. 

In Bezug auf Ärztliche Hülfe, und Die ärztlich polizeiliche Auf⸗ 
ſicht war diesmal möglichft geforgt. Obwol bereits ein beftellter Phy⸗ 


> 02 æ 


ſikus in Hartberg war, fo wurde doch von der Regierung und 
Soffammer ein Magister sanitatis zur Leitung der Maßregeln ger 
gen die Pet in das Viertel Vorau geſchickt 1). 

&o viel Unglück auch in dieſem Jahrhunderte über das arme 
Städtchen hereinbrach, die Bürger hielten Doch wacker aus, betrieben 
fleißig ihre Gewerbe, und trachteten nach Möglichkeit das Gemeinde⸗ 
vermögen zu erhalten 2). Sie beförderten die Religion und die res 
ligiöfen Einrichtungen, indem fie auf das Vorhandenfein der nöthie 
gen Anzahl von Prieftern drangen, und zur Verherrlihung des Got⸗ 
tesdienftes die Gloden der Pfarrkirche theils vermehrten, theild ums 
gießen ließen; fie forgten für eine beffere Erziehung der Jugend, 
da fie Feine Winkelſchule duldeten, dagegen aber den ordentlichen 
Lehrer mit einem genügenden Auskommen verfahen 3). 





4) Magifter Philipp Sonnreich hielt fich Bei drei Monate in Hartberg auf, und 
reifte im Bebruar wieder ab. Der (wahrfcheinlich erſte) Phyſikus, Ferdinand 
Andreas Voglmayer, der Phil. u. Med. Doctor, kaufte 1676 das Hoffletter"« 
fhhe Haus. Die Reihe der feitherigen Hartberger⸗Phyſiker, in fo fern ihre 
Namen in den Schriften vorkommen, ift folgende: 1683 Dr. Gauerburger, 
1725 Leopold Heippel, 1768 Dr. Ingentius, 17972 Dr. Hiebler (Kreisphyſitus), 
1783 Dr. Pellegreini, 4787 Dr. Schöller, 1195 Dr. Neukirch, 1797 Dr. Mia 
fer, 1313 Dr. Surtmann, 1329 Dr. Lewinsky, 1830 Dr. Mader. Der erfte 
Apotheker, Dietrih Rothmann, kommt im Jahre 1657, der erſte Bader 
und Chirurg, Veit Peuzeljaun, 1621, und die erfle geprüfte Hebamme 1773 vor. 

4) 1610 wurde der Wohenmarft wieder eingerichtet, welcher, nad Privilegium, 
früher alle Sanıstage abgehalten wurde, aber feit einiger Zeit zum Mache 
theil der Stadt adgefommen war. Diefer Wochenmatkt kam jedoch mit der 
Zeit wieder ab, und wurde erft im Jahre 1836 neuerdings ins Leben gerufen, 
und auf den Montag feftgefeht. 16947 gab der Stadtpfarrer Peter Auanzin das 
feine Dottichfeld, weldes er vom Herren 9. Paat in Pfdnd hatte, den Bürs 
gern zum unbefchränften Genuß. 4663 brachten die Bürger verfchiedene Kla⸗ 
gen vor über ihren gemwefenen Stadtrichter Adam Pröbfil, wegen ſchlechter 
Gebahrung mit dem Gemeihdevermögen. 1669 ddto. Wien am 15. Detober 
entfhied Ge. Maieftät, daß die Bürger nur bei flädtifhen Gründen außer 
der Etadt, wenn folde verfauft werden, den 410. Pfennig au geben haben. 
4675 wurde die Zapfgaffe gepflaftert, 1685 fauften Richter und Rath die Egg⸗ 
äder (die Pierner'fhen und Wolfök'ſchen) um 980 fl., und vertheilten fie un« 
ter Die Bürger. 1693 hatte der Stadtſchreiber die Stadtmauth um 100 fl. in 
Pacht. Die Stadtfchreiber waren fehr färglich dotirt; daher featen mehrere 
ihre Stellen nieder. Jakod Statty 1629 diente am längften, und mit Auss 
seihnung. 1621 kommt ein Bleiweiß ald Rathöglieb wor, von weicher wahr, 
fbeintih das Bleiweißgaffl den Namen führt. 

8) 1619 ddto. 43. November murbe eine neue von Chriſtoph Tobler in Gräh ge 
poflene Store auf den Stadtpfarrthurm geiögen. Der Strid drach, die 


> 68 + 


Kaifer Leopold beftätigte auch 1660 die Privilegien der Stadt. 
Die Pfandinhaber und fpäteren Befiger der Herrfchaft erwarben fi 
befonders im Anfange diefes Jahrhunderts viel an liegendem Beſitz⸗ 
thum und verfchiedenen Rechten. Sie fauften, außer den Herrfchaf: 
ten Hartberg und Yürftenfeld, 1620 das Schloß Teufenbach mit 
zwei Aemtern !), das Oberpoftamt 1622, den Traidzehent um Harte 
berg, welcher urfprünglih nach Salzburg gehörte 1628 ?), das Das 
berödorferamt 1629, und viele Befigungen der durch Steuern und 
Kriegsunglüd ganz verarmten Stadt Hartberg; fie genofien das Be« 
neficium zu Neuberg durch längere Zeit 3), fanden fehr in Anfes 
ben, und wurden fogar in den Freiherenftand erhoben. Im Jahre 
1659 Hatten fie die wegen Steuerrückſtänden verpfändste Herrſchaft 


Glocke fiel herab, blieb aber undeſchädigt. Die große Glocke wurde 1562 Übers 
aoffen, und um 48 Etr. 50 Pf. ſchwerer gemacht, morüber der Glockengießer 
regen zu wenig jugefesten Metall 1671 in Vrozeß Fam. 1630 fam eine Ber 
fihwerde gegen den Badtpfarrer Anton Auanzin vor, daß er nur einen Ra 
pellan hatte. ı852 erlaubte der Magiftrat, durch Vermittelung des Herrn 
Grafen v. Bautau, dem Stadtpfarrer zu Hartberg und Doniberrn su Bress 
lau, Mathias DoU von Dollenberg, in den ſtädtiſchen Waldungen für feinen 
Dedarf Holz zu baden. Der Schullehrer wurde 1675 gut bedacht, er erhielt 
von der Stadt 10 Klafter Holz, und war zualeih Meßner. Winkelſchulen 
murden nicht geduldet. Schon im Jahre 1617 hatte Hartberg einen Schuls 
meifter, welcher ein guter Mufiter war, und die Syntax fiudiert hatte. 1686 
gab der Magiftrat dem Herrn Grafen v. Lengbeimb die Vogtei über Die Benes 
ficien am Lebern und Karner ohne Bedingung des Kloſterbaues, welde (hen 
Herr Rudolph v. Paar nicht zugebalten. 

4) 1620 Faufte ddto. 40. Juni Rudolph Freiherr 9. Paar vom Herren Ludwig v. Kö⸗ 
nigsberg zu Bernflain, Sebenſtain ıc. das Schildbacher⸗ und Teuffenbachers 
Amt mit dem »öden Geſchloß Teuffendadh,« einem gemauerten Stod, ei